V22sparta01 - © Viennale

Sparta. Ein Lehrstück

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Bei der Viennale konnte heimisches Publikum Ulrich Seidls „Sparta“ sehen. An den Kontroversen um diesen Film lässt sich das gebrochene Verhältnis von Kunst und Medien studieren.

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Bei der Viennale konnte heimisches Publikum Ulrich Seidls „Sparta“ sehen. An den Kontroversen um diesen Film lässt sich das gebrochene Verhältnis von Kunst und Medien studieren.

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Nun war der „Skandalfilm“ auch hierzulande zu sehen: Ulrich Seidls „Sparta“ hatte auf der Viennale seine Österreich-Premiere. Und einmal mehr fand das mediale Hyperventilieren im Film keine Entsprechung: Das Publikum ist bei diesem Regisseur ja einiges Explizite gewohnt, aber hier präsentiert sich Seidl geradezu altersmild: Man sieht dem von Georg Friedrich gespielten Protagonisten dabei zu, wie er versucht, mit seinem Hingezogensein zu Buben fertigzuwerden. Diese Neigung wird erst im Kopf des Publikums explizit – und das macht wohl auch die Qualität des Filmes aus, der viel mehr ausspart, als er zeigt.

Der „Skandal“ war somit ein medialer Coup, der durch einen Bericht des deutschen Leitmediums Der Spiegel über die angebliche Traumatisierung von jungen Mitspielern am Set initiiert wurde. Man konnte die öffentliche Empörung der letzten Wochen einmal mehr als Lehrstück für die Mechanismen der Medien wahrnehmen.

Bei der „Sparta“-Premiere sprang der Schriftsteller Michael Köhlmeier dem Regisseur bei, indem er per Videoeinspielung zur Generalabrechung eines Künstlers mit den Medien ausholte: „Wahre Kunst“, so zitierte Köhlmeier einen Ausspruch des russischen Schriftstellers und Stalin-Opfers Jewgeni Samjatin, werde „nicht von zuverlässigen Vollzugsbeamten“ gemacht, „sondern von Wahnwitzigen, Abtrünnigen, Ketzern, Träumern, Aufständischen, Skeptikern“.

Mediale Verwerfungen

Auf die Vorwürfe beim Dreh zu „Sparta“ eingehend, merkte Köhlmeier an, Medien würden sich nicht darüber empören, dass „tausende minderjährige Flüchtlinge“ in Europa verschwinden, sondern sie spielten, „wenn ein Kind bei Dreharbeiten zu einem Film weint, den heiligen Don Bosco“. Der Schriftsteller setzte seiner Philippika noch eins drauf, indem er hinwies, dass die aktuelle Filmkultur jedem Kind zumute, „mit Massenmördern einen Film- oder Kinoabend zu verbringen“. Von daher qualifizierte er die Debatte um die Wahrung von Kinderrechten am Filmset als vorgeschoben.

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