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"Match Point": Woody Allen, very British

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In seinem neuen Film "Match Point" nimmt Wood Allen eine teuflische Frage wieder auf: Was wäre, wenn sich Verbrechen wirklich lohnen würde?

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In seinem neuen Film "Match Point" nimmt Wood Allen eine teuflische Frage wieder auf: Was wäre, wenn sich Verbrechen wirklich lohnen würde?

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Ja, er ist nun siebzig geworden (ein schreckliches Ereignis, wie - wenn man ihm glauben darf - auch der 60er, 50er usw.). Aber nach wie vor dreht der eingefleischte New Yorker und Neurotiker des Filmens Jahr für Jahr einen Streifen ab und bleibt seinem Themencocktail treu. Aber nicht nur eingefleischte Fans müssen zugeben, dass es schon unnachahmlich ist, welche Variationen Woody Allen aus seinen immer gleichen Grundsituationen hervorholt: Film und Theater, New York, die Abgründe der Seele, der Beziehungen, die Befassung von Psychotherapeuten und Seelenklempnern aller Art, um ein gestraucheltes Innenleben wieder auf Vordermann zu bringen - und dazu jede Menge Lebensphilosophie und Religionszutaten, vornehmlich aus der diesbezüglichen jüdischen Küche.

Doch nach den letzten, erwartbaren Streifen irritiert Woody sein Publikum aufs Äußerste: Erstmals hat der New-York-Süchtige seine Stadt für einen Film verlassen und hat sich für "Match Point" mehrere Wochen nach London begeben. Und so darf man, sozusagen als sein eigenes Geburtstagsgeschenk, einen britischen Woody Allen genießen.

Gott sei Dank erfindet Woody Allen nicht alles neu: Die teuflische Frage, was denn wäre, wenn sich Verbrechen lohnen würde, hat Allen schon 1990 in seinem tiefsten, wenn nicht überhaupt besten Film "Verbrechen und andere Kleinigkeiten" zum Thema gemacht.

Und auch bei "Match Point" treibt ihn diese Sache wieder um. Also doch wieder Erwartbares? Mitnichten. Denn Woody Allen verpflanzt seine verfilmten Neurosen nicht einfach von New York nach London, sondern er versucht tatsächlich, seinen Film very British zu machen.

Zuallererst tritt in "Match Point" mit Scarlett Johansson nur eine einzige us-amerikanische Schauspielerin auf (und was für eine!). Johansson spielt auch die einzige Amerikanerin, die im Streifen vorkommt. Fürs restliche Schauspielpersonal bediente sich Woody Allen tatsächlich aus Britanniens Fundus. Und schon der Akzent wirkt Wunder (allein deswegen ist der Genuss von "Match Point" in Originalsprache dringend anzuraten; es wird ja hoffentlich auch untertitelte Fassungen davon geben ...).

Dazu kommen die Locations in London - die Tate Modern, St. James Park, der nagelneue Gherkin-Tower, weltläufig wie New York, aber doch weiter als die Enge und Einöde des Wolkenkratzermeers am Hudson und am East River.

Hier also versucht sich der junge Chris Wilton (Jonathan Rhys Meyers) als Tennislehrer für die Upper Class (auch die natürlich British und nicht American!) und stellt alles Mögliche an, um in dieselbige einmal aufzusteigen.

Und Chris scheint gar nicht so ungeschickt zu sein: Er freundet sich mit dem jungen reichen Tom Hewett an und knüpft zarte Bande zu dessen Schwester Chloe, bald steht er aber gleichzeitig auch auf Nola Rice (Scarlett Johansson), die amerikanische Verlobte von Tom.

Was als idyllische Story "Vom Tennislehrer zum Banker" begonnen hat, entwickelt sich alsbald zu einer schwarzen Geschichte um Leidenschaft, Berechnung, (Un-) Schuld, Mord - und über die Straflosigkeit. Woody Allen meinte dazu in einem Interview mit Le Figaro: "Jedermann sollte sich eines Tages Gedanken über die Ungerechtigkeit, über unbestrafte - sogar belohnte Verbrechen machen." Diesem Ansinnen genügt "Match Point" einmal mehr auf Woody-Allen-vorzügliche Weise.

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