Papst in Tokio - © APA / AFP / Vincenzo Pinto (Papst Franziskus am 23.11. in Tokio)

Wendepunkt Missbrauch

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Neuerscheinungen zum Krisenthema katholische Kirche: ein Mutmachbuch, mit Franziskus weiterzugehen; theologische Analysen zu Missbrauch; Kirchengeschichte in Sachen Aufklärung.

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Neuerscheinungen zum Krisenthema katholische Kirche: ein Mutmachbuch, mit Franziskus weiterzugehen; theologische Analysen zu Missbrauch; Kirchengeschichte in Sachen Aufklärung.

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Dieser Tage hat Franziskus seine 32. Auslandsreise – nach Thailand und Japan – beendet. Medial ist dieser Papst längst kein Strahlemann mehr. Die Missbrauchskrise, die stockende Kurienreform und scharfe Querschüsse der Konservativen, die nicht mehr davor zurückschrecken, ihm Häresie und Götzendienst vorzuwerfen, sind schon mehr als die normalen „Mühen der Ebene“. Andreas Batlogg, Jesuit, Publizist und FURCHE-Autor, hat mit dem Pastoraltheologen Paul Zulehner eine Bestandsaufnahme des Pontifikats, vor allem seitdem die Missbrauchskrise Franziskus auch persönlich zusetzt, verfasst.

In „Der Reformer. Von Papst Franziskus lernen – ein Appell“ listen die Autoren penibel die Stolpersteine des Pontifikats auf, aber auch Entwicklungen rund um den Synodalen Weg (vgl. Seite 9 dieser FURCHE). Trotz der aktuellen Schwierigkeiten arbeiten Batlogg und Zulehner aber heraus, was die wegweisenden Linien von Franziskus sind, wie man ihn unterstützen kann und wohin die Kirche steuert, wenn sie auf dieses Papstes Kurs bleibt. Ein Mutmachbuch.

Theologie in der Missbrauchskrise

Wichtig ist auch die theologisch-interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem größten aktuellen Brocken der aktuellen Kirchenkrise, dem Umgang der katholischen Kirche mit „Missbrauch“. Der von Matthias Remenyi (Würzburg) und Thomas Schärtl (Regensburg) herausgegebene Sammelband „Nicht ausweichen. Theologie angesichts der Missbrauchskrise“ ist ein schmerzliches wie klares Buch: Fachleute sind sich längst einig, dass das Problem systemisch ist und die Kirche sich damit in ihrer Verfasstheit auseinandersetzen muss.

Neben Betroffenen kommt da auch die Journalistin Christiane Florin zu Wort, die aufzeigt, wie unbeweglich der deutsche Episko­pat auch in der Missbrauchskrise weiter ist. Wichtig der Beitrag „Gottesmissbrauch“ von Wolfgang Beinert, der die Ebene des Problems benennt – und zwar nicht so, wie es sein Lehrer Joseph Ratzinger zuletzt tat. Bei Beinert ist von den 68ern keine Rede, sondern davon, dass eine Umkehr auf allen Ebenen – eben auch strukturell, pastoral etc. – nötig ist. Auch FURCHE-Kolumnistin Hildegund Keul ist in diesen nachdenklich machenden und wichtigen Auseinandersetzungen mit einem Beitrag über vulnerable Kinder und eine mit Verwundungsmacht ausgestattete Kirche vertreten.

Hubert Wolf würdigt Aufklärung

Der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf fügt seinem bereits beachtlichen publizistischem Œuvre ein neues Highlight hinzu. In „Verdammtes Licht. Der Katholizismus und die Aufklärung“ macht Wolf gewohnt konzis, spannend zu lesen und in den Exempeln bestechenden Analysen anschaulich, warum sich die katholische Kirchenspitze so lange mit Aufklärung und Demokratie schwer tat, und wie sich der Wind von der Antiaufklärung in die heute kirchlich weithin anerkannte Wertschätzung drehte.

Dass die Wege dabei nicht immer gerade verliefen, zeigt sich etwa an der Darstellung des Wirkens des umstrittenen österreichischen Bischofs Alois Hudal (vgl. dazu auch die letztwöchige FURCHE), der – im Gegensatz zu später – Anfang der 1930er Jahre in Rom an der Verurteilung von Rassismus und Nationalsozialismus bzw. von Versuchen davon beteiligt war. Schließlich bricht Wolf eine Lanze für eine an den Quellen orientierte Geschichtswissenschaft, er kritisiert den grassierenden Konstruktivismus scharf: „Warum das Licht der Aufklärung vor Historikern geschützt werden muss“ – der Titel des letzten Kapitels zeigt, mit welch scharfer, aber kompetenter Zunge Wolf auch in diesem Buch argumentiert.

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