Pressefreiheit - © Foto:  picturedesk.com / Imagno / Austrian Archives

Mühsamer Weg zur Pressefreiheit

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Am 1. Oktober hatten die vier Besatzungsmächte im wiedergeschaffenen Österreich die Pressefreiheit proklamiert. Die – damals wieder neue – Freiheit musste vor 75 Jahren auch selber mühsam errungen werden. Teil I einer zweiteiligen Medien-Zeitgeschichte.

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Am 1. Oktober hatten die vier Besatzungsmächte im wiedergeschaffenen Österreich die Pressefreiheit proklamiert. Die – damals wieder neue – Freiheit musste vor 75 Jahren auch selber mühsam errungen werden. Teil I einer zweiteiligen Medien-Zeitgeschichte.

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Wenige Monate nach der militärischen Niederringung des NS-Regimes behandelten die Alliierten das wiedergeschaffene Österreich vorbildlich als befreites (und dennoch besetztes) Land und proklamierten am 1. Oktober 1945 die Pressefreiheit. Das bedeutete: Die Westalliierten USA, Großbritannien und Frankreich lizenzierten in der Folge österreichische Zeitungen und übergaben die meisten der von ihnen geschaffenen Blätter in österreichische Hände.

Die Sowjets waren bereits davor großzügiger, erlaubten neben der eigenen Besatzungszeitung schon im April 1945 in Wien das Dreiparteienblatt Neues Österreich und dann Anfang August jeweils eine Parteizeitung der SPÖ, ÖVP und KPÖ und im September konnte die Wiener Zeitung wiedererscheinen. Zensurfrei arbeiteten alle allerdings erst ab dem 1. Oktober 1945. Das Radio blieb vorerst noch weitgehend unter Aufsicht der Alliierten. Zwölfeinhalb Jahre davor war ab Frühjahr 1933 in Österreich die Pressefreiheit zerstört worden. Der austrofaschistische Ständestaat hat sie zwar offiziell nicht aufgehoben, aber durch zahlreiche Verordnungen und Erlässe de facto fast erwürgt. Die Rest-Freiheit vernichtete dann 1938 offensiv und radikal das NS-Regime.

Dass in Österreich 1945 die Pressefreiheit so rasch wieder geschaffen wurde, war in der Zweiten Republik lange kein Anlass fürs Feiern. Verleger und Journalisten vergaßen sogar auf den 50. Geburtstag im Jahr 1995. Das Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien hielt eine Würdigung für angebracht und feierte mit der Österreichischen Nationalbibliothek unter dem Titel „Pressefreiheit II“. Der knappe Blick in die Geschichte zeigt, dass die umfassende Pressefreiheit, eine der zentralen rechtlichen Ausgestaltungen der demokratischen Gesellschaft, bisher nie dauerhaft gesichert war.

Alliierte Rügen – auch für die FURCHE

Der Alliierte Rat hat seinen Entschluss, „der demokratischen Presse hiemit die größtmögliche Freiheit“ zu geben, einschränkend an Bedingungen geknüpft. So durfte Material, das die militärische Sicherheit der Besatzungstruppen gefährden konnte, nicht publiziert werden. Gegen diese Bedingungen wehrten sich österreichische Journalisten bald. Durch den beginnenden Kalten Krieg der Worte zwischen den Alliierten selbst wurden sie allerdings obsolet: Wer wollte und konnte schon vom Journalismus auf Dauer verlangen, die heftigen Konflikte zwischen den Alliierten aus der Berichterstattung auszuklammern.

Die andere Bedingung für die Gewährung der neuen Pressefreiheit verlor durch den Kalten Krieg indes nicht seinen Sinn. Die an die erste Stelle gesetzte Forderung an die Presse vom 1. Oktober 1945 lautete: „Sie soll demokratische Grundsätze aufrechterhalten sowie den entschlossenen Kampf gegen die nationalsozialistischen, großdeutschen und militärischen Ideologien und Lehren in allen ihren Formen und Gesichtspunkten im politischen, sozialen, kulturellen und ökonomischen Leben führen.“ Bereits ein Vierteljahr nach der Deklaration der neuen Pressefreiheit sah sich der Alliierte Rat veranlasst, an alle Zeitungsherausgeber einen Warnbrief zu senden, in dem diese Bedingungen noch einmal erinnert wurden. Drei Verleger mussten Fragen zur Berichterstattung beantworten.

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