Die Frage, ob sich Österreich moderne Überschall-Abfangjäger leisten soll und auch kann, hat wieder einmal deutlich gemacht, nach welchen Kriterien hierzulande Sicherheitspolitik gemacht wird. Erstes Kriterium: Sie soll nicht viel Geld kosten. Damit steht die Entscheidung beim Kauf teurer Waffen von vornherein fest. Denn das Verteidigungsbudget, wie alle anderen Haushalte mit zu hohen Personalaasgaben belastet, kann nicht einmal mehr die laufenden Instandhaltungskosten decken. Bestes Beispiel: die desolaten Bundesheerkasernen.
Gewinner dieser Verlusfcbilanz Moskaus ist jedoch nicht automatisch die andere Supermacht. Wenn Amerika im Wahljahr überhaupt Politik macht, dann hinter den Kulissen. Und Henry Kissinger will seinen Erfolg, das Sinai-AIbkommen zwischen Ägypten und Israel, nicht durch sein neues Erscheinen auf der Nah-Ost-Seene gefährden.Am meisten profitiert Israel aus der aktuellen Lage. Solange die arabische Seite mit eigenen Problemen beschäftigt ist, ge'ht die Taktik der Regierung in Jerusalem auf, auf Zeitgewinn zu setzen. Das amerikanische Wahljahr garantiert überdies die wirtschaftliche und
Soldaten aus fast 40 Ländern dienen unter der blauen Flagge der UNO. Die „Blauhelme“ versuchen derzeit in drei Krisengebieten, im Nahen Osten, auf Zypern und an der Grenze zwischen Indien und Pakistan, im Kaschmir, einen Frieden auf Zeit zu erhalten. Dazu setzt die UNO neben einer internationalen Beobachtertruppe auch zwölf geschlossene nationale Truppenkontingente ein, bereits etwa 500 bis 600 Soldaten stark. Zwei dieser zwölf Kontingente stellt Österreich. Ein hoher Anteil für ein kleines Land. Hoch, was die Zahl der Soldaten betrifft, hoch aber auch, gemessen an den Kosten. Da die UNO nur einen Teil der Ausgaben für die Friedensmissionen übernimmt, muß Osterreich aus eigener Tasche immerhin mehr als 80 Millionen zuschießen. Ein hoher Preis, gemessen an der knappen Dotierung der eigenen Landesverteidigung.
Die SPÖ hat mit dem Wehrgesetz erstmals zu spüren bekommen, was es heißt, zu regieiien, was es heißt, wirklich Verantwortung zu tragen. Den Erdolschock konnte man auf die Araber schieben, die Inflation ebenfalls -— sie aber zumindest als nicht „hausgemacht“ deklarieren. Bei den Benzinpreis- und Steuererhöhüttgen konnte man den Bürger auf das Ziel besserer Straßen vertrösten. Die Landesverteidigung ist und bleibt jedoch eine unpopuläre Last jeder Begierungi Das hat auch die ÖVP erkennen müssen. Will man sich als staatstragende Partei verstehen, muß man den Mut zu Unpopulärem haben.
Verteidigungsminister Lütgendorf ist wieder ins Sperrfeuer der öffentlichen Kritik geraten. Doch anders als seine gestandenen Politikerkollegen fühlt sich der General-Minister in der Rolle als Zielscheibe nicht unwohl. Er bedient sich dabei einer nicht alltäglichen Mischung aus unpolitischer Naivität, garniert mit Ehrlichkeit. Dabei spielt Lütgendorf sicher mit dem Gedanken, daß der einfache Staatsbürger den Mut respektiert, in einer Gefälligkeitsdemokratie auch einmal Unpopuläres zu“ fordern.
Österreich hat einen „Hauch von Landesverrat“ verspürt. Wer in der Affäre um den geheimen Landesverteidigungsplan auf einen harten Spionagefall tippt und etwa Parallelen in der internationalen Spionagechronik sucht, wird allerdings enttäuscht. Denn das, was den Major im Planungsstab des Verteidigungsministeriums Hans Aehrenthal hinter Schloß und Riegel gebracht hat, heißt nur in der Gerichtssprache „Verrat von Staatsgeheimnissen“. Ähnlich hart klingt auch der Vorwurf, der nun dem Wehrjournalisten der Tageszeitung „Die Presse“, Georg Posan-ner, gemacht wird. Er soll Staatsgeheimnisse „ausgespäht“ haben. Allgemein verständlich heißt das Spionage.
Zwölf Tage standen die Sportler im Vordergrund, einige Tausend junge Männer in grau-grünen Uniformen aber im nicht zu übersehenden Hintergrund. Am Ende hat sich das Konto der vom Bundesheer geleisteten- Olympia-Arbeitsstunden auf knapp eine Million belaufen. Und das, obwohl das Wehrgesetz weder Pistentreten noch Schneeschaufeln als Aufgabe des Heeres anführt.Dennoch besteht darüber, daß auch die zweiten Winterspiele in Innsbruck nicht ohne den Einsatz des Bundesheeres durchführbar waren, Einhelligkeit. Das kann dem nicht immer glanzvollem Image des Heeres keineswegs schaden. Dazu kommt
Der große Platz vor der Militärakademie in Wiener Neustadt verschluckte sie fast, die 29 Leutnants, die am Sonntag ihren goldenen Offiziersstern erhielten. Weniger waren es nur im vergangenen Jahr gewesen, nämlich ihrer 25. In den sechziger Jahren standen die auszumusternden Leutnants noch in Doppelreihe vor der alten Babenberger-burg.Warum ist der Offiziersberuf in ein derartiges Tief geraten? Als die genannten Jahrgänge vor der Berufswahl standen, schrieb man 1970 und 1971. Die sozialistische Partei war mit dem Slogan in die Wahlauseinandersetzung gegangen: „Sechs Monate Wehrdienst
Was vor zwanzig- Jahren in Österreich stattfand, nannten Beobachter aus dem traditionell militanteren Nachbarland Deutschland die „fröhliche Autrüstung“. Es war 1955. Während das Nachkriegsdeutschland,, zumindest die westliche. Hälfte, von der Diskussion um die Wiederbewaffnung geschüttelt und bis an die Grenzen des Zusammenhalts strapaziert wurde, zogen in Österreich die jungen republikanischen Soldaten unter dem klingenden Spiel der kaiserlichen Märsche in die eben von den Besatzern geräumten Städte und Kasernep ein. Während draußen eine tiefschürfende Diskusion um den Wert der Selbstverteidigung geführt und um den neuen Soldatentyp; den „Staatsbürger in, Uniform“, gerungen wurde, beruhigten im Land der Tänzer und Geiger die Klänge des Radetzkymärsches die letzten Zweifler. So wollen es zumindest die stets wohlwollenden Chronisten gesehen, haben.
Zwanzig Jahre später schleppt das jüngste Kind der dreißigjährigen Republik allerdings die Hypothek dieses überstürzten Anfangs mit sich.
Das Bundesheer hat spät aber doch sein geistiges Ich bekommen. Ob man damit bereits das fehlende Selbstverständnis des Heeres schafft, ist fraglich. Vorerst muß einmal dem leblosen Körper der Wehrdoktrin Leben eingehaucht werden. Zwar gibt nun der Staat ein Bekenntnis zur Landesverteidigung ab und verbrieft es in der Verfassung, kaufen kann sich davon aber niemand etwas. Zum Aufbau einer glaubhaften Landesverteidigung hat es bislang sowohl am Geld wie an den Konzepten gefehlt.
Die geistige Auseinandersetzung über Sinn und Zweck der Landesverteidigung, 1955 beim Aufbau des Bundesheeres vom Jubel um die Befreiung unterbunden, hat 1975 einen verspäteten Niederschlag gefunden. Leider wurde die Diskussion darüber im stillen Kämmerlein des parlamentarischen Verfassungsausschusses geführt. Die Abgeordneten hielten wieder einmal ihre Arbeit für zu wichtig, um einer breiteren Öffentlichkeit Einblick zu gewähren. Dabei hätte man fast noch das Jubiläumsgeschenk versäumt.Ergebnis: eine sogenannte „Wehrdoktrin“; juridisch gesehen, eine gemeinsame Entschließung
Die Parteien sind in der Wehrpolitik wieder einmal am Ende ihrer Weisheit angelangt. Auch die bevorstehenden Wahlen konnten sie nicht zu neuen Ideen anspornen. Was für die Sozialisten in der Oppositionsrolle noch ein Wahlschlager war, der sogenannte Leerlauf, könnte in der neuen Rolle zum Bumerang werden; denn Leerlauf gibt's noch genug im Bundesheer. Die ÖVP wiederum hat seit dem Wahlslogan der Sozialisten: „Sechs Monate sind genug“ ein Trauma in Sachen Bundesheer. So versteckte man auch in den schwer geborenen „Leitlinien zur Wehrpolitik“ (das versprochene Wehrkonzept hatte als
Österreichs Wehr will in die Luft. Dies, obwohl ihr Kritiker raten, lieber am Boden zu bleiben. Die Gretchenfrage: Abfangjäger oder Soldatenschuhe, gestellt vom ÖVP-Wehrsprecher Tödling, zeigt, daß auch der großen Oppositionspartei 1975 zum Thema Bundesheer nur mehr der Wahlkampf einfällt. Sie hielt sich dabei getreu an ihr Vorbild, an Bundeskanzler Kreisky. Dem Kanzler erscheint wiederum die Sicherheit Österreichs besser durch die UNO-City als durch Überschalljäger gewährleistet. Zieht man die Kosten zu Rate, wirkt des Kanzlers Argument sicher beeindruckend. Vorläufig geschätzte
Der Prozeß gegen vier Berufssoldaten in Krems geht nun in die nächste Instanz. Bis dahin sollten Diskussionen über Schuld und Un-WJWid^dMb AngaUagten WftWphensÄ werterweise unterbleibe?), di wohl die Beweisführung des Krem-'“ ser Gerichts mehr Fragen offengelassen als beantwortet hat.Schon in der Verhandlung fiel auf, daß der Fall Wandl, trotz des erwiesenen Zusammentreffens von außergewöhnlichen Faktoren, nicht ein Einzelfall sein dürfte. Der sogenannte Hitzeerlaß etwa, sagte ein Angeklagter, sei in Mautern bei der Ausbildung noch nie angewandt worden; Sanitäter habe man bei der
Der Österreicher erwartet seit Ne- stroy offenbar noch immer, daß endlich der Komet kommt. Wie anders wäre es zu verstehen, daß im gleichen Ausmaß, wie seine Angst vor äußeren Gefahren wächst, die Bereitschaft sinkt, Geld für seinen eigenen Schutz auszugeben? Zu diesem Ergebnis ist nicht ein moderner Schuster Knieriem, sondern .bekanntlich eine aktuelle Meinungsumfrage gekommen. Aber der Österreicher ist mit dieser Haltung, obwohl man ihm eine gehörige Portion Fatalismus nachsagt, in bester europäischer Gesellschaft. Auch in den Kleinstaaten Westeuropas, etwa in Dänemark, Belgien
Das neue Jahr begann bereits mit Trommelschlägen: Der offensichtliche Machtkampf im Kreml, bislang Spekulationsobjekt der Sensationspresse, nimmt festere Gestalt an. Die zaghaften Schritte der Entspannungspolitik haben die Skeptiker an der Detente zur Aktion schreiten lassen. In Moskau wollen die Falken Ergebnisse einer aus Machtpositionen betriebenen Politik sehen. Aber überall tragen vorsorglich die Haushalte für das Jahr 1975 bereits den Stempel steigender Verteidigungsausgaben.
Der erste Mann im Kreml ist 1974 — trotz Schwächeanfall und Ärztekonzilium — das eigentliche Kontinuum der Weltpolitik gewesen. Breschrtjew hat, aus welchen Gründen auch immer, seine wichtigsten Gegenspieler auf dem Parkett der Weltdiplomatie überdauert. Mit einer Ausnahme: die beiden Altväter der chinesischen \?& iruttg, Mao und Tschu, wobei unklar bleibt, wieweit diese nur mehr eine repräsentative Rolle spielen. Breschnjews Widerpart, der die Tür zu einer neuen Rollenverteilung nach dem System gegenseitiger Abhängigkeit aufstieß, Richard Nixon, stürzte über sich Selbst. Pompidou, auf dessen eigenwillige Position der Kreml gerne setzte, starb. Brandt, Heath, Tanaka und Goldą Meir wurden Opfer ihrer eigenen Politik. ,
Kaum je in der kurzen Geschichte des Staatsvertragsheeres hat ein Vorhaben so unterschiedliche Beurteilung erfahren wie die Herbstmanöver 1974. Die Zensuren reichen von „sehr gut“ bis „ungenügend“. Wobei die Soldaten, das eigentliche Testobjekt, bessere Noten erhielten als die Prüfer, die verantwortlichen Generale.
Das Bundesheer stellt sich freiwillig auf den Prüfstand. Nächste Woche soll mit dem bisher zweitgrößten Manöver des Nachkriegsheeres demonstriert werden, wo die Heeresreform nach mehr als drei Jahren steht.Angesichts der hohen Kosten eines solchen Vorhabens drängt sich auch für Militärs die Frage nach der Effizienz einer „Übungsschlacbt“ auf. Dies um so mehr, als die Liste unerfüllter Wünsche durch diese Manöver noch länger aiuf Erfüllung warten muß.In der Armeespitze weiß man um diese Kritik und reagiert darauf eher gereizt. Armeekommandant Span- nocchi, sonst meist ein
Diplomaten wie Militärs sind nach der Sommerpause wieder an ihre Verhandlungstische in Genf und Wien zurückgekehrt, aber keineswegs voll der Hoffnung auf ein nahes und erfolgreiches Ende ihrer Bemühungen. Wohl stehen die äußeren Zeichen noch immer auf-XfrsgJeich und Annäherung, aber in die Entspän- nungsmaschine ist Sand geraten. Noch blockiert das Räderwerk nicht, die Reibungsverluste sind aber nicht mehr zu übersehen. Ungeachtet der. Gespräche über eine Begrenzüng der strategischen Rüstung fahren beide Supermächte fort, neue und noch gewaltigere Vernichtungssysteme zu entwickeln.
Tod ist Tod, würde man glauben. Soldatentod ist Soldaten tod, sollte man meinen. Unsere Gesellschaftsordnung, die den Gleichheitsgrundsatz betont, verlangt es. Drei auf Zypern gefallene SoldatenJvtnirden In einein Staatsakt geehrt. Sogar das Staatsoberhaupt, w 01>erbefehlshaber, erwies ihnen die letzte Ehre. Gedenkt man so auch der im Heimatdienst verstorbenen Soldaten Wandl und Grosinger? Wo liegt der Unterschied? Im „gefallen“ und „gestorben“?
Die Politik hat die mythische Kraft des Atoms von neuem entdeckt. Amerikas Präsident verteilte die nukleare Gabe als Belohnung für das Wohlverhalten beider Streitparteien bei den Friedensbemühungen seines Außenministers. Nixon versprach friedliche Atomenergie an zwei Staaten, die bereits vor dem letzten Waffengang an der Schwelle zur Atommacht standen. Denn beide Seiten verfügen dank der Unterstützung durch ihre Schutzmächte und der Geschäftspraktiken atomarer Außenseiter wie Frankreich sowohl über das technische Rüstzeug als auch für den Einsatz notwendige Trägerarsenal. Wohl versagten die Stabilisierungsbemühungen der Großmächte im Nähen Osten den Kontrahenten bisher den Eintritt ins atomare Lager; auch behielten sich die Gönner den Zugang zum atomaren Drücker vor. Wie schnell aber atomare Aufbauhilfe ihre Bestimmung ändern kann, mußte Kanada am indischen Subkontinent erkennen.
In diesen Tagen tritt die Reform des Bundesheeres still in das fünfte und sicher noch nicht letzte Jahr ein. Prognosen über die voraussichtliche Dauer der Permanenzreform wagen weder Eingeweihte noch Außenstehende zu geben. Zu kurz geschätzt haben sicher der Verteidigungsminister und sein Armeekommandant. Für Lütgendorf schien es bereits zu seinem Amtsantritt im Februar 1971 sicher, daß das Bundesheer bis Ende des Jahres 1973 seine neue Form bekommen wird.
Österreich nahm Abschied von seinem Staatsoberhaupt, das Bundesheer von seinem Oberbefehlshaber. Der dem spanischen Hofzeremoniell nachempfundene Kondukt gab den Begräbnisfeieriachkeiten für ein republikanisches Staatsoberhaupt einen längst in die Erinnerung verbannten militärischen Anstrich. Dabei trat das demokratische Verteidigungsinstrument nur mit einem Fuß auf, was die Frage provoziert, ob der zweite fehlt.Die Heeresreform, die in einem dem Parlament vorliegenden Bericht über den Stand der militärischen Landesverteidigung als die logische Konsequenz der Wehrgesetzänderung in der
Auch politische Klimaveränderungen führen zu dem aus der Meteorologie bekannten Effekt, daß sie zu Entladungen in den Randzonen führen. An der Nahtstelle politischer Sphären ist die Sensibilität für Barometerstürze entsprechend stärker entwickelt. Die politischen Seismographen dieser Zone reagieren daher oft überhöht.
Das Alarmzeichen kam aus dem Pentagon. James Schlesinger, Nixons neue Konstante in dem, durch die von Watergate ausgelösten Personalrochaden verunsicherten, militärischen Machtapparat war der Glöckner. Die Sowjetunion, so verkündete er mahnend vor der Presse, habe nach den neuesten Erkenntnissen der Satellitenaufklärung den Vorsprung der amerikanischen Mehrfachsprengkopftechnik weitgehendst egalisieren können. Das Gleichgewicht des Schreckens, weltweite Philosophie des durch die globale Konfrontation der beiden Supermächte gesicherten Patts, ist zumindest — gefährdet.
Nixon besann sich der Vergangenheit, um für die Zukunft vorzubauen. Er orientierte sich an der Entscheidung seines einstigen Gegners im Kampf um das höchste Amt der Vereinigten Staaten, John F. Kennedy, den Sowjets die Stirn zu bieten. Nixon riskiert — wohl den einstigen Erfolg vor Augen — ein zweites Kuba.