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Hungernde Länder sollen autark werden

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Wissenschaft und Technologie müssen rasch und konsequent mobilisiert werden, um die drängenden Probleme der Entwicklungsländer zu lösen, betonte Wissenschaftsminister Hertha Firnberg, als sie in der Wiener Hofburg vor 300 Wissenschaftern die Vorbereitungskonferenz für die große UN-Tagung über Wissenschaft und Entwicklung eröffnete. Eines der größten Hindernisse auf dem Weg zu diesem Ziel sei der Mangel an echter Kommunikation zwischen Wissenschaftern, Regierungen und den übrigen Beteiligten.

So standen auch Kommunikationsund in weiterer Folge Transportprobleme stark im Vordergrund der Referate. Rund 280.000 Erfindungen werden pro Jahr weltweit zum ersten Mal bei Patentämtern angemeldet. Etwa 90 Prozent davon verteilen sich auf die hochindustrialisierten Länder. In den Export gelangen derzeit von den 280.000 Ersterfindungen nur 20 Prozent.

An die entsprechenden Informationen heranzukommen, stellt für die

Entwicklungsländer ein wichtiges Problem dar. Österreich hat auf diesem Gebiet, wie eine im Auftrag des Wissenschaftsministeriums erstellte Studie zeigt, bereits einen wichtigen Beitrag durch die Gründungjies „Internationalen Patentdokumentationszentrums“ (INPADOC) geleistet. Dieses Zentrum wurde in Wien 1972 auf Grund eines Vertrages zwischen der Republik Österreich und der „Weltorganisation für Geistiges Eigentum“ (WIPO) mit Sitz in Genf errichtet.

INPADOC wird derzeit aus 27 Ländern mit Patentdokumentationen beliefert, für weitere 19 Länder erfaßt man die Daten selbst. In den drei Datenbanken des INPADOC sind mehr als sechs Millionen Dokumente gespeichert. Mit INPADOC und seinem weltweiten Service hofft man, die Technologielücke zwischen hochtechnisierten Industrienationen und den Ländern der Dritten und Vierten Welt verringern zu können.

Das Problem des Hungers und der Unterernährung in der Welt ist nicht so sehr auf zu geringe Nahrungsmit-telproduktion zurückzuführen, sondern auf große Probleme beim Transport der Nahrung zu den Verbrauchern in entlegenen Regionen. 500 Millionen Menschen haben nicht genügend Nahrungsmittel zur Verfügung, um ihren notwendigsten Bedarf zu decken.

Prof. Karl Eric Knudson, Forschungsdirektor der schwedischen Forschungsgesellschaft SAREC, wies auf das Stadt-Land-Gefälle in Entwicklungsländern hin: „In Indien hat man 30 Millionen Tonnen Weizen zur Verfügung, mit neuesten technologischen Verfahren hat man die Produktion deutlich steigern können, aber der Transport von den Anbaugebieten in die weit entfernten Landesteile stellt nach wie vor eine Schwierigkeit dar, der man hilflos gegenübersteht Die Folge: In den Landbezirken hungern die Leute. Da geht es nicht mehr darum, neue wissenschaftlich-technische Lösungen zu finden, sondern da müssen rasch politische Entscheidungen gefällt werden, muß die Infrastruktur - die Verkehrsmittel und das Straßennetz - verbessert werden.“

Prinzipiell sind die Wissenschafter einig, daß neue Landwirtschaftspläne und -konzepte erarbeitet werden müssen, die jeweils dem entsprechenden Land angepaßt sein sollen. In vielen Ländern der Dritten Welt hat man Zuckerrohr und Baumwolle angebaut und auch Forschungsarbeit zur Verbesserung dieser Verfahren durchgeführt. Aber den Anbau von Getreide, der für das Land selbst ungeheuer wichtig gewesen wäre, hat man nicht forciert.

Ziel aller wissenschaftlichen und politischen Bemühungen müsse es sein, die hungernden Länder autark zu machen: „Wenn man ihnen nur Nahrungsmittel zur Unterstützung schickt, steigt ihre Abhängigkeit von den Spendern. Natürlich muß man bei einer akuten Hungersnot helfen, aber wichtiger ist es, diese Staaten zur Selbständigkeit zu führen.“

Die zwölf Wirtschaftsregionen der Erde werden zwischen 1980 und 2000, 9500 Milliarden US-Dollar aufwenden müssen, um die Entwicklung von Transport und Verkehr in den Griff zu bekommen. Diese Aufwendungen werden in den Industriestaaten dazu dienen müssen, einen Zusammenbruch der bestehenden Infrastrukturen und Einrichtungen zu verhindern und neue Systeme aufzubauen; in den Entwicklungsländern hingegen steht man vor der Notwendigkeit, die lebenswichtigen Verkehrsverbindungen als Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum zu schaffen.

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