Ibrahim Rugova, starb am 21. Jänner in Prishtina, unmittelbar vor Beginn der serbisch-albanischen Verhandlungen über die Zukunft des Kosovo. Sein Leben stellte große Forderungen an ihn: In wenigen Jahren vom Literaten zum Parteivorsitzenden und gleich danach zum Präsidenten der Provinz. Es war nicht nur seine Schuld, dass er ihnen nicht entsprach. Unbestritten ist sein Verdienst in den 90er Jahren um den "gewaltlosen Widerstand" im Kosovo, trotz der menschenverachtenden Provokationen der serbischen Polizei, der Milosevi´c-hörigen serbischen Medien gegenüber der albanischen Mehrheit im
Pazifismus, schön und gut. Mir aber ist Rationalismus, Pragmatismus und Realismus um einiges näher und wesentlicher.Ja, der Pazifismus - dieser Begriff hat es in sich! Natürlich bin ich, wie wohl die überwiegende Mehrheit aller Menschen, gegen den Krieg und für den Frieden, wenn möglich überall in der Welt gleichzeitig. Nur liegt das Problem darin, dass der Begriff sich an eben solche Menschen wendet und trotzdem keinen Krieg verhindert hat. Und das auch gar nicht kann. Denn - ebenso wie die Mehrheit der Menschen keinen Krieg will, ebenso unausweichlich zeigt unsere
Wie ich mir das Europa der Zukunft vorstelle: 1. Als ein
Horrorszenario, 2. wie einen Wunschtraum, 3. In der Erwartung,
dass die Realität in einer gewissen Mitte liegen werde.
Ausnahmezustand, Pressezensur, die Armee in Alarmbereitschaft: Nach wochenlangen Unruhen spitzte sich die Lage in Albanien am vergangenen Wochenende dramatisch zu, das Land stand Anfang der Woche am Rande eines Bürgerkriegs.
Ein nicht ganz fiktiver Dialog in Sarajewo: „Ich würde gern in diese Wohnung zurückkehren, ich habe hier vor dem Krieg gewohnt..." sagt der Rückkehrer. „Aber ich blieb hier im Krieg, ich werde diese Wohnung nicht verlassen - du bist ins Ausland gegangen, Du bist vor dem Krieg geflohen ...", sagt der andere. „Es ist meine Wohnung", wiederholt der Rückkehrer. „Nein", sagt der andere, „Du hast kein Recht auf eine Wohnung hier. Wenn ich nicht für unser Land und für unsere Sache im Krieg gekämpft hätte, gäbe es diese Wohnung nicht mehr, Bosnien-Herzegowina
Im Rahmen der Aufgaben, die sich das „Kulturzentrum/Kul-turni Centar für bosnische Flüchtlinge in Osterreich" gesetzt hat, besuchen bosnische Studenten in Wien bosnische Kinder in verschiedenen privaten Flüchtlings-Quartieren in Niederösterreich. Ihre Aufgabe ist es, den Kindern Nachhilfeunterricht, Muttersprache, Bosnien- und Osterreichkunde zu vermitteln, mit ihnen zu zeichnen, zu singen und zu spielen. Nach jedem Besuch wird ein Bericht geschrieben. Einer davon soll hier in gekürzter Form zitiert werj den:„Nach zweiwöchiger Pause statten wir am 11. 2.1996 im Gasthof X am
Welches Österreichbild werden die Bosnien-Rückkehrer in ihre alte/neue Heimat mitnehmen?.Fall eins: Eine moslemische Familie in einer niederösterreichischen Gemeinde will zurück in ihren Heimatort, der im Laufe dieses Krieges zweimal total zerstört wurde. Kein Stein steht mehr auf dem anderen. Die Gemeinde und ihr Pfarrer haben nun beschlossen, den Rückkehrern alle erdenkliche Unterstützung angedeihen zu lassen. Zuerst fuhr der Pfarrer in den bosnischen Ort und machte eine Bestandsaufnahme.Daraufhin wurde ein Traktor angeschafft, ein LKW organisiert, der die verschiedensten Geschenke
In einem Bericht über seine Eindrücke von Milosevic nach vielen Gesprächen und Begegnungen schreibt der ehemalige amerikanische Botschafter in Belgrad, Warren Zimmermann, unter anderem von der „üblichen Verlogenheit" des serbischen Präsidenten und erwähnt als Beispiel „Milosevics' unerhörte Verdrehungen der serbischen Verhaltensweise im Kosovo".Trotz dieser klaren Erkenntnis der Mentalität des serbischen Präsidenten und der Qualität seiner politischen Erklärungen, setzt in diesen Tagen unter der Führung von Mr. Holbrook eine neue amerikanische Verhandlungsrunde ein,
Vielleicht wird der Waffenstillstand halten, und vielleicht werden die IFOR-Truppen in Bosnien-Herzegowina dazu beitragen, daß der Begriff „Frieden" zumindest schrittweise Bealität werden kann. Das alles zusammen kann zu einer Hoffnung werden für alle Opfer des Krieges, ob sie als Zivilbevölkerung ausharrten, ob sie Vertriebene oder Flüchtlinge - oder Soldaten an den jeweiligen Fronten waren.Vorerst aber herrscht tiefer Winter, der besonders tief ist für die Flüchtlinge innerhalb Bosnien-Herzegowinas, denn vielen von ihnen fehlt noch immer das Nötigste, um zu überleben. Auch
Nach dem Friedensschluß scheint das Problem Bosnien abgehakt - aber nur für jene, die die Details nicht bedenken, vor allem die Frage: Was erwartet die Heimkehrer zu Hause?
Unter den Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina ist große Unruhe ausgebrochen. Dayton entfacht Hoffnung, Heimweh und gleichzeitig Furcht vor der Zukunft. „Wird man uns nach Hause schicken?" „Kann ich mein Haus wieder aufbauen?" „Wer wird mein Nachbar sein?" sind Fragen, die sie sich und uns stellen.Viele möchten daran glauben, daß die Unterzeichnung in Dayton und Paris tatsächlich Friede und Zukunft bedeutet. Es ist schwer, den Flüchtlingen, vor allem den mit Gewalt Vertriebenen, die von ihren Erlebnissen schwer gezeichnet sind und fassungslos hier strandeten, in
Seit der Paraphierung des sogenannten Friedensvertrages von Dayton/Ohio sind die Flüchtlinge wie aufgescheucht. Aus allen Aufnahmeländern kommen Meldungen, daß eine wachsende Zahl zurückkehrt in die Heimat. In manchen Ländern werden Vorkehrungen für eine umfassende Hilfe für freiwillige Bückkehrer getroffen, andere beeilen sich, den Flüchtlingen die Bückkehr nahe zu legen. Keiner kann wirklich sagen, was diese Menschen in der ehemaligen Heimat heute vorfinden werden.In jedem Fall aber werden Rückkehrer nicht ihre „alte”, sondern eine ganz „neue” Heimat vorfinden. Sie selbst
Ein Wechselbad sind die Informationen aus und um Mazedonien: Entspannung in den griechisch-mazedonischen Beziehungen, neue Kontakte zwischen Belgrad und Skoplje, dann das furchtbare Attentat auf Präsident Kiro Gligorov, den Architekten der Politik des Kompromisses -und schließlich die Bestätigung, daß Mazedonien trotz allem seine Politik der Vertrauensbildung gegenüber Athen fortsetzt.Während einerseits alle Befürchtungen, daß das Attentat eine Welle der Gewalttat im Stile der mazedonischen Geschichte im 19. Jahrhundert einleiten könnte, noch immer ihre Berechtigung haben, so ist
Gerade weil Briefbombenterror individuelle Tragödien zur Folge haben und sicherheitspolitische Unsicherheit verursachen, erschüttern sie auch die Gemüter von vielen Nicht-Betroffenen. Und das ist das Gute, das aus der bösen Tat erwächst.Denn so mancher in Österreich begreift, daß das Flüchtlingsschicksal nicht nur an die Hilfsbereitschaft einzelner appellieren darf, daß das Miteinanderleben mit Menschen, die aus anderen Ländern nach Österreich kommen, keine Gefahr bedeutet, sondern eine Aufforderung zur Kommunikation darstellt. Sie begreifen, daß sowohl diese Gruppen als auch
Nen Medien wie „Waffen--L 1 stillstand” und „Friedensverhandlungen” in und um Bosnien bei den Flüchtlingen Hoffnungen. Ebenso natürlich aber ist das Gebot der Nüchternheit angesichts der Bealitäten.In Genf wird bei der UNO derzeit über das Thema „Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen aus Bosnien-Herzegowina” verhandelt. Festgehalten wurden folgende Voraussetzungen: Die Rückkehr muß freiwillig erfolgen, die Repatriierung sorgfältig vorbereitet und die volle Sicherheit der Rückkehrer garantiert sein.Organisiert werden soll die Rückkehr in drei Phasen, nämlich zuerst
Bislang fehlt eine weltliche Instanz, die Kirchen für geistliche Mithilfe an Kriegsvergehen zur Rechenschaft ziehen könnte...”, schreibt Anne Herbst vom Institut für Glaube in der Zweiten Welt in Zürich in einer Analyse der „messianischen” Rolle der serbisch-orthodoxen Kirche in Serbien heute. Anläßlich der kroatischen Rückeroberung der Krajina hat der Patriarch dieser Kirche die Öffentlichkeit aufgerufen, die „drohende Vertreibung von Hunderttausenden orthodoxer Serben aus Kroatien, die seit 1991 grauenhafteste ethnische Säuberung, den größten Exodus einer Zivilbevölkerung
Kein Anlaß für Optimismus, sollte die New Yorker Rahmenvereinbarung für die künftige Polit-Ord-nung in Bosnien-Herzegowina Grundlage des Friedens sein.
Der zur Zeit in weiten Kreisen gepriesene amerikanische „Durchbruch” bei den Friedensverhandlungen zwischen den, wie es international heißt, drei Kriegsparteien in Bosnien, enthält neben der serbischen Anerkennung des Staates Bosnien-Herzegowina, auch die Anerkennung der „Serbischen Republik” innerhalb dieses Staates durch die bosnische Regierung. Das kann nur als „politischer Sadismus” bezeichnet werden. Auch den amerikanischen Friedensstiftern wird es nicht entgangen sein, daß der Krieg von Belgrad ausgehend unter dem Motto begonnen wurde: Wo Serben sind, dort ist Serbien,
Es ist schon ein verwunderliches Phänomen: Wer in unserer Zeit die Serben für ihre schweren Verletzungen der Menschrechte kritisiert, ist in ihren Augen ein Feind der Serben und in den Augen der Kroaten ein Freund. Und logischerweise ist es umgekehrt genauso - wie sich dieser Tage wieder gezeigt hat. Als die internationale Helsinki Föderation für Menschenrechte die Ergebnisse ihrer kritischen Untersuchungen der Situation in der Krajina nach der Rückeroberung vorlegte, kannte die kroatische Empörung über diese „anti-kroatischen Aktivitäten” fast keine Grenzen. Die Serben hingegen
Eine Frau X. aus Bosnien beantragte Ende November 94 die Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung. Zu Beginn des Jahres ruft sie. bei der zustandigen Fremdenpolizeisteile an, um zu erfahren, ob und wann die Genehmigung erteilt wird. Ks ist ihr nicht möglich, eine Antwort zu erhalten -entweder ist der/die zuständige Beamte/Beamtin nicht im Zimmer, spricht gerade am Telefon, sie solle am nächsten oder am übernächsten Tag wieder anrufen, oder es wird überhaupt der Hörer aufgelegt. So geht das bis in den Juni.Als sich dann eine einheimische Bekannte einschaltet, kommt es zu „normalen”
Srebrenica und die Folgen machen uns stumm. Das Verhalten der sogenannten „internationalen Gemeinschaft” macht uns hilflos. Aber fragen kann und muß man eben deshalb: Was dürfen Politiker unterlassen? Wo ist das Kriterium für ihre Verantwortlichkeit? Wo ist die Instanz, die sie zur Verantwortung zieht - und gegebenenfalls bestraft?Was Bürgerrechte sind, legen Gesetze fest, was Menschenrechte sind, ist in diversen Dokumenten definiert, Verletzungen von Menschenrechten werden registriert, angeprangert, manchmal bestraft.Kriegsverbrechen stehen auf einem anderen Blatt und sind sogar
Herr und Frau X. sind Flüchtlinge aus Bosnien in Österreich. Herr X. ist orthodoxer Serbe, Frau X. ist katholische Kroatin. Herr X. hat in seiner bosnischen Heimat 15 Jahre lang als Ingenieur in einer kroatischen Firma gearbeitet. Er hat nach seiner Flucht in der Zentrale dieser Firma in Zagreb um eine Bestätigung seiner Arbeitszeit angesucht, die er für seinen Pensionsanspruch braucht und als Dokument, um in Österreich in der gleichen Branche Arbeit suchen zu können. Er hat trotz mehrfachen Nachfragen nie eine Antwort erhalten. Herr X. hat in Österreich Arbeit gesucht in einer Firma,
Die Sprache verrät uns”, warnte die Bechtsanwältin Vera Kohlmeyer-Kaiser in Karlsruhe auf einer Tagung des „AK Asyl Baden-Württemberg” vor dem schnoddrigen Gebrauch eines Begriffes wie „Attesttourismus”, als die Bede war von gefälschten Attesten, die Flüchtlinge vorweisen, weil sie glauben, sie würden verlangt. Gegen „Asylanten” reagierte der Vorsitzende des AKAsyl, Pfarrer Werner Baumgarten allergisch, denn die Worte auf -anten würden negativ assoziiert mit Querulanten, Simulanten et cetera.Schlimmer noch sind zweifellos Begriffe wie „Duldung” in der deutschen
OliverCromwells „Instrument of Government” (1653), das Gewissens- und Religionsfreiheit in England vorsah, mag der erste Versuch gewesen sein, Menschen- und Bürgerrechte in Gesetzesform einzubinden. Die großartige „Bill of Bights”, am 12. Juni 1776 von „Vertretern der rechtschaffenen Bevölkerung von Virginia” verkündet, versucht Gerechtigkeit und Gleichberechtigung zu verankern, womit sie die „Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers” der französischen Nationalversammlung im August 1789 inspirierte.„Menschenrechte sind angeborene, unveräußerliche Rechte und
Kosovo kommt in unseren Medien nicht mehr vor. In den (erfolglosen) Bosnien-Friedensverhandlungen der UN, EU, Kon-tak- und anderen internationalen Gruppen ist von Kosovos-Zukunft keine Rede mehr.
Die diesjährige Botschafterkonferenz in Wien hatte „Bosnien“ zum Zentralthema. Zwei Balkanexperten, Christine von Kohl und der gebürtige Mostarer Smail Balic, nahmen die Konferenz für die FURCHE unter die Lupe.
Die vergangene Woche war im Zusammenhang mit dem Krieg in Bosnien-Herzegowina wieder einmal geprägt von empörenden Informationen und einem nicht weniger empörenden Mangel an Reaktionen darauf.
Wo ist die Opposition in Serbien und in Kroatien? Warum demonstriert niemand gegen das furchtbare Morden? Eine Ursache für das fehlende Engagement liegt auch in der mangelhaften Information. Niemand weiß hier mehr genau, wofür oder wogegen er eigentlich sein soll.
In serbischen Zeitungen wird die Absicht von Cyrus Vance, sich nach dem Scheitern der UN/EG-Friedenskonferenz dem Stab des neuen US-Präsidenten Clinton anzuschließen, begrüßt: Das böte die Sicherheit, daß dort jemand über die”„Jugoslawien”-Krise Bescheid wisse. Gibt es eine bessere Bestätigung dafür, daß Vance die Interessen der serbischen Führung besonders gut „versteht”?Noch immer herrscht also innerhalb der amerikanischen Regierung ebenso wie innerhalb der EG Uneinigkeit darüber, was getan werden kann. Militärische Intervention wäre vielleicht eine Möglichkeit
„Nichts wird sich ändern, alles könnte sich ändern", prophezeit das Belgrader Wochenblatt „Vreme" (Zeit). Genauer und dabei unpräziser könnten die Erwartungen vor den Wahlen in Serbien am 20. Dezember nicht beschrieben werden.
„Laßt doch diese Balkanvölker einander die Köpfe einschlagen, wenn sie es nicht lassen können", ist ein häufiges Argument im Westen, um die Unterlassung einer militärischen Intervention in den Regionen, die vor etwa einem Jahr noch Jugoslawien hießen, zu motivieren. Ein anderes lautet: „Wie kommen unsere Söhne dazu, in einem solchen schmutzigen Krieg ihr Leben zu riskieren?"
Während die Welt gebannt die Bilder des lichterloh brennenden Sarajewo mit seinen von Tag zu Tag durchsichtiger werdenden Hochhaussilhouetten sieht, ist die Gefahr einer weiteren Tragödie im Bereich des ehemaligen Jugoslawien keineswegs geringer geworden: Der Kosovo liegt zwar derzeit im Windschatten der bosnischen Tragödie, aber niemand kann heute sagen, was die Serben morgen tun werden.Zu beobachten ist erstens eine schon seit Monaten anhaltende massive Bewaffnung der serbischen Milizen, Reservisten und der zivilen Bevölkerung. Berichte darüber aus dem Kosovo können nicht nur den Tag
Warum fliehen die Albaner - warum immer noch? Es sind ja nicht mehr die Kommunisten, die Albanien allein regieren. In der Koalitionsregierung sitzen heute die Vertreter der Opposition, die dem Land Demokratie, Bürger- und Menschenrechte, Marktwirtschaft und tatsächlichen Fortschritt versprochen haben. Auch wenn das Wahlresultat vom 31. März in diesem Jahr nicht den demokratischen Kräften die Mehrheit gab, so war es doch die Parole „Demokratie und Freiheit" der Opposition, die das ganze Land in einen euphorischen Zustand versetzt hatte.
Nach dem blutigen Wochenende in Kroatien wollen die EG-Beobachter ihre Friedensmission verstärken. Doch die Lunte brennt bereits am nächsten Pulverfaß.
Wer sind die Serben? Was sind die Serben? Sind sie wieder, in diesem Jahrhundert zum zweiten Mal, die „bösen Buben", die an allem schuld sind? Oder sind sie, wie sie selber meinen, die immer Verkannten, diejenigen, die immer in ihrer Geschichte um ihre Siege betrogen wurden?
Es ist ein absurder Krieg sehr ungleicher Gegner, der sich vor unseren Augen abspielte • oder noch abspielt, niemand weiß es genau zur Stunde. Im Vergleich zu dem jüngst überstandenen Golfkrieg, der sich wie eine antiseptische Therapie ausnahm, wird uns jetzt eine Wirklichkeit ins Wohnzimmer geliefert, bei der Nachbarn, die wir kennen, vor unseren Augen sterben.
Nachdem die ersten demokratischen Wahlen vorüber sind, ist das Interesse des Auslands an Albanien offenbar wieder eingeschlafen. Ob die neugeborene Demokratie in Albanien sich als lebensfähig erweist, welche Symptome einer vorübergehenden oder einer immanenten Schwäche der politische Säugling aufweist, verdiente aber wohl nicht weniger Interesse.
Albaniens wiedergewählter Staatspräsident Ramiz Aua hat seine Funktion als Parteichef abgegeben und damit die Trennung von Partei und Staat eingeleitet. Aktuelle Konfliktthemen werden im Land der Skipetaren öffentlich diskutiert.
Fast ausschließlich als Gruppenreisende kamen bisher Touristen in dieses Land, das ursprünglich von illyrischen Stämmen besiedelt war, und in dem Griechen, Römer, Slawen, die Anjous, Byzantiner, Venezianer und Osmanen ihre Zeugnisse hinterlassen haben. Seine Bewohner wurden früher ihrer Gastfreundlichkeit wegen gerühmt. Wird es sich künftig dem Fremdenverkehr (und seinen Devisen) öffnen?
Warum ist das Staatspräsidium so zerstritten, daß es keine wirksamen Beschlüsse fassen kann? Warum ist die jugoslawische Bundesregierung gelähmt? Weil die Gemeinsamkeiten innerhalb Jugoslawiens verweht, verdunstet, aufgebraucht sind. Es gibt keine zentrale Partei mehr. Die Ansichten über künftige Wirtschaftsmechanismen gehen weit auseinander, von Ideologie ist überhaupt nicht die Rede, wohl aber in zunehmendem Maße von Demokratie, von Pluralismus.Und doch gibt es eine immer deutlichere neue Gemeinsamkeit: Die nackte Angst. Angst vor einem Bürgerkrieg. Nur Serbien setzt sie um in
Beklemmende Eindrücke hat die Internationale Hei- sinki-Föderation aus dem Kosovo mitgenommen. Hier der Bericht eines Delegati- onsmitglieds, das des Lan- des verwiesen wurde.
Serben und Kroaten sind
wieder verfeindet, die Slowenen
haben Angst vor dem
„Balkan". Jugoslawien ist
einmal mehr das Pulverfaß
Europas. Und Westeuropas
Politiker schauen zu ...
Atemberaubender als die
Entwicklung in den einsti-
gen sozialistischen Staaten
Europas ist die stille Umkehr
im bisher dogmatischen,
noch dem „Freund Stalin"
huldigenden Albanien.
Das zweite Jugoslawien
zerfällt. Die Tabus sind ge-
fallen. Man entlarvt das sta-
linistische Antlitz des Anti-
stalinisten Tito. Ein Land
ohne politische Vorbilder
sucht seine Zukunft.
Der 14. außerordentliche Kongreß der Kommunisten Jugoslawiens ist geplatzt: Die Partei-Dogmatiker sind zwar unterlegen, die Reformer aber haben nicht gewonnen.
Die globale Bedrohungssituation hat sich entschärft. In Wien entwarfen NATO und Warschauer Pakt Defensivkon-zepte. Werden Armeen nur noch in Nationalitätenkonflikten - siehe Jugoslawien, Aserbaidschan - gebraucht?
Von Albanien erwartet niemand demokratische Initiativen. Von Jugoslawien hätte keiner erwartet, daß es heute innenpolitisch hinter den einstigen Moskauer Satelliten herhinkt.
Koca Popovic, von 1953 bis 1965 jugoslawischer Außenminister, bricht sein langjähriges Schweigen und legt den Finger in die Wunden des heutigen zerstrittenen Jugoslawien.
Jugoslawiens Gläubige - insgesamt rund 30 Kirchen und Sekten - leben leichter als in den meisten kommunistisch regierten Ländern, aber keines- ‘ wegs so ungestört, wie das offizielle Jugoslawien dies darstellt.Die Tatsache, daß in Jugoslawien die ‘drei großen Glaubensgemeinschaften - die katholische Kirche, die serbischorthodoxe Kirche und der Islam - seit vielen Jahrhunderten im wesentlichen in voneinander getrennten Gebieten wirken, bedeutet zwar für jede von ihnen eine gewisse Stütze, bringt sie aber auch leicht in Abhängigkeit zu patriotischen, nicht selten nationalistischen