Skandalregisseuse Ruth Berghaus konnte sich austoben. Doch da die Kombination Bert Brecht/Kurt Weill bei „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" provokantes Regietheä-ter geradezu verlangt, war dieser Premiere der Stuttgarter Oper Erfolg beschieden. Die Parabel von Menschen, die sich selbst eine eigene (heile?) Welt errichten wollen, aber doch nur wieder Übermaß und Laster säen, kommt realistisch über die Rampe. Dirigent Markus Stenz ist recht grobschlächtig um die musikalische Eigenständigkeit der Oper bemüht. Reinhild Runkel, Wienern seit ihrer Amme an der Staatsoper bestens
Eugen d'Alberts „Tiefland" ist musikhistorisch die deutsche Antwort auf den italienischen Verismo. So ist es dem Klagenfurter Stadttheater hoch anzurechnen, dieses Werk auf die Bühne zu bringen. In einer bewußt spartanischen, darstellerisch eindring-lichen Regie von Günter Lohse peitscht Robert Filzwieser die Orchesterwogen knallig hart auf. Dank der ausgezeichneten Sängerleistungen wirkt sich dies aber nicht negativ aus.Märta Banfalvi beeindruckt als hochdramatische Marta, in Ronald Pries könnte ein Wagnertenor der Zukunft heranreifen, sein Pedro besticht durch gleißenden
Musical-Welturaufführung in St. Pölten: Die Wiener Polizeijuristen Alince und Branka schufen „Rain-bow Girl", 19 Bilder aus dem Leben Marilyn Monroes oder das Zerbrechen eines Menschen in Hollywood. Mit knappem, eindrucksvollem Text gelingt es ihren Kompositionen, den American Sound der damaligen Zeit perfekt einzufangen.Von Grant Chorley perfekt arrangiert und dirigiert, erzielt auch die Inszenierung Helmut Schorlemmers mit sparsamsten Mitteln größte Wirkung, im Ensemble sind ausgesprochene Musicalhoffnungen wie Verena Andresen, Sabine Klapdohr und Norbert Bertassi zu finden.
Regisseur Johannes Schaaf vollendete seinen Londoner Mozart-Zyklus mit „Don Giovanni" und bot Gewohnt-Widersprüchliches: Don Juan ist längst kein Frauenheld mehr, das ewige Verführen wird quasi zum Alptraum, Leporello ist aus dem Westentaschenformat seines Herrn herausgetreten und mehr und mehr der kommende Titelheld. Kurz, alles „neuzeitlich" gegen die Musik gebürstet, die Läuterungssequenz „Also stirbt, wer Böses tat" fehlt völlig.Dabei bietet Bemard Haitink am Pult besten Mozartstil, auf der Bühne feiert Thomas Allen nach 20 Jahren sein Co-ventgarden-Jubi-läum
(„Gavre Princip - Himmel unter Steinen" von Peter Patzak) Peter Patzak ist ein mutiger Regisseur. Im Jahre 1990 die Geschichte von Gavre Princip, dem Mörder des Thronfolgers Franz Ferdinand, zu verfilmen, ist gleich doppelt ver- wegen: Als Mörder des Erzherzogs hat er den Ausbruch des Ersten Weltkrieges verursacht, wiewohl in Wirklichkeit die gesellschaftspoli- tischen Umstände den Kriegsaus- bruch vorhersehen ließen. Patzak hat den Attentäter als Charakter und nicht bloß als Initialzündung gezeigt.Und er hat einem scheinbar vergangenen Thema zeitlose Aktu- alität gegeben, da er auch
(„Versteckte Leidenschaft“ von Mehdi Charef; mit Remi Martin, Philippine Leroy-Beaulieu u. a.) Der junge, aus Algerien stammende Regisseur Mehdi Charef ist für stille, gefühlvolle Arbeiten bekannt, in deren Mittelpunkt Außenseiter stehen. Sein neuer Film erzählt von Martin, der, einsam und von seiner Mutter beherrscht, unter einem Sprachfehler leidet und durch Zufall Camille, einem reichen, rauschgiftsüch- tigen Mädchen begegnet, das vor der Wirklichkeit davonläuft. Zwei ungleiche Welten treffen aufeinander. Charef bringt die Außenseiterrolle auf zwei Ebenen zum Ausdruck: hier die
(Carinthischer Sommer, Stiftskirche Ossiach; „Assalone punito” von P. A. Ziani). Zu den großartigsten Produktionen der letzten Jahre gehört zweifellos die Inszenierung der Kirchenoper des venezianischen Komponisten Pietro Andrea Ziani (ca. 1620-1684), der das Werk für den Habsburger-Hof schrieb.Das Libretto von Padre Lepori schildert die Tragödie des Hochmütigen, hier in der Gestalt des Absa-lom, des dritten Sohnes von König David. Er schreckt vor nichts zurück, um zur Macht zu gelangen, auch nicht vor dem Vatermord. Sein langes goldenes Haar, Sinnbild seiner Eitelkeit und
Tagebücher mit vielen sehr persönlichen Details nehmen in Max Frischs Werk einen breiten Raum ein. Sein letztes Buch „Montauk“ gehört zu den intimsten Dokumenten in der Hinsicht.„... autobiographisch, ja autobiographisch. Ohne Personagen zu erfinden; ohne Ereignisse zu erfinden, die exemplarischer sind als seine Wirklichkeit; ohne auszuweichen in Erfindungen. Ohne seine Schriftstel-lerei zu rechtfertigen durch Verantwortung gegenüber der Gesellschaft; ohne Botschaft. Er hat keine und lebt trotzdem. Er möchte bloß erzählen (nicht ohne alle Rücksicht auf die Menschen, die er beim
„Möbel nach Maß“ nennt sich eine Ausstellung im Eitelbergersaal in der Galerie des österreichischen Museums für angewandte Kunst, die Möbel zeigt, die, nach Entwürfen von Josef Frank, Carl Malmsten, Rex Raab und Erik Aasmussen, von Möbelwerkstätten und handwerksmäßig betriebenen Tischlereien in Schweden, der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich angefertigt wurden.Um es gleich vorwegzunehmen: es ist eine ganz besonders schöne und wichtige Ausstellung, die hier gezeigt wird, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie zu einer Huldigung an einen bedeutenden österreichischen
Vergangene Woche wurden im Rahmen einer Pressefahrt die Vertreter in- und ausländischer Zeitungen von der Stadtgemeinde Krems über die Vorbereitungsarbeiten zu der vom Juni bis Oktober 1971 stattfindenden Ausstellung „1000 Jahre Kunst in Krems“ informiert. An Hand eines Lichtbildervortrages und an Ort und Stelle demonstrierte der Leiter der Ausstellung, uni v.- Dozent Doktor Harry Kühnel die grundlegenden und umfangreichen Restaurierungsarbeiten an dem Komplex der Dominikanerkirche mit ihrem Kloster, der diesmal zum Schauplatz der Ausstellung werden soll und Im Anschluß daran zu einem
Im Französischen Saal des Künstlerhauses ist derzeit die Ausstellung „Berliner Küntler 1966 bis 1969“ zu sehen, die einen Ausschnitt aus dem Schaffen der letzten drei Jahre von 55 Malern, Bildhauern und Graphikern bietet. Die herbe und etwas sterile Kühle, die das bunte Ausstellungsplakat ausstrahlt, ist auch in der Schau selbst zu finden, in der die wenigsten Arbeiten den Eindruck erwecken, sie seien aus einer inneren Notwendigkeit entstanden und nicht aus den vielfältigen Verbeugungen vor den Moden der „Moderne“. Es ist eine seltsam gesichtslose Ausstellung, die von irgendwoher
In der Galerie Würthle zeigt Karl Stark eine Reihe van farbig schönen dichten expressiven Gouachen, die als Farbnepraduktionen in einer Mappe zusammengefaßt eben erschienen sind. Die Weihnachtsausstellung der Galerie bringt wieder eine sehr beachtliche Auswahl an Graphiken, unter denen die Arbeiten van Wotruba, Avramidis, Paar, Unger, Fischer, Pakosta, Karger, Stransky und Moldovan hervorragen. Die Plastik ist mit Ausnahme des Branzereliefs van Fritz Wotruba diesmal eher schwach vertreten.In der Galerie Basilisk fällt die Ausstellung von Rosa Pohnert-Resch besonders auf. Einige ihrer
Anläßlich des 100. Geburtstages von Joseph Maria Olbrich — der arr 22. Dezember 1867 in Troppau geboren wunde — fand im Vorjahr im Hessischen Landesmuseum Darmstadt eine große, 468 Katalognum- mem umfassende Gedächtnisausstellung statt, aus der gegenwärtig eine wesentlich kleinere Auslese in dei Wiener Secession im 60. Todesjahr ihres Erb- ?rs gezeigt wird. Bekanntlich s.. dierte Olbrich von 1890 bis 1893 an der Wiener Akademie der bildenden Künste bei Carl von Hasenauer, ging dann zu Otto Wagner, wurde zum Gründungsmitglied der Secession, deren Haus er von 1897 bis 1898 erbaute und
Der ungarndeutsche Maler Franz Schunbach, der Tirol zu seiner zweiten Heimat erwählt hat, zeigte hier eine Auswahl in letzter Zeit entstandener Ölbilder, Aquarelle, Lithographien und Monotypien. Dem festgefügten und sicheres Charakter dieses Künstlers entspricht eine kräftige, eigenständige Aussagekraft seiner Werke. Ohne sich einer der bestehenden Kunstrichtungen direkt anzuschließen, fügt sich Schunbachs Kunst in die Entwicklung der modernen Malerei ein. Die in intensiver Farbigkeit und disziplinierter Komposition geschaffenen Werke bleiben stets auf die Darstellung der schaubaren
Der Garten Allahs. Roman von Robert Hichens. Paul-Zsolnay-Verlag. 652 Seiten.„Ich habe weit über fünfzig Romane geschrieben. Es sind viel bessere darunter als ,Der Garten Allahs', aber man läßt nur diesen Roman gelten und hat mich damit zu einem Afrikaschriftsteller gestempelt.* So hat Hichens selbst einmal zu einem Freunde geäußert. Mag dieser abwägende Einwand des Autors richtig sein oder nicht — objektiv und für sich allein gesehen —, wird „Der Garten Allahs* durch seine trotz gelegentlicher Längen spannungsreiche Handlung, die geschickte Gestaltung der Charaktere und vor
Die österreichische Volksernährung. Verbrauch, Erzeugung, Außenhandel. Von Felix Ringhoffer und Theodor Wense. Prinzhorn-Verlag, Solbad Hall in Tirol. 93 Seiten.Gespannt auf die Vorschläge der Verfasser zur Steigerung der Produktivität der österreichischen Landwirtschaft, nimmt der Leser die Broschüre zur Hand, um sie enttäuscht wegzulegen: Quellenangaben fehlen und die gebotenen Tabellen zeigen, daß sich die Verfasser kaum ernstlich mit Statistik befaßt haben. Zahlreiche grobe Satzzeichenfehler und die Reklame für verschiedene Firmen im Text wirken störend.Sie hörten seine
Die Osterreichische Idee. Von Georg d e P o 11 e r e. 45 Seiten, als Manuskript gedruckt.In dieser kleinen Broschüre sind von einem jüngstverstorbenen Altösterreicher, der sich noch des ganzen reichen und farbigen Kosmos der Donaumonarchie bewußt, war, Betrachtungen, Stimmen und Augenblicksbilder eingesammelt, die für eine Welt, der die persönliche Erinnerung ah diese Zeit schwindet, ebenso lesens- wie beherzigenswert 6ind.Gruß nach vorne. Eine Auswahl, herausgegeben von Erich Kästner. 260 Seiten. — Na und?“ Eine neue Auswahl au6 den Schriften und Gedichten. Mit einem Nachwort von
Der hellige Ambrosius, Bischof von Malland (f 397). 4. Bändchen der Schriftenreihe „Die Kirchenväter und wir. Zeitnahes Väterwort.“ Von DDr. Josef Lenzenweger. St.-Adalbero-Verlag der Benediktinerabtei Lambach, Oberösterreich, 1950. 48 Seiten, zwei Lichtbilder. S 5.20.Diese Reihe ist ein Volltreffer: Wesentliches, knapper Rahmen, feine Form. Der Linzer Kirchenhistoriker entwirft sachkundig das Bild des großen Spätrömers und erfüllt es durch geschickt ausgewählte Textproben mit Farbe und Leben. Eine Wochenendlektüre einmal anders! Schon für den Autobus.Und wie sinnig, daß eine
Das zwanzigste Jahrhundert. Eine Zwischenbilanz des Westens. Von Hans K o h n. Europa-Verlag. 254 Seiten.Fünfzig Jahre Welt- und Menschengeschichte auf 254 Seiten: ein Wagnis auch dann, wenn es sich um eine „Zwischenbilanz des Westens“ handelt. Trotz der Schnellzugsfahrt durch die Jahrzehnte, gelingt es dem Verfasser — einem gebürtigen Altösterreicher und jetztigen Collegeprofessor —, dank seinem analytischen Talent, die entscheidenden geistigen und politischen Strömungen herauszuarbeiten und zu charakterisieren. Kleine Flüchtigkeiten, wie die Vorstellung Hitlers als
In den letzten Monaten ist eine Reihe vonErinnerungsbüchern erschienen, die in die Hintergründe der jüngst vergangenen, schreckensvollen Ära Licht gebracht haben. ;,Die Furche“ hat über diese neu entdeckten Zusammenhänge ihrer Bedeutung entsprechend berichtet.Nun liegt vor uns eines der psychologisch tiefstschürfenden Bücher dieser Kette — die nachgelassenen „Vom anderen Deutschland“ betitelten Tagebücher des ehemaligen deutschen Botschafters Ulrich von Hassel*.Dieser deutsche Diplomat zählte zu den konsequentesten und wegen seiner weitreichenden persönlichen Beziehungen