Minsk Proteste - © Foto: APA / AFP / Sergei Gapon

Belarus: Lukaschenkos Poker

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Originelle Formen des Protests stellen das weißrussische Regime vor Herausforderungen, doch noch klammert sich Lukaschenko mittels Gewalt und Putins Hilfe an der Macht fest. Er ist nicht zu unterschätzen.

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Originelle Formen des Protests stellen das weißrussische Regime vor Herausforderungen, doch noch klammert sich Lukaschenko mittels Gewalt und Putins Hilfe an der Macht fest. Er ist nicht zu unterschätzen.

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Alexander Lukaschenko in schusssicherer Weste, sein 15-jähriger Sohn in voller Kampfmontur, beide ausgestattet mit Sturmgewehren; vor laufender Kamera steigen sie in einen und aus einem Hubschrauber – am Sonntag war das; Polizeibarrikaden, martialisch auftretende Bereitschaftspolizei in Formation hinter Stacheldraht, Militär auf den Straßen, nervöse Spezialkommandos bei Festnahmen, die von allen Seiten von Bürgern angebrüllt werden – auf der anderen Seite: weiß-rot-weiße Fahnen, Musik, Spaziergänge für Freiheit, Mahnwachen, Solidarität, Streiks in Staatsbetrieben. Nach fast drei Wochen Massenprotest wirkt es so, als habe die Angst die Seiten gewechselt in Belarus: das Regime in der Defensive, auf martialische Gebärden setzend, die Opposition auf dem friedlichen Vormarsch.

Nur: Mit Fahnenschwingen und Liedersingen alleine lässt sich kein Regime wie dieses stürzen. Und bisher, das hat sich zuletzt sehr klar gezeigt, hat eben nur die Angst die Seiten gewechselt. Noch. Das Regime hat zwar Kratzer, Dellen und Blessuren abbekommen, es ist in der Defensive wie noch nie, wandelt auf dünnem Eis und wird nie wieder in Zukunft den Rang und die Macht haben, die es zuvor hatte. Nur: Es steht. Polizisten haben den Dienst quittiert, Soldaten sind desertiert. All das ist beeindruckend und setzt dem Regime zu. Ebenso wie die Streiks in Staatsbetrieben und der Druck aus der für das Land wirtschaftsstrategisch so zentralen IT-Industrie.

Der Apparat wütet weiter

Nur das Regime wankt noch lange nicht in bedrohlichem Umfang: Die Staatsanwaltschaft kurbelt im Stakkato Strafverfahren gegen Oppositionelle an, die Richterschaft spielt mit, Geheimdienst, Polizei und Spezialtruppen liefern die „Deliquenten“, fabrizieren Beweise, foltern und erzwingen Geständnisse während Morde an Oppositionellen nicht verfolgt werden. All das funktioniert wie am Schnürchen. Und auch hunderttausende Menschen, die friedlich auf den Straßen marschieren, Fahnen schwenken und Lieder singen, können daran nichts ändern.

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