(10. Fortsetzung)„In diesen ersten Stunden brachen auch Pahlens Hoffnungen zusammen; er hatte sich gewünscht, an meiner Seite Rußland eine Verfassung geben zu können, nun sah er, daß die Last für mich zu groß war und ich der äußersten Schonung bedurfte. Meine Person, erklärte er den Mitverschworenen, sichere Rußland eine bessere Zukunft, ohne daß es schon der Verfassung bedürfe. So begann das grauenvolle, in Lügen erstickende, von falschem Ruhm überdeckte Leben, das ich bis zu diesem Augenblick geführt habe. Ich sah in den Spiegel, eh ich das Zimmer verließ, aber er war, wie
(9. Fortsetzung)„So kam Jene Nacht heran, die du miterlebt hast; aber was damals wirklich geschehen ist, weißt du nicht. Nie haben wir seit jener Zeit das Michaelspalais wieder betreten, das mein Vater bauen ließ; doch vergesse ich die Räume und Gänge nicht, von deren Decke das Wasser niedertropfte, während die Feuer fast machtlos brannten in den Ecken und das Eis über die Fenster wuchs. Dr. Wylie hatte auf das entschiedenste widerraten, das Palais zu beziehen; allein mein Vater hatte sich den Tag des Einzugs in den Kopf gesetzt und wollte ihn einhalten. Hier, hinter mächtigen Mauern,
(8. Fortsczung)„Es ist ein Frieden“, antwortete Alexander langsam, „der schon von jenseits eines furchtbar schweren Entschlusses kommt; ich habe mir diesen Frieden nur geborgt, ’ noch nicht erworben. Aber die Dinge und Ereignisse haben mich von allen Seiten umstellt, und ich muß heute zur Wahrheit durchbrechen. Elisabeth, ich muß dir mein Leben erzählen, mein eigentliches Leben, das du nicht kennst. Es wird dich ein Entsetzen befallen, das ich dir gerne erspart hätte. Aber vielleicht kann ich dieses Zimmer nicht mehr als derselbe verlassen, der es betreten hat. Bis an diese Wand
(2. Fortsetzung)Es müßte noch Nacht sein; die Fenster waren verhangen. In dem hellerleuchteten Raume wartete Maria Feodorowna, die Zarin- Mutter, mit den Großfürsten Konstantin und Nikolai, den jüngeren Brüdern des Zaren. Alexander verneigte sich tief vor der Mutter und umarmte die Brüder. Obwohl es seine Angehörigen gewohnt waren, daß er sich häufig auf weite Reisen begab, so waren sie doch bewegt; sie fühlten etwas Ungewöhnliches in seinem Vorhaben, wie sie schon lange mit Spannung und Sorge die Veränderung in seinem Wesen beobachtet hatten. Auch seiner hatte sich eine
In den scheinbar glücklichen Jahren, die der Niederwerfung Napoleons folgten, machte sich eine sonderbare Veränderung im Wesen des Zaren Alexander I. bemerkbar. Inmitten des Glanzes, der den Zaren als den um diese Zeit wohl mächtigsten Mann der Erde umgab, ließ er dann und wann ein Wort fallen, das Uneingeweihte betroffen machte. Eine sonderbare Müdigkeit, Verlangen nach einer großen, ganz entlegenen Ferne, eine tiefe Trauer dämmerte aus solchen Worten herauf. Es war kaum möglich, auf sie zu antworten; wer es doch versuchte, stand plötzlich wieder dem Selbstherrscher gegenüber, der,