Der „Krieg der Bücher hat es bewirkt. Die Monarchie, so fürchtet man an der Themse, ist in der größten Krise seit der Abdankung von Edward VIII. im Jahre 1936.
Der Entwurf der Enzyklika Veritatis Splendor, der von der „Times” in Auszügen veröffentlicht worden ist, hat auch bei den englischen Katholiken Verunsicherung ausgelöst.
Sie ist nicht gerade das Idealbild des Nationalcharakters einer von Männern beherrschten Gesellschaft. Kim Campbell, Kanadas erste Frau im Amt des Premiers, wurde auf dem letzten Parteikongreß der Progressiven Konservativen Partei zur Nachfolgerin des amtsmüden Brian Mulroney gewählt.
Es war ein Tag wie jeder andere. Die königliche Pferdenärrin ließ es sich nicht nehmen, zusammen mit ihrer greisen Mutter dem Epsom Derby beizuwohnen. In Londons Hyde Park krachten vierzig Kanonenschüsse zum Andenken daran, daß der jungen Elizabeth vier Jahrzehnte zuvor in der Westminster-Abtei die Krone von Eduard dem Bekenner aufgesetzt worden war.
Die Dänen haben ein zweitesmal über Maastricht abgestimmt. Bei Redaktionsschluß lag das Ergebnis noch nicht vor. Jetzt geht's um die Haltung der Briten zu Europa. Wird sich John Major durchsetzen, der sein ganzes politisches Gewicht für die Ratifizierung des Vertragswerks eingesetzt hat?
Die Reaktionen auf die Zulassung von Frauen zum anglikanischen Priestertum kontrastierten wie Tag und Nacht. Unbeschreiblicher Jubel bei den Anwärterinnen auf die Weihe, betroffenes Schweigen, ja Tränen der Bitterkeit bei Traditionalisten.
Seit Montag hat Westminster, die Mutter aller Parlamente, seine Tore offiziell geschlossen. Jene Abgeordneten, die sich am 9. April einer Wiederwahl stellen, kämpfen „on the hustings", in einer kurzen, aber heftigen Wahlkampagne um ihre Rückkehr ins Hohe Haus.
Am 19. April bestieg George Carey in der prachtvollen Kathedrale von Canterbury den Thron des heiligen Augustinus. Carey ist nun 103. Erzbischof von Canterbury, Primas der anglikanischen Kirche und Blickpunkt von 65 Millionen Gläubigen in 28 Schwesterkirchen der ganzen Welt.
Für Großbritannien würde ein Golfkrieg - nach Falkland 1982 -die zweite Gewaltaktion in neun Jahren bedeuten.Hinter den USA und den Saudis stellen die Briten mit 35.000 Soldaten und 163 Panzern die drittgrößte Streitmacht am Golf. Die 70 Tornados und Jaguar-Kampfflugzeuge werden mit den Alliierten den ersten Angriff auf Flugplätze und militärische Anlagen in Irak und Kuweit führen. Die siebte Brigade, die renommierten „ desert rats ", wird den Einsatz der Panzerdivisionen führen. Das Heimatland ist für den Krieg vorbereitet. Spitalstrakte sind für die Aufnahme von Verwundeten
Zwei Tage nach Andrej Sacharows Tod entschuldigte sich die Sowjetführung in aller Öffentlichkeit bei dem großen Toten für das grobe Unrecht, das ihm angetan worden war.
„Wenn es eine gegen 48 heißt, dann tun mir die 48 leid“, sagte die britische Premierministerin Margaret Thatcher am 24. Oktober, als die Commonwealth-Konferenz von 49 Präsidenten und Regierungschefs im malaysischen Kuala Lum-pur in Disharmonie zu Ende gegangen war. Wieder einmal stand die Lady allein gegen den Rest. Wieder einmal beherrschten Sanktionen gegen das Apartheidregime in Südafrika die Tagesordnung mehr, als es den Teilnehmern lieb gewesen war.Die Führer des Commonwealth wußten sehr wohl, daß sie eigentlich nichts tun können, um die Beseitigung von Apartheid schneller
Das Massaker unter den Studenten am Tiananmen-Platz in Peking hat die Bevölkerung von Hongkong zu Tode erschreckt. Die britische Kronkolonie fällt 1997 bei Auslaufen des britisch-chinesischen Pachtvertrages an Rotchina zurück, Peking hat einen „hohen Grad von Autonomie“, Freiheit und Demokratie zugesichert. Wie kann man aber der Zukunft unter einer Regierung, die ihre eigene Opposition niedermetzelt, vertrauensvoll entgegensehen?Massendemonstrationen gegen die Niederwerfung demokratischer Regungen in China wurden nur zu bald durch Proteste gegen London abgelöst. Die Verbitterung der
Die Episkopalkirche in Boston hat vergangenen Samstag die Farbige Barbara Harris zur ersten Frau Bischof in der Geschichte des Christentums geweiht. Sieben anglikanische Bischöfe in den USA haben daraufhin sofort ihren Bruch mit der Episkopalkirche erklärt. Trotzdem stehen weitere Bischofsweihen von Frauen bevor. In der englischen Mutterkirche erhält die Kontroverse um die Zulassung von Frauen zu den höchsten kirchlichen Ämtern durch Konsekration eine besondere Schärfe.An die tausend Frauen warten im Königreich auf die Priesterweihe. Der anglikanische Primas Robert Runcie hat die
Etwas mehr als 20 Jahre nach der Legalisierung der Abtreibung in Großbritannien durch den „Abortion Act“ von 1967 hat der liberale Abgeordnete David Alton einen in diesem Ausmaß überraschenden Sieg für die Anti-Abtreibungs-Lobby errungen.Nach einer intensiven und emotionellen Debatte in Westminster errang Alton eine Mehrheit von 45 Stimmen für seinen Antrag, das Höchstlimit des Schwangerschaftsabbruchs von 28 auf 18 Wochen herabzusetzen.Die Gesellschaft zum Schutz des Lebens von Ungeborenen triumphiert im Angesicht des Ergebnisses: „Heute haben wir gesehen, wie Tatsachen und
Nach dem dritten überwältigenden Sieg der britischen Konservativen in den Wahlen vom letzten Donnerstag scheint Premierministerin Margret Thatcher in diesem Jahrhundert von niemandem mehr gefährdet. Der Weg ist frei für die Vollendung jener Revolution, die sich mit dem Namen der Siegerin verbindet. Eine überwältigende Mehrheit in Westminster, nahezu so groß wie im letzten Parlament, räumt jeden Widerstand beiseite.Das Absurde des Triumphes von Margret Thatcher liegt in der Tatsache, daß sich die Konservativen nur auf eine Minderheit des Wahlvolkes stützen können. Fast drei von fünf
Ohne umwerfende Ergebnisse endet die erste offizielle Visite von Margaret Thatcher im Kreml. Der Besuch bedeutet dennoch eine Wende in der anglo-sowjetischen Beziehung.In einem günstigen Verhandlungsklima, das offiziell die Attribute „direkt, unverblümt, aber in keinem Augenblick feindselig" erhielt, gewann beim Treffen der britischen Premierministerin vom 28. März bis 1. April mit Michail Gorbatschow gegenseitiges persönliches Verständnis über die tiefgreifenden ideologischen Differenzen die Oberhand.Für Parteichef Gorbatschow ist die britische Premierministerin angesichts ihrer
Fianna Fail mit Führer Charles Haughey macht sich Hoffnungen auf die absolute Mehrheit bei der Wahl am 17. Februar. Mit 52 Prozent liegt die Partei weit in Führung.
Gorbatschows Abrechnung mit der jüngsten Vergangenheit ist messerscharf. Die anvisierten Reformen gehen an die Substanz. Wird der Kremlchef sein Tempo durchhalten?
Sieben Dezennien nach der Oktoberrevolution steht die Realität der langsam anlaufenden sowjetischen Reformen auf dem Prüfstand. Eine „zweite Revolution“ ist nach dem Reformator Michail Gorbatschow notwendig, wenn die Sowjetunion eine Großmacht nicht allein aufgrund ihrer militärischen Stärke sein will.Ohne Reform bleibt der rote Koloß auf der Wirtschaftsstufe eines Entwicklungslandes stehen (siehe dazu auch Seite 5). ökonomischer Wandel ohne gleichzeitige politische Veränderungen verläuft jedoch im Sand. Das hat Gorbatschow von den “halbherzigen und deshalb letztlich erfolglosen
Die gleichlaufende Uberstellung des US-Journalisten Nicho-las Daniloff und des sowjetischen Physikers Gennadi Sacharow aus dem Gefängnis in die Obhut der jeweüigen Botschaften hat eine der gefährlichsten Krisen in den Ost-West-Beziehungen in letzter Minute wenn schon nicht abgewendet, so doch für den Moment entschärft. Durch einen ungleichen Handel der beiden Großmächte kommt die Begegnung der beiden Außenminister doch noch zustande. Konzessionen von Washington und Moskau haben den Weg zu einem Gipfeltreffen von Präsident Ronald Reagan mit Parteichef Gorbatschow wieder freigelegt. Die
Die Weltpolitik mag zwischen kaltem Krieg und Entspannung schwanken, der Krieg der Geheimdienste läuft stets auf Hochtouren. Jetzt haben auch die Sowjets ihren Überläufer.
Zwei Wochenenden der Gewalt haben Nordirland heimgesucht und London alarmiert. Der Widerstand der Protestanten gegen das im letzten November in Hills-borough geschlossene anglo-iri-sche Abkommen zur Befriedung der unruhigen Provinz richtet sich jetzt in erster Linie gegen ihre alten Verbündeten und Beschützer, die Polizei RUC (Royal Ulster Constabulary). Samstag und Sonntag wurden Häuser von RUC-Männern durch randali-sierende jugendliche Banden niedergebrannt, Polizisten gerieten ins Feuer von Heckenschützen im Dienste der Loyalisten und unter einen Hagel von Benzinbomben, Steinen und
Die Bilanz einer Krise, so harmlos über die Sanierung einer mittelgroßen Helikopterfirma angelaufen, aber letztlich zur schwersten Erschütterung der Regierung Thatcher ausgeweitet, ist bestürzend: die erbitterte Rivalität zweier Minister führte zum Rücktritt des einen (Heseltine), zur erzwungenen Resignation des anderen (Brittan).Die Premierministerin wußte nicht einmal, was tatsächlich vorging. Ihre Art, das Zepter zu führen, Alleinentscheidungen zu treffen, das Kabinett zu brüskieren und die vielgerühmte Kollektivverantwortung in den Wind zu schlagen, ohnedies nicht gerade
Wenige Wochen vor dem nächsten Parteikongreß und im elften Monat der Ära Gorbatschow zeigen sich die erwarteten Hemmungen im energischen Angriff des roten Zaren, sein Land zu reformieren und seine Bürger grundlegend zum Besseren zu erziehen.Wenn es Gorbatschows „Reform" dient, nehmen sich die Medien die Aufforderung ihres Führers nach mehr Freimütigkeit zu Herzen. So der aufsehenerregende Leserbrief an die „Komsomolskaja prawda" über Veteranen von Afghanistan, die, angeekelt von den verbrecherischen Machenschaften der korrupten Bürokraten in der Heimat, das Gesetz in die eigene
In einem spektakulären Protest stürmte Michael Heseltine vergangene Woche aus der Kabinettssitzung und stellte seinen Posten als Verteidigungsminister zur Verfügung. Der Rücktritt ist ein schwerer Schlag gegen Premierministerin Thatcher, die nicht nur einen ihrer fähigsten Mitarbeiter verliert, sondern sich auch schweren Anklagen vom Ex-Minister aussetzt.Es waren keineswegs wesentliche Fragen wie Arbeitslosigkeit, öffentliche Ausgaben, soziale Dienste oder Probleme des Budgets, die den Bruch ausgelöst haben. Die britische Öffentlichkeit honoriert einen Schritt aus Grundsätzen. Es
Vor genau sechs Jahren ist Andrej Sacharow, Vater der sowjetischen H-Bombe, Symbol der sowjetischen Bürgerrechts- und Dissidentenbewegung, Friedensnobelpreisträger 1975, auf offener Straße verhaftet und zusammen mit Frau Jelena Bonner in die moskauferne, geschlossene Stadt Gorki verbannt worden. Der offene Protest des Wehrlosen und doch so starken Mannes gegen den Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan hatte den letzten Ausschlag gegeben. Doch die vollkommene Isolierung von der Außenwelt reicht nicht aus, das Unbehagen der Machthaber über den großen Humanisten zu zerstreuen.Der
Michael Gorbatschows Rückkehr nach dem Genfer Gipfeltreffen mit US-Präsident Reagan war nicht weniger triumphal als diejenige seines Gegenspielers. Die Begegnung bildete die gelungenste Public-Relations-Ubung eines Sowjetführers in der Geschichte.Die Hochstimmung im Angesicht eines Resultates ohne besondere Substanz mag überraschen. Doch Moskaus politischer Führer hat im ersten Anlauf erreicht, was ihm von Anfang an im Sinn gestanden war: die Bestätigung der Ebenbürtigkeit in den Augen der Weltöffentlichkeit, die sich Moskau durchaus etwas kosten läßt.Gorbatschows internationales
Mit Charme und rhetorischer Überlegenheit versucht Michail Gorbatschow Eindruck in Europa zu machen. In der sowjetischen Politik hat sich aber nichts geändert.
Der Terror in Nordirland hält an, die Positionen der Kontrahenten verhärten sich weiter. So gesehen steht der geplante anglo-irische Ulster-Gipfel im Herbst unter einem ungünstigen Stern.
Was nach Lenin noch keinem Führer der Sowjetunion in so erstaunlich kurzer Zeit gelungen ist, bringt der heutige Kremlchef zuwege: Nach 113 Tagen seiner Herrschaft ist Michail Gorbatschow im Besitz höchster und unbestrittener Macht.
„Wir müssen uns alle umstellen” erklärte der Kremlchef jüngst in Leningrad. Signalisiert dieses ökonomische Leitmotiv _ eine Wende aber eine Änderung des Systems?
Sinn Fein, politischer Arm der Terrororganisation IRA, hat bei den letzten Bezirkswahlen in der Ulster-Provinz den Stand des letzten Urnenganges dieser Art (11,8 Prozent) im Jahre 1981 gehalten , ohne das Rekordergebnis der letzten Wahlen zum Europaparlament (13,4 Prozent) zu erreichen. Das Ergebnis wird von Parteiführer Gerry Adams als Beweis dafür gewertet, daß dem „radikalen Republikanismus” von der nationalistisch-katholischen Bevölkerung größte Unterstützung entgegengebracht werde.Nach der „Ballot and Bullit”-Strategie der IRA ist Bodengewinn durch die Mittel der Demokratie
Zehn Jahre nach der Unterzeichnung der sogenannten Helsinki-Schlußakte mit der Verpflichtung zu Gewissens- und Religionsfreiheit ist Moskaus Bilanz der Verletzung und Vorenthaltung von Menschenrechten enttäuschend. Die Unterschrift des damaligen Kremlchefs Leonid Breschnew unter das Dokument hat die Hoffnungen jener, die sich unter persönlichen Gefahren in den Dienst einer menschenwürdigen Gesellschaft gestellt haben, nicht bewahrheitet.Weü sich diese Selbstlosen, von den Medien des totalitären Regimes als Andersdenkende und Nestbeschmutzer Geschmähten nicht mit Scheinerfüllungen
Seit seinem Amtsantritt verschwindet Kreml-Chef Tschernenko immer wieder mehrere Monate von der Bühne, um dann ebenso überraschend wieder aufzutauchen. Kann die UdSSR sich das leisten?
Der russische Bär hat vorerst sein Wutgeheul eingestellt und die Krallen eingezogen. Die scheinbare Friedfertigkeit des roten Meister Petz wirkt Wunder, noch bevor überhaupt erwiesen ist, wie lange er sich in der Weltpolitik ruhig verhält.
Kreml-Chef Konstantin Tschernenko, einst engster Vertrauter von Leonid Breschnew, erstrebt gleich diesem, als Initiator von Weltfrieden und Entspannung in die Sowjet-Geschichte einzugehen.
Britanniens Bergarbeiter-Führer Arthur Scargill erhielt beim Gewerkschaftskongreß in Brighton eindrücklich die Solidarität der Gesamtbewegung zugesichert. Dennoch gerät er zusehends in Isolation.
Andrej Tarkowskij, Moskaus begabtester, aber von den Kulturbehörden mit Mißtrauen behandelter Filmregisseur, kehrt nach Engagements im Westen nicht mehr in seine Heimat zurück. Die Bitte um politisches Asyl ist die Resignation des heute 52jährigen vorden Schikanen und der Bevormundung durch die KP-Bürokratie.
Moskaus Olympia-Boykott trifft sich mit anderen Aktionen der Sowjetführung, die auf eine spürbare Verhärtung hindeuten. In Zeiten der Schwäche reagiert der Kreml stets mit Erstarrung.
Wachablöse im Kreml, wo der als Apparatschik geltende Konstantin Tschernenko ans Ruder gekommen ist. Wie ist der neue KPdSU-Chef einzuschätzen und was ist von ihm zu erwarten? Viel Spielraum für Eigeninitiative ist auch dem Andropow-Nachfolger nicht gegeben.
Die Ära Andropow dauerte nur 466 Tage; zu kurz, um sich in späteren Zeiten an mehr zu erinnern, als daß der Nachfolger Leonid Breschnews vordem oberster Polizeichef gewesen war und daß unter seiner Parteiführung das Klima der Begegnung von Ost mit West weit unter den Gefrierpunkt gefallen ist.Ist vom Nachfolger Konstantin Tschernenko, drei Jahre älter als Jurij Andropow, mehr zu erwarten als eine Fußnote in Geschichtsbüchern? Alter und neuer Kremlherr hatten und haben sich mit der von Breschnew hinterlas-senen Erbschaft auseinanderzusetzen: Militärisch muß die Sowjetunion mit jeder
Alexander Solschenizyn wird am 11. Dezember 65 Jahre alt. Anlaß genug, Leben und Werk dieses außergewöhnlichen russischen Schriftstellers und Sozialkritikers ausführlich zu würdigen.
Es ist müßig, über die Art der Erkrankung des sowjetischen Partei- und Staatschefs Juri Andropow zu spekulieren: Darüber, ob es sich um ein von den Sprachrohren des Kreml zum Schnupfen verniedlichtes schweres Magen- oder Nierenleiden handelt, oder gar um eine Schußverletzung in handfester Auseinandersetzung mit dem wildgewordenen Breschnew-Clan, wie es nach jüngsten, sich auf Geheim dienste berufenden Gerüchten heißt. Kremltüren sind dicht verschlossen.Jetzt wiegt nur die Tatsache, daß Andropow physisch behindert ist, daß an der Spitze der östlichen Großmacht ein invalider Mann
Was die freie Welt als wohlkalkulierten Mord an 269 Insassen des südkoreanischen Passagierflugzeuges am 1. September über der fernöstlichen sowjetischen Halbinsel Sachalin nennt, ist im Sprachgebrauch des Urhebers „Abbruch des Fluges“ nicht einer Zivilflugmaschine, sondern eines Spionageaufklärers.Selbst Politbüromitglied Andrej Gromyko, in Madrid auf der Anklagebank im Gericht der Weltmeinung,bleibt bei dieser euphemischen Umschreibung eines schrecklichen Tatbestandes. Auch der dienstälteste Außenminister der Welt denkt ebensowenig wie die Kollegen der Sowjetführung und ihre
Generalsekretär Jurij Andropow schafft in sieben Monaten, wozu Vorgänger Leonid Breschnew 13 Jahre gebraucht hat: Nun bekleidet er neben den Schlüsselpositionen des Parteiführers und des Präsidenten des Verteidigungsrates auch noch das repräsentativ wichtige Amt des Staatsoberhauptes.
Scharenweise wurden in den vergangenen Tagen der Spionage bezichtigte Sowjetbürger aus westeuropäischen Ländern ausgewiesen: Rückschläge, die das KGB aber vermutlich unbeschadet übersteht.
Die Kette der geplatzten Spionagefälle und der Überführung von freiwilli-gejn oder erpreßten Mitarbeitern reißt nicht ab. Stets führt die Spur zurück zum Moskauer Dserschinski Platz, dem Standort und Zentrum des sowjetischen Geheimdienstes KGB - zu deutsch: Komitee für Staatssicherheit.
Juri Andropow ist der erste sowjetische Parteiführer seit Josef Stalin, der sich schon beim Antritt seiner Herrschaft Generalsekretär nennen darf: Breschnew konnte dies erst nach zwei Jahren, und Chruschtschow blieb zeit seiner Führung „Erster Sekretär". Das ist mehr als nur eine formale Finesse, zeigt wie stark die Macht des einstigen KGB-Chefs in diesem Augenblick bereits ist.Mit 68 Jahren und einer akuten Herzschwäche bleibt ihm weit weniger Zeit, seiner Führung epochalen Charakter zu verleihen. Dementsprechend das im Vergleich zu vorangegangenen Epochen und zum langsamen
Noch niemals in sowjetischer Geschichte ist der Übergang von einer Führung auf die nächste so schnell und anscheind reibungslos verlaufen. Der Kampf um die Nachfolge ist noch zu Lebzeiten Breschnews ausgetragen worden, dadurch konnte ein Machtvakuum vermieden werden. Aber Jurij Andro-pow hat ein schwieriges Erbe zu übernehmen
Breschnew ist in den letzten Tagen und Wochen wiederholt an die Öffentlichkeit getreten, so als wollte er augenfällig beweisen, bei bester Gesundheit und im vollen Besitz seiner Macht zu sein. Es bleibe dahingestellt, ob sich die erhoffte Wirkung einstellt.Nicht zu übersehen ist freilich, daß sich die sowjetische Führung in der Weltpolitik Zurückhaltung auferlegt. Moskau reagiert nur auf die aktuellen Ereignisse, ohne wie gewohnt selbst die Initiative zu ergreifen.Im Mittleren Osten begnügen sich die sowjetischen Sprachrohre mit der propagandistischen Verdammung der Israelis,ohne daß
Die Rückkehr des Flugzeugträgers „Invincible”, Symbol des Feldzuges in den Südatlantik, hat noch einmal jene Begeisterung geweckt, deren sich die Regierung im Falkland-Konflikt so virtuos bediente. Noch immer zieht Margaret Thatcher aus dem Sieg Vorteile für sich und ihre Partei, der „Falkland-Effekt” schlägt sich bei den Tories positiv zu Buche.Der Parteikongreß der Tories im nächsten Monat steht denn auch im Zeichen des militärischen Erfolges. Die Organisatoren kennen die Einstellung des überwiegenden Teiles der Bevölkerung: Wenn Thatcher den Feldzug mit so sicherer Hand
Die Ära Breschnew geht zu Ende. Des Generalsekretärs sichtlich angegriffene Gesundheit ist nicht ewig beanspruchbar — auch nicht durch die beste medizinische Betreuung, die einer Großmacht zur Verfügung steht. Je näher der Abschied des mächtigsten Mannes im Kreml kommt, umso schärfer wird die Auseinandersetzung der Prätendenten.Die Versetzung Juri Andro-pows vom Präsidium des Sicherheitsdienstes KGB ins Sekretariat des Zentralkomitees gibt der Nachfolgefrage eine neue Dimension. Seit Ende Mai scheint gewiß, wer die erste Runde im Diado-chenkampf am besten überstanden hat. Juri
Paradoxe Bilder, zur Groteske gesteigerte Satire, eine Logik, die „das Innere nach außen kehrt". Komik, Posse, Schwank, Poesie und Zoten, alles das sind Bestandteile von Alexander Si-nowjews Erstling „Gähnende Höhen", der sich in scheinbarem Wirrwarr von Exkursen, Traktaten, Mono- und Dialogen, Notizen, Briefen und Legenden über mehr als tausend Seiten hinzieht. Allein aus dem Nebel phantastischer Darstellung entsteht das Bild der Wirklichkeit, der erschreckenden, Orwellschen sowjetischen Realität.Die Handlung, wenn es überhaupt eine solche gibt, spielt im imaginären
Die Breschnew-Ära neigt sich ihrem Ende zu und damit dringen Begleiterscheinungen an die Öffentlichkeit, die mit einer Wachablöse im Kreml verbunden sind.
Vor 25 Jahren hat Andrej Gromyko die Leitung der sowjetischen Außenpolitik übernommen und auch behalten. Er ist damit der bei weitem dienstälteste Außenminister der Welt.
Michael Andrejewitsch Suslow, Moskauer Hohepriester der kommunistischen Heilslehre, ist tot. Sein Ableben kam zu einem Zeitpunkt, da die Lage für die rote Machtzentrale alles andere als rosig aussieht: Polenkrise und der „Glaubensstreit" mit der KPI machen ihr schwer zu schaffen.
Einę miserable Arbeitsproduktivität, der überalterte Maschinenpark und zentralistische Steuerung sorgen dafür, daß die Landwirtschaft Moskaus Sorgenkind Nr. 1 bleibt.
Christian Schmidt-Häuers Werk ,,Das sind die Russen“ ist - trotz Klaus Meh- nert - das beste, was aus deutscher Feder über die heutige Sowjetunion geflossen ist. Es braucht den Vergleich mit jüngster angelsächsischer Literatur nicht zu scheuen.
Das Klima der Beziehungen beider Großmächte ist nach der heißen sowjetischen Invasion in Afghanistan auf sibirisches Niveau herabgesunken. Doch jetzt reden sie wieder miteinander - US-Außenminister Alexander Haig und sein sowjetischer Amtskollege Andrej Gromyko, zuletzt in New York - über Rüstungskontrolle und Abrüstung.Militärische Balance in Europa ist das erste Thema; später sollen die versandeten SALT-Gespräche wieder aufgenommen werden, sofern den Sowjets Weltsicherheit doch wichtiger ist als handfestes Engagement im aufbegehrenden Polen oder ein neues Abenteuer der
Hierwiedortgehtes um eine entscheidende Partnerschaft: die eine aus Traditi- on und durch den Wandel der Parteikonstitution wirksamer denn je; die andere gewissermaßen auf dem Papier entworfen - eine Zweckgemeinschaft, um Großbritanniens politische Landschaft grundlegend zu verändern.
In Londons altehrwürdigem und weltgrößtem Buchgeschäft „Foyels" in der Charing-Cross-Road ist das Werk aus den Verkaufsregalen verschwunden, offenbar nachdem man gemerkt hat, welch eigentümliches Fabrikat damit angeboten wird. Dafür ist es im benachbarten moskautreuen Bookshop zu haben, allerdings auf Umwegen.Ausdrücklich mit der Beteuerung angefordert, es werde auf Schleichwegen in die Sowjetunion gebracht, wird das zweibändige, über tausend Seiten starke Buch in russischer Sprache „Wokrug Solshenizyna" (Um Sol-schenizyn) unter dem Ladentisch hervorgeholt. Höchst sonderbar:
Milovan Djilas, entfremdeter Waffengefährte Titos, hat vor mehr als zwanzig Jahren den Begriff der,,neuen Klasse" geprägt. Im ureigensten Vaterland der Werktätigen, Inder Sowjetunion, hat sie ihre lupenreinste Form angenommen - in der Nomenklatura.
Der neugewählte Abgeordnete der nordirischen Grenzbezirke Fermanagh und Süd-Tyrone, Owen Carron, geht nicht nach Westminster und vorerst denkt er auch nicht daran, den Treueeid eines britischen Parlamentariers zu leisten: „Ich will die Öffentlichkeit zuhause und in aller Welt auf die Situation im H-Block aufmerksam machen und es besteht keine Notwendigkeit, solches im Unterhaus zu tun!Der einstige Wahlhelfer für den ersten Hungerstreiker Bobby Sands, der im letzten Mai als Abgeordneter und verurteilter Terrorist in den selbstgewählten Tod gegangen ist, beraubt sich dadurch
I m zarten Alter von erst vier Monaten ist die Sozialdemokratische Partei Großbritanniens (SDP) schon zum politischen Faktor aufgestiegen, der die Parteienszenerie der Insel grundlegend verändern könnte!Das überraschend gute Abschneiden der Allianz aus Liberalen und Sozialdemokraten bei den Nachwahlen in War- rington, der nordenglischen Industriestadt und Wodkametropole des Landes, und die starken Stimmengewinne bei kommunalen Urnengängen haben bei den Anhängern eine Art von Euphorie ausgelöst, vor der sich nur jene freihalten, die wissen, welch schwere Prüfungen für das neue Gefüge
Was zwei lange blutige Wochen die Einwohner des Königreiches in Atem hielt, wiederholt sich am dritten Wochenende mit ungeminderter Heftigkeit im Nachbarstaat, der irischen Republik. Der neue Premier, Garret Fitzgerald, ist mit einem Schlag durch dieselben Unruhen wie London konfrontiert, wenngleich das Motiv eindeutig anderswo zu suchen ist.Die nationale irische Polizei, Garda, stellt sich, 1500 Mann stark, dem randalierenden Mob entgegen, der auf die britische Botschaft stürmt, und wird damit zur Zielscheibe von Benzinbomben, Steinen, Flaschen und Molotow- cocktails. Aber die irischen
Der Trauertag in Belfast spiegelt die ganze Ironie und Zwiespältigkeit des von konfessionellen Wirren zerrissenen Ulster. Sands, dem neuen Märtyrerder Terrormilizen der IRA, wird ein Begräbnis mit paramilitärischen Ehren zuteil. Vermummte Gestalten in Kriegsausrüstung geben dem 13. Opfer eines Hungerstreiks im Irland des 20. Jahrhunderts das Geleit. Am Seelengottesdienst ruft der Priester eindringlich zu Frieden und Wiederversöhnung auf.
Das Geburtstagsgeschenk der Nation an die ins Leben gerufene neue Partei hätte nicht passender sein können: Meinungsumfragen, beliebtes politisches Gesellschaftsspiel ohne absolute, langfristige Stichhaltigkeit, geben der Sozialdemokratischen Partei (SDP) die besten Chancen, reihen sie ein Stück hinter Labour und knapp nach den Tories ein. Zusammen mit den Liberalen würden sie die Regierung bilden - fänden die Wahlen heute statt.
Schatzkanzler Sir Geoffrey Howes neues Austerity-Budget hat bei Freund und Feind Bestürzung erregt und im gleichen Zug die britische Wirtschaft der schlimmsten Zerreißprobe ausgesetzt. Westminsters unpopulärster Haushalt nach dem Kriege wird mit drastischen Worten abqualifiziert: „Politischer Selbstmord“, „Läuten der Totenglocken für die Tories“ - nicht etwa von einer Opposition in Rage, sondern von konservativen Parlamentariern aus Furcht, ihre Partei habe damit die Chancen für die nächsten Wahlen vertan.Einer fordert rundherab den Kopf des Schatzkanzlers und von da ist es
Ein überaltetes Führungsgremium hält sich krampfhaft an der Macht - darin liegt das Sensationelle des 26. Parteitages der KPdSU, nachdem sich wieder der rote Vorhang über die zehntägige Monsterschau im Kongreßpalast gesenkt hat. Die Kreml- Gerontokratie stützt sich gegenseitig und bewahrt die Schalthebel in ebendenselben Händen -solches hat es in sowjetischer Geschichte noch nicht gegeben.
In der großartigen Propagandaschau der KPdSU, ihrem 26. Parteitag, als byzantinisches Ritual und wohleinstudiertes Spektakel ein Spiegelbild der auslaufenden Ä ra Breschnew, setzt der Generalsekretär und Staatspräsident die Glanzlichter. Seine Rede zum Auftakt bildet wie vor fünf zehn und fünfzehn Jahren den Höhepunkt des Kongresses, alle anderen Vorträge im Kongreßpalast sind, insgesamt gesehen, nichts weiter als eine Paraphrase dessen, was Leonid Breschnew gesagt hat.
Großbritanniens politische Landschaft ist urplötzlich in Bewegung geraten. Rekordarbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Abstieg stellen Thatchers monetäre Heilungskur auf eine harte Probe. Die große Oppositionspartei wiederum hat sich durch ihre abgrundtiefe Spaltung selbst um die Chance gebracht, sich als wählbare Alternative anzubieten.Die Liberalen sind, auf sich allein gestellt und durch das geltende Wahlrecht schwerstem benachteiligt, kaum in der Lage, ihre nun schon sechzig Jahre dauernde Bedeutungslosigkeit abzuschütteln. Doch Parteiführer David Steel winkt den
Die A uslegung des britisch-irischen Gipfels von der vergangenen Woche ist in London und Dublin so verschieden wie Tag und Nacht: Während Irlands Premier Charles Haughey von einem „historischen Durchbruch" sprach, versuchte die britische Ministerpräsidentin Margaret Thatcher genau den entgegengesetzten Eindruck zu erwecken: Der Besuch sei nichts weiter gewesen als der übliche Kontakt mit einem EG-Partner.
Nach der uberraschend klaren Wahl von Michael Foot zum Nachfolger von James Callaghan als Labour Fuhrer witzelte die britische Press: Die Arbeiterpartei setzt ihren linked Fub (Foot) nach vorne. Gleichsam um unfreiwillig seinen Linksdrall unter Beweis zu stellen und die schwache Standfestigkeit in der anderen Richtung zu demonstrieren erschien Foot am nachsten Tag mit einem Gips-Verband uber dem gebrochenen rechten Knochel.
Alexej Nikolajewitsch Kossygins Rücktritt als sowjetischer Ministerpräsident gehört zu den Ausnahmefällen in der sowjetischen Geschichte. Er ist der erste Premier, dem es gegönnt ist, in Ehren und noch zu Lebzeiten seinen Platz an der Spitze der Regierung abzugeben. Staats- und Parteichef Leo-nid Breschnew hat vergangene Woche auf der herbstlichen Tagung des Obersten Sowjet, Scheinparlament im östlichen Reich, Krankheit als Grund für diesen Verzicht angegeben.
Die Unruhe über die tiefe Rezession Großbritanniens und über A rbeitslosigkeit in der Rekordhöhe der dreißiger Jahre lastete über den Konferenzen von Labour in Blackpool und von den Tories in Brighlon. Die Rezepte zur Beseitigung der ökonomischen Gebrechen sind so verschieden wie die Ideologien der beiden großen britischen Parteien.
Zur selben Zeit, da die polnischen A rbeiter um ihre Selbständigkeit gegenüber der allgewaltigen Partei ringen, um die verwehrte Möglichkeit, sich frei zu organisieren, ergehen sich die britischen Gewerkschaften an ihrem Jahreskongreß in der üblichen Selbstbeweihräucherung und den gleichermaßen gewohnten Philippiken auf die Regierung Thatcher. Die Szenerie in den polnischen Industriezentren an der Ostseeküste und im englischen Badeort Brighton ist so abgrundtief verschieden wie die Situation der Gewerkschaften hier und dort.
Zi um erstenmal in sowjetischer Geschichte ist in einem Parteiorgan der Name Gottes so geschrieben worden, wie ihn die Gläubigen zu Papier bringen - in Großbuchstaben. Der Anlaß hat freilich nichts mit Pietät und Ehrerbietung vor dem Schöpfer zu tun, geschweige denn, daß der atheistische Staat plötzlich auf religiöse Gefühle Rücksicht nähme:Es ist das Geständnis des Priesters Dimitri Dudko in der Regierungszeitung „Iswestija”, tags zuvor durch den Autor selbst mit stockender Stimme im zentralen Fernsehen vom Manuskript abgelesen: „Ich habe eingesehen, daß ich nicht wegen
Nach den letzten Meinungsumfragen in Großbritannien zu schließen, hat die Labourpartei geringfügig die Nase vorne. Dieser Vorsprung in der allgemeinen Beliebtheit ist freilich genau so wenig überzeugend wie der Sieg bei.den Nachwahlen in Glasgow. Dort wurde der Vorsprung an Mandaten zwar gehalten, aber der Stimmenanteil ging zurück.Die wachsende allgemeine Unzufriedenheit mit den Konservativen in der Downing Street ließe eigentlich eine entscheidende Führung Callaghans, einen Erdrutsch zugunsten der Sozialisten erwarten. Dem ist aber nicht so und die große Oppositionspartei hat es sich
Ein A usspruch des heiligen Franz von Assisi stand am Beginn der Ära Thatcher, als die erste Frau in Englands Geschichte in die Downing Street Nr. 10 einzog. „Laßt uns Harmonie bringen, wo Zwietracht herrscht, ßlauben, wo Zweifel und Hoffnung, wo Enttäuschung.” Heute, ein Jahr später, ist dieses Versprechen nicht eingelöst - noch nicht, wenn man den ständigen Aufruf zu Geduldjn Rechnung zieht. Glaube und Hoffnung haben sich noch nicht durchgesetzt, von Harmonie im politischen und wirtschaftlichen Leben des Inselreiches ist nichts zu bemerken.
Es war eher entmutigend, was Englands Finanzminister Sir Geoffrey Howe seinen Landsleuten in einem mittelfristigen Plan für die Zeit bis zu den nächsten Parlamentswahlen 1984 anzubieten hatte: absoluter Rückgang des Volkseinkommens in diesem Jahr, später eine kaum merkliche Erholungsphase; sprunghafter Anstieg der ohnedies hohen Arbeitslosigkeit, stetiger Rückgang der Investitionen und ein Außenhandelsdefizit von beachtlicher Größe.Die Opposition reißt den zweiten Haushaltsplan der Ära Thatcher in Grund und Boden. Callaghan, ihr Führer, nennt das Budget das „hoffnungsloseste seit
Spätestens der Streik der Stahlarbeiter hat es an den Tag gebracht: Die Regierung Thatcher hat zwar, gemessen an den Vorgängern, ein revolutionäres Programm, allein ein Teil des Kabinetts verzweifelt bereits an der Wirksamkeit von Thatchers „bitterer Arznei für eine kranke Wirtschaft". Die Euphorie nach einem überwältigenden Wahlsieg hat Meinungsverschiedenheiten verdeckt, Kontroversen darüber, ob der eingeschlagene Weg den Erfolg wirklich sichert. Nach neun Monaten Tory-Regierung zeigen sich Risse im Gebäude:Rechts steht gegen Links, Gemäßigte opponieren gegen Radikale,
Die nunmehr verfugte Deportation von Nobelpreisträger Andrej Sacharow ist weit mehr als der gewohnte Ubergriff des Sowjetregimes gegen eine Persönlichkeit, die sich für verfolgte Mitbürger einsetzt. Es ist die Beseitigung des letzten Symbols von Hoffnungen auf mehr Menschlichkeit, politische Mündigkeit und bürgerliche Freiheit im kommunistischen Herrschaftsbereich.Es ist der offene Rückfall in die fünfziger Jahre, der allem Anschein nach mit einem Schlage vernichtet, was menschlicher Opfergeist und selbstvergessenes Sendungsbewußtsein dem Apparat der Unterdrückung in einer ungleichen
Vor vier oderfiinf Jahren, als er noch in sibirischem Arbeitslager vegetierte, hat er sich bestimmt nicht vorgestellt, dereinst stolzer Besitzer eines modernen Häuschens zu sein. Wladimir Bukowski lebt seit fast drei Jahren am nordwestlichen Rand der idyllischen britischen Universitätsstadt Cambridge das zurückgezogene Leben eines fleißigen Studenten der Psychologie, Biologie und Physiologie. Damit kann der heute 37jährige nachholen, was ihm in der Heimat verwehrt gewesen ist: den Abschluß einer Universitätsausbildung.
Thatchers Außenminister Lord Carrington hat seiner Chefin eine meisterhafte Lektion in Sachen Diplomatie erteilt. Auf dem Gipfeltreffen der Europäischen Gemeinschaft in Dublin sprang Frau Thatcher mit Staats- und Ministerpräsidenten Europas um, als hätte sie es mit „Geistesgestörten" (Oppositionsführer Callaghan) zu tun. Die starre Haltung der Britin provozierte den Bruch.
Ein österreichischer Student in der sowjetischen Hauptstadt, Sohn stei-rischer Bäckersleute, hatte vor nicht allzu langer Zeit eine blendende, geschäftlich verwertbare Idee. Von Zeit zu Zeit schickte er Proben der besonders schmackhaften Brotsorten, wie sie etwa in dem großen Geschäft „Chleb“ (Brot) am Moskauer Kali-nin-Prospekt in großer Vielfalt angeboten werden, in die Heimat, damit die Anverwandten das Gebäck nachbereiten und als Besonderheit aus dem Osten verkaufen.Zum „Nachbauen“ wurde eine chemische Analyse vorgenommen, die allerdings ein völlig unerwartetes Ergebnis
„Volk und Partei sind eins“, lautet die Losung, die auf rotem Grund in überdimsensionalen weißen Buchstaben von den Häuserwänden herunterleuchtet. Nach einem in Moskau kursierenden Bonmot soll ein Unbekannter die sich im Russischen reimenden Worte darunter gekritzelt haben: „Sie gehen nur in verschiedene Geschäfte!“Der Witz hat Tiefgang, ist sich doch jeder in der sowjetischen Gesellschaft der gewaltigen sozialen Unterschiede zwischen Privilegierten und Habenichtsen, zwischen den höheren Parteifunktionären und dem kleinen Mann bewußt. Welten stehen zwischen dem einfachen
Die Unberechenbarkeit des russischen Nationalcharakters ist in den klassischen literarischen Zeugnissen und durch Beispiele aus der Geschichte genügend belegt: Sünder werden da zu Büßern, Verbrecher zu Märtyrern, Lebemänner zu Asketen.Auch dem heutigen Russen ist noch vieles von den typischen Eigenschaften der Figuren aus den Romanen Dostojewskis oder Turgenjews, Tolstois oder Gontscharows geblieben. Allerdings hat die Sowjetmacht alle zur Verfügung stehenden Mittel, vor allem einen gigantischen Terrorapparat, dafür eingesetzt, um das wandelbare und zu extremen Gefühlsausschlägen
Der Trick des Fürsten Potemkin ist in der Sowjetunion zur wohlgepflegten Tradition geworden: Im 18. Jahrhundert hat der Gouverneur auf der Halbinsel Krim Häuserattrappen überall dort errichten lassen, wo Zarin Katharina II. mit ihrem Gefolge durchzog, auf diese Weise Wohlstand und Zufriedenheit vortäuschend. Heute hat das große Land im Osten als Ganzes etwas von einem potem-kinschen Dorf an sich, zumindest wenn seine Propaganda versucht, dem Ausland das Bild der heilen sowjetischen Welt zu präsentieren, in der Sozialkonflikte fehlen, die verschiedensten Nationalitäten friedlich