IFES, linkes Gewicht auf der Proporzwaage der Meinungsbefrager, hat ergründet, wie der Österreicher sein Bundesheer sieht. Zwiespältig — wie könnte es bei unserer Mentalität anders sein. 18 Jahre nach Wiedererlangung der staatlichen Souveränität bejaht zwar die Mehrheit den Gedanken an eine „österreichische Nation“ als verteidigungswürdiges Gut. Überlegungen, dieses Gut könnte neuerlich in Gefahr geraten, aber verdrängt man. Wie diese Zahlen aussehen würden, wären sie im Zeichen der Erdölkrise erhoben worden, bleibt offen. Der Österreicher braucht zur Meinungsbildung
In der Öffentlichkeit steht man noch unter dem Eindruck jenes dumpfen Gefühls der totalen Resignation, der das Bundesheer im Zeichen der permanenten Reform verfallen war. Von offizieller Seite besteht zudem wenig Neigung, gegen diesen Eindruck anzukämpfen. Minister Lütgendorf verweigerte der Volksvertretung wie auch dem Steuerzahler den so oft urgierten Bericht über den Zustand des Bundesheeres. Der Grund dafür kann kaum noch in der Situation des Heeres liegen; denn die Armee ist inzwischen besser als ihr Ruf geworden. Scheut der Minister etwa die Öffentlichkeit, weil sein Anteil am
Der Slogan: „Tausche Dayan gegen Lütgendorf“ hat heute sicher weniger Spötter hinter sich als noch vor wenigen Jahren. Trotz des ramponierten Image des israelischen Kriegshelden täte der Generalstab an der Wiener Dominikanerbastei gut daran, den Gedankenaustausch mit den Berufsgenossen unter dem Davidstern auf den verschiedensten Ebenen zu pflegen.Die Israelis können Erfahrungen mit sowjetischer Ausbildung und taktischer Unterrichtung ebenso aus erster Hand weitergeben, wie technisches Wissen um das neueste Ost-Gerät. Die „heißen Eisen“ auf dem Gebiet der elektronischen
Was Militärexperten beider Blöcke in monatelanger Vorarbeit als Grundlage der nun beginnenden Gespräche um eine Reduzierung der Streitkräfte in Mitteleuropa erarbeiteten, scheint durch die politisch-militärische Entwicklung seit dem Ausbruch des vierten Nahostkrieges überholt zu sein.Wie die gleichen Fachleute inzwischen erkannt haben mögen, lehrt dieser Waffengang nämlich, von anerkannten Prinzipien der Kriegstechnik abzurücken — der Situation im spanischen Bürgerkrieg nicht unähnlich. Beide Auseinandersetzungen boten einst und heute ein ideales Prüffeld: sowohl für politische
Als wär's ein Spuk gewesen — so mag rückblickend vielen Österreichern jener Sonntag im Oktober erscheinen, an dem das „göttliche Naß“ knapp wurde. Doch der Schock der Benzinhamsterei dürfte nicht tiefer als die Flüche sitzen, die manchem dabei herausschlüpften. Alle Hoffnungen, die Krisensignale aus dem Nahen Osten könnten Herrn und Frau Österreicher vom Stil des von der Hand-in-den-Mund-Lebens abbringen, sind unnütz. Die Tanks des Götzen Automobil sind (vorläufig) wieder voll, die Selbstzufriedenheit damit wieder eingekehrt. Berufsoptimisten, wie die Politiker nun einmal
Nun schon traditionsgemäß am dritten Sonntag im September mustert die Wiener Neustädter Akademie ihren jeweils ältesten Jahrgang zu Leutnants aus. Dies tut man mit einem Zeremoniell, das der steinernen Würde der alten Babenberger-burg entspricht. Den fehlenden Gegenwartsbezug müssen die Festansprachen ersetzen, die mit ebensolcher Regelmäßigkeit gehalten werden. Auch sie sind meist von einer Schematik, die solchen Anlässen entspricht.Seit Jahren nun benützt ein Mann dieses Forum, um von der gleichen Stelle aus den unbequemen Mahner für die Notwendigkeit der Landesverteidigung zu
Die Jugendvertreter rüsten zum Sturm. Für sie ist jedoch die Front nicht identisch mit dem Heerlager des politischen Gegners: zuerst gilt es noch, Bastionen im eigenen Bereich einzunehmen. Worum es in dieser „Schlacht“ geht?Die zur Zeit geltende Rechtslage sieht nur eine Befreiung vom Dienst mit der Waffe im Heer vor. Der Dienst ohne Waffe ist aber nur im Heer abzuleisten. In der Absicht, eine Abschreckung für Drückeberger einzubauen, wurde nun die Dauer für diesen waffenlosen Dienst um drei Monate höher als für den Waffendienst angesetzt. Der vom Innenministerium vorgelegte Entwurf
Wir stehen zweifelsohne am Beginn einer Phase zwischenstaatlicher Beziehungen in Europa, die in sich die Zielvorstellung eines neuen Sicherheitssystems birgt. Für unser Land ist dabei nicht nur die uns darin zugedachte künftige Rolle interessant, sondern auch der uns auf dem Weg dahin zukommende Part.. Die Sicherheit Europas muß auch in Zukunft unteilbar angelegt sein. Dennoch wird den neutralen und blockfreien Staaten in diesem System eine andere Gewichtung zukommen, als den Bündnisstaaten. Auf dem Weg zu einer Entspannung in Europa — dies mag den engagierten Verfechter der Neutralität
Die sonst so zerrissene Welt übt sich in Einigkeit; zumindest in der Ablehnung der französischen Xuklear-Tests. Bloß in Peking und Moskau herrscht entgegen sonst geübter Praxis diesmal Übereinstimmung. Das eigene schlechte nukleare Gewissen drückt. Schon wurde eine politische Legende geboren, daß angeblich Staatspräsident Pompidou „riierci, Monsieur Mao' gerufen haben soll, als er die Nachricht von der chinesischen Atomexplosion über Sinkiang hörte.
Läßt sich die Äußerung General Spannocchis, mit der Schaffung des Armeekommandos beginne die Stunde Null in der Heeresorganisation, auf die Gesamtsituation des Bundesheeres anwenden? Dies bestätigt zu erhalten, war vermutlich das Motiv der Volkspartei, als sie eine dringliche Anfrage zum Thema Verteidigungspolitik der Regierung stellte.
Seit der Einsetzung der Bundes-heerreformkommission sind nun fast genau drei Jahre, seit der Novellierung des Wehrgesetzes zwei Jahre vergangen. Viel Zeit also, in der das Reformwerk bereits zu versanden drohte. Mit 1. Juli soll nun endlich ein Grundpfeiler des neuen Bauwerkes gesetzt werden. Die Schaffung eines Armeekommandos, das direkt dem Minister untersteht, soll garantieren, daß diese Armee endlich geführt und nicht verwaltet wird — was eine alte Forderung der Soldaten darstellt. Sie selbst waren es aber, die diesen Umbau verzögerten.Aber auch von außen wurde diese neue Institution
Leonid Breschnew, der neue Zar aus dem Osten, hat mit seiner Bonner Visite Dinge auf dem europäischen Kontinent in Schwung gebracht, die in vergangenen Zeiten möglicherweise nur durch Kriege bewegt worden wären. Dabei sind die Weisen, und dies nicht nur am Rhein, in ihren Deutungsversuchen mehr als uneins. Nach außen hin gab sich der Kreml-Herr vornehmlich und unbestreitbar jedenfalls als der Abgesandte einer Wirtschaftsmacht, die an Kooperation mit neuen Partnern interessiert ist.
144, Seuchenkatastrophe, Schulraummangel, Subventionspolitik in der Landwirtschaft — kaum ein Ressort der Regierung Kreisky, das nicht Schlagzeilen macht. Erst so bemerkt man die tödliche Stille, die in Sachen Landesverteidigung herrscht. Zwar führt der freiheitliche Parteiobmann Peter den Verteidigungsminister noch immer an prominenter Stelle seiner Liste von Rücktrittskandidaten, konkrete Vorwürfe sind aber Von Seiten der kleinen Oppositionspartei nicht zu hören.Mißt man das Bundesheer an der Kritik der Volkspartei, so müßte im Heer alles zum Besten bestellt sein. Nachdem selbst
Von Leonid Breschnjew empfangen zu werden und mit ihm zu verhandeln, mag für Henry Kissinger nicht den gleichen inneren Stellenwert besitzen wie die Gespräche mit Mao Tse-tung. War doch bei dem greisen Chinesenführer eine intellektuelle Neugier zu spüren, die aus den Bildern dieser historischen Begegnung deutlich abzulesen war. Der geistige Vater einer neuen Kriegs- und Revolutionstheorie anerkannte damit den Theoretiker der nuklearen Weltlehre.
Viele, die das Schlagwort vom „Pulverfaß“ des Nahen Ostens verwenden, vergegenwärtigen sich kaum, daß der Explosivstoff, der diese Region so gefährlich macht, nicht auf, sondern unter den Sanddünen liegt. Zwar gibt die emotionsgeladene Atmosphäre des israelisch-arabischen Streits um operative Geländepositionen, aber auch die überproportionale Anhäufung modernsten Kriegsgerätes in diesem Raum genügend Zündstoff für örtliche Erschütterungen.
Verspricht das Jahr 1973 einen ähnlich hohen Stellenwert in der Geschichtsschreibung zu erhalten wie die ihm vorangegangenen zwölf Monate? Garantieren die durch Henry Kissinger 1972 in Peking und Moskau auf gestoßenen Türen den Luftzug für eine politische Klimaveränderung im Sinne einer weltweiten Entspannung? Washington propagiert 1973 lautstark als das Jahr Europas. Ist dies nur eine versöhnliche Geste an die Adresse der Verbündeten in der alten Welt, eine Kompensation dafür, daß Vietnam die Freundschaftsbande über Gebühr strapaziert hat? Oder schuf man bloß ein politisches Kürzel für die Tatsache, daß drei europäische Städte ausersehen sind, Tagungsort für internationale Verhandlungen zu sein? Konferenzen, die möglicherweise nichts anderes bringen als die öffentliche Anerkennung der Einflußsphären der beiden nuklearen Supermächte?
Die Enttäuschung im sonst so beherrschten Gesicht des Verteidigungsministers war nicht zu übersehen; und vor allem — sie war echt. Karl F. Lütgendorf hatte gehofft, die neue Heerespolitik auf eine möglichst breite politische Basis stellen zu können. Daß die von ihm betriebene Umstrukturierung des Heeres — bekannter unter dem Arbeitstitel „Heeresgliederung 72“ — nicht die Zustimmung der Opposition fand, ist für ihn also mehr als ein optischer Makel. Dabei dürfte sich das versagte „Ja“ von ÖVP und FPÖ leider nur zu einem geringen Teil vom Inhalt des Ministerentwurfs
Enthusiastisch wurde vielenorts das Jahr 1972 als Meilenstein in der Geschichte unseres Jahrhunderts gefeiert. Optimisten zogen diese Bilanz bereits in den späten Oktobertagen, als es Henry Kissinger gelang, mit seiner Zauberformel: „Peace is at hand“, die Welt für Tage von einem Alpdruck zu befreien. Ja, man sah den Schüler Metternichs bereits in Tel Aviv oder Alexandrien, in Jerusalem oder Kairo mit Juden und Arabern den Nahostkomplex ausräumen. Für einen noch unbestimmten Zeitraum wird allerdings Paris das wichtigste Reiseziel des Professor Kissinger bleiben — denn Kriege sterben nur langsam.
Einhundertundelf Jahre, rechnete FP-Wehrexperte_Zeillin-ger genüßlich den Abgeordneten vor, müsse Karl Ferdinand Lütgendorf im Amt bleiben, dann könne er bei der derzeitigen Steigerungsrate im Haushalt rechnen, daß seine Traumgrenze, von 7 Prozent Anteil der Landesverteidigung am Gesamtbudget, erreicht werde.
Eins, zwei, drei — ein Lied, und Tritt gefaßt zu neuen Taten. Wenngleich dieses Synonym für den Schwung, mit dem Lütgendorfs Hexenmeister Spannocchi seine Pläne im Landesverteidigungsrat vortrug, auf den Gesichtern der Opposition noch etwas ratlosen Skeptizismus zurückließ, unverkennbar ist allenorts die Hoffnung auf einen Weg von der Konfrontation zur Aktion. So verzichtete auch die ÖVP, den Bericht zur Lage über das Bundesheer — von Lütgendörf nach langem Zieren nun endlich vorgelegt — politisch zu einer Fehlerbilanz des Ministers auszuschlachten.Laßt Spannocchi und sein
Das vielzitierte Wort, wonach Kriegführen eine zu ernste Sache sei, um es den Generälen zu überlassen, scheint hierzulande auch in der friedlichen Etappe zu gelten. Wiewohl nun bereits zwei Jahre verstrichen sind, seit eine vielschichtig zusammengesetzte Kommission bemüht war, dem „Sechs-Monate-Heer“ einen maßgeschneiderten Anzug zu geben, droht dem Heer nun Gefahr, daß es in Eile in eine Konfektionsgröße gesteckt wird. Wo sonst zu viele Köche den Brei verderben, werden sich hier die Generäle nicht einig. Seit der Aufstellung des Bundesheeres war das wehleidige Geraunze im
Die Ausrüstung des Bundesheeres soll nach dem Worten von Bundeskanzler Kreisky einer Uberprüfung unterzogen werden: Was steckt hinter dieser Pauschalankündigung? Nachdem der Regierungschef alle Gerüchte über einen möglichen Wechsel an der Spitze des Verteidigungsressorts strikte von sich wies, scheint Kreisky an den Bau von „Schützengräben“ heranzugehen. Aus dieser Deckung ließe sich dann leichter die zu erwartende herbstliche Manöverschlacht um das Reformprojekt Bundesheer führen. Der Bundeskanzler will offenbar nicht nur seinem Verteidigungsminister Schützenhilfe gewähren,
Es war in den heißen Tagen des August 1970, da bemühte sich damals eine Kommission, dem Reformobjekt Bundesheer ein neues Profil, einen neuen Zuschnitt zu geben. Die Öffentlichkeit, noch mehr aber das Heer selbst, wartet seither vergebens, daß dieser Prozeß eingeleitet wird. Die Pläne, wie immer wieder versichert wird, seien bereits fertig. Nun — was hindert also die Verantwortlichen, sie endlich zu realisieren?
Obleich den Ansätzen für den Verteidigungshaushalt des nächsten Jahres zu entnehmen ist, daß für Ausgaben außerhalb der laufenden Aufwendungen kein Spielraum vorhanden ist, begab sich Verteidigungsminister Lütgendorf in die Vereinigten Staaten, um, so die offizielle Sprachregelung, „Rüstungs-einrichtungen zu studieren“.Man fragt sich unter Experten, ob das eine Traumreise Lütgendorfs, oder die Reise eines Träumers war.Der fromme Wunsch des Brigadiers Lütgendorf nach 7 Prozent Budgetanteil für die Landesverteidigung erfährt plötzlich eine unverständliche Multiplikation mit
Gibt es einen sogenannten „Geist von Moskau““? Was verbirgt sich nach dem Gipfel zwischen Nixon und Breschnjew für uns Europäer hinter dieser aus der Geschichte abgeleiteten Hoffnung auf eine Besserung des politischen Klimas? Eine zwangsläufige Enttäuschung wie nach den Treffen der Regierenden in Genf, Camp David oder Wien? Gibt das nukleare Arrangement der Supermächte eine genug breite Verständigungsbasis für eine künftige Neuordnung Europas? Die beiden Kürzel, das Konsonantenungetüm MBFR, stellvertretend für den englischen Ausdruck „Mutual Balanced Force Reductions“ (zu deutsch: beiderseitige ausgewogene Truppenverminderung), und die Kurzbezeichnung KSE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), werden aller Voraussicht nach die Schlagworte für die Argumentation und Diskussion in der politischen Arena der nächsten Jahre abgeben. Grund genug, um sich mit ihnen kritisch auseinanderzusetzen.
Die kombinierte amerikanische Luft- und Seearmada der 7. Flotte demonstriert gegenwärtig im Golf von Tonking die Zeitlosigkeit der maritimen Strategie. Denn eine grundsätzliche Frage der Machtausübung ist nach wie vor weniger die Bereitstellung der strategischen Waffenpotentiale, sondern vielmehr deren wirksamste Aufstellung. Auch im nuklearen Zeitalter hat hiebei die herkömmliche Geographie nichts an Bedeutung verloren. Die Freiheit der Meere sichert den konventionellen Flotten nach wie vor jenes Operationsfeld, das den Raketen im Luftraum zwar nicht verwehrt ist, wodurch die Undenkbarkeit eines atomaren Krieges aber auf den Abhaltungseffekt beschränkt wird. Galt die Kubakrise von 1962 bisher als Wendemarke auf den Weltmeeren — Abstieg der Amerikaner von ihrer beherrschenden Position auf den Ozeanen und Aufstieg der Russen zur modernsten Flottenstreitmacht —, so scheint das Jahr 1972 nun auch den amerikanischen Admiralen Rückenwind zu geben.
Mag auch das Kriegführen eine zu ernste Sache sein, um sie den Generalen zu überlassen: in der Frage der Bundesheer-reform kamen Österreichs Politiker zur gegenteiligen Ansicht.
Manche nennen ihn scherzhaft den „Bauerngeneral“. Er selbst lehnt sowohl diesen Rang als auch den eines „Wehrexperten“ ab und will sich nur als Wehrsprecher seiner Partei verstanden wissen. Othmar Tödling, jovialer oststeirischer Obstverwer-ter, ist dennoch für die Sozialistische Korrespondenz der „Hauptpanikmacher“ in der Bundesheerfrage. Die mit wechselndem Geschick vorgebrachte und nicht immer von überzeugender Sachkenntnis getragene Kritik des ÖVP-Abgeordneten ist derzeit offenbar das einzige Korrektiv, das den Vorstellungen Kreiskys und seiner Platzhalter auf der
Obwohl die Massenmedien in ihm eine für die Regierung kaum noch zu tragende Belastung sehen, die SP-Jugend und Blecha seine Aussprüche vor Jugendrichtern im Jahre 1970 als „Wahnsinn“ qualifizieren, der VP-Jugendführer König sich wegen des „archaischen und undemokratischen“ Urteils des Verteidigungsministers über die österreichische Jugend erregt, scheint nichts von all dem die Stellung Lütgendorfs anzunagen. Für viele, ob nun eine schweigende Mehrheit — oder mögen es weniger sein — ist und bleibt Lütgendorf der Mann, der formuliert, was er fühlt, und ausspricht, was er
Die notige mittlere Reife nachholen kann. Hier taucht zweifelsahne die Frage auf, ob edne Matura das wich-tigste Kriterium fiir den Beruf eines Offiziers ist; ainderseits darf nicht fibersehen werden, daB man in vie-len Landern bereits versucht, den militarischen Aiusbilduwgsgang weit-gehend an den vengleichbaren zivilen anzupassen. Um erstens die gesell-schaftlich notwendige Vergleichsfoasis zu schaffen und um zweitens den Austausch von Spezialisten aus und in den zivilen Lebensbereich zu er-moglichen. Mit dem Abkommen zwi-schen Bundesheer und AUA wurde hierzulande in dieser Richtung ein
Im 17. Aufbaujahr setzte man In der Babenberger-Burg zu Wiener Neustadt einen bedeutsamen Schritt in der Frage der Landesverteidigung — ohne deshalb das drohende Gespenst einer schleichenden Demontage des Heeres bannen zu können. Politiker und Militärs gestanden sich endlich die Sünde ein, die nach den Worten des ersten Generaltruppeninspektors Fussenegger der Anlaß zu allen Schwierigkeiten um den Heeresaufbau war, die Lüge von der Überzeugung, daß ein Heer notwendig sei. Oder um mit Bundeskanzler Kreisky zu sprechen: „Wir haben ja nie an der patriotischen Gesinnung des politischen
Die Bundesheerreform und deren Begleitumstände deckten die Generäle mit einem Hagel von Kritik ein. Es soll dem Soldatenstand und insbesondere seinen Spitzenrängen nicht oberflächlich eine gegenwartsfremde Haltung unterschoben werden. Ihnen nicht — in Verallgemeinerung einiger Symptome — pauschal der Vorwurf gemacht werden, sie hingen einem übertriebenen Traditionalismus nach. Aus der Geschichte heraus feste Wertmaßstäbe zu schaffen, ist eine alte Maxime soldatischer Traditionspflege. In einer Zeit, in der auf fast allen Gebieten die Grenzen versphwimmen und die Dinge in Fluß geraten, in einer Zeit, die an althergebrachten Werten rüttelt und deren Ziel oft nur die bloße Umkehr dieser ist, versteht sich aber eine solche Verpflichtung fast als innerer Zwang.
Der Krieg — als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln — hat in unserem Lebensbereich seinen Sinn verloren. Moderne Armeen sind seit der Entwicklung der Kernwaffensysteme globaler Reichweite zu Ausrottungsmaschinen geworden. Am Ende ihrer Aktionen steht nicht mehr der Sieg, sondern die totale Zerstörung. Henry Kissinger, in dem viele den Spiritus rector der strategischen Konzeption Amerikas sehen, sprach bereits vor Jahren vom „Sieg, der seinen historischen Sinn verloren hat“. Wenn es in den kommenden zwölf Monaten nach dem erklärten Willen Moskaus und Washingtons gehen soll, könnte dieser atomare Scheinfrieden durch Verträge abgesichert werden. Ja mehr noch. Über ein Einfrieren der Potentiale hinaus will man einen Rüstungs- und Truppenabbau ins Auge fassen. Wer wollte die beiden Supermächte daran hindern, den „Goodwill“ in vertragsmäßige Abmachungen umzumünzen? Peking? Da schon eher die Eigenschwere — und -Gesetzlichkeit — der Rüstungspotentiale.
Die Frage nach dem sogenannten Wehrkonzept hat selbst die Diskussionen um das Demokratiebewußtsein des Verteidigungsministers zurückgedrängt. Das Fehlen des politischen Teils des Wehrkonzepts, einer „Wehrdoktrin“, wurde dem Bundeskanzler in der TV-Journalistenrunde vorgeworfen. Den Versuch Lütgendorfs, die Diskussion um diesen Fragenkreis in der Öffentlichkeit durch den Vorschlag in Gang zu bringen, Wien und Salzburg zu „offenen Städten“ zu erklären, kanzelte selbst Kreisky als voreilig und übereilt ab.
Während in Asien scharf geschossen wird und es allen Anschein hat, als ob die endgültige Entscheidung der beiden Rivalen Indien und Pakistan um den Besitz und Einfluß in Ostpakistan auch durch die UNO nicht aufzuhalten ist, spitzt sich die Vorentscheidung über die militärische Zukunft Europas zu. Der heiße Boden ist Asien, wo mit Blut gepokert wird — Europa scheint eine Zone des Disengagements zu werden. Nach der letztwöchigen Tagung der Außenminister der Warschauer-Pakt-Staaten und der Tagung der künftigen „Sie-, bener-Gemeinschaft“ in Brüssel stehen die Marschziele für 1972 offenbar fest.
Im Sauerteig der Heeresmisere hält der Gärungsprozeß unvermindert an. Man kann die Offentlichkeitsflucht des beamteten Pressechefs im Landesverteidigungsressort und die verbale, flankierende Schützenhilfe eines der höchsten Bundesheeroffiziere unterschiedlich interpretieren: Letzten Endes wird man beide Aktionen der tief verwurzelten Malaise zuordnen müssen, in die das Heer der Zweiten Republik geraten ist.Die Causa Ellinger mag das wohldurchdachte Harakiri eines politisch wie menschlich durch die geänderte Konstellation an der Spitze Isolierten Beamten sein. Den Äußerungen des