Es kann nicht geleugnet werden, daß Österreichs Musikleben — der natürlichen Wellenbewegung zufolge, die jeder Kunstentwicklung innewohnt — heute nicht auf der gleichen schöpferischen Leistungshöhe hält, von der die ersten zwei Jahrzehnte dieses Jahrhunderts gekennzeichnet waren. Dieses Phänomen ist aber keineswegs auf Österreich beschränkt: Vielmehr fließt in einer Zeit völliger Neuformierung der ästhetischen Ordnungen die künstlerische Produktion an sich und allerorten nur sparsam. Freilich entkräftet diese Tatsache den Vorwurf nicht, den Ernst Krenek vor einiger Zeit
“Ein Gutteil von Österreichs Größe entsteht in der Diaspora. Die beiden bedeutendsten lebenden Komponisten Österreichs bestätigen diese bittere Wahrheit auf ihre Weise: Ernst Krenek ist längst unter kalifornischer Sonne heimisch geworden, soweit er, der zeitlebens — im Geistigen wie mit seiner leiblichen Existenz — „unterwegs” • war, überhaupt eine Heimat finden konnte: und Johann Nepomuk David lebt seit nunmehr 13 Jahren im Schatten des Stuttgarter Fernsehturms, da es sein Heimatland bis heute versäumt hat, den allmählich der Fremde Müden heimzuholen. So scheint auch
Ein gutes Dutzend Uraufführungen und nicht viel weniger Reprisen von Opernwerken aus den „goldenen Jahren“ der modernen Musik in einem Zeitraum von zwölf Monaten: das ist eine stattliche Bilanz. Die Opernkunst — ihrem Wesen nach ein Paradoxon — floriert wieder, die Verbindung mit der hohen Literatur hat sich bezahlt gemacht.Will man freilich dem Resultat der VIII. Dramaturgentagung glauben, die vom 14. bis 19. Juni in Wien stattgefunden hat, so trügt (wie viele andere auch) diese Statistik. Ein ganzer Konferenztag war dem Thema „Krise der Oper“ eingeräumt, und wer geglaubt
Es fing damit an, daß Venedig diesmal darauf ver- zichtete, einem neuen Strawinsky-Werk das Zeremoniell der Uraufführung zu bereiten; statt dessen wurde Alban Berg in einem abendfüllenden Kompositionskonzert die längst fällige Ehrung erwiesen. Es ging damit weiter, daß Italiens Avantgardekomponisten, denen das Nobelfest bisher verschlossen war, gleich in tutto pieno zu Wort kamen; Luigi Nono mit der Erstaufführung seines „Polnischen Tagebuchs“, Aldo Clementi mit den „Episodi per Orchestra“, Nicolo Castiglioni mit den „Impromptus per Orchestra“ und der Wahlneapolitaner Hans
Als die Münchner Städtische Galerie im ehemaligen Lenbach-Palais vor einigen Jahren den gesamten malerischen Besitz der Kandinsky-Freundin Gabriele Münter als Stiftung erhielt, wurde sie mit einem Schlag zum bedeutendsten Sammelpunkt der Gemälde Kandinskys, des ersten abstrakten Künstlers, und zugleich zum Hort jener Kunstrichtungen, die unter den Namen „Blauer Reiter“ und „Neue Künstlervereinigung" in die Geschichte eingegangen sind. In solcher Mission sah die Galerie es als ihre Ehrenpflicht an, Alexander Jawlensky und Marianne Werefkina — die bedeutendsten russischen Freunde
Luigi Nono, der junge italienische Komponist, sprach in seinem Vortrag, der die historische Entwicklung der Reihentechnik bis zu ihrer heutigen Handhabung aufzeigte, das stolze Wort aus: es gibt sie schon, die „Darmstädter Schule“. Was — dies meinte er damit — in in diesen zwölf Jahren, in denen nun schon die Ferienkurse für neue Musik, veranstaltet vom Kranichsteiner Musikinstitut in Darmstadt, abgehalten werden, an technischen Problemen diskutiert, an Lösungsversuchen vorgeführt und an Kenntnissen (materieller wie formaler Art) gewonnen worden ist, das sei auch schon im