Am 19. April dieses Jahres schrieb Dr. Donato Massimo Bartolomei an den italienischen Justizminister einen Brief: „Illustre Signor Minist™ — Ich bedaure, Ihnen hiermit meinen Rücktritt als Präsident der vierten Filmzensurkommission bekanntgeben zu müssen. Wenige Monate in meinem neuen Amt haben ausgereicht, mir die vollständige Sinnlosigkeit dieser Aufgabe vor Augen zu führen. Wie auch Sie sicherlich wissen werden, ist die Filmproduktion auf ein nie dagewesenes Niveau herabgesunken. Das Kino ist heute nichts anderes mehr als eine öffentliche Schule für Pornographie und Verbrechen mit Vorstellungen, die von Fall zu Fall vulgärer und akzentuierter in Haß und Qewalt werden.“ Außer Bartolomei sahen sich vier weitere Kömmissionspräsidenten der italienischen Filmzensur nicht länger in der Lage, ihr Amt ab Moralhüter der Leinwand verantwortungsvoll auszuüben, da sich die italienische Filmindustrie über Zelluloid-Konfektion seit Herbst vorigen Jahres in Akkordzulageri (1967: ?3 Sexfilme, 1968: 53) auf Nymphomanie, lesbische Liebe, Sadismus, Voyeurismus, Sodomie eingestellt hat.
DIE EHRWÜRDIGE MUTTER, aufgeschlossene Oberin des Mutterhauses von Sacre Coeur in Rom, trug ihr neues Ordenskleid erst seit Dezember 1966. Nach Jahrzehnten ihres Klosterlebens in der seit über einem Jahrhundert unveränderten Ordenstracht, einem weitrockigen, schwarzen Pellerinenkleid mit weiß plissiertem Kinnhäubchen, hatten die Damen von Sacre Cceur vor kurzem in Rom das alte Habit gegen ein schlichtes, bequemeres eingetauscht: praktisch und leichter im Stoff, enger, ohne die „bischöfliche“ Pellerine, die luftige Schleierhaube ohne die gesteiften Seitenrüschen, die beim Autofahren
ITALIENS POTENTIELLSTE MASSENKOMMUNIKATIONSMITTEL, die Comic strips (Auflage fünf Millionen), erleben ein ambivalentes Schicksal. Die „schwarzen“ Papierheroen, die „Fumetti neri“ (so genannt, weil ihnen die Brutalitäten Jeweils in Rauchwölkchen aus dem zynischen Mund quellen), stehen nicht nur in Mailand vor dem Richter, sondern sie haben auch eine beachtliche akademische Karriere gemacht. In Universitätskreisen werden die Gruselbreviere der 58 „schwarzen“ Bildserien, die seit rund vier Jahren die Italiener über alle Maßen faszinieren, nicht nur gelesen, sondern gründlich