Heimbach-Steins - © Foto: Privat

Heimbach-Steins: „Kirche macht Erneuerung der römischen Sexualmoral zunichte“

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Der Vatikan hat sich jüngst in der römischen Glaubenskongregation gegen die Segnung homosexueller Paare ausgesprochen. Der Protest im deutschsprachigen Raum war groß. Die Münsteraner Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins fordert, dass sich die Kirche mit der Realität auseinandersetzt und ihre Sexualmoral erneuert.

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Der Vatikan hat sich jüngst in der römischen Glaubenskongregation gegen die Segnung homosexueller Paare ausgesprochen. Der Protest im deutschsprachigen Raum war groß. Die Münsteraner Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins fordert, dass sich die Kirche mit der Realität auseinandersetzt und ihre Sexualmoral erneuert.

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Es sollte eine klärende Antwort auf einen Zweifel sein, ein Responsum ad dubium. Doch das Papier, in dem die römische Glaubenskongregation am 15. März öffentlich kundtat, dass man nicht die Vollmacht habe, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen, sorgte weniger für Klärung als für heftige Debatten. Besonders groß war die Empörung im deutschsprachigen Raum. Über 2600 Seelsorger(innen) gaben bekannt, auch weiterhin homosexuelle Paare segnen zu wollen.

„Nicht glücklich“ über die römische Antwort zeigt sich auch Wiens Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn. Er stehe zum „Kernanliegen“ des Papiers, dem Ja zur sakramentalen Ehe, meinte er vergangenen Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ – kritisiere jedoch Zeitpunkt und Art der Kommunikation. Er selbst kenne viele Menschen, die gleichgeschlechtlich lieben und für die dieses Wort aus Rom eine tiefe Verletzung gewesen sei. Schönborn, selbst Mitglied im Kardinalsrat der Glaubenskongregation, hätte sich gewünscht, dass dieses Thema dort besprochen worden wäre. Insgesamt würde er seiner Kirche empfehlen, „weniger über Sexualität und mehr über Liebe zu sprechen“.

Zwiespältiges aus Rom

Ein Wunsch, den auch viele Theologinnen und Theologen teilen. Umso größer ist auch hier die Entrüstung über das vatikanische Schreiben. 278 Professorinnen und Professoren haben ihm in einer an der Universität Münster ausgearbeiteten Stellungnahme einen „Mangel an theologischer Tiefe, an hermeneutischem Verständnis sowie an argumentativer Stringenz“ attestiert.

Auch Marianne Heimbach-Steins, seit 2009 Leiterin des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften in Münster, hat die Protestnote unterzeichnet. Es gebe einen „Zwiespalt“ zwischen dem von Papst Franziskus geforderten Fokus auf Geschwisterlichkeit und der realen Machtausübung der Kirche, meinte die Sozialethikerin in einem Kommentar für das Onlineportal Kirche und Leben.

Am Freitag vergangener Woche präzisierte sie im Rahmen der Gesprächsreihe „Soziallehre am Punkt“, die anlässlich des 130-Jahr-Jubiläums der Sozialenzyklika Rerum novarum die Prinzipien der katholischen Soziallehre durchdeklinierte und zum Abschluss die „Subsidiarität“ in den Fokus nahm, ihre Kritik. Laut Heimbach-Steins sei das vatikanische Papier im Kontext des aktuellen Reformprozesses in Deutschland, des „Synodalen Weges“, zu sehen. Im dort eingerichteten Forum „Leben in gelingenden Beziehungen“ werde „sehr ernsthaft“ um eine Erneuerung der römischen Sexualmoral gerungen – auch hinsichtlich des Umgangs mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen. Dass mitten in diesen Prozess hinein dieses Statement der Glaubenskongregation publiziert worden sei, sieht sie als „großes Ärgernis“ und als „Versuch, diesen ganzen Prozess zunichtezumachen“.

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