Wiederkehr der FPÖ: Die große Amnesie

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Nicht nur Dankbarkeit, auch Erinnerung ist keine politische Kategorie: Das zeigt die ewige Wiederkehr der FPÖ. Patentrezepte dagegen gibt es nicht. Am ehesten hilft glaubwürdige Politik.

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Nicht nur Dankbarkeit, auch Erinnerung ist keine politische Kategorie: Das zeigt die ewige Wiederkehr der FPÖ. Patentrezepte dagegen gibt es nicht. Am ehesten hilft glaubwürdige Politik.

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Die einen sehen Österreich in einer „Zeitmaschine“ oder gar „Zeitschleife“ gefangen, andere zitieren den bekannten Film-Titel „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Allen gemein ist jedenfalls der erschütterte Glaube an die Lernfähigkeit des Menschen – bzw. an die Gedächtnisleistung der Wählerinnen und Wähler über ein paar Schlagzeilen, Tage und Wochen hinaus. Wie sonst, fragt man sich, kann das ziemlich durchschaubare rechtspopulistische Muster à la FPÖ nach jeder Phase blauer Selbstzerstörung – von Knittel-
feld über diverse Liederbücher bis Ibiza – immer wieder fruchten?

Tatsächlich ist die Verstörung nach der sonntäglichen Landtagswahl in Niederösterreich groß. Zwar war der Verlust der absoluten Mehrheit der ÖVP in Landtag und Landesregierung angesichts der allgemeinen Krisenstimmung und des fehlenden Rückenwinds durch die Bundespartei erwartet worden; auch schien absehbar, dass weder die Zugkraft von „Landesmutter“ Johanna Mikl-Leitner noch die jahrzehntelang erprobte Gleichsetzung von Land und Partei ausreichen würden, um die Stimmung in Richtung Aufbruch zu drehen.

Dennoch schockiert die neuerliche Wiederkehr der Freiheitlichen – und ihr Durchmarsch auf den zweiten Platz. Die SPÖ, auf Platz drei verdrängt, hat nach eintägiger Schrecksekunde doch noch den glücklosen Franz Schnabl gegen die neue rote Zukunftshoffnung, den erst 34-jährigen bisherigen AMS-Chef Sven Hergovich, ausgetauscht. In der ÖVP glaubt man indes, nach Verlust von knapp zehn Prozent der Stimmen ohne Konsequenzen auszukommen. Ratlos hinsichtlich des Umgangs mit der blauen Renaissance ist man freilich hier wie dort.

Blaue Alleinstellungsmerkmale

Wie sie möglich war, ist nach Ansicht der meisten Polit-Analysten leicht nachzuvollziehen: Zum einen begünstigt allgemeine Unzufriedenheit von jeher rabiate Anti-Establishment-Parteien wie die FPÖ. Zum anderen haben die Freiheitlichen mittlerweile bei zahlreichen Themen eine politische Alleinstellungsposition entwickelt – und schaffen es in Person von Herbert Kickl, sie schneidig zu kommunizieren. Jene im Bereich Flucht und Migration ist legendär; jene zum Ukraine-Krieg und den Corona-Maßnahmen kam verstärkend hinzu. Dass bei der Niederösterreichwahl in Gemeinden mit geringer Durchimpfungsrate die FPÖ besonders gute Ergebnisse erzielen konnte, ist von daher keine Überraschung, aber doch bemerkenswert.

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