In memoriam Dr. Friedrich Funder die Frage zu stellen, was vom christlichsozialen Gedankengut wohl geblieben sei, ist ein ehrenvolles und beklemmendes Unterfangen zugleich. Ehrenvoll, weil heute, wie vor ein oder zwei Menschenaltern, sich Demokraten aus christlichem Engagement verpflichtet wissen, ihren eigenständigen Beitrag zum öffentlichen Leben Österreichs zu leisten. Beklemmend, weil der Fragezeichen im programmatischen wie im praktischen Bereich allzu viele geworden sind. Dennoch tut eine Klärung der Begriffe und ihrer Inhalte not, will man Resultate einer ideologischen Selbstbesinnung für zukünftige Weichenstellungen erzielen.
Einst jubelnd erwartet und gefeiert, sollte das 20. Jahrhundert, durchstrahlt vom kalten Lichte der angebeteten Vernunft, dem sittlich autonomen, fessellosen und freien Menschen die Entrümpelung von Glauben und Mystik und die Ent- thronisierung der Gefühle bringen; sollte in ihm der stolze Bau einer kühnen Zivilisation, einer materialistischen Kultur und einer Wohlstand und Freiheit verbürgenden Wirtschafts- und Sozialverfassung seine Vollendung finden. — Vanitas vanitatum!Der erste Weltkrieg brachte stattdessen Chaos und Verzweiflung. Die Fortschrittsgötzen stürzten, und alte
Vor 20 Jahren schlug die Geburtsstunde der Zweiten Republik. Dieses Tages zu gedenken, sind wir hier, denn an ihm erwies sich, daß in der tausendjährigen Geschichte Österreichs der Verlust unserer staatlichen Existenz in dem für tausend Jahre geplanten Dritten Reich nur eine kurze geschichtliche Episode war. Dem Festredner aber bieten sich für die Gestaltung seiner Rede viele Möglichkeiten. Er könnte eine Aufzählung historischer Ereignisse versuchen, die jedoch hinlänglich bekannt sind. Er könnte für die allzu Vergeßlichen eine Fülle großartiger Leistungen von Regierung und
Jeder Staat hat seine Symbole: die Fahne, das Wappen, die Hymne und nicht zuletzt den Staatsfeiertag. Staatssymbole sind wichtig für die Repräsentanz des Staates im Ausland, und sie verkörpern für das Inland den Staatsgedanken, seine Tradition und den Stolz auf seine Leistungen. Symbole dokumentieren das Bleibende in der Geschlechterfolge der Generationen; sie verknüpfen, sinnlich wahrnehmbar, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, denn der Staat ist mehr als eine Addition der Menschen, die auf seinem Staatsgebiet leben.In Monarchien ist die Frage nach dem Staatsfeiertag kein Gegenstand
In wenigen Monaten werden 20 Jahre seit der Wiedererrichtung Österreichs im Jahre 1945 vergangen sein, also jenes Staates, dessen Name nicht allein ein Staatsgebiet bezeichnet, sondern der ‘darüber hinaus eine überstaatliche Ordnungsidee symbolisiert. Sicherlich: Deren in Jahrhunderten historisch gewachsene politische Erscheinungsform ist 1918 endgültig zerbrochen, was aber nicht besagt, daß diese Ordnungsidee an unser Glück und unser Leid, in der Vergangenheit und — in der Zukunft.Der politische Sprachgebrauch prägte für das 1945 wiedererstandene Staatsgebilde, präziser