Wie sehr sich der „gute Ton“ in der englischen Politik verändert hat, weiß man hierzulande schon seit einigen Monaten, als nämlich leichtfertigerweise die Rundfunkübertragung von Ünterhausdebatten gestattet wurde. Dem biederen Durchschnittsengländer, dem Mann von der Straße, ist seit dieser Übertragung klar geworden: Jene Männer und Frauen, denen die Wahrung der Geschicke des Landes in die Hand gegeben ist, befleißigen sich bei dieser noblen Aufgabe in den traditionsreichen Hallen des Westmin-ster-Parlaments oft eines Benehmens und Tones, wie dies selbst in Gesellschaft besserer
Als bei der jüngsten parlamentarischen Nachwahl in einem Londoner Wahlkreis im letzten Monat die rechtsextreme „National Front“ wie-dereinmal die Liberalen als drittstärkste Partei hinter Labour und Konservativen überrunden konnte, wurde erneut bestätigt, daß der Rechtsextremismus in England zu einer ernstzunehmenden politischen Kraft geworden ist - allen Versuchen zum Trotz, ihn zu ignorieren oder totzuschweigen. Und bei näherer Betrachtung von Ideologie und Werdegang dieser Partei ist es gar nicht leicht, Parallelen zu den Anfängen des deutschen NationalsTV zialismus zu
Ein Vereinigtes Königsreich mit einer gemeinsamen Fahne, dem Union Jack, besteht auf der britischen Insel formell seit dem Jahre 1707, als unter Queen Anne der Unionsakt mit Schottland geschlossen wurde. Schon mehr als hundert Jahre zuvor war unter Heinrich VIII. ein ähnlicher Unionsakt mit Wales im Jahre 1535 zustande gekommen. 1921 kam es schließlich mit der Schaffung der Irischen Republik im Süden der irischen Insel zu der bis heute bestehenden, offiziellen Bezeichnung: Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland.An diesem Gebäude wird nun schon seit einigen Jahren
Die geistige und materielle Qualität des Lebens in Großbritannien, und der Weg dieses Landes in die ungewisse Zukunft des 21. Jahrhunderts - zu diesen Themen sind jetzt fast gleichzeitig und ganz unabhängig voneinander zwei sehr verschiedene Stimmen laut geworden: die eine kam aus dem Buckingham-Palast, die an- * dere aus dem katholischen Bischofssitz von Westminster.Das bei weitem größere Aufsehen in der britischen Öffentlichkeit hat natürlich die einstündige Rundfunksendung erregt, in deren Verlauf Prinz Philip, der Gatte der englischen Königin, seine düsteren Spekulationen über
Für ein Land wie Großbritannien, in dem mehr Zeitungen erscheinen und auch gelesen werden als sonst wo in der Welt, sind Auflagenhöhe und Einfluß der christlichen Presse relativ gering. Von den großen, überregionalen Tageszeitungen bekennt sich keine einzige zu einem offenen, aktiv-christlichen Standpunkt - es kommt allerdings von diesen Blättern dort auch kaum jemals zu offenen Angriffen gegen instituionaü- sierte Religionen.Die rein religiöse englische Presse ist auf Wochenzeitungen beschränkt, und hier ist es ein gutes Zeichen für die Stärke und Vitalität des englischen
Der Geist der britischen Monarchie ist, ganz im Gegensatz zu jenem der Medizin in Goethes mephistophelischem Sinne, wirklich nicht leicht zu fassen. Da ist ein Land, zerrissen und aufgewühlt von den schwersten Problemen wirtschaftlicher, politischer und sozialer Natur, ein Land, das sich scheinbar seiner eigenen Werte und Traditionen ebenso unsicher geworden ist wie seiner Stellung in der heutigen Welt, in der es nach dem Verlust des Empire, tastend nach neuen Zielen und Funktionen sucht. Ein Land also, das wahrlich andere Sorgen haben sollte, als im größten Stil das silberne Thronjubiläum
Niemand in Großbritannien, und im Grunde seines Herzens wohl auch nicht einmal Jim Callaghan, zweifelt jetzt noch daran, daß die Tage der La- bourregierung gezählt sind, und daß der nächste Premierminister des Landes die konservative Parteichefin Margaret Thatcher sein wird. Ob dieses historische Ereignis nun im Herbst 1977 oder im Frühjahr 1978 eintreten wird, und ob die neue konservative Regierung dann über eine Parlamentsmehrheit von 25,50 oder 100 Sitzen verfügen wird, das sind technische Details, die an der feststehenden Tatsache nichts ändern können.Hätte es nach dem
Es gibt ein englisches Sprichwort, das dem Sinne nach die militärische Tugend der Flucht preist: Der Soldat, der davonläuft, bleibt am Leben, um an einem anderen Tag weiterkämpfen zu können. Die britische Labourregie- rung hat dies jetzt zweimal getan: zuerst am 17. März in der Unterhausdebatte über die Kürzung der Staatsausgaben, als sie sich weigerte, an einer Abstimmung über ihre diesbezügliche Politik teilzunehmen: dann, nach dem dadurch verursachten Mißtrauensantrag der Konservativen, verhinderte die Minderheitsregierung Callaghan eine sichere Abstimmungsniederlage, Neuwahlen
Der plötzliche Tod des erst 58jähri- gen britischen Außenministers Anthony Crosland, und die anschließend jetzt von Premierminister Callaghan vorgenommene, einigermaßen problematische Regierungsumbildung, haben die akuten Schwierigkeiten personeller Art unterstrichen, unter denen die Labourführung zur Zeit zu leiden hat.Die im Oktober 1974 gewählte La- bourregierung hat seither schwere Verluste hinnehmen müssen. Auf Politiker vom Range eines Harold Wilson, eines Roy Jenkins und eines Anthony Crosland schon innerhalb der ersten Hälfte der Regierungsperiode verzichten zu müssen, das
Steht in Rhodesien ein Blutbad bevor, das das seinerzeitige Massaker im ehemaligen Belgisch-Kongo an Grausamkeit erreichen, an Ausmaß aber weit übertreffen könnte? Oder wird Ian Smith, dessen seit Jahren so erfolgreiche politische Strategie an die militärische des Römers Fabius Cuc- tator erinnert, wieder einmal einen vorläufigen Sieg davontragen und damit die Überreste des prekären Kräfte-Gleichgewichts in einem immer „röter” werdenden Schwarzafrika weiter aufrecht erhalten? Wird „der Westen”, ein im Grunde weit weniger konkreter Begriff als „der Osten”, auch diesen
„Wenn der Wille Gottes zur Einheit der ganzen christlichen Gemeinschaft in Liebe und Wahrhaftigkeit erfüllt werden soll, dann müssen … die allgemeinen Aspekte des Episkopates zum Nutzen der ,Koinonia’, der Gemeinschaft der Kirchen, auf universeller Ebene realisiert werden. Der einzige Bischofssitz, der einen Anspruch auf ein universelles Primat erhebt und dieses ausgeübt hat und immer noch ausübt, ist der Bischofssitz von Rom, jener Stadt, in der Petrus und Paulus gestorben sind. Es scheint angemessen zu sein, daß innerhalb jeder künftigen Union ein universelles Primat wie das hier
„I have a dream!” - mit diesen Worten führte der amerikanische Bürgerrechtskämpfer Dr. Martin Luther King seine Kampagne für eine bessere, menschenwürdigere Existenz seiner schwarzen Landsleute in den USA. Sein Traum wurde mit einem Friedens-Nobelpreis, sein Wirken mit der Kugel eines Mörders belohnt; der Geist aber, in dem er sprach, und und seine Ideen lebten und arbeiteten weiter, und wenn die Rassenfrage in den USA heute weitgehend entschärft ist, dann wissen wir, wieviel der tatkräftige Traum eines schlichten schwarzen Geistlichen aus den Südstaaten dazu beigetragen hat.
Die Liberale Partei Großbritanniens, dieses höchst anfällige, .nüh-sam am Leben erhaltene Gewächs aus einer so ganz anderen politischen Ära, sieht sich jetzt „Witterungsunbilden“ ausgesetzt, die dem gerade vor einiger Zeit wieder ein wenig aufgeblühten Pflänzchen endgültig den Garaus machen könnten — oder doch wenigstens auf recht lange Zeit. Jeremy Thorpe, Parteiführer seit Jänner 1967, sah sich jetzt unter dem Druck fortgesetzter dubioser Angriffe gezwungen, dieses Amt niederzulegen, und inzwischen ist auch die unter den Umständen einzig noch tragbar erscheinende Lösung
Wenn es in der britischen Politik der Nachkriegsjahre eine konstante Größe gegeben hat, so war dies zweifellos Harold Wilson. 1945, im Alter von 29 Jahren, erstmals ins Unterhaus berufen, übernahm er 1963 die Führung einer demoralisierten und tiefer als heute gespaltenen Labour-Partei, die unter ihm schon ein Jahr später, nach fast 13 Jahren in der Opposition, zur Regierungspartei wurde. Und heute, nach insgesamt fast acht Jahren als Premierminister und nach insgesamt vier gewonnenen Wahlen, kann der Mann, der am 11. März seinen 60. Geburtstag feierte, den wohlverdienten Ruhestand in dem
„Sehen Sie mich an, meine Damen und Herren, wie ich heute abend vor Ihnen stehe, in meinem roten Chiffon-Abendkleid, mit zartem Makeup und mit sanft gewelltem Blondhaar — und das soll die ,Iron Lady', die eiserne Jungfrau der westlichen Welt sein?“ Mit diesen Worten begann die Führerin der britischen Konservativen Partei vor einigen Tagen eine Rede bei einer lokalen Londoner Parteiversammlung.Den Titel „Iron Lady“ oder „Iron Maiden“ hatte Margaret Thatcher taxfrei von der britischen Presse erhalten, als sie in einer aufsehenerregenden Rede auf die ständig wachsende
Historiker späterer Tage werden es leichter haben als der kontemporäre Beobachter, dieses verflixte britische Jahr 1975 in die richtige Perspektive zu rücken. Es ist ebenso naheliegend, von einem Jahr der großen historischen Entwicklungen zu sprechen, wie von einem Jahr der sich verschlechternden Wirtschaftskrise, des Terrors, der inneren und äußeren Machtlosigkeit. Beides trifft ztt, so überhöht es auch klingen mag, aber: „Wie sich Verdienst und Glück verketten, das fällt den Toren niemals ein...“ Von dieser Goetheschen Warte aus betrachtet, sind manche Widersprüche Vielleicht leichter verständlich.
Wieder einmal hat der nordirische Konflikt neue, grimmigere Dimensionen angenommen, wieder ist auch der Terror über die Grenzen Nordirlands hinaus bis ins Herz Großbritanniens, nach London, vorgedrungen und hat dort, bittere Reaktionen ausgelöst. Aus dem üblichen Schreckensregister, aus den alltäglichen Terrorakten, gegen die man hierzulande schon abgestumpft ist, ragen zwei jüngste Zwischenfälle besonders hervor — die planmäßige Umzingelung und Vernichtung einer vierköpfigen britischen Militärpatrouille in Südarmagh, Nordirland (drei Tote, ein Schwerverletzter) und in London die Ermordung des britischen Journalisten und Schriftstellers Ross McWhirter vor seiner Haustür und vor den Augen seiner Frau.
Mit der Thronrede, der durch Königin Elisabeth verkündeten politischen Grundsatzerklärung der britischen Regierung für die neue Sitzungsperiode des britischen Parlaments, ist es klar geworden, daß das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland dieses Attribut wenigstens dem Namen nach noch auf ein weiteres Jahr behalten wird. Die neben der Wirtschaftskrise immer mehr zum Thema Nummer Eins werdende Frage, ob und vor allem in welchem Ausmaß Schottland und Wales erhöhte Selbstbestimmungsrechte erhalten sollen, ist durch die Thronrede und durch anschließende Erklärungen von
In Blackpool an der englischen Westküste ist das alljährliche blutige Gemetzel, das sich Jahreskonferenz der britischen Labourpartei nennt, zu Ende gegangen, und Hand in Hand, die Arme brüderlich verschränkt, sangen alle Delegierten zur gemütlichen Melodie von „Oh Tannenbaum“ das sozialistische Kampflied „The Red Flag'. Aber diese schöne Schlußkundgebung vermochte die frischen Wunden nicht zu verbergen, die dieselben Delegierten einander vorher geschlagen hatten, und auch nicht die klaffenden Löcher, die die Messer innerparteilichen Hasses in den Mantel der Brüderlichkeit gerissen hatten, mit dem sich die Labourbewegung so gerne umgibt.
Margaret Thatcher, äußerlich so sehr der Prototyp der britischen Hausfrau und Mutter des gehobenen Mittelstandes, ist eine Persönlichkeit von überraschenden Fähigkeiten und stets fähig zu Überraschungen. Sie bewies dies zuerst, als sie als Tochter eines Gemischtwarenhändlers zur zweifachen Akademikerin — Juristin und Chemikerin — und danach zur prominenten Politikerin aufstieg; und als sie dann im vergangenen Jahr, allen politischen Traditionen Großbritanniens zum Trotz und entgegen allen Voraussagen, den Expremier Edward Heath stürzte und als erste Frau die Führung der
Fünfmal, kurz hintereinander, hat der politische Terror jetzt wieder in der britischen Hauptstadt selbst zugeschlagen und dabei bisher drei Todesopfer und mehr als 100 zum Teil Schwerverletzte gefordert. Ob die Entscheidung, die Bombenkampagne nach rund einjähriger Pause wieder auf englischen Boden zu verlagern, nur vom Oberkommando der IRA in Dublin getroffen wurde — was man dort zur Zeit noch dementiert — oder von Splittergruppen irisch-republikanischer Terroristen in England, das ist im Prinzip nur von sekundärer Bedeutung für die Frage, mit der dieser Artikel überschrieben ist.
Mit der Bombenexplosion in einem Gasthaus in Belfast, wo zwei Menschen ums Leben kamen und zwölf verletzt wurden, ist die Zahl der Todesopfer auf 18 angestiegen — und diese Schreckensbilanz, die beim Erscheinen dieser Zeilen schon längst wieder übertroffen sein könnte, ist das Ergebnis von nur wenigen Wochen, seit mit dem 9. August die neue Welle Sektiererischer Morde in Nordirland wieder begann.
Die britische Wirtschaft, dieser nicht unheilbar kranke, aber keineswegs gesunde und ein wenig manisch-depressive Patient in der Europäischen Gemeinschaft hat wieder einmal mit einem seiner typisch ambivalenten Bulletins aufzuwarten. Das britische Handelsdefizit für den Monat Juli ist mit 294 Millionen Pfund das bisher höchste in diesem Jahr, und diese Tatsache allein genügte bereits, um den Aktienmarkt und den Stand des Pfund Sterlings weiter zu schwächen. Zieht man allerdings in Betracht, daß die Handelsbilanz der ersten sechs Monate von 1975 insgesamt die beste seit fast zwei Jahren war, und zieht man ferner von der Zahl für Juli den Betrag von 120 Millionen Pfund für eine Bohrinsel in der Nordsee ab, die offiziell, da mit amerikanischem Kapital gebaut, als Importposten gilt, nun aber von Großbritannien ausgebeutet werden wird, und berücksichtigt man dazu die sogenannten „unsichtbaren Exporte“ durch Bank-und Versicherungsgeschäfte in Höhe von rund 90 Millionen Pfund, dann kann mit einiger Berechtigung von einer Fortdauer einer leicht positiven Wirtschaftstendenz gesprochen werden.
Die europäische Frage, die Großbritannien vierzehn Jahre lang in immer wachsendem Maße aufgewühlt und an den Rand einer echten Verfassungs- und Existenzkrise gebracht hat, ist jetzt endlich klar und eindeutig vom britischen Volk beantwortet worden. Die Volksbefragung über die fortgesetzte britische Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft ergab bei einer erfreulich hohen Wahlbeteiligung von 65 Prozent ein überzeugtes und überzeugendes „Ja“ zu Europa und damit zu den von der Regierung Wilson neu ausgehandelten Beitrittsbedingungen.Das Ergebnis von mehr als zwei zu eins für
Der 5. Juni rückt immer näher, und damit d) chicksals-frage der britischen Regierung an das Inselvolk, es diese traditionelle Rolle aufgeben und sich endgültig zu t^nr geeinten, starken Europa bekennen will. Der Kampf zwischen EG-Freunden und EG-Gegnern geht mit hücl m emotio; ;llem und polemischem Aufwand weiter,“hauptsäb , allerdings auf der Ebene von Politikern und Kommentator ca. Das Volk selbst aber, bei dem schließlich die letzte Entscheidung liegt, zeigt in dieser Frage nach wie vor eine seltsame Lethargie, fast ein Desinteresse, das die britischen Politiker aus beiden Lagern einigermaßen beunruhigt.
Der 1. Mai, in anderen, glücklicheren Ländern als Feiertag mit Tanz und Gesang, mit Umzügen und Aufmärschen begangen, hat für Ulster, die gequälte nordirische Provinz, nichts anderes gebracht als eine Bestätigung der Hoffnungslosigkeit und Aussichten auf neue Gewalttätigkeiten immer größeren Ausmaßes. Die an diesem Tag durchgeführten allgemeinen Wahlen, die sechsten in Nordirland innerhalb der letzten drei Jahre, haben erneut das völlige Versagen demokratischer Methoden zur Lösung der nordirischen Krise bewiesen, und das Wunschdenken des britischen Nordirlandministers Rees dürfte sich sehr bald wieder der alten, blutigen Realität in Ulster gegenübersehen.
Die Krisenstimmmunig in Großbritannien, durch ein umstrittenes, hart zupackendes Budget und die dadurch hervorgerufenen Panikkäufe noch weiter verschärft, ist noch düsterer geworden durch die Nachricht, daß der größte rein britische Kraftfahrzeugikonzern, die British Leyland Motor Corporation, einer der bedeutendsten Exporteure und Devisenforinger des Landes, kurz vor dem Bankrott stehe. Die einzige Rettung für diesen Lebensnerv Großbritanniens, für das damit verbundene Prestige der britischen Wirtschaft und für mehr als 150.000 Arbeitsplätze, so erklärte Premierminister Wilson
Der Schnee- und Kälteeinbruch, der in Großbritannien den Frühlingsbeginn und die Einführung der Sommerzeit begleitet hat, scheint symptomatisch zu sein für das verdächtige Knistern, das zur Zeit im politischen und sozialen Gefüge dieses Landes zu hören ist. Die leidenschaftliche und immer verworrener werdende Europadebatte ist nur eines dieser Symptome, und sie läßt an der oft recht zweifelhaften intellektuellen Qualität ihrer Durchführung erkennen, wie sehr die derzeitige Umwertung, oder besser: Entwertung so vieler stets als unerschütterlich angesehener Werte das britische Volk
Jeder unbefangene Beobachter der gegenwärtigen britischen Europapolitik wird es kaum für möglich halten, daß es sich hier um dasselbe Land handelt, das noch vor wenigen Jahren so stürmisch, so drängend an die Tore Europas hämmerte, die ihm nur von einem bösen, chauvinistischen französischen General verwehrt wurden. Aber seither ist viel Wasser durch die Themse, die Seine und den Rhein geflossen, das europäische „Paradies“ hat sich den Briten erschlossen, und sie haben sehr rasch das Stadium der Unschuld durchschritten und die Schlange entdeckt — weniger vielleicht im
Mit seiner Erklärung in Unterhaus Mitte Jänner über die Art der Fragestellung bei der bevorstehenden Volksbefragung über die EG-Mitgliedschaft hat Premierminister Wilson sozusagen den „Wahlkampf“ eröffnet, der sieb wie ein Crescendo bis zum eigentlichen Referendum steigern wird, das im Juni dieses Jahres stattfinden soll.
Kürzlich ist die Jahreskonferenz der britischen Labourpartei zu Ende gegangen, die zum erstenmal seit fünf Jahren wieder zu einer Zeit stattfand, in der gleichzeitig auch eine Labourregierung an der Macht ist. Wenn auch die absolute Parlamentsmehrheit der Partei nur drei Sitze beträgt, so sind sich doch alle politischen Beobachter darüber einig, daß dies bei der gegenwärtigen Zusammensetzung des Unterhauses völlig ausreichend ist, um dem Kabinett Wilson eine lange und tatkräftige Regierungszeit zu ermöglichen.Abgesehen vom großen Block der Konservativen Partei, ist die restliche
Die Tragödie von Birmingham, bei der am 21. November durch Barnben- explosionen 19 Menschen getötet wurden — ein weiterer Mann ist inzwischen im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen — hat die britische Regierung wieder einen Schritt näher zur Akzeptierung der Tatsache gebracht, daß sich das Land de facto in einem offenen Kriegszustand mit der IRA, der Irish Repu- blican Army, befindet. Mit einer für Regierungen ungewöhnlichen Entschlußkraft hat der britische Innenminister Roy Jenkins einen Anti- Terraristen-Gesetzesantrag ednge- bracht, der mit einer für Parlamentarier