Bei der Unterzeichnung des Pariser Friedensvertrages hatte sich die ungarische Begierung im Jahre 1947 zur Entschädigung der Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung verpflichtet. Die ein Jahr später erfolgte kommunistische Machtübernahme verhinderte jedoch die Umsetzung des Vorhabens. Die von der aus den ersten freien Nachkriegswahlen hervorgegangenen christlich-nationalen Koalition 1993 begonnenen Verhandlungen mit den Interessenvertretungen des ungarischen Judentums sind vom sozial-liberalen Begierungsbündnis weitergeführt worden, eine Vereinbarung sieht'die Einrichtung einer
Den strittigen Punkt des nach jahrelangem Ringen erstellten ungarisch-rumänischen Grundlagenvertrages bildet die Handhabung der Empfehlung Nr. 1201 des Europarates über die Autonomie nationaler Minderheiten. Erst vor einem Jahr hat sich Bukarest bereit erklärt, das Dokument im Vertragstext zu verankern. Als Gegenleistung sollten aber Budapest und die Vertreter der 1,7 Millionen Menschen umfassenden ungarischen Minderheit ihre Forderung nach einer auf ethnischer Grundlage beruhenden Autonomie aufgeben. Nun hatte aber die von Gyula Horn angeführte Koalition aus Sozialisten und Liberalen den
Es soll bald wieder aufwärts gehen in Ungarn. Das Sparpaket von Finanzminister Lajos Bokros soll's möglich machen. Der Alltagsbürger kann darüber nur müde lächeln.
In seinem äußerst fahlen Bericht zur Lagie der Nation verhieß Ungarns sozi alistischer Regierungsche Gyula Horn dem Volk leis lieh doch den Aufschwung - allerdings um den Preis von viel Schweiß.
Ministerpräsident Gyula Horn zeigt Konsequenz. Nachdem' er gleich in seiner Regierungserklärung versichert hatte, er und seine Genossen würden sich für Fehler und Versäumnisse sofort entschuldigen, unterschrieb er die Empfehlung zur Ernennung neuer Medienintendanten noch während der Verhandlungen mit der Opposition über das Thema; er entschuldigte sich damit, er wäre über den Stand der Dinge offensichtlich mangelhaft informiert gewesen.Prompt wurde beim Fernsehen der Stab der Tagesschau mit der Begründung suspendiert, die Produktion sei fachlich gleich null. Alsdann beeilte sich die
Getreu ihrem Prinzip, künftig in jeder Hinsicht eine offene Politik zu betreiben, legten Ungarns Sozia-listen und Liberale in wochenlangen Geheimverhandlungen die Richtlinien ihres Koalitionsabkommens fest.
Die nun abtretende christlich-nationale Koalition in Ungarn hat sich bis zuletzt gegen den Vorwurf gewehrt, in der internationalen Jugoslawien-Politik einen Sonderkurs eingeschlagen zu haben.
Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, er darf also gehen. Übernommen hatte die nun abgewählte Christlich-nationale Koalition in Ungarn nicht nur eine Westverschuldung in der Höhe von 26 Milliarden Dollar, sondern auch Strukturen einer sagenhaften Korruption in Wirtschaft und Staatsverwaltung, mit deren Grals-hütem und Nutznießern sie ~ im Interesse der Regierbarkeit des Landes - einen Pakt geschlossen hatte. Ergebnis: Reichtum für die ohnehin Reichen und fortschreitende Verarmung für Mittellose.Das Ausland, das den Magyaren für ihre Stabilität und Musterdemokratie stets hohe
Eineinhalb Wochen vor den zweiten freien Nachkriegswahlen in Ungarn steht das Bündnis zwischen Sozialisten und dem liberalen Bund Freier Demokraten genauso fest wie die Allianz der christlich-nationalen Parteien.
Der Wahlkampf zu den ungarischen Parlamentswahlen am 8. Mai läuft eher lautlos. Das Dermkratenforum, nach wie vor die stärkste Partei in der christlich-nationalen Koalition, hütet sich davor, eine Bilanz zu ziehen. Immerhin gilt es, sachliche Auseinandersetzungen darüber zu vermeiden, daß die Partei seit dem tragischen Tode ihres Ministerpräsidenten Jozsef Antall im vergangenen Herbst vorwiegend mit Schadensbegrenzung beschäftigt ist. Das Antallsche Konzept, mit zäher Konsequenz die innenpolitische Stabilität zu wahren, hat einen viel zu hohen Preis verlangt; das weitere soziale
Die liberale, radikale und sozialistische Opposition bezeichnet die jüngsten Entlassungen beim ungarischen Rundfunk als eine politische Entscheidung. Mit der Kündigung von 129 Mitarbeitern durch die Regierung gehe es darum, zwei Monate vor den Parlamentswahlen auch diese Anstalt des öffentlichen Rechts zu usurpieren. Gefaßt auf Anschuldigungen dieser Art legt die vom geernten Gastronom und Gegner der Veröffentlichung der Stasi-Unterlagen Peter Boross angeführte Koalition Gelassenheit an den Tag.Die Politisierung der Angelegenheit scheint ihr offenbar das kleinere Übel zu sein, dessen
Selbst seine politischen Gegner bescheinigten dem ungarischen Premier Jozsef Antall stets staatsmännisches Format. Als erster frei gewählter Ministerpräsident der Nachkriegszeit hatte Antall eine schwere Erbschaft übernommen, die er stets allein zu tragen versuchte.Als sich wenige Monate nach dem Amtsantritt die ersten Zeichen der Krankheit zeigten, hätte er sich noch ins Privatleben zurückziehen können, doch er entschied sich für die andere Möglichkeit, ohne zu zögern. Messia-nisches Sendungsbewußtsein war ihm genauso fremd wie die Neigung zum Diktatorischen, doch er kannte die
Ob in Budapest im Jahre 1996 tatsächlich eine Expo stattfinden wird, steht in den Sternen.Sehr irdisch dagegen ist die Tatsache, daß sich an der Vorbereitung, für die es kaum schon Spuren zu entdecken gibt, wohl verdienen läßt - vor allem für manche „Berater”.Scharen solcher, bei Insidern nur V-Männchen genannten „Second-hand”-Individuen werden mit fragwürdigen Arbeitsverträgen beiStellen beschäftigt, die anscheinend dringend guten und kundigen Rat brauchen.Sicherlich kann niemand „auf Informationen verzichten”, die Frage ist lediglich - so ein Angestellter im Budapester
Kommenden Montag wird Staatssekretärin Etelka Barsi-Pataky aus Budapest über den Stand der Expo-Vorbereitungen berichten. Ungarn will „mit der Expo ins neue Europa”.
Einheit und Geschlossenheit versuchte Ungarns stärkste Oppositionspartei, der liberale Bund Freier Demokraten, am vergangenen Wochenende auf seinem Parteitag zu präsentieren. Vor dem Plenum ist das gelungen. Wie nicht anders zu erwarten, hat sich der sogenannte sozialliberale Flügel durchgesetzt.Der mit überwiegender Mehrheit zum Vorsitzenden gewählte Ivan Petö ließ gleich auch über eine Satzungsänderung abstimmen, die ihm erlaubt, zwei Jahre im Amt zu bleiben. Zeit genug, um mit dem gemäßigten Pragmatismus seines Vorgängers, Peter Tölgyessy, aufzuräumen und die Partei auf die im
Prekäre Situation in Ungarn: Die Budapester Regierung schickt alle bosnischen Flüchtlinge zurück, die nach Österreich wollen. Man will jeden Anschein vermeiden, sich an der serbischen „Zwangsdeportation" zu beteiligen.
Ungarns Medienkrieger sind des unseligen Streites über die Abberufung zweier Intendanten müde geworden. Regierungschef Jözsef Anfall, der die Untersuchung gegen sie beantragt hat, ist jedoch nicht aus jenem Holze, daß er Niederlagen erdulden könnte.
Streng wissenschaftlich und hart im Urteil versuchen fünf Autoren ein Ungarn der Gegenwart darzustellen, das, wenn es es gäbe, die größte Tragödie des Jahrhunderts für das 10,6 Millionen Volk bedeuten müßte.Der Leser wird von den einschlägigen Argumenten für die sagenhafte Unfähigkeit der christlich-nationalen Regierung fast schon überzeugt; das Bild von der Wirtschaft, mit Daten und Fakten gründlich belegt, stimmt jedoch mißtrauisch: Bei den geschilderten Zuständen dürfte es ja nicht einmal mehr mit der Strom- und Wasserversorgung funktionieren. Hinzu kommen auch noch Zitate,
Der Vatikan hat die Anerkennung Sloweniens und Kroatiens bekanntgegeben, Deutschland hat am Mittwoch, 15. Jänner, mit der Umwandlung der Konsulate in Zagreb und Laibach in Botschaften begonnen. Die EG wollte ebenfalls am Mittwoch über die Anerkennung entscheiden. Österreich hat am Dienstag -nach der De-facto-Anerkennung, wie es offiziell hieß - das unwürdige Schauspiel um die völkerrechtliche Anerkennung fortgesetzt.
Jözsef Antalls Forum Ungarischer Demokraten demonstrierte auf seinem jüngsten Landeskongreß, wie es auch nicht anders zu erwarten war, nach außen hin wieder Stärke, Einheit und Geschlossenheit. Der Preis dafür war allerdings die Schaffung des Postens für einen „Geschäftsführenden Vorsitzenden", der, sofern der Parteivorsitzende auch als Regierungschef dem Lande dienen muß, die Amtsgeschäfte der Partei wahrnimmt.
Irgendwo herrscht eine sachte Anarchie in der Welt, die György Konräd in seinem jüngsten Roman wieder einmal von der Perspektive des tiefen humanistischen Verstehen-Könnens erlebt. Inmitten des Zerfalles der moralisch-ethischen Normen am Rande eines geistigen Nihilismus, entfremdet voneinander und von den Welten - sei es Budapest oder New York - suchen seine Helden nach einer Erlösung, von der sie wohl alle ahnen, daß es sie nicht geben kann. Doch dabei begegnen sie stets einer Art Heimkehr, dem Gefühl, in Bildern, Worten, Düften oder gar in einer Handbewegung zu Hause zu sein, wenn
Johannes Paul II. wollte in den Seelen der Ungarn Frieden stiften oder zumindest zur Stärkung der dazu notwendigen Voraussetzungen beitragen. Gleich nach seiner Ankunft ließ er durchblicken wieweit er im Bilde war „Freiheit allein vermag die Probleme des Landes nicht zu lösen", meinte er und unterließ fortan jedes überschwengliche Lob, das hierzulande von jedem höheren katholischen Besucher erwartet wird. Immerhin leben hier weit über 35 Prozent Protestanten, die für „papstische" Sprüche genauso wenig übrig haben wie die Juden, die nach dem Abklingen des ruhmlosen
Über zwölf Stunden hat der christlich-nationale Regierungschef Jozsef Antall gebraucht, um die Übersetzung der Bush-Rede zu lernen, die er dann vor den TV-Kameras als die eigene Stellungnahme zum Sturz Gorbatschows getreu wiedergab. In einem Punkt präsentierte er allerdings eigenes Profil. Gott sei Lob, sei es nicht Gorbatschow, sondern Janajew gewesen, der das Dokument über die Auflösung des Warschauer-Paktes unterzeichnet hatte.In ihrer ungezügelten Amerika-Euphorie haben Ungarns führende Politiker bereits während der Baltikum-Krise vergessen, daß sie ohne Michail Gorbatschow, dem
Die Ahnen der Kerchensteiner kamen aus Österreich; unweit von Budapest, in der erzbischöflichen Stadt an der Donau ließen sie sich nieder und gründeten eine Apotheke. Sie waren stets gute Steuerzahler, geehrte Bürger und glühende ungarische Patrioten, wie sich das einst gehörte. Der jüngste Sprößling der Familie lebt aber schon in einer Welt, in der die der Arbeit und den Mitmenschen entgegengebrachte Ehre schon längst sinnlos geworden ist. Es ist das Ungarn am Ende der sechziger Jahre, ein Stück desintegrierter Erde inmitten des Ostblocks, eine trostlose, jeden Tag mit neuen
Die ungarische Buchwoche hat heuer eine merkwürdige Tendenz aufgewiesen: die zum Nicht-Schreiben nämlich. Wenige Romane werden von Unmengen jener Sammelbände verdrängt, in denen die meisten Autoren mitZweitveröffentlichungen glänzen. In den neueren Schriften wird die Konfrontation mit den moralischen Problemen der Diktatur geradezu krampfhaft gemieden. Die gar nicht ferne Vergangenheit sollte es anscheinend nicht geben.Auch die Poesie scheint sich eigenartig im Kreis zu bewegen: im Mittelpunkt steht das abstrakte Individuum, dessen seelisch-geistige Herkunft unbekannt bleibt. Es hat nur
Es gibt Schriftsteller, deren Werke in eine Fremdsprache übersetzt werden müssen, damit ihre Begabung einigermaßen in Erscheinung tritt. Der Ungar Miklos Meszöly gehört sicherlich nicht zu den Erzählern, die für einen Exklusivkreis von Kennern schreiben. Er achtet den Leser und will ihn sogar mit seinem Können überschütten. Doch dies wird ihm auch zum Verhängnis.Seine Figuren lösen sich in den verschwenderischen Überlängen auf, Handlungen brechen grundlos ab, Regungen und Gedankengänge gehen verloren und auf die zerfallenen Strukturen läßt sich der fade Schleier der
Ungarn will den Gefahren, die sich aus der Auflösung des Warschauer Paktes ergeben, begegnen. Seine Chancen sind jedoch nicht ermutigend.Obwohl gegenwärtig niemand genau zu beurteilen vermag, welche Mittel Moskau noch zur Beeinflussung des Willens der einstigen Bruderstaaten zur Verfügung stehen, scheint es den Polen in erster Linie darum zu gehen, dem mächtigen Nachbarn gegenüber Stärke zu demonstrieren. Die offizielle Parole Warschaus, möglichst weit auf Distanz zur UdSSR zu gehen, wäre zweifelsohne imposant, wenn sie nur nicht die Tatsache verdeckte, daß zwischen Polen und der
Aufregung hat der FURCHE-Beitrag über die Kooperation von kirchlicher Hierarchie und staatlichem Kirchenamt in Ungarn ausgelöst. Jetzt liegen dazu in Ungarn zwei Broschüren vor.
Der Vertragstext ist edel und erhaben und das sind auch die Ideen und Zielsetzungen, zu denen sich die Unterzeichner bekennen. Die Staatsoberhäupter und Regierungschefs Polens, Ungarns und der Tschecho-Slowakei hielten es allerdings für nötig, während und nach ihrem Gipfel in Budapest und Visegrad (Donauknie) mehrere Male ausdrücklich das zu betonen, was die neue Zusammenarbeit in der Region nicht bezweckt: Nämlich die Bildung eines Bündnisses und schon gar nicht die eines Blockes.Vergebens. Kaum war der Vertrag auf Schloß Visegräd unter Dach und Fach, ertönten die ersten
Angesichts der kritischen Lage , der ungarischen Wirtschaft ist die Frage wohl berechtigt, ob die im Frühjahr aus den freien Wahlen hervorgegangene "Koalition der Mitte" überhaupt imstande ist, die Krise zu überwinden.Da ist immer noch eine längst veraltete und ineffektive Produk-tionsstruktur, die selbst die Kom-munisten nur noch mit westlichen Anleihen am Leben erhalten konnten. Nun hat sich die von der Regierung so stolz verkündete Privati-sierung mittlerweile als eine kläg-liche Ersatzhandlung erwiesen; die heruntergekommenen staatseigenen Großbetriebe werden nach wie vor vom
Es scheint, als hätte niemand die Bitte des ungarischen Re- gierungschefs Jözsef Antall um hun- dert Tage Geduld im Mai dieses Jahres besonders ernst genommen. Auf jeden Fall will die Opposition, ob nun liberal, radikal oder soziali- stisch, der christlichen Koalition der Mitte keinen Katalog der uner- füllten Versprechungen präsentie- ren.Diese edle Geste ist freilich nichtnur der weisen Einsicht zu verdan- ken, daß es sich in Ungarn vor drei Monaten um keinen Regierungs-, sondern um einen Systemwechsel gehandelt hat; darüber hinaus steht schon längst fest, daß weder Regie- rung noch
B ei einer imSteigen begriffenen Westverschuldung in der Höhe von momentan mehr als 21 Milliarden Dollar bringt Ungarns erstes freigewähltes Nachkriegsparlament bemerkenswerte Leistungen zustande. Nach einer mehrwöchigen Redeschlacht ist es den Lan"' desvätern- endlich gelungen, die Verfassung dahingehend zu ändern,daß es darin von nun an heißt, Ungarn sei ein unaphängiger, demokratischer Rechtsstaat. Nun kann man aüfatmen.Die Parlamentarier rüsten indes zur nächsten ausgiebigen Schlacht über das neue Wappen beziehungsweise über die für jeden so brennende Frage, ob nun das
ährend sich Ungarns V »frisch gewählte Parla- mentarier in unendlichen Re- den über die Demokratie freu- en, finden im Flur des Hohen Hauses an der Donau Szenen statt, die als echte dramaturgi- sche Miniaturen genossen wer- den könnten, wenn siebloßnicht Unheilvolles verkündeten.einmal unter den Kommunisten auf diese Weise gehandhabt wurde, erbost ihn freilich. Er habe im KZ der Stalinisten auf Zeitungsfetzen die Aufzeich- nungen über seine Leiden ge- schrieben, „aber die Ausländer brauchen gleich Telex und Te- lefax. " Daß das Parlament mit einem KZ nicht verglichenGleich zu
Vor siebzig Jahren, am 4. Juni 1920,
unterzeichnete Ungarn als Rechts-
nachfolger der Donaumonarchie den
Frieden von Trianon. Enorme Gebiets-
verluste waren die Folge. Trianon blieb
bis heute ein Stachel im Fleisch jedes
Magyaren. Grenzrevisionen sind je-
doch nicht der Weg ins neue Europa.
Nun gibt es endlich wirkliche Sieger und auch wirkliche Verlierer. Nach dem zweiten Wahl- gang der ersten freien Wahlen in der Nachkriegsgeschichte Ungarns steht unwiderruflich fest, daß das Demokratenforum mit 42,4 Prozent der Stimmen - das sind 164 Parla- mentssitze - die stärkste Partei im Lande ist. Sie kann und will auch eine „Koalition der Mitte" bilden, als mögliche Partner gelten da die Kleinen Landwirte (23,8 Prozent) und die Christlich Demokratische Volkspartei (5,4 Prozent). Was al- lerdings auf einmal so gut wie ungewiß zu sein scheint, ist das Programm der künftigen
Am 25. März war in Ungarn die Welt für zwölf Stunden in Ord- nung. Von 6 bis 18 Uhr schritten an die 70 Prozent der 7,8 Millionen Wahlbürger mit Würde und Hal- tung zu den Wahllokalen und sie taten es mit einer Routine ohneglei- chen, als hätten sie in den vergan- genen fast 50 Jahren mit einer par- lamentarischen Demokratie gelebt.Diese elegante Selbstverständ- lichkeit war verblüffend und im- posant zugleich. Sprachlos gewor- dene ausländische Beobachter ver- gaßen prompt ihre Lieblingssprü- che über den Weg „Ungarns nach Europa". Kurznach6Uhr hatdann das „System" die
Taktik bei der Personalpolitik und Manipulationen mit dem Parteivermögen schmälern die Chancen der ungarischen Kommunisten bei den geplanten Wahlen 1990. Die vom Urlaub zurückgekehrten Reformpolitiker sind aber selbstbewußter denn je.„Wir müssen uns von all jenen trennen, die die gegenwärtige Krise des Landes herbeigeführt haben“, so sprach der junge Regierungschef Miklös Nemeth, Mitglied des Parteipräsidiums, beim Fest des Reichsgründers Stefan des Heiligen am 20. August, und erntete stürmischen BeifallDer reformprogressive Parlamentspräsident Mätyas Szürös, dessen Wahl ins
Im Hintergrund des ungarischrumänischen Dauerkonfliktes scheiden sich die Geister in der Budapester Partei- und Regierungsführung. Die Konservativen möchten „die aus dem Südosten drohende Gefahr“ als „leeres Gerede“ unter den Teppich kehren. Mittlerweile schweigen auch schon jene dazu, die sie vor kurzem noch zur Sprache gebracht haben. Als Verliererin steht wieder einmal die Öffentlichkeit da - auch die Opposition kann mangels konkreter Daten und Fakten nur prinzipielle Erklärungen abgeben.Tatsache ist vorerst so viel, daß der Bukarester Diktator Nicolae Ceausescu seit etwa
DenUngamfälltesnichtleicht, mit einer alten Illusion auf-zuräimien. Seitdem die Vereinigten Staaten die Unterzeichnung des fürs Land so verheerenden Friedensvertrages von Trianon im Jahre 1920 ablehnten, will man hierzulande in jedemBedrängnis geradezu krampfhaft daran glauben, „daß uns Amerika schon helfen wird“. D ie negativen Erfahrungen von 1945 und 1956scheinen bedeutungslos zu sein. Die USA als Retter in der gegenwärtigen wirtschaftUchenNot-dasist das Wunschbild, das gerade von den Ref ormkommimisten am sehnsüchtigsten gehegt wird. Je weniger sie da von Westeuropa erwarten
Das neulich vom Parlament in Budapest verabschiedete Vereinigungsgesetz steckt nun den außerparlamentarischen Rahmen für die Tätigkeit der neuen politischen Organisationen ab, unter denen den nach 40 Jahren Gleichschaltung neuentstandenen „alten“ Parteien eine besondere Rolle zukommt. Grundsätzliche Übereinstimmung herrscht bei diesen hinsichtlich der restlosen Verwirklichung der Rechtsstaatlichkeit, in der die grundle-genden Bürgerrechte verfassungsmäßig garantiert werden sollen.Demokratisch sind sie also alle — was sie noch darüber hinaus verbindet, ist eine biologische
Eine von Bevormundung freie Geschichtsforschung in Ungarn ist längst davon abgegangen, die k. u. k. Monarchie nur als Völkerkerker darzustellen, in dem auch die Ungarn nationale Minderheiten mit ihren hochentwickelten Kulturen unterdrückten beziehungsweise der magyarische Adel das Agrarproletariat schamlos ausbeutete.Eine Gruppe von Historikern, an der Spitze der Geschichtsprofessor Ferenc Glatz, Chefredakteur der Zeitschrift „Historia“, hat an einem in Kürze erscheinenden Sammelband „Die Ungarn im Karpatenbecken“ mitgearbeitet, in dem auch der Monarchie besondere Aufmerksamkeit
Ungarns Ministerpräsident und Parteichef Käroly Grösz - zur Zeit auf Staatsbesuch in Osterreich - wird Ende des Monats als Premierminister zurücktreten. Sechzehn eher erfolglose Monate an der Spitze der ungarischen Regierung gehen damit zu Ende. Grösz sieht das selber ein. Sein Rücktritt als Regierungschef -schon im Mai mit der Übernahme der höchsten Parteifunktion angekündigt - ist als Folge der von der Ungarischen SozialistischenArbeiterpartei (USAP) auf der Landesparteikonferenz am 20. Mai beschlossenen Entflechtung von Partei- und Regierungsgeschäften zu sehen.Dem
Der vor einigen Jahren in Pees (Fünfkirchen) entstandene Lenau-Verein plant die Gründung eines ungarndeutschen Kulturzentrums. Das Lenau-Haus soll als Begegnungsstätte zur Uberwindung jenes Dilemmas beitragen, in dem sich die ungarndeutsche Literatur seit Jahren befindet. Ihr Kardinalproblem lautet nach wie vor: Für wen und warum man schreiben sollte? Trotz zahlreicher Publikationsmöglichkeiten im Lande steht diese Literatur isoliert da. Die Gefahr des Abgleitens in die Klischees einer Art Heimatliteratur ist immer noch nicht gebannt.So natürlich die doppelte Abhängigkeit der Autoren
Nein, sie wissen fast nichts von uns“, klagen Siebenbürgener Flüchtlinge in Budapest über die Menschen im Mutterland. Für den Mann auf der Straße war erst die Dörferzerstörung notwendig, um sich auf Siebenbürgen zu besinnen.Abgesehen von Kneipengesprächen Älterer und einer, dünnen Schicht, die auch in europäischen Dimensionen denkt, fehlt das PhänomenSiebenbürgen im Bewußtsein ganzer ungarischer Jahrgänge.Nun zeigt sich die Frucht jener gewissenhaften Arbeit der Politiker und ihrer Mitläufer, die jahrzehntelang -unter Berufung auf eine im Abbusseln wohlgefütterter
Die Zeit fürs Fortwirken der bei der Messe empfangenen Gnade ist gekommen. Die über 40.000 Ungarn, die ins Burgenland pilgerten — „Es ist, als käme der Papst zu uns nach Ungarn!“— sind heimgekehrt, und sie haben nicht nur das Erlebnis der Begegnung mit dem Heiligen Vater mit nach Hause gebracht, sondern auch das Gefühl der Grenzenlosigkeit.Denn für sie war ja dieser Tage die Grenze in ihrer Unnatürlich-keit, wie sie einst gezogen wurde und wie sie seit über vierzig JahrenEuropa von Europa trennt, überwunden. Diese „lebendige Wirklichkeit“ - so eine Gruppe aus Nordungarn —
Nicolae Ceausescu polemisiert wieder gegen Ungarn. Das Eintreten des Nachbarlandes für die Rechte der Siebenbürgener Magyaren ist für ihn nichts als Chauvinismus.
Ein Budapester Privat-Theater nützt Freiräume und erregt Aufsehen. Das ist als Signal eines neu entstehenden politischen Selbstbewußtseins in Ungarn zu verstehen.
Die neulich zu Ende gegangene Wintersitzung des ungarischen Parlaments enttäuscht zweifellos jene Hoffnungen, die in Richtung einer intensiveren Verwirklichung der politischen Reformen gingen. Selbst Ministerpräsident Käroly Gr6sz betonte in seiner Regierungserklärung, daß „die objektiven Gegebenheiten des Landes nur langsam, mit geduldiger und behutsamer Arbeit verändert werden können“.Der Erleichterung dieser Arbeit sollen die—von einem großen Teil der Bevölkerung als „reinesSchachspiel“ bezeichneten Um-besetzungen in der Regierung dienen, in der jetzt endlich jüngere
Drei von sechs in Ungarn registrierten Aids-Kranken sind bereits tot. Die Zahl der Virusträger ist 1987 von 107 auf 139 gestiegen. Die Dunkelziffer ist weitaus höher.
„Das Verschweigen von Tatsachen ist die Krankheit Nummer eins der Geschichtsschreibung und des Geschichtsbewußtseins der Gesellschaft. In den nächsten Jahren müssen wir uns von dieser Krankheit befreien. Wir brauchen- die volle Wahrheit.“ So schrieb vor kurzem „Prawda“-Chefredakteur Wiktor Af anasjew im Zusammenhang mit der Vergangenheitsbewältigung, die in der UdSSR vor einigen Monaten mit jener berühmten Rede Michail Gorbatschows eingesetzt hat, in der der Parteichef eindeutig mit dem Terror Stalins abrechnete.Kurz darauf würdigte der Historiker und Chefredakteur der
Nach der die Christianisierung lobpreisenden historischen Rockoper „König Stephan“ von Jänos Brody und Levente Szörenyi hat das sozialistische Nachbarland nun auch seine moderne Messe. Ursprünglich sollte die „Ungarische Messe“ von Läszlö und Bela Tolcsay als Te Deum im Zuge der Gedenkfeier für die Rückeroberung Budas von den Türken im vorigen Jahr in der Krönungskirche ertönen, doch es kam anders. Uraufgeführt wurde das mit Elementen der Volksmu sik faszinierend bereicherte geistliche Werk im Rock-Rhythmus vor einigen Wochen auf der größten Budapester Freilichtbühne —
Ungarns geplante Steuerreform ist Teil eines wirtschaftlichen Sanierungsprogramms. Die politischen Implikationen - es geht gegen die Korruption - sind unverkennbar.
Die Zahl der Straftaten in Ungarn steigt. 1986 hat die Kriminalität gegenüber dem Vorjahr um 10,3 Prozent zugenommen. Jetzt entwickelt man neue Modelle eines humanen Strafvollzugs.Ungarns Strafvollzugswesen erweist sich immer reformbedürftiger — auch dann, wenn man über bereits seit Jahren laufende Reform-Experimente berichten kann, die die Humanisierung des Lebens hinter Gittern bezwecken. Es gibt in einigen Anstalten die sogenannten „Selbsttätigen Gruppen”, die in ihrer Abteilung eine teilweise Selbstverwaltung praktizieren: Die Insassen wählen ihre Aufseher aus den eigenen
Das Thema ,£.aienaposto-lat” stand im Mittelpunkt der Sommerakademie der Katholischen Männerbewegung (KMB) im Juli in Bad Leonfelden. Die entsprechende Gestaltung des Programms setzte auch die Teilnahme der örtlichen Interessenten voraus, die sich insbesondere in den Arbeitskreisen aktiv zeigten. Ohne Sinn und Effektivität von Fachtagungen in Frage stellen zu wollen — müßte man nicht in Zukunft mehr als bisher die Tatsache ins Auge fassen, daß „die apostolische Arbeit im Weinberg des Herrn” (so die Einladungsbroschüre der KMB) immer weniger ohne das tätige Einbeziehen der
Nicht nur eine religiöse und kulturelle, sondern auch eine politische Mission hat die armenische Kirche in der Sowjetunion. Wie der Kanzler und Leiter des Sekretariats für auswärtige Angelegenheiten der armenischen Kirche, Bischof Arsen Berberjan, in Et-schmiadzin vor kurzem gegenüber der FURCHE erklärte, sei die armenische Kirche nach dem Untergang der armenischen Königreiche immer als „Patronin des Volkes“ aufgetreten. Und das Volk habe die Kirche stets als höchste Autorität sowohl in religiösen als auch in politischen Fragen anerkannt.Diese Tradition setze die armenische Kirche
Die Weltöffentlichkeit hat sich bereits an die diversen Erklärungen und die ihnen folgenden Maßnahmen in der Sowjetunion gewöhnt, die Wandlungen verheißen. Weniger Aufmerksamkeit wird allerdings der ideologischen Begründung der Neuerungen geschenkt — kein Wunder, denn eine verbindliche Sozialismustheorie ist von Moskau im Laufe der vergangenen zwei Jahre nicht verkündet worden.Man wird sie auch vergeblich erwarten - natürlich nicht etwa deshalb, weil die neue Sowjetführung sich von der marxistischen Ideologie entfernt hätte; im Gegenteil. Der Versuch jedoch, sich dem humanen Gehalt
Trotz des appellativen Charakters ist das Zukunftsmanifest des Ungarischen Kommunistischen Jugendbundes mehr als Propaganda. Zukunft heißt jetzt: Indifferenz überwinden.
Generationswechsel“ ist in Ungarn ein Begriff, über den man in letzter Zeit zwar wenig spricht, dessen Verwirklichung jedoch im Zuge des Reformprozesses schrittweisej vorangetrieben wird. Die jüngsten Umbeset-zungen in der Regierung sind auch in diesem Zusammenhang zu bewerten.Nun sind wichtige, mit der Volkswirtschaft eng verbundeneSchaltstellen mit neuen Verantwortlichen besetzt worden, die ihre entscheidenden Erfahrungen in den vergangenen 19 Jahren der Reformbewegung gesammelt haben.Der neue Finanzminister Peter Medgyessy (47) erwarb sein Diplom 1966 an der Volkswirtschaftlichen
Uber die Rolle der Kirchen in der Vermittlung kultureller Werte“ - so lautet der Auftrag eines aus 25 marxistischen Wissenschaftlern bestehenden Teams der Agitpropabteilung des Zentralkomitees der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei, an dessen Spitze der anerkannte Ästhet Denes Zoltai steht. Er, ehe-maliger Lukäcs-Schüler, gehört in Ungarn zu jenen Denkern, die in den vergangenen 20 Jahren als unbeirrte Reformverfechter einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung des Erneuerungsprozesses geleistet haben.Mit seinem Team ist er jetzt bestrebt, eine in den sozialistischen Staaten
Der jüngste Beschluß des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der UdSSR beschreibt 1987 als das erste Reformjahr, in dem Industrie, Agrarsek-tor und Dienstleistungen bereits in einem „neuen System“ arbeiten würden. Ein Gesetz sieht ab Mai dieses Jahres die Zulassung von drei Millionen Privatunternehmen — insbesondere im Dienstleistungsbereich und in der Konsumgüterindustrie — vor.Die Verwendung fremder Arbeitskraft bleibt nach wie vor verboten; in Kaffeehäusern beispielsweise — Restaurants bleiben weiterhin in staatlicher Hand — dürfen nur Familienmitglieder angestellt
Ein Bewußtseinswandel hat in Ungarn eingesetzt. Flexibilität in Wirtschaftsdingen ist gefragt. Das Zentralkomitee der Kommunisten setzt auf sozialistische Demokratie.
Die jetzt vom ungarischen Parlament verabschiedete Novelle des 1952 eingeführten und vor zwölf Jahren teilweise abgeänderten Familienrechtes sorgt im Nachbarland für immer wieder aufflammende Diskussionen. Im Landtag selbst hatten mehr als vierzig Abgeordnete ein Veto gegen die Vorlage vorbereitet, und obwohl sie schließlich doch für das Gesetz stimmten, gab es Debatten.Allein diese Tatsache ist schon bemerkenswert, da sie die ersten Früchte der im vergangenen Jahr durchgeführten Wahl- und Parlamentsreform, andeutet, die eine aktivere Rolle der Landesversammlung in der Gesetzgebung