KALTSTART. Gedichte von Eduard Christoph Heinisch. Oberösterreichischer Landesverlag, Linz. 66 Seiten. S 48.—.Auf der Suche nach einer Erklärung des seltsamen Buchtitels findet man unter den Gedichten eines, das sich „Kaltstart“ nennt und mit dem Satz beginnt: „Nichts als Ärger mit der Lyrik.“ Ärger, der sich am geeigneten Objekt zu pathetisch-anklägerischem Zorn steigert, kennzeichnet die Mehrzahl der 48 Gedichte. Es ist bereits der vierte Lyrikband des aus Wien gebürtigen, in Oberösterreich beheimateten E. Ch. Heinisch, Jahrgang 1931, seines Zeichens Gildenmeister der
SCHERZ BEISEITE. Die Anthologie der deutschsprachigen Prosa-Satire von 1900 Ms sur Gegenwart. Herausgegeben von G. H. Herzog und Ehrhardt Helnold. Scherz-Verlag München - Bern . Wien. S60 Selten. DM 28.—. — JAHRESRING 66/67. Beiträge zur deutsehen Literatur und Kunst der Gegenwart. Herausgegeben vom Kultur-kreis Im Bundesverband der deutschen Industrie, bearbeitet von Rudolf de le R o I, Hans Bender, Eduard Trier, Deutsehe Verlagsanstalt, Stuttgart 425 Seiten mit S schwarzweißen und 12 mehrfarbigen Abbildungen. DM 16.80. — GRENZGÄNGE. Essays, Reden, Träume, von Ernst Jünger. Ernst-Klett-Verlag, Stuttgart 1966. 137 Selten.
Die heile Welt, das hat Vernunft allseits begriffen, ist ein ausgeträumter Traum. Doch nicht alles Gegenwärtige erscheint ruiniert. Nur zieht sich, wer nach Orientierung sucht, leicht die Geringschätzung jener zu, die sich für die einzigen Vertreter des Neuerungsgeistes in der modernen Welt halten. Wer sich aber im Vergleichen mit dem Gestern und Vorgestern übt, neigt weniger zu Überschätzungen. Es gibt literarische Bestrebungen und Entwicklungen in aller Welt, die auf Veränderungen des menschlichen Lebens und auf bestimmte Erscheinungen innerhalb der christlich-abendländischen Kultur
Eine Zeitlang schien es, als wäre es stiller um ihn geworden; als hätten sich die Heere seiner Ausleger, nachdem sie die Anfälligkeit seiner Schriften für alle möglichen Deutungen entdeckt und die Routen zu seinem unzulänglichen Labyrinth klar markiert hatten, mit dem Erreichten zufrieden gegeben, als legten sie keinen großen Wert mehr auf die einzig richtige Auslegung seiner dunkelfaszinierenden Texte. Ganze Bibliotheken von Sekundärliteratur außer acht lassend, hielten wir uns an das Gegebene des Wortlautes. Kafkas Wirkung war unablösbar geworden von unserem Dasein und hatte sich
Erfüllt das Theater von heute seine Funktion? Zunächst: „Immer scheint dias Theater dm letzten Akt angelangt zu sein“, heißt es im Klageruf eines Theaterleiters. „Es stolpert von einer Not in die andere. Leichen liegen auf seinem Wege, aber die Institution bleibt.“ Denn es geht nicht ohne Theater, Theater auch als Instrument der Deutung, Erklärung oder Veränderung unserer äußeren und inneren Wirklichkeit. Wie dies zu geschehen hat, darauf geben die echten Theaterpraktiker freilich einander widersprechende Antworten. Alle sind sich jedoch einig über das Maß an Unvorhersehbarem,
Nichts trifft den phantasievollsten und eigenwilligsten unter den Avantgardisten des modernen Theaters, den Wahlfranzosen Eugene Ionesco (Jahrgang 1912), so empfind- lich wie die Behauptung, daB er absurde Stiicke schreibe, nur weil er gewisse Sinngebungen (Ideologien) der Existenz, die uns gelaufig sind, in Frage stellt. „Man hat mein Theater ein Theater des Absurden genannt. Das stimmt nicht. Mein Theater ist ein Theater, welches das Absurde denun- ziert (Theatre de la denonciation de 1’absurde). Ware ich ins Absurde vertieft, dem Absurden verfallen, konnte ich es gar nicht mehr
Wien oder sagen wir einschränkend besser die Fachleute, Prominenten, Polemiker und Kiebitze des Wiener Theaterbetriebs sind um eine Sensation ärmer. Gemeint ist das beliebte Gesellschaftsspiel mit dem Kehrreim: Wer wird der nächste Burgtheaterdirektor? Samt dem Sortiment von chronischen und neuen, echten und falschen Kandidaten, nachdem der regierende Burgtheaterchef erklärt hatte, sich Ende August 1968 endgültig „von seiner aufreibenden Tätigkeit” zurückzuziehen. Verblüffend rasch verlor das in Wien so leidenschaftlich gepflegte Quiz, das die Mitspieler Wochen und womöglich
Im Roman spiegelt sich die Veränderung im Verhältnis des modernen Menschen zur Wirklichkeit am empfindlichsten wider. Der Realismus des 19. Jahrhunderts beruhte auf der Ähnlichkeit der objektiven Wirklichkeit des Wahrgenommenen und der literarisch reproduzierten Wirklichkeit des Dargestellten. Beide gründeten in dem Glauben an eine verbindliche Ordnung der Erscheinungen. Balzac konnte seinen wißbegierigen Lesern noch erzählen, wie das Leben „in Wirklichkeit“ sei. Seither haben Ursachen philosophischer und soziologischer Natur zum Verfall des Wirklichkeitsbildes geführt. Unsere Welt
Ist das realistische Theater noch zeitgemäß? Kann das heutige Drama Weltanschauung ausdrücken und trotzdem das Niveau eines Kunstwerkes haben? Hat das Theater des Absurden eine Zukunft? Ist abzusehen, wie sich das Theater weiterentwickeln wird? Kommt der Regie heute größere Bedeutung zu als früher? Kann das heutige Theater noch festlich sein? Wird das Theater durch das Fernsehen in seiner Wirkung beeinträchtigt? Beeinflußt das Fernsehen den Stil des Theaters? Diese sieben Fragen waren für Referate und Gespräche vorgeschlagen, die drei Vormittage lang von führenden Dramatikern,
}etzt, da Thomas Stearns Eliot, der zu England und Europa „konvertierte“ Amerikaner, die Welt der lebenden Literatur verlassen hat, ist die Zeit gekommen, sein erstaunliches Werk mit allen Widersprüchen als ein Ganzes zu begreifen. Es muß verlocken, die Beziehungen zwischen den Teilen, dem Frühen und Späten, dem Lyrischen, dem Essayistischen und Dramatischen sowie die Art, wie sie einander stützen, fördern und ergänzen, aufzuspüren. Eliot sah die höchste Möglichkeit und Würde der Dichtung darin, daß sie etwas von der Schöpfung, in die wir alle gestellt sind, gleichnishaft
Daß das Deutsche Volkstheater, in dessen Geschichte sich 75 Jahre besonders wechselvollen Geschehens widerspiegeln, 1889 gegründet wurde, entsprang nicht der Initiative eines einzelnen Theaterenthusiasten, sondern war durch die Zeitentwicklung bedingt. Zwischen dem von Hof und Adel favorisierten Burgtheater und den Stätten primitiver Volksbelustigung sollte eine „Burg“ der Bürger, ein Theater der Mitte geschaffen werden. Die Anregung, in einem Theater für das Volk hohen künstlerischen Ansprüchen gerecht zuTheaterzettel von der EinfOhrungipremicrwerden und gleichzeitig breitere
Für kaum ein anderes Werk gilt es, daß nur im Zusammennehmen der einseitigen, oft sich widersprechenden Deutungen eine gewisse „Wahrheit“ erreicht wird, wie für das Kafkas. Indem er versuchte, die Welt, wie sie ist, in ihrem Kern und als Ganzes mit poetisch-gleichnishaften Mitteln darzustellen, entspricht er der Situation des heutigen Menschen, der einer verwirrenden Vielheit sich bekämpfender Einzelwahrheiten gegenübersteht. Daher Kafkas erschrek- kende Modernität, die himmelweit von der Konjunkturangst so vieler Moderner entfernt ist Seine Dichtung ist keineUtopie, sondern
Am 23. April 1564 wurde in Stratford-on-Avon dem ehrenwerten Bürger John Shakespeare, Handschuhmacher und Landwirt von Beruf, ein Sohn geboren und drei Tage später auf den Namen William getauft. Mit sieben Jahren wird er Schüler der Grammar School, die ihm ein Mindestmaß (aber kaum mehr) an Bildung vermitteln konnte und wo er etwas Latein, vielleicht auch ein paar Brocken Griechisch lernte. Nicht allzu lange, denn mit etwa Vierzehn mußte er in die Lehre, heiratete achtzehnjährig überhastet die um acht Jahre ältere Anne Hathaway, floh drei oder vier Jahre später, nachdem er mit einem
Weil sich in Ibsens Tragikomödie Die Wildente“ zwei Beschränkte begegnen und ihren irregeleiteten Willen auf das Entrümpeln von Lebenslügen richten, was sich in einem halbgaren idealistischen Phrasengeschwätz kundtut, stürzt eine Welt ein und geht ein liebenswertes Geschöpf, die vierzehnjährige Hedwig, zugrunde. Der eine ist Gregers Werle, Verfechter idealer Forderungen, Fanatiker der Wahrheit und trotz aller brennenden Inbrunst seines Auftrags kalt im unmittelbaren Gefühl von Mensch zu Mensch; der andere ist Hjalmar Ekdal, hinreißender, aber auch von sich selbst hingerissener
T*Ver Europäischen Festspielvereinigung in Genf ist seinerzeit *“ eine geradezu klassische Definition des Begriffes „Festspiele“ gelungen: Darnach seien sie „eins festliche Begebenheit, eine Gesamtheit künstlerischer Darbietungen, die sich über das Niveau der täglichen Programme erheben, um das Niveau der außerordentlichen Feierlichkeit in einem dazu auserwählten Ort zu erreichen. Daher stellen sie sich in einem intensiven Glanz dar, der sich nur während einer begrenzten Dauer durchhalten läßt.“ Bundespräsident Dr. Körner nannte einmal die Wiener Festwochen — eingedenk
Was einem als erstes, von der bayrischen Grenze quer durch Deutschland bis hinauf in das bedrohlich übervölkerte Schleswig-Holstein, mit geradezu erschreckender Deutlichkeit offenbar wird, ist die Flüchtlingsfrage. Man muß den Gespächen in den überfüllten Eisenbahnabteilungen gelauscht, den erschütternden Aufmarsch der zehntausenden Heimatvertriebenen in dürftiger Kleidung, die Spuren des Leides in den Gesichtern, zur ersten Großversammlung auf dem Stuttgarter Schloßplatz mit eigenen Augen gesehen und miterlebt haben, wie Frauen und Männer bei dem Ruf „Wir gedenken der Toten“
Zwischen den einst so stolzen Worten H. St. Chamberlains: „Die fremden Völker werden Deutsch lernen aus Neid, aus Interesse, aus Pflicht, aus Ehrgeiz — mir ist jede Veranlassung recht“ und der Verfemung des Deutschen in der Welt, deren Zeugen wir sind, liegen zweimal, ohne Beispiel in der Geschichte, Aufstieg und Sturz des deutschen Volkes. In der wilhelminischen Ära waren deutsche Kultur und Sprache vor allem im Westen, Norden und Osten Europas zur Geltung gelangt, während die Habsburgermonarchie ihre kulturelle Mission glücklicher und weit weniger aufdringlich im Süden und
Gespannt verfolgt die Welt die Bemühungen um Eindämmung des palästinensischen Konflikt, angesichts der Gefahr, der Krieg im Heiligen Lande könnte sich durch eine Fehlschaltung in dem heute so überempfindlichen Mechanismus internationaler Politik zum alles bedrohenden Weltbrand ausweiten. Und doch bildet die Auseinandersetzung zwischen den Staaten der Arabischen Liga ui)d den Zionisten nur eine hoffentlich bald überwundene Episode im Kräftespiel um den Naben Osten. Seit mehr als drei Jahrzehnten ist die arabische Welt nunmehr in Bewegung und ihre Entwicklung in naher Zukunft birgt —
Laßt uns einiges über die Zukunft der Literatur sagen, da gewiß viele, die berufen sind oder sich berufen glauben, daran sind, das innerlich und äußerlich Erlebte jener unglückseligen Epoche, deren Zeuge wir waren, Wort werden zu lassen. Unsinn und Sinn des jüngstvergangenen und gegenwärtigen Geschehens, das Ringen um eine neue Ordnung der Welt, in der Wert und Würde des Menschen wieder dauernd Geltung hätten — alles das wird, wie man hoffen darf, nun ja doch im epischen, im lyrischen, im dramatischen Kunstwerk der kommenden Jahre gestaltet werden.Viele schweigen, noch ganz
Die Bemühungen führender tschechischer Kreise, Prag zu einem kulturellen Zentrum von europäischer Bedeutung umzugestalten, wo westliche und östliche Kulturformen wie in einem Brennpunkt ihre Synthese fänden, lassen weitgespannte Pläne erkennen, wenn es sich auch ein Jahr nach dem revolutionären Umbruch und inmitten einer Welt, in der vorläufig so ziemlich alles in Frage gestellt ist, gewiß nur um erste Versuche handeln kann. Immerhin lassen sich Ansätze zu einem kulturellen Neuwerden im tschechoslowakischen Staate erkennen.In den ersten Monaten nach der Befreiung hatte man sich