Kontrolle über den Islam (und alle Religionen)
Die geplanten Änderungen des Islam- und des Bekenntnisgemeinschaftengesetzes nähren nicht nur den Generalverdacht gegen Muslime, sondern vergrößern die staatliche Aufsicht gegenüber allen Religionsgemeinschaften im Land.
Die geplanten Änderungen des Islam- und des Bekenntnisgemeinschaftengesetzes nähren nicht nur den Generalverdacht gegen Muslime, sondern vergrößern die staatliche Aufsicht gegenüber allen Religionsgemeinschaften im Land.
Zeitgleich mit dem Terrorbekämpfungsgesetz wurden Novellierungen des Islamgesetzes und des Bekenntnisgemeinschaftengesetzes (BekGG) zur Begutachtung ausgesandt, die der Sicherstellung des „effektiven Vollzugs“ des Islamgesetzes 2015 dienen sollen. Die zeitliche Verknüpfung, aber auch die politische Begleitmusik sollen wohl deutlich machen, wer immer Adressat dieses Gesetzesbündels ist, auch wenn nicht das Islamgesetz selbst betroffen war und man sich daher um religiös neutrale Formulierungen bemüht hat.
Der vage formulierte Text des in das BekGG als lex fugitiva eingefügten § 11b lässt Fragen offen, die in den Erläuterungen bemerkenswerte Zuspitzungen erfahren. Es besteht offenbar die Absicht, die kultusrechtliche Kompetenz des Bundeskanzlers zu einer religionsrechtlichen Generalkompetenz weiterzuentwickeln. Bislang haben andere Ministerien, wenn sie es im Rahmen ihrer Kompetenzen mit Angelegenheiten des Kultus zu tun bekamen, das für Kultusangelegenheiten zuständige Ministerium (derzeit das Bundeskanzleramt) zu hören.
Daraus soll nun eine Pflicht werden, den Bundeskanzler zu informieren und Unterlagen sowie Ermittlungsergebnisse zu übermitteln, und zwar für „andere Ministerien, Landesregierungen, Gerichte, Behörden und Ämter, wann immer sie bei der Vollziehung ihrer Vorschriften mit Religionsgemeinschaften in Kontakt kommen oder religiös/weltanschauliche Angelegenheiten der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger berührt werden“.
Kultusamt als Riesenbehörde?
Dies würde insbesondere hinsichtlich der Gerichte wohl verfassungswidrige Konsequenzen nach sich ziehen. Die Vorstellung, dass etwa Höchstgerichte in einem Verfahren, bei dem sie mit „Religionsgemeinschaften in Kontakt kommen“, den Bundeskanzler zu hören hätten, ist mehr als beunruhigend. Darüber hinaus wäre der damit verbundene Arbeitsaufwand nur zu bewältigen, wenn das Kultusamt zu einer Großbehörde nach dem Vorbild des Diyanet İşleri Başkanlığı in Ankara ausgebaut werden sollte.
Auch die in § 11b Abs 2 BekGG vorgesehenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind in fast allen Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf kritisiert worden, insbesondere angesichts der weithin fehlenden mangelnden Bestimmtheit der Zwecke der geplanten Verarbeitung des so sensiblen persönlichen Datums Religionsbekenntnis.
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