Wenn eine Reihe roter Zahlen im Kalender herannaht, dann sehen wir schwarz für unsere Linie. Wir wollen ja in diesen festlichen Tagen nicht nur unserer Familie und unseren Freunden Freude machen — wir wollen uns selbst auch einmal jene lukullischen Genüsse gönnen, die uns in normalen Zeiten durch den Kalorienstopp vielfach versagt bleiben.Das festliche Attribut jedes kultivierten Feiertagsspeisezettels ist — sowohl vom kulinarischen als auch vom ästhetischen Standpunkt — nach wie vor das Schlagobers. Ihm hat kein Geringerer als Richard Strauss mit seiner Ballettmusik ein bleibendes
Schuberts „Winterreise“, diesen tragischesten aller Liederzyklen, zum unmittelbaren Erlebnis zu gestalten, gelang der vergeistigten Interpretation Julius Patzaks auf einer seit den Tagen Richard Mayrs nicht mehr gekannten Höhe, obwohl der Künstler— oder weil er — alles rein Stimmungsmäßige streng vermied und trotz der gedämpften Tönung die textlich-melische Linie in absoluter Genauigkeit nachzeichnete. Patzak ist ein Dichter der Stimme, der für jeden Vers, für jedes Motiv den gleichsam selbstverständlichen Ausdruck findet, ohne sich auch im größten auszugeben. Bei
In einem außerordentlichen Konzert dirigierte VölkmarAndreae die Sechste von Bruckner, und wir danken dem Schweizer Gast für die Wahl gerade dieses Werkes. Denn von ihren gewaltigen Nachbarn in der Reihe der großen Neun beschattet, gehört diese Symphonie neben der Ersten zu den am seltensten aufgeführten. Aber ist sie nicht die schönste — wenn wir das Wort in seiner ursprünglichen Bedeutung nehmen — und lieblichste der Schwestern? Volkmar Andreae, als kraftvoller Gestalter der Monumentalwerke Bruckners bekannt, faßte die Sechste mit zarter und nachgiebiger Hand an, wie es dem
Zu dem vieldiskutiertem Thema „Original und Bearbeitung" gab es m Ende der Opernspielzeit zwei interessante Beispiele, die uns nicht vor ein strenges Entweder-Oder stellten, sondern ein freundliches Sowohl-Alsauch demonstrier, cen. Im Schönbrunner Schloßtheater sangen und spielten Schüler der Staatsakademie die „Fledermaus" in der Urfassung, so, wie das Werk vor 75 Jahren zum ersten Male erklungen ist. Professor Kassowitz dirigierte nach einer von ihm aufgefundenen Originalpartitur und Professor Josef Witt inszenierte ganz im Stil der Zeit von 1874. Grete Wiesenthal gestaltete die
Im Unterschied zu den letzten beiden Jahren standen auf den meisten Programmen des heurigen Musikfestes zeitgenössische und ältere, klassische Werke nebeneinander. Das gab oft harte Kontraste, bot aber auch interessante Vergleichsmöglichkeiten und trug dazu bei, die Basis dieser Veranstaltungen zu verbreitern, ein zahlreicheres Publikum anzulocken. Es ist vor allem der strenge Ausleseprozeß, der gegenwärtig das Gesicht des Musiklebens bestimmt, andererseits der Versuch zahlreicher moderner Komponisten zur Synthese, welche dazu beitragen, das Publikum von der Angst vor der neuen Musik zu
In der Vorankündigung des Films „Das verlorene Gesicht“ berufen sich die Hersteller auf einen parapsychologischen Fall, der sich im Jahre 1921 ereignete und untersucht worden sein soll: auf dem Schloßplatz in Stuttgart wurde eine mongolisch aussehende junge Frau aufgefunden, die eine seltsame Sprache redete, weder Deutsch verstand noch sprach und sich mit ihrer Umgebung völlig unvertraut zeigte. Gelehrte versuchten, die Heimat der rätselhaften Unbekannten zu agnoszieren, und die Anthroposophische Gesellschaft, die eine Sensation witterte, nahm sich der jungen Frau an. — Während
Neuinszenierung und Besetzung der „Elektra“ in der Staatsoper geben Anlaß zu einer Kritik, die um so bedauerlicher ist, als gerade diese Aufführung als Festgeschenk der Staatsoper zum 85. Geburtstag von Richard Strauß gedacht war. Als vor 40 Jahren die „Elektra“ in Dresden uraufgeführt wurde, waren sich Gegner und Anhänger des neuen Werkes darüber im klaren, daß hier von den beiden Künstlern Hofmannsthal und Strauß etwas Ungewöhnliches an Kompliziertheit, Ausdruck und Intensität versucht worden war. Als einen Grenzfall des auf einer Opernbühne eben noch Erträglichen
Am Karfreitag des Jahres 1729, der wie heuer auf den 15. April fiel — nach neuerer Forschung erst 1731 —, wurde in der Thomaskirche zu Leipzig unter Bachs Leitung die Passionsmusik nach dem Evangeli1 sten Matthäus uraufgeführt. Ein verhältnismäßig großer Apparat war aüfgeboten: zwei Chöre, zwei Orchester, zwei Orgeln und zahlreiche Solisten. Die beiden ausgedehnten Teile umrahmten die Predigt, wodurch der gottesdienstliche Charakter des Werkes besonders zum Ausdruck kam. Man vermutet, daß Bach die beiden Klangkörper getrennt — auf dem Orgelchor (und der gegenüberliegenden
Zu seinen Lebzeiten stand Carl Millöcker im Schatten der mächtigen Rivalen Johann Strauß und Franz von Suppe — und hatte doch, dank seines unverwechselbaren Eigentones, mit dein ,3cttelstudent“ einen Erfolg, der kaum zu überbieten war. Am 6, Dezember 1882 war die Premiere am Theater an der Wien, und genau zwei Jahre später wurde das Meisterwerk zum 150. Mal aufgeführt. Das Textbuch war von Zell und Genee nach „Fernande“ von Sairdou; Girardi und Schweighofer waren die Darsteller der männlichen Hauptpartien.Nun ist der „Bettelstudent“ in prunkvoller Metamorphose in die
Zur Förderung einheimischer Schaffender wurde vor kurzem die „österreichische Gesellschaft für zeitgenössische Muscik“ gegründet. In dem Eröffnungskonzert gab Prof. Alfred U h 1 einen Überblick über die Situation der modernen Musik und ihrer Vertreter, insbesondere in Österreich, betonte die Notwendigkeit, das zeitgenössische Schaffen zu fördern, und erklärte, daß eben diese Förderung österreichischer Komponisten aller Schulen und Richtungen die ausschließliche Aufgabe der neuen Gesellschaft sei.Von den aufgeführten Komponisten bedürfen im Inland Lechthaler, Melt char und
Mit ihrem aus 100 Mitgliedern bestehenden Orchester war die Stadt Zürich in Wien zu Gast, um den Dank der Wiener Bevölkerung für die Hilfe entgegenzunehmen, welche unsere Stadt von der Schweiz während der schweren Nach- kriegsjahre empfangen hat. Wir lernten ein wohldiszipliniertes Ensemble kennen, das vor kurzem seinen hundertjährigen Bestand feiern konnte und gegenwärtig von Maestro Mantegazzi geleitet wird. Neben Kompositionen von italienischen, französischen und österreichischen Meistern vermag dieses Orchester selbst so schwierige Stücke wie „Les Preludes"von Liszt zu meistern
Im Festkonzert zum 30. Jahrestag der Sowjetarmee wurde als Hauptstück die patriotische Kantate „Alexander Newsky“ für Altsolo, Chor und großes Orchester aufgeführt. Jüngste Vergangenheit spiegelt sich in historischem Geschehen. So war und ist den Russen die Gestalt des Titelhelden teuer: nach den erfolglosen Kämpfen Jaro- slaws II. und seines Sohnes Andreas gegen die Tataren gelingt es Alexander Newsky (1252 bis 1263) durch Entrichtung eines Tributs und diplomatisches Geschick die „goldene Horde“ in Schach zu halten. Er selbst weilte ein Jahr lang am Hofe des Tatarenehans Berkai,
Zur Kunstlehre des Impressionismus mag man stehen wie man will: in Claude Debussy bewundern wir einen Meister, der die Musik um eine Reihe unvergänglicher Werke bereichert und einen sehr nachhaltigen Einfluß auf die gesamte Musikentwicklung der letzten 30 Jahre ausgeübt hat. Debussys einzelne Kompositionen sind deshalb so vollkommen, weil Technik, Klanggewand und Formgestalt durchaus dem Gehalt, dem thematischen Material entsprechen. Debussys besondere Vorzüge liegen nicht, wie es dem oberflächlichen Blick scheinen könnte, in seiner farbigen Harmonik und Instrumentierung, sondern vor
In den Meisterwerken von Beethoven und Brahms hatte sich die Form der klassischen Symphonie erfüllt. War sie danach erschöpft, gestorben? Bruckner hauchte ihr neues Leben ein, und wenn seine Symphonien auch den Normen des klassischen Formschemas nicht entsprachen — ihre logische Eigengesetzlichkeit, ihre innere Notwendigkeit ist uns längst aufgegangen, auch ohne die analytische Hilfe der modernen Bruckner-Philologie. Naivem Erleben ist Bruckners Vierte am leichtesten zugänglich: romantische Naturstimmung, ein Trauerzug, der durch Waldesdunkel schreitet, fröhliches Jagdgetön, und zum
Das Wiedersehen mit Wilhelm Furtwängler nach jahrelanger Pause brachte nicht nur keine Enttäuschung, sondern bestätigte das positive Urteil aller jener, die wußten, wer Furtwängler ist. Der Einundsechzigjährige, wie eh und je ein großer Herr des Orchesters, ist der bedeutendste Beethoven-Dirigent, den die Gegenwart besitzt.Im I. Teil des Gedächtniskonzertes zum 100. Todestag Mendelssohns erklang die Ouvertüre zum „Sommernachtstraum“ und das Violinkonzert, dessen Solopart Wolfgang Schneiderhan spielte. In dieser Interpretation kam der geschmackvolle Klassizismus Mendelssohns, ohne
In weit stärkerem Maße als die bewegliche, substanzverbrauchende Instrumentalmusik ist das Chorwerk an die ererbte Klangwelt gebunden. |Es ist Experimenten schwerer zugänglich, entfernt sich weit weniger vom Volkstümlichen, da seine Wiedergabe der Mitwirkung breiter Liebhaberkreise bedarf, sie in den Mittelpunkt seines Gesdhehensr stellt und vielfach sogar von ihnen ausgeht. Das sichert ihm nachhaltigere Wirkung und längere Lebensdauer, macht es zur Pforte in die inneren Bezirke der Musik, auf deren höchsten Gipfeln es sich wiederfindet. Nicht sosehr die ( meist schnell veralternden)
In einem Musikbrief aas Berlin, der auch einen Rüdtblick auf die vergangene Konzertspielzert enthält, lesen wir: „Der Lebhaftigkeit ond Rührigkeit des Theaterlebens steht eine gewisse Stagnation im Konzertleben gegenüber. Berlin verfügt über nicht weniger als vier repräsentative Orchester, besitzt aber nicht einen Dirigenten von wirklichem Format. Im vergangenen Konzertwinter konnte es keinen bedeutenden Gastdirigenten aus dem übrigen Deutschland gewinnen, während auf eine Reihe bisher bekannter Namen wegen ihrer politischen Belastung verzichtet werden mußte. Im übrigen überwiegt