Seit 25 Jahren wird Bischof Julijonas Steponavičius, Apostolischer Administrator der litauischen Erzdiözese Vilnius, von den Behörden an der Verwaltung seiner Diözese gehindert. Er lebt in der Verbannung - streng überwacht von den Sicherheitsorganen - im Dorf Žagare, das zur Nachbardiözese Kaunas gehört.Steponavičius — Symbol des kirchlichen Widerstandes gegen die Unterdrückung der Religion - gilt als jener Kardinal, den Papst Johannes Paul II. 1979 geheim („in pectore“ ) ernannt hat. Im Marienheiligtum von Ostra Brama in Vilnius wird heute das Kardinals- birett des aus Polen
Jose Ortega y Gasset, vor hundert Jahren geboren, sieht 1932 in seinem Essay „Um einen Goethe von innen bittend" Goethe in Weimar versumpfen und verbiedern. Die von Heinrich Pleticha gesammelten Berichte von Zeitgenossen Goethes, Schillers, Herders zeigen Weimar liebenswert und eng, philiströs, ohne viel Bildungsbürgertum, angeklebt an den Hof, der grotesk, wie eine Liliputaner-Edition der großen Höfe des 18. Jahrhunderts wirkt.„Wallfahrten nach Weimar", um Goethe zu sehen. Dann Weimar nach Goethes Tod. Versinken im Kleinen. Dann der Versuch des Grafen Kessler und anderer, Weimar
Der Autor kommt von den Naturwissenschaften her und hat ein reiches Lebenswerk hinter sich. Ein erstaunliches Buch: ein Plädoyer für eine neue Spiritualität, gegen die Säkularisierung unserer Gesellschaft, die den Tod, das Sakrale, die Transzendenz verdrängt.Nun, diese Themen werden im heutigen Leerraum vielfach aufgegriffen, sie liegen auf der grauen Einbahnstraße, im Staub des öden Alltags. Wie Pierre Chaunu mit Elan und großer Leidenschaft diese Themen als heiße Eisen in die Hand nimmt, ist überraschend.Unfreiheit: Sie herrscht heute in den geschlossenen Gesellschaften, in Ost und
Der Herausgeber schildert im Nachwort die außerordentliche Wirkungsgeschichte dieses klassischen Werkes, das im Aufgang der nordamerikanischen Literatur steht. Kant, Goethe, Herder führten die Franklin-Verehrung, auf dieses Buch gestützt, in deutschen Landen ein.Manfred Pütz legt die klassische Ubersetzung von Gottfried August Bürger mit der Kapp-Au-erbach'schen Fassung, ergänzt durch Gottfried Krieger vor: Diese Ubersetzung atmet die Geruhsamkeit, den Geist des 18. Jahrhunderts aus, ladet zu besinnlichem Genuß dieser Selbststilisierung Franklins ein, die ja — leider — vor seinem
Dieses Buch wurde vor der „Wende" in der Bundesrepublik Deutschland geschrieben: vor den Euphorien, die der Regierung Kohl den Wahlsieg eintrugen. Es ist dennoch sehr „aktuell" im guten Sinn des Wortes.Paul C. Martin (Bayer) Konservativer, Humanist, Volkswirt) -ist der Uberzeugung: „Der Staatsbankrott wird der Dauerbrenner der 1980er Jahre sein." Die große Angst der „Kapitalisten" und der Arbeiter, eine „mörderische Steuereintreibung", eine Uberschuldung des Staates, der Städte und Gemeinden, der Neid, der regiert - Martin sieht und errechnet Zeugnisse eines Staatsbankrottes, den
Werner Höfer ist der erfolgreichste bundesdeutsche Fernsehmann. Der nun Siebzigjährige hat durch seine Sonntagssendung „Der internationale Frühschoppen“ weit über das Rheinland hinaus Zuschauer erreicht.Im vorliegenden Buch plaudert der Publizist, Schriftsteller, Fernsehdirektor, Moderator Werner Höfer über die Massenmedien und plaudert mit „Prominenten“ über ihr Leben, ihre Ansichten. Eine rührende Eitelkeit — oder ist es nur das Selbstbewußtsein des Erfolgreichen? — belebt diese Betrachtungen.Werner Höfer sieht sich selbst nicht unkritisch. Eine rheinische,
Eine vorzügliche Schriftstellerin ist diese Eva Zeller, Jahrgang 1923, Verfasserin von zehn Büchern, sehr geehrt, sehr anerkannt in der Bundesrepublik. Sie sollte auch in Österreich Beachtung finden.Eva Zeller schildert in knappen, scharfen, oft lakonisch, stillsatirisch anmutenden Erzählungen Geschichten aus dem deutschen Alltag heute, in der Bundesrepublik, aus Südwestafrika, wo sie als Pfarrersfrau von 1956 bis 1962 lebte, zuvor in ihrem Geburtsland, in der Deutschen Demokratischen Republik.Distanz also, kritische Distanz zu allen Gesellschaften, in denen sie lebt. Keine Bitterkeit.
Wolf Graf von Baudissin, Generalstabsoffizier im Zweiten Weltkrieg, Vorkämpfer einer demokratischen, friedensorientierten Konzeption der deutschen Bundeswehr und ihrer Inneren Führung, „Staatsbürger in Uniform”, NATO-Kommandeur, Direktor des „Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik” an der UniversitätHamburg, wird hier einer größeren Öffentlichkeit erinnert: ein Pionier eines Friedensdenkens in der Bundesrepublik.Er beklagt früh die „Bewußtseinsverengung” der Offiziere. Sehr aktuell für Österreich ist auch sein Plädoyer für „die Auswahl der
7 Uhr früh, Finanzamt Wien - Vordere Zollamtstraße. Mehr als hundert Leute sind bereits angestellt. Ich reihe mich in die Schlange der geduldig Wartenden ein. Keiner murrt. Schicksal! Um 7.15 Uhr sind es bereits um 50 Personen mehr.Mein Nachbar meint: ,Jst das wirklich nicht besser zu organisieren? Was sag’ ich meinem Chef? Der glaubt mir die fünf Stunden doch nicht!"Eine Frau: .JDeshalb hab ich heute Urlaub genommen— sonst hat er einen Grund, mich zu kündigen."Ein anderer: „Wie in Polen— die lange Schlange. Die sollen sich was einfallen lassen!” Wer die? ,J)ie Amtsvorsteher
In Österreich ist Zinspolitik das, was sich abspielt, wenn ÖGB-Präsident Benya dazu eine Erklärung abgibt. Sagt er etwa, daß der Zinssatz für täglich fällige Spareinlagen zu gering sei, und vollzieht wenige Tage später auch der „Kronen-Zeitung“-Kolumnist „Staberl“ diese Auffassung im einschlägigen Stil, dann hoffen Österreichs Sparer und zittern Österreichs Banken, die ohnedies zum Großteil verstaatlicht sind. Mit rationaler Wirtschaftspolitik hat das wenig zu tun, doch wen schert's? Wer in diesem Land den Geschmack der „breiten Masse“ trifft, der schafft an. Koste es,
Vor einigen Wochen schrieb die FURCHE: Gelingt es Josef Taus, in der Frage der Marktordnung, also der Ernährungs- und Energiesicherung, den Standpunkt seiner Partei gegen die Vorstellungen des Gewerkschaftsbundes und der Bundesregierung durchzusetzen, so hätte er bewiesen, daß in entscheidenden Fra gen auch unter einer SPÖ-Alleinregierung kein Weg an der Volkspartei vorbeiführen muß. Dieser Beweis, so scheint es, dürfte nach allen vorliegenden Äußerungen — insbesondere von ÖGB-Präsident Anton Benya — glücken. Noch am 11. März sagte Anton Benya vor den Delegierten zum SP-Parteitag, daß dir Marktordnung gegen den Willen der ÖVP auf alle Fälle einfachgesetzlich durchgesetzt werden wird. An einen Streik der Landwirte wollte Benya nicht glauben, weil doch die Bauern das Geld brauchen und schon nachgeben werden. Heute dagegen gibt Benya sich gesprächsbereit: „Ich bin in der Frage der Marktordnung in jedem Punkt gesprächsbereit. Als Gewerkschafter kann ich nicht den Standpunkt ,alles oder nichts' vertreten. Kompromisse muß es daher immer geben.“
So rasch war das Finanzministerium noch nie. Was sonst nie vor März ausgerechnet ist, lag schon am 9. Jänner vor; einen Tag vor Beginn der Regierungsklausur im Seminarhotel am Sachsengang bei Wien: vorläufige Zahlen über die Höhe des Budgetdefizites im abgelaufenen Jahr. „Dank der Wirtschaftsbelebung in den letzten Monaten des alten Jahres, vor allem im Dezember“, so schrieb die „Arbeiter-Zeitung“, „wird das Budgetdefizit für 1975 mit 39 Milliarden Schilling geringer ausfallen als erwartet.“ Vor gut einem Jahr galt die Behauptung, das Budgetdefizit werde 20 Milliarden
„Sie haben den Entscheidungsmechanismus der DIAG ein Jahr lang lahmgelegt", warf ÖVP-Klubchef Koren den sozialistischen Parlamentariern und einem sichtlich betroffenen Staatssekretär Dr. Veselsky auf der Regierungsbank am Ende der Aufzählung eines langen SPÖ-Sündenregisters in der Verstaatlichtenpolitik vor. Und ein eher verdrossener ÖGB-Präsident Benya versuchte, mit Zwischenrufen von der Abgeordnetenbank aus seinen Zorn abzureagieren.
Der Gelehrte und Publizist Otto Forst-Battaglia, durch seine Werke und Aufsätze in polnischer, deutscher und französischer Sprache im ganzen gebildeten Europa und darüber hinaus bekannt, war einer der wenigen lebenden Menschen, welche die Bildungswelt Alteuropas verkörperten, in ihrem lebhaften Wechselspiel slawischer und romanischer Elemente mit all dem, was Zeit, Wind und Wellen zukommen ließ in der Gesellschaft des alten Reiches der Donaumonarchie und in der Gesellschaft der Gebildeten rauschen Warschau und Paris. Otto Forst-Battaglia wurde am 21. September 1889 in Wien geboren, als
Hugo Hantsch — ein Siebziger.' Die Berchtold-Biographie des österreichischen Historikers Hugo Hantsch ist, in aller wissenschaftlichen Akribie und Behutsamkeit, in aller Sorgfalt der Wertung und des Urteils (das sich bemüht, nicht „über“, von oben herab zu urteilen, sondern einfühlend die schicksalsschweren Entscheidungen vor und um 1914 ■mitzudenken) ein Bekenntniswerk: das abendländische Bekenntnis eines Altösterreichers, der sein Lebenswerk jenem Österreich gewidmet hat, das im hohen Barock des Heiligen Römischen Reiches seine erste weltgültige Selbstdarstellung fand
Jeder österreichische Botschafter in der Sowjetunion hat eine Mission zu erfüllen. Dies im wahrsten Sinn des Wortes verstanden: Er hat in Moskau mit ganzem Einsatz seiner Persönlichkeit für die Glaubwürdigkeit Österreichs einzustehen: für den unerschütterlichen Willen unseres Staates und unseres Volkes, seine Freiheit, seine Unabhängigkeit, seine Neutralität zu behaupten.Wir verraten keine Geheimnisse, wenn wir festhalten: In der nächsten Zeit fällt dem österreichischen Botschafter in Moskau zu all dem die eine, nicht leichte Aufgabe zu, in der Zeit der Verhandlungen in Brüssel
Unser Land ist heute nicht reich an politischen Charakterköpfen. Die hochragende Gestalt Karl Maria Step ans hat in langen, schweren Jahren und Jahrzehnten bei Freund und Feind hohe Achtung gefunden. Dieser auch körperlich hochragende Mann wurde vielen zum Ärgernis. Wie hätte es auch anders sein können: Die Politik und die Gesellschaft lieben das Geschliffene, das sich zumindest zum Schein Duckende, das sich verbindlich-unverbindlich Anpassende. Dieser Mann da, der nun siebzig wird, hat es sich selbst nicht leicht gemacht. Doktor Karl Maria Stepan ist einen langen Weg gegangen, in steter
Eingeladen von Kardinal König, weilte in dieser Woche der Erzbischof von Utrecht, Kardinal Bernhard Jan Alfrink, drei Tage in Wien; zum erstenmal in seinem Leben, wie er uns berichtete. Kardinal Alfrink, der Vorsitzende der holländischen Bischofskonferenz, gehört zu den profiliertesten Persönlichkeiten des Kardinalskollegiums und des Weltepiskopats. Wir haben in Österreich gute Gründe, uns daran zu erinnern, daß aus Holland, einem alten Zentrum katholischer Reform- und Erneuerungsbewegungen, aus der Heimat der Devotio moderna und eines katholischen Humanismus, der in Erasmus von
Wir Österreicher haben alle guten Gründe, dankbar zu sein, wenn wir in Wien Repräsentanten auswärtiger Mächte begrüßen dürfen, die mit dem ganzen Einsatz ihrer Person, ihrer Persönlichkeit, an der Freiheit und wahren Unabhängigkeit unseres Staates interessiert, ja engagiert sind.Eine solche Persönlichkeit verläßt in diesem frühen Jahr 1964 Wien. Der schweizerische Botschafter Henry-Beat von Fischer-Reichenbach übernimmt die Vertretung der Schweiz in London. Eine ehrenvolle Berufung für ihn; ein schmerzlicher Abschied für uns. Dieser schweizerische Diplomat, der 1959 zum
Eine schwere Last wartet auf Ludwig Erhard in diesem Herbst: Er wird der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland nach Dr. Konrad Adenauer. Die Auseinandersetzungen, ja die Kämpfe mit Dr. Adenauer haben lange Jahre diesen Mann überschattet. Einen Höhepunkt hatte dieser Zwist 1959 erreicht, als der Bonner Bundeskanzler es für richtig hielt, seine Ansicht von der angeblich fehlenden politischen Qualifikation Erhards nicht nur in Gesprächen im Inland, sondern auchin einem Interview mit der „New York Times“ der Weltöffentlichkeit mitzuteilen.Daran mufl heute erinnert werden,
Mit Wirkung vom 1. Jänner 1963 hat Dr. Gottfried Berman-Fischer seinen langjährigen Mitarbeiter, den Leiter des historisch-kulturpolitischen Referats, Janko Freiherrn von Musulin, zum Geschäftsführer des S.-Fischer-Verlages bestellt.Als diese Nachricht durch die Weltpresse ging, horchten einige Öslerreicher auf. Der S.-Fischer-Verlag, mit der Fischer-Bücherei und dem Gottfried-Bermann-Fischer-Verlag, ist ein Unternehmen von Weltrang. Gegründet wurde er durch S. Fischer, der von Wien auszog und in Berlin den Verlag eröffnete, der neben einer Elite deutscher Autoren sich früh und
Am 30. Jänner 1933 fand im Hotel Kaiserhof in Berlin auf Einladung des „S.-S.-S.-Klubs“ ein Vortrag über „Deutschlands europäische Sendung“ statt. Die drei Gründer, Seeckt, Simons und So//, nach deren Namen der Klub genannt wurde, waren persönlich anwesend. Die Teilnehmer mußten einen Nebeneingang benutzen, da der Haupteingang für die neue Reichsregierung reserviert war. In der Nacht des 11. März 1938 fuhr, mit der Pistole in der Hand, der Redner dieses Vortrages von Wien nach Preßburg, auf der Flucht vor der Verhaftung. Das Zentralbüro seiner Bewegung in der Hofburg wurde
Fördert unsere westliche Demokratie die Entwicklung starker schöpferischer Persönlichkeiten? Wer die graue Realität kennt, wird dies nicht leicht zu behaupten wagen. Parteiorganisationen, Massenparteien, die Cliquen und Klüngel, die je „ihre“ Leute in den Vordergrund schieben und die Positionen besetzen, haben ihr eigenes Ausleseverfahren: sie streben ein Mittelmaß an, die Zucht von Bäumen, die ihr eigenes Gehölz nicht überragen. Es gibt •eine Eifersucht in alten und jungen Demokratien, die nicht selten in harten Neid umschlägt. Von all dem könnte der eben in Zürich
Am 1. Juni 1962 ist Leopold Lindtberg sechzig Jahre alt geworden.Die Welt kennt Lindtberg vor allem als Filmregisseur; Berlin, Hamburg, MtincUen und Zürich, seine zweite Heimatstadt, haben ihn als Mann des Theaters schätzen und lieben gelernt. Wien, seine erste Heimatstadt, hat in dem Oberregisseur des Burgtheaters, Leopold Lindtberg, einen guten Geist des Theaters. „Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze“; es ist nicht leicht, dem Lebenden Lorbeer zu reichen, auch dann nicht, wenn dieser Lebende und sehr Lebendige, dieser innerlich jugendliche Dienmütige (Demut kommt von
Der Staatsbesuch Ihrer Majestät der Königin der Niederlande und Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen der Niederlande in V/ien macht die österreichische Öffentlichkeit in besonderem Maße auf die Königin Juliana aufmerksam. Die Königin der Nied:rlande ist mit ihrer Familie in Österreich zumal als Wintergast in den letzten Jahren eingekehrt. Prinz Bernhard,ihr Gemahl, hat als Vorsitzender der Europäischen Kulturstiftung vor wenigen Jahren in der Wiener Hofburg deren Kongreß geleitet und ist durch sein waches, hochintelligentes Präsidium im besten Sinn des Wortes den in- und
Am Samstag nach Ostern empfängt im Palais des Congres in Brüssel in der feierlichen Festsitzung der Europäischen Kulturstiftung Romano Guardini den Erasmus-Preis 1961/62. Die diesjährige Tagung ist dem Thema gewidmet: „Die Erziehung des Europäers von morgen.“ Romano Guardini hat sein Lebenswerk dieser Aufgabe gewidmet: Erzieher einer deutschen, einer europäischen Jugend zu sein, wobei er Erziehung als Bildung in der Begegnung, im Gespräch, als Führung und Geleit versteht.Romano Guardini ist kein Romantiker; dennoch läßt sich sein Wirken im deutschen Raum, als Führer der
Der neue stellvertretende Außenminister der Vereinigten Staaten, George W. Ball, kann ein Schick-salsmann für unser Europa werden: Von seinen Planungen und Aktionen kann das wirtschaftliche und politische Gesicht Westeuropas mitbestimmt werden, wie seine letzten Besuche in Paris, Bonn, London zeigen. Schon deshalb verdient dieser Hüne aus Iowa (er ist rund 1,90 Meter groß) unser Interesse in Österreich. Besonders in Österreich.George W. Ball wurde am 21. Dezember 1909 in Des Moines in Iowa geboren, studierte Rechtswissenschaften, war zwei Jahre im Staatsdienst und trat dann in ein
Österreichs Hochschulen sind Österreichs Schicksal: Wer sich der Wege und Irrwege einer an unseren Universitäten herangebildeten Intelligenz in den für Österreich so kritischen Zeiten nach 1866, vor 1914, nach 1918, um 1934, vor 1938 erinnert, wird sich der schmerzlichen Kluft bewußt, die hierzulande immer wieder aufbrach: zwischen einem unterentwickelten Staatsbewußtsein und einem fehlentwickelten Nationalismus, zwischen einem tiefeingewurzelten Provinzialismus und einem ihm korrespondierenden schwärme-rischen Reichstraum einerseits, und einem Vorbeisehen an den wirklichen Aufgaben
Überrascht erfuhr ein dicklicher Herr in seinem Luxusappartement in Madrid die Nachricht vom Wahlsieg seiner Getreuen bei den Parlaments- und Gouverneurwahlen in Argentinien. Diese hatten in einer uneingestandenen Allianz mit den Stimmen der Kommunisten und Fidelisten die Mehrheit errungen. ]uan Perön packte jedoch noch nicht die Koffer, um im Triumph in „sein“ Land, zu „seinem“ Volk heimzukehren. Die Armeemachte ihm abermals einen Strich durch die Rechnung.Juan Perön wurde in der argentinischen Kleinstadt Lohos 1896 geboren, ist also sieben Jahre jünger als Hitler. Der früh an
„Brennt in der Hölle wirklich . ein Feuer?“ Unter diesem Titel schrieb ein junger Redakteur in schnoddriger, angreiferischer Sprache einen Artikel in der deutschen Illustrierten „Stern“, Auflage 1,6 Millionen.Dieser in vieler Weise anfechtbare Aufsatz hat Feuer in eine lange schwelende innere Auseinandersetzung in Deutschland geworfen und hat dem Verleger des „Stern“, Dr. Gerd Bucerius, sein Bundestagsmandat in der CDU gekostet. Gerd Bucerius, geboren 1906, seif 1945 CDU-Po//fiker, Verleger des „Stern“ und der„Zeit“, hat in den letzten Jahren mehrfach ah Einzelgänger in
Bei de vom Institut für österreichische Geschichtsforschung anläßlich der Jahrtausendfeier der Kaiserkrönung Ottos des Großen veranstalteten Gastvorlesungen sprach als erster ausländischer Gast Percy Ernst Schramm, ord. Professor der Universität Göttingen, Mitglied der Akademien der Wissenschaften zu Göttingen, München, Spoleto, Stockholm und Wien, Ehrenmitglied des Instituts für österreichische Geschichtsforschung und der Medieval Academy of America, Pour le Merite für Wissenschaft und Kunst, über das Thema: „Otto I. im Lichte der Staatssymbolik“.Eine wissenschaftliche
Über den Riederberg, auf der Bundesstraße Nr. 1, fuhren bis vor kurzem tausende, Millionen Wagen dem Westen zu. Und ließen das Tullnerfeld rechts seitab liegen. Nicht weit von der Bundesstraße Nr. 1 liegt der kleine Ort Rust. Nicht Rust am Neusiedler See, sondern dieses Rust, das zum ersten Male wohl für die Weltöffentlichkeit Photographien wurde, als hier Chruschtschow in den Bauernhof der Fi'g/s einkehrte.Leopold Figl ist heute unbestritten wohl eine der angesehensten Persönlichkeiten Österreichs. Es wäre in dieser kritischen Stunde Österreichs, in der er statt des repräsentativen
Die weltpolitische Krisenlage findet jeweils einen eigentümlichen Widerhall in einer österreichischen Krisensituation. Das Tauziehen und Raufen zwischen Ost und West, die Südtirolaktionen, nicht zuletzt die innenpolitische Entwicklung in Österreich selbst lassen gelernte Österreicher heute Ausschau halten: Wo haben wir Freunde in dieser Welt? Freunde, nicht nur Diplomaten und freundliche Schönredner, die bei Kongressen, beim Opernball, bei den Salzburger Festspielen „schön“ mit und über uns reden. Freunde dieser Art hatten wir auch 1933 bis 1938 und lernten sie zum Teil erst
Am 1. November l1'55 wurde Lissabon durch ein furchtbares Erdbeben verwüstet. Dieses Erdbeben machte die schwerste innere Krise des europäischen 18. Jahrhunderts offen sichtbar: die Krise des europäischen Christentums. Kant, Voltaire, die führenden Denker und Theologen ganz Europas, von England bis Königsberg, von Paris bis St. Petersburg, eröffneten in bezug auf das Erdbeben von Lissabon eine erregte Diskussion: Gibt es eine Vorsehung? Gibt es einen persönlichen Gott? Wenn ja, warum läßt dieser es zu, daß hunderttausend Kinder, Greise, Priester, Nonnen, Menschen in einem Herzschlag
Betroffen horchte nicht nur Berlin auf, als es Tatsache wurde, was bis zu ihrer Verkündigung unglaublich schien: Kardinal Julius Döpfner, von Papst Pius XII, zum Bischof Berlins berufen, ist durch Johannes XXIII. zum Oberhirten Münchens, zum Erzbischof der Diözese München-Freising bestellt worden. Wir kennen nicht die Gründe, die den Heiligen Vater bewogen haben zu diesem schweren Entschluß, dessen Tragweite zur Stunde vielleicht noch nicht ganz zu ermessen ist.Deutschland und nicht nur die katholische Welt kennen jedoch um so besser diesen jetzt achtundvierzigjährigen Mann, der
Die freie Welt feiert den fünfundsiebzigsten Geburtstag von Salvador de Madariaga. In Österreich horchte man zum erstenmal auf diesen bedeutenden Spanier hin, als er in den düsteren Jahren nach , dem Ende des ersten Weltkrieges in der westlichen Welt auf Wien hinwies und vorschlug, Wien zur Hauptstadt des Völkerbundes zu machen. Madariaga selbst war als spanischer Diplomat 1922 Leiter des Abrüstungsamtes beim Völkerbund in Genf, wurde 1931 nach Gründung der Republik Botschafter Spaniens in Washington. Seit 1936 ist er Inhaber einer Professur für spanische Literatur in Oxford. Durchaus
In seinem Heim in Kiisnacht am Ziiricher See ist, sechsundachtzig- jcihrig, Carl Gustav Jung gestorben: Es gibt ganz wenige Europder un- serer Zeit, deren Denken weit liber Europa hinaus einen Einflufl ge- wann, wie das nimmermiide For- schen und Betrachten dieses Schweizers. Amerika, Japan, Indien haben sich ihm erschlossen, und er selbst ist in seinem langen Leben immer weiter und tiefer ausgeschrit- ten. Nichts Menschliches, nichts Seelisches war ihm fremd: die Mythen und Mdren der Friihzeit, das seelische Gut verschollener und entlegener Volker, die Spekulation grofler und abseitiger
ln diesen Tagen verläßt ein Mann Österreich, der mit der Geschichte der Zweiten Rep.tblik in den entscheidungsschweren Jahren um die Schaffung des Staatsvertrages mehrfach verbunden ist: der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Österreich, Doktor Carl Hermann Mueller-Graaf. Er kam 1953 nach Wien als in der Öffentlichkeit wenig bekannter Leiter der Wirtschaftsdelegation der Bonner Regierung, und verläßt Wien als allseits bekannter Botschafter. Er kam nach Wien als Vertreter eines Staates, der international schwer um Anerkennung und Prestige zu ringen hatte, und verläßt uns als
Wittgenstein ist in England, Amerika berühmt und wirksam, ja zu einer geradezu magischen Chiffre geworden. Das zur kleinbürgerlichen und muffigen geistigen Provinz gewordene Österreich, das heute mjt vielen lauten Worten und Phrasen von seiner „Kultur“ spricht, hat nicht Notiz von ihm genommen. Dürfen wir es wagen, anzumerken, daß dieser Mann auch ein österreichischer Patriot seltenen Ranges war? Einer seiner Brüder erschoß sich, Kommandeur ungarischer Einheiten, als diese 1918 die Südfront verließen, um nach Ungarn abzuziehen. Ein anderer Bruder, der berühmte einarmige Pianist,
Der Mann mit der Hornbrille und dem rundlichen Gesicht und der unvermeidlichen Baskenmütze sieht dem Komiker Macario, einem der populärsten Spaßmacher Italiens, zum Verwechseln ähnlich. Er ist selbst eine der populärsten Persönlichkeiten Italiens. Wenn er im Rundfunk oder Fernsehen spricht, drängen sich Freund und Feind, ihn zu hören, zu sehen. Der Charme dieses jetzt 70jährigen Mannes (er wurde am 9. Februar 1891 geboren) bezauberte einst so verschiedene Naturen wie Benito Mussolini und Alcide De Gasperi, mit denen er auf Du stand. Wird Pietro Nenni zu einer Schlüsselfigur Italiens?
Als neuer erster Generalvikar der Erzdiözese Wien wurde Prälat Doktor Jakob Weinbacher — zweiter Generalvikar wurde der bisherige Kanzler Dr. Kari Moser — bestellt. Damit wurde ein österreichischer Priester zum Dienst in seiner Heimatkirche zurückberufen, der in den letzten achteinhalb Jahren ein schweres, verantwortungsvolles Amt in Rom, als Rektor der „Anima“, übernommen hatte. Dienstbereit und pflichtbewußt war er nach Rom gegangen, und um diegroße Lücke, die durch den plötzlichen Tod des W.eihbischofs Doktor Streidt entstanden war, mitauszufüllen, kehrt er jetzt in seine
Es gehört zur Auszeichnung und nicht selten zur Tragödie markanter Persönlichkeiten, daß ihr allerpersönlichstes Schicksal sich als Chiffre einer Zeit ausweist: als eine Marke und ein Mahnmal, das Wege und Abwege, nicht zuletzt Gefahren ansagt. Buchstäblich über Nacht, über eine Nacht — auch das ist so charakteristisch für unsere Zeit, in der plötzlich hier und dort, unerwartet etwas ,.geschieht“ — sind die Person und das Werk des Carl F. W. Borgward ins Scheinwerferlicht geraten. Wenige Nächte später wurde, an einem grauen Februarmorgen, bekannt, daß das Land Bremen als
Am 26. Jänner wurde Michael l f ll e g l e r siebzig Jahre alt. Sein leben ist tragisch und groß mit der österreichischen Tragödie 1918 bis 1938 verbunden. Sein Wirken als htgendführer, Seelsorger, Prediger, fheologe und geistlicher Schrift- ;teller gehört der christlichen Welt in. Seine dreißig Bücher, in einer oesamtauflage von mehr als einer kalben Million Bände verbreitet, laben im ganzen deutschen Raum md durch Übersetzungen ins Französische. Englische, Ungarische, Kroatische, Spanische und Portugiesische viele Menschen in Glaubens- und Gewissensnot erreicht. Fünfzig
Als sich nach Kriegsende, 1945, in jener unvergeßlichen Frühlingszeit, in der einige aus dem Krieg heimgekehrte junge Menschen und etliche Ältere wähnten, nun breche aßch in Österreich eine neue Zeit an, junge, lern- und wißbegierige Menschen an die Universität drängten, kam ihnen ein Mann entgegen. Ein Mann, der an Jahren nicht mehr der jüngste war, innerlich aber ein Feuerkopf, ein Feuergeist, der in den langen Jahren, in denen ihm das Regime in sein Domizil auf dem Stephansplatz verbannt und von jeder öffentlichen Wirkung ausgeschlossen, das Feuer gehütet hatte.Alois D e mp f,
Die Kirche hat im Laufe der Jahrtausende sehr verschiedene Typen von Kirchenfürsten ausgebildet: mönchische Asketen, Gelehrte, große Redner, bedeutende Theologen, kriegskundige Reichsbischöfe, Kanzlerbischöfe, hochpolitische Prälaten, Meister der Organisation, hervorragende Kanonisten, Männer des Konzils und der Diplomatie und wieder sehr schlichte Seelsorger und Seelenführer. Alle diese Typen, die da seit dem 2. Jahrhundert, den Forderungen und Versuchungen der Zeit entsprechend, geprägt wurden, sind heute noch präsent und unschwer zu erkennen, wenn man den hohen Klerus in West- und
Die deutsche Freiheit und der deutsche Katholizismus haben einen unersetzlichen Verlust erlitten. In den Morgenstunden des 8. Dezember ist in München Franz Josef Schöningh der tückischesten leiblichen Krankheit unserer Zivilisation erlegen. Eine breitere Öffentlichkeit hat ihn als Mitbegründer, Mitherausgeber der „Süddeutschen Zeitung“ und Leiter des „Süddeutschen Verlages“ gekannt. Den Gebildeten im Weltkatholizismus in allen Kontinenten ist sein Name als Herausgeber des „Hochland“ bekannt. Wenigen war die starke, einmalige Persönlichkeit dieses Mannes vertraut, der hinter
„Bete für mich. Ich werde einen sehr verantwortungsvollen Posten auszufüllen haben.“ Diese Bitte richtete sie in einem Telephongespräch an ihre Zwillingsschwester, die Gräfin Saltes: Dona Fabiola de Mora y Aragon y Carrillo de Albornoz, kurz Fabiola genannt. Die künftige Königin Belgiens weiß, daß sie keine leichten Aufgaben erwarten.Die dreißigjährige Frau aus der stillen Zurbanostraße in Madrid ist keine Protagonistin jenes europäischen Adels der „dolce vita“, jenes luxuriös-libidinösen Lebens von Playboys mit blauem Blut und den dazugehörigen Damen, das durch Film,
In Sahburg konnte man ihn in den letzten Jahren mehrfach sehen, diesen jetzt siebzigjährigen Jüngling und Feuerkopf, der mit Osterreich nicht zuletzt durch seine aktive Anteilnahme am Kampf der Jahre 1935 bis 1938 verbunden ist: Dietrich von Hilde-bra n'd.Geboren im selben Jahr wie der schreckliche Verführer, 1889, in Florenz, als Sohn des berühmten Bildhauers Adolf von Hildebrand, Sproß also der bekannten Münchner Patrizierfamilie, die Deutschland eine Reihe bedeutender Gelehrter und Persönlichkeiten geschenkt hat, wächst der junge Dietrich in Florenz und München in einer Welt auf,
Nach langem Leiden ist im Städtischen Krankenhaus in Bregenz im 85. Lebensjahr Dr. Otto Ender gestorben: ein aufrechter Christ, Demokrat, Österreicher. Mit ihm ist einer der letzten großen österreichischen Persönlichkeiten der Ersten Republik von der Bühne der Geschichte abgetreten. Sein Lebensweg ist, in Aufstieg, Erfolg und Tragik, eng verknüpft mit dem Schicksal Österreichs 1918 bis 1938.Otto Ender wurde in der Christnacht 1875 als Sohn eines Stickferggers in Altach in Vorarlberg geboren. Sein Großvater, Mitglied des Vorarlberger Landtages, führt den Enkel in die Politik ein. Otto
Der neue Generalsekretär der Volkspartei, Dr. Hermann Withalm, rückt immer stärker ins Kreuzfeuer öffentlicher Auseinandersetzung. Als „Withalm-Plan“ stehen seine Bemühungen um die Schaffung von Volksaktien, nicht zuletzt um eine Umwandlung von 40 Prozent der Aktien der Böhler-Werke in Volksaktien, im Vordergrund des politischen Interesses. Au die Person dieses Mannes knüpfen sich heute Hoffnungen und Erwartungen. Politische Freunde erhoffen von ihm eine echte Reform der Volkspartei, Katholiken erwarten von ihm eine Stärkung des bekenntnismäßigen Einflusses, Nationale erhoffen
Die ordentliche Vollversammlung der Vereinigung Österreichischer Industrieller hat am 21. April 1960 ihren bisherigen Vizepräsidenten DDr. h. c. Franz ]ose{ Mayer-Cunthof zum Präsidenten gewählt. Präsident Lauda hatte zuvor seinen Entschluß bekanntgegeben, aus persönlichen Erwägungen nicht mehr für die Wiederwahl zu kandidieren.Der Führung der Industrie kommt in einem Lande, das sich zur Demokratie und zur freien Wirtschaft bekennt, naturgemäß ein bedeutendes politisches Gewicht zu. In einem kleinen Lande, das von allen Seiten von Gefahren und Versuchungen umgeben ist, hat die
Zu seinem achtzigsten Geburtstag am 12. April 1960 hat die Freie Universität Berlin Ludwig von F i ck er das Ehrendoktorat verliehen. Am selben Tag beging im unfreien Budapest Georg (von) Lukacs seinen fünfund-siebzigjährigen Geburtstag. Dort, in Budapest, der seit der ungarischen Tragödie zum Schweigen verurteilte bedeutendste marxistische Literaturkritiker Europas, hier, in Innsbruck, der Nestor einer freien und frommen, christlich inspirierten Hütung und Kritik des dichterischen Wortes. Kaum ein Weg scheint von diesem Innsbruck zu jenem Budapest zu führen: zerklüftetes Europa.
In eben diesen Tagen, eine Woche vor seinem siebzigsten Geburtstag, ist Dr. Adolf Schärf reich geehrt von seinem Staatsbesuch in Schweden und Finnland nach Wien zurückgekehrt. Dieser Mann, geboren genau ein Jahr nach dem schrecklichen Vereinfacher, am 20. April 1890, hat es zeitlebens sich, seinen Freunden und Gegnern nicht leicht gemacht. Die aufrichtige Achtung, die ihm heute auch von politischen Gegnern gezollt wird, mit denen er Jahrzehnte im Gefecht stand, ist nicht zuletzt das Resultat eines zähen, schweren Ringens im Prozeß der Selbsterziehung und Selbstüberwindung mit einer
In einer bescheidenen Zelle in der Jesuitenhochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main arbeitet Oswald von N e 1l-Breuning, der am 8. März 1960 siebzig Jahre alt wurde. Der Weltkatholizismus und die Bundesrepublik Deutschland verdanken diesem Manne mehr, als beide oft wissen wollen. Oswald Nell-Breuning ist der Mann in der jungen Kirche der Neuzeit, der mutig den entscheidenden Schritt von einer idealistischen christlichen Gesellschaftsphilosophie zur harten Wirklichkeit des Kampfes im gesellschaftlichen Raum tat. Gewiß, er hat Vorläufer und Weggenossen, die mit ihm die Vorarbeiten für
Einhundertundfünfzig Jahre sind es an diesem 2. März 1960, seit in Carpineto 1810 der Sohn eines kleinen Landadeligen geboren wurde: Vincenzo Gioacchino P e c c i. In dem zarten, eher schwachen Körper dieses „kleineu Mannes“ wohnte ein kühner und hoch-fliegender Geist. Dem jungen, jugendlichen Manne winkt bereits das hohe, das höchste Ziel: die Tiara. Die Gnade, die Gnade Gottes und der Geschichte will es anders; der erfolgreiche Bischof von Perugia, Legat und Nuntius, durch Gregor XVI. zum Kardina! in petto ernannt, wird „auf das Eis gelegt“. Die Papstwahl geht an ihm
ln Basel, am Münsterplatz, neben dem ehrwürdigen Münster Kaiser Heinrichs IL, in dem Erasmus von Rotterdam bestattet ist, in demselben Hause, in dem Carl ]. Burckhardt geboren wurde, hat Hans Urs von Balthasar sein Domizil gefunden. Die westliche Welt, vorab Frankreich, Spanien und der angelsächsische Raum kennt ihn als einen der bedeutendsten lebenden Theologen unserer Zeit, Im Raum deutscher Sprache sind den Kennern europäischer Spiritualität einige Dutzend seiner Schriften bekannt, kennt ihn ein weiteres Publikum durch seine Uebertragungen Clau- dels, der großen Spanier, und die
Ei Jupiter in Salzburg: so ist dieses Löwenhaupt manchem Besucher erschienen, der Gustav A. C anav al gegenübertrat. Nicht jedermann wußte, daß die Barockbaumeister Hans und Christoph Canaval zu den Vorfahren dieses Mannes aus der österreichischen Lombardei gehörten, der im kaiserlichen, im Sttfterischen Linz am 5. August 1898 geboren wurde. Jetzt, nach seinem Heimgang in Salzburg am 26. November 1959, haben Bundeskanzler Raab und führende Männer det Politik und der Journalistik ehrend des treuen Oesterreichers, des gläubigen Katholiken, des wirklich unabhängigen Journalisten
Dem Schweizer Carl J. Burckhardt wurde Oesterreichs Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft überreicht. Mit dieser Ehrung haben wir uns selbst geehrt. Es gibt heute kaum einen lebenden Autor und Publizisten außerhalb Oesterreichs, der in vollendeter klassischer Sprache soviel dazu beigetragen hat, bedeutende Oesterreicher der gebildeten Welt vorzustellen, wie eben Car J. Burckhardt. Wer ihn, ohne ihn persönlich zu kennen, an einem dieser klaren Herbsttage über den Ring gehen sah, mochte ihr, für einen Aristokraten aus dem alten Oesterreich halten. Der Sproß des alten Basler
Wenn in diesen Tagen, nachdem der Wiener ErzbiscUof Dr. König das Kardinals-birett erhalten hat, der Vorsitz der österreichischen Bischofskonferenz wieder an den Wiener Oberhirten fällt, dann ist es angezeigt, des Mannes zu gedenken, der nach dem Tode Kardinal lnnitzers bis jetzt Vorsitzender der österreichischen Bischofskonferenz war: Dr. theol. Dr. phil. Andreas Rohrache r, Erzbischof von Salzburg. — Mit Kardinal lnnitzer und manchen bedeutenden Oesterreichern und Kirchenfürsten unseres Landes hat Erzbischof Rohracher eines gemeinsam: viel verkannt worden zu sein für ein Leben, das
Soeben hat in Wien, vielbeachtet, das Schottenstift seinen achthundertjährigen Geburtstag gefeiert. Da jährte sich nun in eben diesen Tagen der achthundertjährige Todestag eines Mannes, der ah der größte Geschichtsdenker des Mittelalters bekannt geworden ist: Otto von F r e i s i n g (1111/15 bis 1158). Der junge Otto wuchs vor den Toren Wiens auf, als Sohn des Markgrafen Leopold des Heiligen. Durch seine Mutter Agnes, die in erster Ehe mit Friedrich I. von Schwaben vermählt war, ist er ein Enkel Kaiser Heinrichs IV., ein Halbbruder König Konrads III. und ein Onkel Friedrich
Boris Pasternak hat auf den ihm für sein Buch „Dr. Schiwago“ verliehenen Nobelpreis für Literatur 1958 verzichtet. Verzichtet als Staatsbürger der Sowjetunion, nachdem er ihn in der ersten privaten Reaktion „froh, bestürzt, stolz und beschämt“ angenommen hatte. Der Fall Pasternak zeigt, wie schizophren die Existenz des Geistig-Schaffenden in totalitären Staaten zwangsläufig verläuft. Pasternaks Verzicht wurde durch zwei Phänomene, die eng miteinander zusammenhängen, ausgelöst: in der außersowjetischen, westlichen Welt wurde die Verleihung des Nobelpreises an ihn begrüßt
Am 11. Oktober 1958 starb in Ost-Berlin Johannes R. Becher, Minister für Kultur der Deutschen Demokratischen Republik, im Regierungskrankenhaus nach längerer schwerer Krankheit. Sein Leben war ein einziges Kranksein, von dem er nie gesundete, ein einziger Schrei, der immer heiserer, immer verkrampfter wurde. Der letzte Dichter des deutschen Expressionismus starb als Funktionär einer Parteimaschine, die erbarmungslos andere Menschen zermalmte und ihm ein Plansoll an Poeterei abnötigte, das Schauder erregt. Der Verfasser der Nationalhymne der Deutschen Demokratischen Republik, der
Mitten im Wahlkampf, der soeben der CDU einen neuen großen Erfolg brachte, starb am 29. Juni 195 in Düsseldorf Karl Arnoltl. Deutschland und die freie Welt haben durch diesen plötzlichen Todesfall einen schweren Verlust erlitten. Karl Arnolds Herz wurde nicht zuletzt gebrochen durch die schweren Auseinandersetzungen und Widerstände, die ihm in der Partei entgegentraten, die er 1945 mitbegründet hatte: der CDU. — Arnold wurde am 21. März 1901 in Herrlishöfen bei Biberach in Württemberg geboren. Dem jungen Lederarbeiter ermöglicht der spätere Reichsfinanzminister Matthias Erzberger,
Georges Bernanos (1888 bis 1948) starb vor zehn Jahren, erschöpft und zerarbeitet, am 5. Juli 1948 an Lungenkrebs. Charles Peguy, der erste große Erwecker des französischen Katholizismus, Sohn einer Korbflechterin aus Orleans, wäre vielleicht verhungert, wenn er nicht in der Marne-Schlacht gefallen wäre. Bernanos, Sohn eines Tapezierers, der zweite große Rufer zur Wachheit in der Christenheit, ist ver-' hungert: an Mangel an Sauerstoff. An Sauerstoff für die Seele. Bernanos spürte tödlich schmerzhaft, wie der Welt, in der er leben mußte, der Sauerstoff ausging: die Luft der Freiheit.
Als ReinUold Schneidet 1956 in Gegenwart von Bundespräsident Heuss den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche erhielt, nannte man ihn „Das GewissenDeutschlands“.Der 1903 gekorene deutsche Dichter, Essayist und Publizist, Träger des Pour le Mirite (Friedensklasse) hat seinem Volk und der europäischen Christenheit in einzigartiger Weise angezeigt, was es heißt, geistigen Mut zu haben und rein zu denken.Schneiders Definition des christlichen Dichters darf auf ihn selbst bezogen werden: „Der christliche Dichter ist einfach Zeuge, nicht aus Absicht, sondern
Einer der interessantesten Denker des heutigen Deutschland, Prof. Dr. Arnold Gehlen, Speyer, sprach auf Einladung des österreichischen College und des Instituts für Gegenwartskunde im Kammermusiksaal des Musikvereins über das Thema „Was ist der Mensch?“. Gehlen ist über Europa hinaus bekannt und diskutiert worden durch sein mehrfach aufgelegtes und überarbeitetes Werk „Der Mensch“, das als einer der wichtigsten Beiträge zu einer neuen philosophischen Anthropologie angesehen werden miiß. Gehlen ist ein Denker, der sich selbstkritisch entwickelt — wir gestehen offen unsere
Beethoven. Von Karl K o b a 1 d. Amalthea-Verlag. Zürich, Leipzig, Wien. 381 Seiten.Das überaus erfolgreiche Werk über Beethovens Beziehungen zu Wiens Kunst und Kultur, Gesellschaft und Landschaft gehört zu den Standardwerken der österreichischen Musikschriftstellerei. Die neue Auflage (33. bis 40. Tausend) ist umgearbeitet, konzentrierter und mit noch reicherem Ri’ldschmuck versehen (381 Seiten Text gegenüber 426 in der vorausgegangenen Edition, 100 Textillustra- tionen, Bildtafeln und 35 Vignetten gegen 52 Bilder früher).Verschwörer. Roman. Von Friedrich B r u e- g e 1.
Im Kunstverlag Wolfrum in Wien, auf einen leider sehr engen Platz gedrängt, hat die erste amerikanische Buchausstellung in Österreich ein Domizil gefunden. Als letzte, nach der französischen, nach der englischen im Vorjahr. Vergleiche wären interessant: offensichtlich fehlt hter die Elegance, das Raffinement, die spirituelle Tiefe des Französischen, die vornehm zurückhaltende Kultiviertheit des Englischen, leider fehlen auch hochbeachtliche Veröffentlichungen aus Amerika selbst (die Gründe der Auswahl dieser 1600 Titel sind nicht ganz einsichtig), was hier aber in bunter Breite und
Das neue Jahr ist, im Theater, mit einem Nachruf zu beginnen. Das .Studio der Hochschulen“ in der Kolingasse ist nicht mehr. Fünf Jahre Kampf sind zu Ende. In dieser Zeit hat diese kleine Bühne Wien eine Fülle von Erst- und Uraufführungen beschert, von jungen Österreichern und alten weltberühmten Dichtern. Oft war es so: während die übrigen Bühnen Wiens sanft plätschernd die Gewässer des Seichten, Trivialen berühren, wurde hier Theater gewagt; als Dichtung, als Herausforderung, als Bekenntnis. Unser Wiener Studio hatte sich in diesen fünf Jahren den ersten Rang unter den
Ein mitreißendes Stück in der I n s e 1. Unter Patronanz der österreichisch-amerikanischen Gesellschaft werden „Die kleinen Füchse“ (von Lilian Hellmann, ins Deutsche übertragen von Walter Firner, der auch ausgezeichnet Regie führt) der Wiener Öffentlichkeit präsentiert. Die Saga vom Aufstieg einer Familie in den Südstaaten, die in den Wirbel der industriellen Entwicklung, der hochkapitalistischen Ära im späten 19. Jahrhundert, hineingerissen wird. Wie ein Orkan überfällt die Geld- und Machtgier diese Menschen, entzündet lange gehäuften Brennstoff zu heller Glut. Aus
Wohlbekannt ist die Geschichte vom Fall Konstantinopels 1453. Die tausendjährige Feste des oströmischen Reiches wird von den Türken belagert. Schon schlägt der Feind Breschen, schickt sich an, in die heißumworbene Stadt einzubrechen — mitnichten aber lassen die Parteien in der aufs äußerste bedrohten Weltstadt von ihren inneren Zwisten. Bis zur letzten Minute streiten politische Cliquen um ihre Sonderinteressen, kämpfen Mönche und Synoden um die Geschlechtsbestimmung der Engel, während die Kriegsmacht des Halbmonds vor den Toren steht.In Österreich streitet man in der
Goethes „Egmont” im Burgtheater. Eine Aufführung, die Kraft und Schwäche unserer ersten Staatsbühne anzeigt. Dieser von Emst Lothar inszenierte Burg- „Egmont” ist primär, ja einzig und allein Schauspiel um ein geniales Individuum, um den jungen Goethe, der in der Maske des historisch zwielichtigen frondierenden Adelsherrn Egmond, Graf von Lamoral, Fürst von Gavre sehr persönliche Erfahrungen in Liebeslust und -leid und sehr persönliche Ansichten über Staat und politische Ordnung zu Bild und Wort formt. Der junge Goethe, im Übergang vom Sturm und Drang in den Dienst an den
Das Theater der Courage am Luegerplatz macht seinem Namen alle Ehre. Es hat das Wagnis unternommen, auf seiner kleinen Bühne das meistdiskutierte Problemstück des jungen Deutschlands zur österreichischen Uraufführung zu bringen. Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tü r”. Drama, Tragödie einer jungen Generation. „Lost generation”, verlorene Generation, nannte man sie nach dem ersten Weltkrieg in England. Wie dieselbe nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland aussieht, zeigt Leben und W’ferk des Dichters. Hohes Symbol ihrer Einheit: Wolfgang Borchert stirbt,
Die J osefstadt hat sich ihre letzte Novität durch einen ihrer Schauspieler schreiben lassen und fährt damit kassenmäßig gewiß nicht schlecht. Hans Holt baut mit sicherer Hand sein Lustspiel „Es wird einmal”. — Der Grundeinfall: ein Gutsherr hat testamentarisch seine Angestellten als Wähler des Erben seines Gesamtbesitzes eingesetzt. Bedingung ist nur, daß dieser Erbe aus der Mitte seiner Verwandten genommen werden muß. Holt expliziert diese Komödie als heiteren Schwank um die erb- schleichende vornehme Gesellschaft, die im Buhlen um die Gunst der Dienerschaft mehr oder minder
Dem Chronisten obliegt es, die Premieren einiger problematischer Stücke anzuzeigen. Beginnen wir mit dem saubersten und harmlosesten. Für das Renaissance-Theater hat das altroutinierte Theaterehepaar Walter und Irma Firner ein Stück zurecht gezimmert. „D ie Gesandtschaft von A s t o r i a” ruht stofflich auf einem historischen Vorfall, der auch in der Literatur bereits mehrfach erwähnt, beziehungsweise ausgebeutet wurde. Zwei Abenteurer (hier sind es amerikanische Studenten) etablieren die Gesandtschaft des nur in ihrer Phantasie existierenden Staates Astoria. Um diesen imaginären
Ein gutes Lustspiel aufzutreiben, gehört zu den schwierigsten Dingen, die es für eine geplagte Theaterdirektion heute gibt. Die Kammerspiele können ein Lied davon singen — von vielen vergeblichen Mühen und Anstrengungen … Nun aber scheint es ihnen doch gelungen zu sein, den buntschillernden Vogel, eben das moderne Lustspiel, zu erjagen. „D r e a m Gir 1”, die jenseits des Ozeans viel gespielte Komödie von Eimer Rice, ist in der Übersetzung von Herbert Mühlbauer — „Ein Mädchen träumt” . — jener Erfolg geworden, der gesucht wurde.Georgina Allerton ist ein kluges
Zur Ehre, zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens des Moskauer K ü n s t l’e r t h e a t e r s, das unter Stanislawski Weltruhm erwarb, bringt die Burg im Akademietheater „Anna Karenina’ in einer neuen russischen „dramatischen Komposition“ von N. D. Wolkow die 1937 ihre Uraufführung erlebte heraus.Ein sehr schwieriges Unterfangen, das dank der wirklich beachtenswerten Regieführung Rotts und der einfallsreichen Bühnenbilder Judtmanns den Versuch, Film und Bühne zu vereinen, als fast erfolgreich erscheinen läßt. — Hier rollt nämlich in 26 Bildern, die teilweise auf einige
Die Josefstadt spielt Shakespeare! Sie hat sich das „W inter- märchen“ gewählt, ein Werk der letzten Reife des großen Dramatikers, eines versöhnenden milden Herbstes, dessen sternklarer Himmel überwölbt wird von einer hohen Trauer. — Diese Trauer hängt in den Sternen, im heidnischen „Schicksal“, das in der Raserei des Königs Leontes die Menschen tödlich überfällt. Sie verfängt sich aber nicht in den kalten Sternen, die unerbittlich, unbarmherzig über den großen Tragödien Shakespeares stehen, sondern löst diese auf: als Sternschnuppen der Freude, eines tränenschweren,
Nach zwanzig Jahren bringt das Burgtheater wieder einen Paul Claudel, sein auch im Raum der deutschen Sprache oft auf die Bühne gestelltes Mysterienspiel „Verkündigung“ L’annonce faite ä Marie. Die lange Zeit der Enthaltsamkeit, der Entwöhnung von Claudel, war, wie konnte es anders sein, keine schöpferische Pause. Der gesamte Apparat, der menschliche und technische Fundus der Burg erweist sich als außerstande, Claudel zu folgen, ihm Nachfolge zu leisten. Denn darauf käme es hier vorerst an. Claudel, der ruhmbedeckte Führer der neukatholischen Dichtung in Frankreich, ist ein
Die Wiener Theatersaison läuft nun langsam an. Das Ereignis der Woche ist die Neuinszenierung von Schillers „Kabale und Liebe“ in der Insel. Eine Aufführung, die nicht nur von Schulkindern und den rührigen Anhängern des „Theaters der Jugend“ besucht werden sollte …Die ungeschwächte Wirkkraft dieses „bürgerlichen Trauerspiels“ ruht darauf, daß es, merkwürdig facettiert, schillernd, der Schnittpunkt mehrerer Ebenen ist. Da ist einmal der Großraum des Historischen. Was in unzähligen papierenen Petitionen, in schwachen stammelnden Protesten, in nichtvollzogenen Revolutionen
Das Volkstheater eröffnet seine Spielzeit 1948 49 mit Shakespeares „Was, Ihr w o 111“. Es ist bekanntlich ein eigen Ding um Shakespeares Lustspiele — und um ihre Wiedergabe auf der Bühne im Wandel der Zeitläufte. Zu letzterem vermittelte die Wiener Shakespeare-Ausstellung der Nationalbibliothek im vergangenen Jahr kostbare Einblicke: pompöse und ekstatische, prunkvolle und präziöse, eigenwillig phantastische Inszenierungen sah die Bühne Europas von London bis St. Petersburg in der vergangenen Jahrzehnten. Ein Höhepunkt theatralischer Phantasmagoric: Max Reinhardts Auflösung ,
Vor dem Sommer brachten die Kammerspiele Sartres „Fliegen“ auf die Bühne: Grausamkeit und Qual im Herzen und Hirn des modernen Menschen, projiziert in die Staffage des Antikischen. Götter, längst vergessene Götter werden aufgeboten, um zu zeigen, wie ein Mensch sich im Netz der Schuld verfängt — und zerbricht. — Nun, nach dem Sommer, bringen die Kammerspiele „H err Lamberthie r", ein Pariser Boulevardstück aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg von Louis Verneuil. Verneuil und Sartre — ein lehrreicher Vergleich! Was Sartre unter beträchtlichem Aufwand (Philosophie,
Zwischen sehr, sehr leichten Dingen, die den Wiener Theatersommer in den Herbst hinüberführen, steht ein seltsame Geschöpf, die jüngste Kreation der Josefstadt, „Das Lied der Taube“ („The voice of the turtle“) von John van Druten. Dieser Amerikaner hatte bereits in dem gegenwärtig im Akademietheater laufenden Erfolgsstück, „So war Mama“, die beachtenswerte Fähigkeit erwiesen, ein Stück ohne Handlung, behängt mit dem Flickwerk banaler Gesten und Redensarten, scheinbar gänzlich unbekümmert um das ängstlich wartende Publikum, nur zum Ergötzen der Spieler und des
Die Hitze der Vorsommermonate mag im Verein mit der vielbesprochenen Theaterkrise die Wiener Bühnen dazu bestimmt haben, weithin ihre Zuflucht beim leichten und leichtesten Lustspiel zu suchen. Das Ergebnis bestätigt eine alte Erfahrung: nichts ist oft so schwer zu finden und zu spielen als ein „leichtes” Lustspiel! Wie schwer, wie einfältig- plump schleppen sich da doch so viele gute alte Komödien über die staubigen Bretter — ihr verschminktes Kalkgesicht wird zudem tödlich bedroht und in Frage gestellt durch die beschwingte Leichtigkeit, durch die ganz andere Agilität und
Es gehört zu den großen Lebensgeheimnissen der Geschichte des Abendlandes, daß immer wieder in Zeiten der Wende, der innersten Gefährdung durch Einbrüche der Barbarei, neu die reine Stimme des Menschlichen aufklingt: in der Gestalt eines neuen Humanismus. — So geschah es bereits in der Abenddämmerung der antiken Welt, als der selbst bereits aus „barbarischem” Blut stammende Hieronymus jene süßen Briefe der Freundschaft an Paula und Eustochium schrieb, jene Briefe, die seither das Entzücken aller Freunde einer formschönen Kultur der Seele und des Geschmacks bilden … Dies
Einer Einladung der philosophischen Fakultät Folge leistend, hielt Dr. Roland N i t s c h e aus Zürich zwei Gastvorlesungen an der Wiener Universität über „G e- schichtlichkeit und Wirklichkeit” und „Der Wandel der Geschichtsauffassung von Hegel bis Droyse n”. Dr. Nitsche, gebürtiger Österreicher, seit 1938 in freiwilliger Emigration in der Schweiz lebend, leitet seit 1945 den historischen Arbeitskreis des österreichischen Kollegs in Alpbah.Es ist ein großes, wirklich zeitgemäßes Anliegen, das diesen Geisteswissenschaftler bewegt: die echte verantwortungsbewußte Begegnung
Nach dem kurzlebigen Versuch mit Habecks Problemstück „Zwei und zwei sind vier", versucht die R e n a į s s ance- bühne den vollen Übergang zur sommer- leichten Spielzeit mit Sacha Guitrys „D e s i r &“ zu finden. Wir haben uns sagen lassen, daß diese Piece mit Guitry als Autor, Regisseur, Hauptdarsteller und Ensemblechef in Paris jenen Erfolg erzielte, der in der einmaligen Atmosphäre des Guitry- Theaters gedeiht, wie die berühmten Champignons in Paris in der feuchtdunklen Schwüle ihrer Weinkeller.Nichts von alldem ist uns geblieben: ein erstaunlich langweiliges, langatmiges
Wien hat nun im Akademietheater die österreichische Erstaufführung eines Stückes erlebt, das in Paris, als es in den Kriegsjahren herauskam, größtes Aufsehen erregte. „D ie Irre von Chaillot“ von Jean Giraudoux will aus der verzweifelten Situation einer Generation von Denkern und Schöngeistern verständen wer den, die sich durch die brutale Übermacht der äußeren Verhältnisse dermaßen in die Enge gedrängt sahen, daß ihnen nur mehr folgende Auswege offenstanden: Die Flucht in einen letzten überspitzten Ästhetizismus, in Wahnsinn und Selbstmords die Flucht in den
Das „Theater der Jugen d“, bekannt durch seine rührigen Anstrengungen Jugend und Theater, Jugend und Kunst einander nahe zu bringen, besitzt eine eigene Spielgruppe der Abteilung „Jugend spricht zur Jugend". Nun hat sich diese als eine „Bühne j u n g t r Menschen“ konstituiert und sich den bescheidenen Titel „D 3S Experiment“ gewählt; sie will kein Laientheater und keine Dilettantenbühne sein, möchte vielmehr der Selbsterziehung und unmittelbaren Begegnung junger Menschen mit dem Kunstwerk dienen. In einer Sondervorführung in der Insel spielten diese jungen Leute Hugo von
Das Studio der Hochschulen brachte vor Antritt seiner Gastspielreise nach Holland und in die Schweiz Goethes Urfaust neu heraus. Junge Menschen spielen den „Faust“ — sie haben sich mit Recht die Jugendfassung des großen, alle Alters- und Lebensstufen umfassenden Werkes gewählt). „Faust“ ohne Metaphysik, ohne kosmische Gloriole — als Lebenstragödie. So entstand ein „Faust", der dem Sturm und Drang und der eigenen Studentenzeit Goethes nahesteht: am besten ge lungen die Eingangsszenen in der Studierstube, das Treiben in Auerbachs Keller und dann die Gretchen-Tragödie. Hildegard
Unsere Zeit hat das Lachen verlernt. Die Lachsalven, die Lachhysterien, die bei KdF- Veranstaltungen ausbrachen und bei ihren legitimen Erben, den Massenbelustigungen, die geriebene Geschäftsleute der Vergnügungsindustrie allenthalben wieder veranstalten, weiterhin ausbrechen, beweisen eher das Gegenteil.Die großen Diktatoren und die kleinen Menschenschinder unserer Tage sind humorlos. Humorlos die tragizistischen Philosophen, humorlos die Lyriker der Dekadenz, welche sich eitel mit ihren Tränen behängen und diese in ihren Gedichten zur Schau tragen; falsche DiamantenEin schlechte Zeit
Als Osterpremiere brachten die Stephansspieler „M onsignores große Stund e“, einen Einakter Emmet Laverys, mit dessen „Erster Legion“ diese Bühne vor die Wiener öffentlidikeit trat.Ein erregendes Stück, zumal wenn man bedenkt, daß es bereits vor dem letzten Krieg geschrieben wurde und daß der Verfasser selbst Priester ist...Kriegsschatten überlagern die Welt. Alle „Vernünftigen“, Klugen sind der' Ansicht, daß der kommende Krieg nicht zu vermeiden ist. Und da steht nun, in den Stanzen des Vatikans, ein kleiner amerikanischer Dorfpfarrer, der anderer Meinung ist. Anderer
In einer Benefizvorstellung zugunsten des Wiederaufbaus des Burgtheaters bringt im Akademietheater und in der Urania Rosalia Chladek mit ihrem Ensemble ein neues Tanzschauspiel, „Eine kleine Passion“, heraus.Dieses Werk verdient nicht nur ,vom Gesichtspunkt des Tanzes, sondern auch des Theaters hohes Interesse: seine Inten tionen zielen sowohl in Richtung des Stre- bens um eine neue Tanz- wie auch Gesamtbühnenkunst.Tanz als ein mehr oder minder harmloses Getänzel um eine Melodie, als ein sehr handgreiflicher symbolischer Vorwurf, als Ballett- und Gruppenkunst, als Folklore und
Drei leere Stunden im halbleeren verkühlten Haus der Ronacher-Burg: die Premiere von Hasencleve'rs „M ünch- hause n“. Vergebens suchen die wenigen Besucher auf der Bühne etwas Brennstoff für Geist und Seele zu eräugen, vergebens müht sich ein wackeres Ensemble dem langweiligen und allzu lang weilenden Papier des Manuskripts Leben einzuhauchen. Groß und sehr gekonnt überwuchten Judt- manns Bühnenbilder — ein Alptraum des Barocks — das müde, kleine sentimen- talische Stück. Uns fröstelt: dies also ist das Ende Walter Hasenclevers, der so mutig in den Sturmtagen des ersten
Simonows Schauspiel „D i e russische Frage“ hat also nun auch, in der Skala, seine Wiener Premiere erlebt. Ein Ensemble, zusammengestellt aus Schauspielern nahezu aller Wiener Bühnen, ver- hilft unter der Regie Günther Haenels durch flotte und eindnicksstarke Darstellung dem Stück zu einem unleugbaren Erfolg.Die Windmühlenflüge! der Kritik laufen auf hohen Touren. Sehr verschieden das Brot, das in ihren Mül'erstuben gebacken und dem wissenshungrigen Leser verabreicht wird, je nachdem, ob Ost- oder Westwind in der schwülen Hitze der Redaktionsstuben weht. Westler rufen erregt: Ein
Verschiedene Zeitläufte und Epochen kennen nicht nur verschiedene Versuche des kulturellen Lebens und die dazugehörenden Versuchungen, auch die Berufe und Berufungen wechseln im “Wandel der Zeit. Zu letzteren gehört im Raum der europäischen Gesellschaftskultur ein merkwürdiges Phänomen, das in seinen weitverzweigten inneren Bezügen noch zu wenig beachtet worden ist: derAufstiegundUnter- gang der V o rt r ag s kn n s t. — Das Zeitalter Goethes und Byrons liebte die Kunst der Rezitation, des gepflegten Vortrags in seinen großen und kleinen „Gesellschaften" bekanntlich über alle
zum Märchenraum erweitert: Im sanften Taubenblau altchinesischer Tuschen erlebt „Der Kreidekreis“ Klabunds sein Wiedersehen mit den Wienern von 1948.Eine Aufführung, die, von kleinen Unebenheiten abgesehen, schauspielerisch auf hohem Niveau steht: Redliches Bemühen um ein Stück, das vor einem Vierteljahrhundert das Publikum des deutschen Spradi- raums begeisterte.Das Publikum kam; die Älteren aus Zuneigung zu jenem zarten, sensiblen lungenkranken Alfred Henschke, der achtund- dreißigjährig nach längerem Aufenthalt ln Wien 1928 in Davos starb; sie hatten ihn geliebt ob seiner
In den Kammerspielen gibt es „Die vollkommene Ehe“ von S. Raphaelson, verdeutscht von A1- fred Polgar, zu sehen. Zu sehen, denn zu sehen gibt es hier weit mehr als zu hören: es sind die wechselnden Toiletten der Frau Susanne von Almassy. Da aber dieses Schauspiel auch ein Hör-spiel sein will, lassen sich Komplikationen nicht vermeiden: der Zuschauer ist also genötigt, das Geplätscher der Dialoge, das Geräusch der Schallplatten, das Plappern eines Bühnenkindes mit Fassung über sich ergehen zu lassen; dieweil ihn nichts, aber schon gar nichts an diesen Gesprächen zu interessieren
Während die großen und kleinen, alten und jungen Bühnen Wiens bewährte Reprisen und konventionelle Novitäten mit Sicherheit, Routine und zuvorkommender Gedankenlosigkeit dem anspruchslosen Publikum zelebrieren, begibt sich im kleinen Raum in der Kolingasse ein Ereignis. Das Grazer Studio der Hochschulen spielt J. P. Sartre: „Bei geschlossenen Türe n.“ (Huis Clos.) Als in den Düsternissen des ersten Weltkrieges, 1916, durch des Spaniers Unamuno Bemühungen um den Dänen Kierkegaard das Wort „Existentialismus“ Eingang in den französischen Sprachschatz fand, ahnten die Pariser,
Das Volkstheater hat sich die achtbare Aufgabe gesteht, klassische Stücke der Vergangenheit mit einer besonderen gesell- schaftkritischen Note ins Rampenlicht der Gegenwart zu stellen, und hat dem’ Publikum dergestalt bereits zu überraschenden Neuentdeckungen verholfen. So kam da ein N c s t r o y zum Vorschein, der weit über Individual-, Zeit, und Situationskomik und -kritik hinaus sich als großartiger unbestechlicher Richter des ständischen Scheinkosmos seiner Epoche enthüllte — und nun folgt ein Ibsen, der, wie das Publikum aufs neue überrascht, feststellen muß, unserer Zeit