Der englische Dichter Joseph Rudyard Kipling (1865—1936), ein ebenso poetischer Schriftsteller wie ausgezeichneter Journalist, in dessen Romanen das geheimnisvolle Indien mit all seinen Eigenarten und seinem Zauber lebendig wird, verfaßte — als er ab 1887 Redakteur des „Pioneer“ in Allahabad war — eine Anzahl von über 70 wortkargen impressionistischen Kurzgeschichten (meist romantisch-abenteuerlichen Inhalts), von denen die 1888 erschienene Zusammenfassung „The Phantom Rickshaw“ eine seiner berühmtesten enthielt: „The Man Who Would Be King“. Diese phantastisch-lyrische
In unserer Zeit einer Überbewertung der Sexualität darf es nicht verwundern, wenn auch oder gerade die Medien sich damit in ungewöhnlichem Maß befassen; besonders im Film ist dies Thema Nr. 1 — meist in sehr spekulativer und noch häufiger zusätzlich noch in geschmackloser Form; um so mehr und angenehmer fällt auf, wenn es dann einmal einen Film gibt, der das Thema käuflicher Liebe in seriöser und dezent-geschmackvoller Form behandelt. Diese Woche sind es gleichzwei — und über beide sollte man sprechen: wenn unter lauter mißratenen Früchten eine gute ist, wird man auf sie
Der Schauspielerstand, infolge fehlender ideologischer Idealistik der Masse immer mehr als Götze angepriesen, hat sich im Lauf des Kulturverfalls seit dem Zweiten Weltkrieg die Allüren von Königen, zumindest Aristokraten zugelegt: ihr Beruf ist erblich geworden — wenn auch nicht immer das Talent (doch dieses ist heute nicht mehr notwendig, da man es zwar nicht zu ersetzen, aber infolge genügend langjähriger Routine allmählich vorzutäuschen imstande ist). Bei den Sportlern, die gelegentlich auch als Schutzschild vor dem Staatswagen hergeschoben werden, fehlt die Erbfolge noch, da hier
Zu Weihnachten und Neujahr haben sich Österreichs Filmverleiher sichtlich verausgabt: fast alle Filme seither sind entweder unbedeutend oder von minderer Qualität. Aber man sollte nicht allein den hiesigen Verleihorganisationen die Schuld geben, sind sie doch weitgehend vom deutschen Markt, von dem, was dort synchronisiert wird und in die Kinos kommt, abhängig. Und vergleicht man das deutsche Angebot etwa mit dem, was alles in England oder Frankreich an Filmen eingeführt und gezeigt wird — ein Blick in Fachzeitschriften dieser Länder genügt —, dann kann man über den schlechten
Fast zehn Jahre lang hat Hildegard Knef nicht mehr gefilmt, sondern sich Ruf als Buchautorin erworben; das bot vielleicht Anlaß für ein Comeback auf der Kinoleinwand. Und so sehen wir nun eine gealterte und andere Knef in einem neuen Fach: als Mutter und (indirekte) Widerstandskämpferin gegen Hitler in der Verfilmung von Hans Falladas Roman „Jeder stirbt für sich allein“, inszeniert von Alfred Vohrer. Insgesamt wohl eine etwas merkwürdige Konstellation und Kombination, bei der den Kennern nicht ganz wohl wurde (bevor man noch das Ergebnis sah)...Nun ist Falladas in seinem Todesjahr
Wenn auch das feiertägliche Filmangebot nicht immer so war, wie es zu wünschen gewesen wäre, so scheinen die Verleiher immerhin ihre Film-Festtagskiste noch nicht erschöpft zu haben. Auch jetzt gibt es einige neue Filme, die sehenswert sind, einen sogar, den man gesehen haben muß: nämlich Vittorio de Sicas vorletzte Regieärbeit „Ein kurzer Urlaub“, die er noch vor seiner (auch ihn selbst nicht ganz zufriedenstellenden) „Reise nach Palermo“ inszenierte. In diesem Meisterwerk, das nun als würdiger Nachlaß des Ende 1974 verstorbenen großen Schauspielers und vor allem Regisseurs
Das neue Filmjahr beginnt deprimierend: mit dem wirren Italo-Gro-tesk-Western ,fNobody ist der Größte“ von Damiano Damiani, eine schnoddrige, handlungsmäßig völlig unklare und total danebengeratene Parodie der amerikanischen Groß-v/estern (wobei die vom Produzenten Sergio Leone in seinem Monumentalwahn bevorzugte Gegend des „Monument Valley“ in Arizona deswegen noch lange nicht einen Vergleich mit einem Film Fords zuläßt!), und dem Pierre-Richard-Klamauk „Der Tolpatsch mit dem sechsten Sinn“. Richard, als „der große Blonde“ im deutschen Verleih abgestempelt und wegen des
Unserer Zeit entsprechend, wimmelt es zum friedlich-fröhlichen Weihnachtsfest in unseren Kinos von menschenfressenden Haifischen, marokkanischen Geiselnehmern und anderen freundlichen Monstern — und eigentlich nur nostalgische Reprisen von gestern und vorgestern (,Jer Dieb von Bagdad“, „Schneewittchen und die sieben Zwerge“) bieten Familien und deren Kindern die Möglichkeit, gemeinsam im Kino weihnachtliche Freude und Unterhaltung zu finden; nein, es sind noch zwei Filme mehr — aber die sind auch nur in den Häusern zu finden, deren Programm sich meist vom allgemeinen Niveau
Das Weihnachtsfest kommt und, was für viele noch wichtiger ist, das Weihnachtsgeschäft mit ihm... Da auch die Kinos daran teilhaben sollen, bringen nach altem Brauch die Verleiher um diese Zeit ihre (angeblichen) „Film-Gustostückerln“ auf den Markt, also zumeist das, was (nicht immer ganz) gut und (jedenfalls) teuer ist. Heuer ist dies besonders ein amerikanischer, zur Gänze in Spanien gedrehter Groß-Aben-teuerfilm (im Fernsehstil eines „Lawrence von Arabien“) „Der Wind und der Löwe“ über eine amerikanische Truppeninvasion in Marokko Anno 1904, als ein Berberscheich eine
Verfilmungen über Hollywood sollen augenblicklich wieder Mode sein; eigentlich bekommen wir davon wenig zu sehen, und was uns erreicht, erreicht aber jedenfalls nicht die Größe und Bedeutung der Hollywoodfdlme der fünfziger Jahre wie etwa „SunSet Boulevard“. John Schlesinger, ein wirklich ausgezeichneter Regisseur, der immerhin Filme wie „Geliebter Spinner“, „Asphalt Cowboy“ und „Sunday, Bloody Sun-day“ geschaffen hat, meisterte jedenfalls den Roman „Der Tag der Heuschrecke“ von Nathanael West nicht (oder liegt es an der Vorlage?), der eine Schilderung der Schattenseite
Der zweifellos köstlichste Filmwitz seit langer Zeit ist Richard Lesters Parodie auf Degen- und Fecht-Abenteuerfilme „Royal Flash“, wobei von (insbesondere) „Der Gefangene von Zenda“ bis zum „Grafen, von Monte Cristo“ (die Flucht vom Chäteau d'If unter Wasser!) alles verwertet wurde, was berühmt und edel ist. Der wirklich unverschämte Riesenspaß ist im Deutschland der Mitte des vorigen Jahrhunderts angesiedelt, wo ein böser und überheblicher deutscher Junker namens „Otto von Bismarck“ (Oliver Reed) finstere Ränke schmiedet, eine superherrische unbegabte Tänzerin namens
In Kürze feiert die Gesellschaft der Filmfreunde Österreichs ihr dreißigjähriges Bestehen, was auch in der Programmierung des ersten Halbjahres 1976 seinen Niederschlag finden wird. Als Vorschau sozusagen, als „Vorfeier“, bietet sie allen Filminteressierten aber schon am Samstag, dem 29. November, um 18.30 Uhr im Mittleren Saal der Wiener Urania ein Ereignis, auf das hier aufmerksam gemacht werden soll: Luis Tren-kers 1937 in Italien gedrehter Großfilm „Condottieri“, bei der Filmkunstausstellung dieses Jahres preisgekrönt, wird in erster (und einziger) Vorführung seit über 30
Es gibt — allerdings sehr selten — im Film noch wirklich große schauspielerische Leistungen und nicht nur durch Perfektion der Technik und des Schnittes erzielte Vorspiegelungen. Das beweist Vittorio Gassman in Dino Risis Tragikomödie „Der Duft der Frauen“ (II profumo di donna). Dieses hierzulande mentalitätsmäßig wohl nur schwer sich erschließende, weil so typisch italienische „dramma giocoso“, jenes Erzählgenres des Ernsten und Traurigen auf heitere Art, das durch Goldoni und da Ponte berühmt wurde, berichtet von einem ehemaligen Offizier, der vor Jahren bei einem
Die ganze Filmwelt steht noch unter dem lähmenden Eindruck des grausigen Mordes an dem italienischen Filmregisseur Pier Paolo Pasolini, dessen tragisches Ende in seinem Leben und seinen Werken vorgezeichnet war: Ein Außenseiter aus jenem Milieu, das Pasolinis Hauptthema und Anliegen war, bereitete dem großen, aber auch höchst umstrittenen Filmschöpfer das Schicksal, das in fast allen seinen Filmen gegenwärtig war: Tod durch Gewalt... Wie lange werden die Verleiher noch ruhen und nicht durch Wiederaufführungen der Werke Pasolinis letztes Kapital aus dieser Tragödie ziehen, deren
Es waren nicht die unbedeutendsten und schlechtesten Schriftsteller, deren Phantasie die Leser in geheimnisvoll-unzulängliche Landstriche führte, wo die Vergangenheit unberührt geblieben war, Fluchtparadies-Träume für Menschen unserer nicht immer schönen Welt... Pierre Be-noit (L'Atlandtde), Conan Doyle (The Lost World), James Hilton (Lost Horizon), E. A. Poe (Gordon Pym), Rider Haggard (She) und Jules Verne erschufen ihr und unser Shangri-La — und auch Ian Cameron erträumte sich in seinem Buch „The Lost Ones“ seinen Garten Eden; die Walt-Disney-Production realisierte den Roman
Zum 24. Male lud die Stadt Mannheim zur „Internationalen Filmwoche“ ein — und welcher Gast, welcher Ausländer folgte nicht gern der Einladung, eine Woche in diesem ebenso fleißiggroßzügigen wie kulturell bedeutsamen (das Theater hat internationalen Rang, die Kunsthalle eine Bildersammlung des 19. und 20. Jahrhunderts, die sich sehen lassen kann!) Industriezentrum zu verbringen? Dennoch — noch nie war der journalistische Besuch so spärlich gewesen — und vor allem, noch nie auch der Besuch der Bevölkerung so gering und dürftig. Die gleichzeitig stattfindende Bundesgartenschau war glänzend besucht, die Filmwoche fand (fast) vor leeren Häusern statt.
Das unverwüstliche eherne Monument des konservativen gotteigenen Landes, John Wayne, heute 68 Jahre alt, hat nun ebenfalls der Pflicht jedes amerikanischen Hollywood-Stars seinen Tribut gezahlt und einen Film in England absolviert; in „Bran-nigan — ein Mann aus Stahl“, einem der gängigsten Rolizistenthema-Filme (was sollte Wayne schon in England anderes spielen, da es dort weder Großfarmer, noch Cowboys, noch hohe US-Soldaten gibt?), geht es um die üblichen Gegensätze zwischen tüchtig-derber amerikanischer Männlichkeit und gepflegt-englischer Zurückhaltung, deren Witz in der
Es kann sich hier doch wohl nur um einen Irrtum in der Berichterstattung handeln, daß das Filmmon-strum ,ßer Pate, II. Teil“ sechs „Oscars“ erhalten hat... Bitte, sechs Oscars für besondere spezielle Langewedle, das ließe man sich noch einreden, obwohl noch nie sechs für ein und dasselbe Fach vergeben wurden (verdienen würde er's!)... Was diese mühsamst und umständlichst von John Ford Coppola zusammengebastelte, einschläfernde und kein Ende nehmende Geschichte vom Sohn des berühmten „Paten“, in die dauernd, aber völlig unmotiviert Jugenderlebnisse vom Aufstieg seines
Die Filmsaison läuft mit Hochtouren an — hoffentlich, kann man nur wünschen, geht ihr bei soviel Qualität zu Beginn nicht schon allzu bald wieder der Atem aus! Da ist, an der Spitze der Jahresbesten wahrscheinlich zu nennen, vcr allem die politische Spielfilmdokumentation „Die Ermordung Matteottis“ (11 delitto Matteotti) von Florestono Voncint, vor dessen Beginn steht: „Dieser Film ist kein Film über den Abgeordneten und Sekretär der Vereinigten Sozialistischen Parteien Italiens, Giacomo Matteotti. Dieser Film ist vielmehr die Analyse der politischen Krise in Italien, die zur
Sie bleibt ein Rätsel — wie sie es immer war; auch heute noch kann man oft in Zeitungen über sie lesen, sogar, daß sie wieder filmen wird. Wie absurd! Eine Siebzigjährige, die Menschen und Publicity flieht, die zurückgezogen lebt und photo-und kamerascheu ist — während die Filmtheater in allen Ländern der Erde immer wieder ihre unvergessenen und unvergeßlichen Filme aufführen ... Jabei wurde die Garbo im üblichen Sinne nie ein „populärer“ Star, obwohl jeder ihren Namen kennt. Man kennt ihn aber wohl in erster Linie in Verbindung mit jenen Filmtiteln, die in aller Munde sind,
Betrachtet man das derzeitige Filmangebot, die Filme, die in der neuen Saison ;n Wien angelaufen sind, gewinnt man den Eindruck, die Qualität habe sich gebessert; es gelangen einige gute Filme aus den letzten zwei, drei Jahren zur Erstaufführung, auch die neuen sind akzeptabel, jedenfalls diskussionswert — und der daneben jede Woche anlaufende „Mist“ (schlechter Sex-und Actionfilme) fällt dadurch weniger auf. Doch jubeln wir nicht zu früh, loben wir den Tag nicht vor dem Abend. Ich bin sicher, so schön kann es gar nicht bleiben ...Als ein Geniestreich des Verleihs muß es angesehen
Seit dem Aufkommen des Cinemascope oder des 3-D-Films gab es keine spektakulärere und größere technische Erfindung, allerdings auch keine kostspieligere, kompliziertere und überflüssigere (doch hüte man sich, bei der Technik Prophezeiungen zu machen: wie oft wurden da Propheten schon Lügen gestraft!): das „Sensurround“-Verfahren, eine Verbindung der Worte „Sense“ (Empfinden, Sinn) und „Surround“ (umgeben); in der Praxis bedeutet dies, daß Schallwellen erzeugt werden, die unterhalb der menschlichen Hörgrenze liegen, wodurch die Illusion des „Zitterns“ und „Bebens“
Persiflagen sind wohl nur für „Eingeweihte“ ein Vergnügen; es geht einem da oft so ähnlich, wie wenn man mit einem Schauspieler ein Theater besucht: der amüsiert sich oft köstlich über ein dem Laien überhaupt nicht auffallendes oder unverständliches Detail, einen „private joke“ der Mitwirkenden, nur dem eingeschworenen Mitbruder erschließbar. So geht es auch mit Filmen, in denen Godard oder irgendein „Junigfilmer“ eine Andeutung, eine private „hommage“ macht, die nur der geheimnisvolle „innere Kreis“ (der Dazugehörigen, Eingeweihten) versteht und zu würdigen
Nicht einmal Lelouch würde es wagen, den Kitsch soweit zu treiben, einem Liebespaar eine Seemöwe in das Schlafzimmer flattern zu lassen — Monsieur Labro tut dies und noch mehr hintergründig Tiefsinniges dazu in seinem französischen Kunstgewerbedrama „Bonne Chance“, womit auf gut deutsch der Film „Le Hasard et la Violence“ (Zufall und Gewalt) übersetzt wurde. Und dieses pompös-banale Schnulzenepos, in dem ununterbrochen die Brandung tost und bedeutungsvoller Symbolismus in jedem Bild mit erhobenem Zeigefinger lauert, erhielt von unserer glorreichen
An der Spitze des Filmangebots dieser Woche steht — natürlich, möchte man langsam sagen — eine Wiederaufführung; anscheinend ist das Sammerwetter doch noch zu schön für einen Kinobesuch (wo ist es angenehmer kühl als in einem — selbstverständlich modernen — Kino?), so glauben zumindest die Verleiher und ziehen den voreiligen Sadsonbeginm der Vorwoche wieder zaghaft zurück...Wer vor 16 Jahren den wirklich grandiosen russischen „ersten Tauwetterfilm“ versäumt hat, soll ihn sich jetzt unbedingt ansehen: „Wenn die Kraniche ziehen“, 1957, vier Jahre nach Stalins Tod
Obwohl anscheinend noch immer Sommerhochsaison ist, was zuminr dest durch das Schließen zahlreicher Gasthäuser und Geschäfte dokumentiert wird, scheinen die österreichischen Filmverleiher jedoch beschlossen zu haben, die Kinosaison für eröffnet zu erklären. Ansonsten wäre es wohl nicht möglich, daß drei Filme in unseren Kinos zu sehen sind, die ausgesprochene „Qualitäten“ — und sei es nur solche kommerzieller Art infolge der Besetzung etwa oder des reißerischen Themas — aufweisen und mit Publikum rechnen können. Oder sollten etwa die Verleiher ihre bisherige, jahrelang
Wenn schon eine Geschäftsführung dies nicht tut, muß hier das Kinopublikum öffentlich gewarnt werden: Vorsicht bei Filmtiteln! Es hat sich in dieser Branche seit einiger Zeit der Brauch eingebürgert, ältere Filme, die wiederaufgeführt werden, mit neuen Titeln zu schmücken, so daß der gutgläubige und nicht unbedingt sachverständige Kinobesucher glaubt (glauben muß), es handle sich um einen neuen Film! So tief ist also diese Branche schon gesunken ... Und daher sei vor „Louis, das Schlitzohr“ gewarnt — der Film hieß einmal „Scharfe Sachen für Monsieur“ — und „Oscar,
Triest ist eine wunderschöne Stadt— noch immer, auch wenn die Eleganz und Vornehmheit mit einer älteren Generation, noch aus der Monarchie stammend, immer mehr dahinschwindet, Schmutz und Schlamperei immer deutlichere Formen annehmen und manche Teile einem riesigen Mexikoplatz immer ähnlicher werden. (Erklärung für NichtWiener: Der Mexikoplatz ist Wiens größtes Verkaufsviertel für Gastarbeiter und Osttouristen, wo zu niedrigen Preisen miserable Qualität verramscht wird.) Triest besitzt, besonders des Abends, von einem der Hügel aus gesehen, wenn die Lichter glitzern und die
Zum fünfundzwanzigsten Mal fanden in Berlin internationale Filmfestspiele statt — und wie es sich für so ein silbernes Jubiläum gebührt, standen sie im Zeichen eines Mannes, der sie initiiert, aufgebaut, betreut und durch alle Schlachten geführt hat: Dr. Alfred Bauer, seit dem ersten Jahr und bis heute Leiter der Filmfestspiele. Und damit hat Dr. Bauer nicht nur einen einzigartigen Rekord erzielt — es gibt keinen Festivalleiter, der ein Vierteljahrhundert lang seinen Posten halten konnte —, sondern auch eine bewundernswerte Leistung: wie er es verstand, nicht nur in Berlin
Am Anfang war ein Roman von Patrick Dennis, der so erfolgreich war, daß Jerome Lawrence und Robert E. Lee daraus ein Bühnenstück machten, das jahrelang am Broadway lief, „Auntie Marne“, 1955 bis 1957 von Rosalind Russell kreiert, dann nachgespielt von Greer Gar-son; 1958 wurde dann der gleichnamige danach gedrehte Film (ebenfalls mit der Russell) uraufgeführt und etwa zehn Jahre später machte Jerry Herman, Erfolgskomponist von „Hello, Dolly!“ daraus ein Musical, mit dem Angela Lansbury am Broadway so begeisterte, daß danach wieder ein Film gedreht wurde (im Vorjahr
Die Verleihfirmen bringen schnell noch vor der (toten) Sommersaison die letzten „Zuckerln“ ins Kino, einige „Großfilme“, die aber nicht groß genüg sind, in kommerzieller Hinsicht anscheinend, um bis zum Herbst warten zu können. Dieser Folgerung durften wir es wohl verdanken, daß wir den eben erst in Cannes gezeigten, nach „Sweet Charity“ und „Cabaret“ dritten Film von Bob Fosse schon so schnell in Wien zu sehen bekommen.Fosse schildert in „Lenny“ in effektvoll-schlichter Schwarzweiß-Manier fast dokumentarisch das Leben des 1966 an einer Überdosis Morphium gestorbenen
Schnell noch vor der sommerlichen „Saure-Gurken-Zeit“, schnell also noch vor Sommerhitze und Ferienzeit, hat ein Verleih zwei Filme herausgebracht, die anzusehen sich wirklich lohnt. Der eine ist eine englische Kammerspieltragödie, der andere die authentische Rekonstruktion eines Mordprozesses.Vor 23 Jahren erregte die Ermordung einer englischen Familie in der Provence, eines Ehepaares und dessen kleinen Töchterleins, europäisches Aufsehen; ein 77jähriger Großbauer namens Dominici wurde schließlich des dreifachen Mordes beschuldigt, angeklagt und zum Tode verurteilt, jedoch begnadigt
Das Wiener Filmangebot wird immer sommerlicher, aber das stimmt eigentlich auch nicht, denn so „sommerlich“ ist es so ziemlich das ganze Jahr über. Man lese etwa die Kinoprogrammspalte einer Zeitung aus Mailand: was dort an Filmen an einem Tag gezeigt wird, von künstlerischen neuen bis zu sehenswerten Reprisen, ergibt eine Palette, die unserer so überheblichen „Kulturstadt“ das ärmlichste Zeugnis ausstellt. Doch es ist unleugbar — der Wiener ist kein Kinogänger, hat im Grunde für Film nicht viel übrig (oder nur wenige ziemlich wenig) — und das macht sich nicht nur im
Bis gute Filme zu uns kommen, dauert es manchmal sehr lange (siehe „Das letzte Kommando“), mitunter kommen sie auch gar nicht — weil sie eben in Verleihermeinung kein Geschäft sind; schlechte dagegen kommen dann oft recht schnell, denn das sind zumeist die „aktuellen Geschäftsfilme“: so ist des übereingebildeten Ex-Österreichers Otto Ludwig Preminger (dessen große Filmzeit schon einige Jahre vorbei ist) Terroristen-Opus „Unternehmen Rosebud“ überraschend schnell in den Wiener Kinos, unverdient schnell. Denn diese mit Monsterbesetzung prahlende (Peter O'Toole, Richard
Wien ist doch eine Filmstadt — zumindest, was die Aktivität einiger kulturell oder wissenschaftlich mit dem Film beschäftigten Institutionen betrifft. Angesichts ihrer Bedeutung öffentlich noch zuwenig beachtet und von den Wiener Zeitungen viel zu wenig gewürdigt und herausgestellt, findet derzeit eine der sensationellsten und größten Filmretrospektiven statt, die je in Wien veranstaltet wurden, sinnvoller und großzügiger als alles bisherige, das von Vereinigungen mit ähnlich klingendem Namen gemacht wurde: das österreichische Filmarchiv zeigt bis zum 28. September im Alten Schloß
Kunst besitzt jede Freiheit, kennt keine Beschränkungen: man kann etwas, selbst vergangene Ereignisse, auf die verschiedenste Art wiedergeben, historisch oder historisierend, fantastisch oder realistisch, psychologisch, ja sogar sexualpsychologisch, oder romantisch — wie dies 1934 Rouben Mamoulian bei seiner heute noch unvergessenen Gestaltung der „Königin Christine“ mit der Garbo tat. Die künstlerische Darstellung folgt keinen historischen Zwängen — also kann man das Leben der legendären schwedischen Königin, die 1654 abdankte, 1655 zum katholischen Glauben übertrat, meist in
Es gibt noch schnell vor den Pfingstfeiertagen einige gute und sehenswerte Filme im Wiener Kinoprogramm: da ist wohl zunächst — wegen seiner enormen Aktualität — der Flugzeugerpressungsfilm „Die Uhr läuft ab“ (Ransom, Regie: Cas-per Wrede) zu nennen, in dem ein hoher Beamter des Sicherheitsdienstes (Sean Connery) in einer britischen Botschaft in Skandinavien, ein Botschafter und sein Personal von Anarchisten als Geiseln genommen werden (um Gefangene in England freizubekommen) und gleichzeitig von Komplicen eine Linienmaschine in ihre Gewalt gebracht wird, um die Anarchisten in
Es kristallisiert sich immer deutlicher heraus: der Film der Gegenwart verliert immer mehr an Bedeutung und an künstlerischer Substanz, den wirklich großen Film, das Meisterwerk in der so kurzen Geschichte der Kinematographie, sucht man in den siebziger Jahren vergebens. Wer wirklich erkennen will, was Film zu leisten imstande ist, muß sich an den Werken von gestern und vorgestern orientieren.Wer Kunst sehen will, muß nach gestern zurückschauen: Laurence Oliviers perfekte und großartige Shakespeare-Verfilmung „Henry V.“ ist wieder bei uns zu sehen und noch immer ein vollkommener
Die so erfolgreiche, ja klassische Broadwaykomödie „The Front Page“, nun zum drittenmal, nach Lewis Milestone 1931 und Howard Hawks 1940 (unter dem Titel „His Girl Friday“), von Billy Wilder verfilmt, war Eröffnungsfilm der diesjährigen Viennale (im Original) und läuft nun deutsch-synchronisiert als „Extrablatt“ im normalen Kinoprogramm. Hier beweist der angebliche Ex-Wiener (es wird auch behauptet, daß er aus Krakau stammt) sein großes handwerkliches Talent: Es ist alles exaktest bis ins letzte Detail gekonnt, berechnet und ausgeführt, doch unpersönlich, lautstark, derb,
Es wäre falsch, den englischen Spannungsthriller „Juggernaut“ — den Abschlußfilm der diesjährigen „Viennale“ —, der nunmehr in synchronisierter Fassung und unter dem Titel „18 Stunden bis zur Ewigkeit“ im normalen Kinoprogramm anläuft, in das Genre der „Kata-strophenfllme“ einbeziehen zu wollen. Im Unterschied zu diesen basiert der von Richard Lester überaus spannend und daneben auch mit kleinen humorvollen Einlagen inszenierte Film auf einer tatsächlichen Begebenheit, die sich vor zwei Jahren auf dem Luxusdampfer „Queen Elizabeth“ zugetragen hat. Im Film geht es
Hier zeigt das alte gute Hollywood all seinen Glanz und seine Größe: die MGM, die Metro-Goldwyn-Mayer, wohl als legendärste und triumphalste Filmproduktionsgesellschaft in das Buch der Filmgeschichte eingeschrieben, mit ihrem unvergeßlichen Wahrzeichen, dem brüllenden Löwen, hat in ihrem Archiv gekramt und eine Zusammenstellung von Revue-, Tanz- und Musikszenen unter dem Titel „Das aibt's nie wieder“ („That's Entertamment“) herausgebracht, die diesen deutschen Titel wirklich ebenso verdient wie den der Originalfassung... Ja, das ist Unterhaltung, mehr noch, das ist Kunst,
Die Welle der „Katastrophenfilme“ hat nun auch Österreichs Kinos erreicht und wird sie bald überfluten; Tragödien größten Ausmaßes, kleine Weltuntergänge sind auf der Leinwand wieder gefragt... „Wieder“: denn so neu ist diese Sucht nach dem Miterleben von Zerstörung, und Massentod nicht: schon in den dreißiger Jahren erreichte Hollywood Rekordzahlen mit Filmen von Erdbeben, Sturmfluten und Schiffsuntergängen — damals, in der Zeit der Depression. Natürlich könnte man auch andere Gründe für diese makabre Lust finden, etwa den, daß das vom Fernsehen fleißig während des
Jahrelang galt in sogenannt „progressiven“ Cinėastenkreisen der italienische Western-Regisseur Sergio Corbucci als „politisch engagierter, sozial- und gesellschaftskritischer, fortschrittlicher (weil linksgerichteter) Filmschöpfer“. Als die Mode des harten Western allTtaliana von der Western-Groteske im Stil der „Hallelujah“-Blödeleien abgelöst wurde, hörte man von Corbucci längere Zeit nichts mehr; doch nun ist wieder ein Film dieses (zweifellos geschickten) Filmhandwerkers in unseren Kinos, schon mit dem eindeutigen Titel „Drei Halunken I. Klasse“ synchronisiert und
Vor wenigen Tagen wurde der große spanische Regisseur Luis Bunuel 75 Jahre aßt. Der Altmeister ist einer der Größten der Fikngeschicbte, fast alle seiner bisher 31 Filme gehören zu den „Klassikern“ der Kinematographie, erinnern wir nur an die wichtigsten Titel „Le chien andaiou“, „Los Olvidados“, „Viri- diana“, „Das Tagebuch einer Kammerzofe“, „Nazardn“, „Belle Jour“, „Der Würgeengel“, „Die Milchstraße“, „Tistana“ und „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“. Nun kommt auch sein jüngstes Werk zu uns, eine satirische Groteske mit dem Titel „Das
Was eigentlich kaum für möglich gehalten wurde, ist doch eingetre- ten: Liliana Gavanis monströserKolportagereigen einer kompletten psychopathia sexiualis — noch dazu (ja, wo eigentlich sonst?) in Wien spielend — ist doch über die Grenzen zu uns gedrungen und jeder kann nun auch in Wien die garantiert ungekürzte Fassung von „Der Nachtportier“ sehen. Diese erstaunliche Ragisseuse („Galileo“, „I canni- bali“, „Milarepa“), die Pasolini zu seinem „Matthäusevangelium“ beeinflußt haben soll, bricht hier in schok- kierendster Form alle Tabus, wozu sde den Trick
Die Filmverieiher haben nunmehr erreicht, was zu befürchten war und sie seihst herbeigeführt haben: die totale Filmflaute — es sind zu wenig (synchronisierte) Filme da, um den Markt zu beliefern … Infolge ihrer blinden Abneigung gegen den „künstlerisch verdächtigen“ und daher geschäftlich nicht todsicheren „gehobenen“ Film, wozu auch mangelnde Fachkenntnis kommt, ist nun eine Lücke eingetreten und es gibt keine Filme für die Kinos… Jahrelang wurde von den deutschsprachigen, auch hiesigen Verleihern der niveauvolle ausländische Film boykottiert — nun stehen sie da und
Vor einigen Monaten wurde im Amerikahaus im Rahmen einer Humphrey-Bogart-Retrospektive der Klassiker „Casablanca“ von Michael Curtiz, 1942, in der Originalfassung gezeigt; die Vorführung dieses im Rahmen der Nostalgie-Mode zu höchsten Ehren gekommenen Emi- granten-Thrillers mußte wiederholt werden, weil die Jugend seit Woody Aliens („Mach’s noch einmal, Sam!“) diesen Film „entdeckt“ und zu ihrem Liebling erkoren hatte. Schon zu seiner ‘Entstehungszeit war der Film mehr als nur ein Erfolg: er wurde zu einem Symbol (des Widerstandes gegen den Naziterror — 16 von den 20
Brutalitäten, Sadismen und Gewalt sind im Kino nicht als Ausnahmeerscheinung, als „modische Wellen” anzusehen, sondern es gibt sie eigentlich schon seit der Zeit, als der Filrri sich zu einer kommerziellen Industrie zu entwickeln begann. Daß die Gewalt den Menschen unterschwellig ebenso anzieht und fasziniert wie der Horror, ist eine von Psychologen und Psychiatern schon längst erkannte und definierte Er- scheinung, aus der das Kino Kapital zu schlagen verstand — und dies heute besser denn je versteht. Nur hatte man früher noch gewisse Hemmungen, moralische oder sonstige Skrupel, ein
Es war ein wirklich ausgezeichneter und hervorragend-lobenswerter Einfall, der Erstaufführung von Pier-Paolo Pasolinis „Erotischen Geschichten aus 1001 Nacht” die Wiederaufführung eines älteren Pasolini-Werkes gegenüberzustellen, denn nicht nur müssen angesichts dieser so klarstellenden Konfrontation alle Einwände von Kritikern verstummen, daß Pasolini sich untreu geworden sei, sondern man kann hier auch exemplarisch den eindeutigen Entwicklungsweg des Regisseurs beobachten und studieren. In „Ödipus — Bett der Gewalt” aus dem Jahr 1967 begegnen wir, Pasolinis Opus 7, der
Wenn auch die meisten der zu Weihnachten in Wien angelaüfenen neuen Filme in irgendeiner Hinsicht zumindest interessant und sehenswert sind, so fehlt doch — im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, wie üblich — der „große” Film, der künstlerisch besondere, überdurch- schnittliche; Chaplins „Monsieur Verdoux” (nach einer Idee von Orson Welles), die eiskalt-bösartige Mördergeschichte, hinter derer Liebenswürdigkeit und bhaplinschem Groteskcharme höhnische Verzweiflung und Verachtung hervorlugt, wäre ein solcher Film — aber er ist eine Wiederaufführung und nicht .mehr,neu,
De mortuis nil nisi bene #— gut und schön, doch man tut Vittorio de Sica sicher nichts Gutes, wenn man sein letztes Regieopus widerspruchslos hinnimmt. Es steht nämlich außer Zweifel, daß de Sicas Filmadaption der Novelle „II viaggio“ von Luigi Pirandello unter dem Titel „Die Reise nach Palermo" eine bestellte (und sicher hoch dotierte) Auftragsarbeit Carlo Pantis war, keine Wunschvorstellung des Regisseurs. Er sollte hier eindeutig einen Kommerzfilmerfolg liefern, in dem zwei Weltstars miteinander vereinigt werden mußten (Sophia Loren und Richard Burton), der eine tragische
Bald kommt Weihnachten, das Fest des Friedens und der Liebe, aber in den Wiener Kinos merkt man zunächst noch nicht allzuviel davon. Es wird weiter fernöstlich gerauft geheimdienstlich gekillt und deutsch oder schwedisch sexgeblödelt. Nicht nur die Zeiten sind härter geworden, auch die Sitten sind es. Und wenn einst „Pater Brown“ — gar so lang ist es eigentlich doch gar nicht her?— mit Logik und Überlegungen kriminalistische Fälle löste, so tut dies heute „Father Charlie“ in Chikago mit weitaus mehr physischer Kraft: er verbiegt Dollarstücke mit bezw. in einer Hand,
Nicht nur infolge Platzmangels ist es in dieser Spalte üblich, unbedeutende oder schlechte Filme nicht zu erwähnen: etwas totzuschweigen ist wirkungsvoller als negative Kritik … Wenn, wie heute, hie und da von diesem Prinzip abgegangen wird, ist damit eine bestimmte Absicht verbunden; infolge eines im Augenblick interessanten Namens eines Mitwirkenden mag der Filmfreund verleitet werden, sich einen Film anzusehen, der es aber qualitativ gar nicht verdient (so z. B. sind nicht alle Filme,in denen Orson Welles mitspielt, immer gute und sehenswerte Filme). Dieser Fall trifft in dieser Woche
Zwei Filme eines etwas ungewöhnlichen und bei uns auch flicht sonderlich publikumsbeliebten Genres, zwei aufwendige Großfilme noch dazu, werden zur gleichen Zeit in Wien gezeigt. Das gibt Gelegenheit zu zwei Feststellungen: erstens dokumentiert dies eindeutig, wie sinnvoll und wohlüberlegt-koordiniert Österreichs Filmverleiher programmieren und Hand in Hand zum Wohl des Films arbeiten, und zweitens gibt dies die immerhin positiv-interessante Möglichkeit, zwei Filme des gleichen Gebietes — diesmal der Science-fiction — vergleichsweise einander gegenüberzustellen.Zwei
Der Tod eines Großen überschattet an Bedeutung bei weitem die Aktualität des ddeswöchigen Kinoangebots, von dem nur die Wiederaufführung eines englischen Klassikers und die deutschsprachige Erstaufführung einer liebenswerten französischenSittenkamödie herausgehoben werden sollen. Doch das — vom Kenner schon länger befürchtete — Ableben Vittorio de Sicas, der sich von einer Lungenoperation nicht mehr erholte, dieses Größten unter den Filmschaffenden Italiens, erschüttert in seiner Tragik die ganze Filmwelt. Doch selbst in den Nachrufen — dm ORF/ Fernsehen und in den beiden
Das dieswöchige Filmangebot wartet mit der immerhin erfreulichen Tatsache auf, daß es mit gleich drei Filmwerken hervortritt, die für den Filminteressierten als sehenswert bezeichnet werden können; alle drei Filme — von völlig unterschiedlicher Thematik und verschiedenen Gattungen zugehörig — sind zwar keine makellosen Kunstwerke, doch so interessant und überdurchschnittlich gelungen, jedes in seiner Art, daß ihr Besuch empfohlen werden kann.Des „Filmrechtsanwaltes“ Andrė Cayatte neuestes Plädoyer zum Problem der Gerichtsbarkeit oder Rechtssprechung „Das Urteil“
Francis Scott FitzgeYald schrieb 1925 seinen Roman „Der große Gatsby” als Dokument einer Dekade, der „Roaring Twenties”, der verrückten zwanziger Jahre mit ihrem Tanz auf dem Vulkan. Zweimal wurde der Stoff bereits verfilmt, 1926 und 1949, doch ohne irgendwelchen filmgeschichtlichen Niederschlag. Doch jetzt, nach dem Sieg der Filmindustrie über die revolutionäre Jungfilm-Bewegung der endsechziger Jahre, in dem Trend der Neoromantik der „L’ove Story” und auf dem Höhepunkt der Nostalgie-Welle, konnte es nicht ausbleiben, daß die tragisch-süße Liebesgeschichte aus den
Als im Vorjahr kurz voi; Beginn der Filmwoche ihr langjähriger Leiter Walter Talmon-Gros plötzlich verstarb, stand Mannheim vor einer Krise: wo einen neuen und ebenso fachkundigen Festivaldirektor finden? Da eine gründliche Lösung so schnell nicht zu finden war, wurde die diesjährige 23. Internationale Filmwoche Mannheim 1974 von einem mehr oder weniger provisorischen Organisationsteam veranstaltet, von Frau Fee Vaillant, den Herren Hanns Maier, Klaus Hofmann und Michael Andritzky. Ihre Namen seien deswegen hier besonders genannt, weil ihnen vor allem und eigentlich wohl überhaupt zu danken ist, daß die Filmwoche heuer durchgeführt werden konnte — und, mehr als dies, so ausgezeichnet gelungen ist, daß von einem „Provisorium” nichts zu merken war. Dies ist um so höher zu bewerten, als alle Genannten nicht hauptberuflich ihre Tätigkeit ausübten, sondern neben ihrer sonstigen Berufsarbeit.
Vor einer Woche wurde an dieser Stelle versucht, die Ursachen der derzeitigen Filmwelle der Gewalt und des Ekels aufzudecken; diese Woche läuft nun ein Film in Wien — mit sechsjähriger Verspätung —, der in reinster und klarster Form die Antwort auf die Frage bietet: Peter Bogdanovichs 1968 entstandenes Spielfilm-Regiedebüt „Bewegliche Ziele” (Targets), ein Werk, das einmal zu den bedeutendsten Filmen der Geschichte gezählt werden wird, heute bereits ein echter Klassiker ist — und ein Film, den niemand versäumen sollte (auch wenn er für das Genre nichts empfindet).Der Film
Vor vierzig Jahren stillten sich in Vampire verwandelte transsilvani- sche Grafen, von wissenschaftsbesessenen Baronen geschaffene künstliche Monster und bei Vollmond sich in Wölfe umbildende Menschen auf der Kinoleinwand das Bedürfnis des Publikums nach Abreaktion der Angst, nach Schauder und Grusel. Heute lachen wir über Dracula, Frankenstein und den Werwolf oder bewundern bestenfalls deren historische Manifestation; wir sind seither anderes gewöhnt, an anderes gewöhnt werden, weitaus Schrecklicheres, weitaus realeres Grauen: bringt uns doch das Fernsehen täglich beim Abendessen alle
Direkt anschließend an Arrabals geistige Bankrotterklärung „Ich werde laufen wie ein verrücktes Pferd” im selben Kino Alexandro Jodorowskys wenig geschmackvolles Happening-Spektakel „Montana Sacra” zu zeigen, verrät zumindest wenig sinnvolle und vorausdenkende Programmierung; allzusehr ähneln in manchem die beiden Filme — Wenn auch Jodörowsky (wie Arrabal Mitbegründer der „Groupe panique”) mit seinen bizarren optischen Erfindungen und maßlos-wüsten Bildern Arrabals Schocker filmisch bei weitem übertrifft. Doeh was soll die verschwommene Philosophie dahinter mit
Unter all den durdischnittlichen Filmen dieser Woche ragen zwei heraus, die zwar ebensowenig als „Meisterwerke“ bezeichnet werden können, aber immerhin zumindest aus historischen Aspekten herausgehoben zu werden verdienen; beide stammen aus den dreißiger Jahren, sind aber so versohieden wie Tag und Nacht. Beide sind typische Produkte ihrer Zeit und Mentalität und sind wenigstens aus diesem Grund zeitlos: Studienobjekte idealsterNatur für Zeit- und Filmgeschichte — und darüber hinaus (für den unbefangenen Zuschauer) aber auch güte Unterhaltung. „Hallelujah, J’n» a Tramp“
1869 schrieb der geniale Jules Verna seine etoenso hinreißende wie heute bereits- ais Literaturklassiker zu bezeichnende wissenschaftlich- utöpisch-phantastische Abenteuer- erzählung „20.000 Meilen unter dem Meer“, in der drei Schiffbrüchige aufregende Erlebnisse an Bord eines sagenhaften Meeresschiffes .Jiauti- lus“ als unifreiiwiUiga „Gäste“ des mysteriösen Kapitäns „Nemo" mitmachten, bevor ihnen die Flucht gelang. Die ebenso begeisterten wie in ihrer Neugier um die Aufklärung des Geheimnisses um die .Jiautilus“ und ihren Schöpfer betragenen und daher empörten Leser
Francesco Rosi, einer der großen Regisseure der italienischen Nachkriegsära, hat sich in den 16 Jahren seit seinem Dubüt in „La Sfida“ in allen seinen wichtigen Filmen stets mit den gesellschaftlichen Auswirkungen der für die kapitalistische Wirtschaft signifikanten ökonomischen und politischen Machtballungen und ihrer Anfälligkeit für kriminelle Koplotte beschäftigt — wobei stets die Mafia in ihnen eine bestimmte Bedeutung besitz, so in „Wer erschoß Salvatore G.?“, „Die Hände über der Stadt“ und „Der Fall Mattei“.Am eindeutigsten nun beschäftigt sich Rosi mit
Es mag erstaunlich oder befremdlich anmuten, stimmt aber nachweisbar: Der österreichischen Mentalität liegt das Phantastische fern — was durch den geringen Verkauf von Science-fiction-Literatur und phantastischen Romanen ebenso wie durch den schwachen Konsum dieses Genres im Medium Film eindeutig bewiesen wird (die Ausnahmen im Roman — Kafka in bitter-satirischer Darstellung einer „Obrigkeit“ oder Herzmanovsky-Orlando in persiflie-rend-karikaturistischer Groteske, der österreichischen Form der phantastischen Literatur — bestätigen dies auch auf schöpferischem Gebiet!). Im
Kennen Sie Ingmar Bergman bzw. dessen Filme? Sollte dies aus irgendwelchen Gründen bisher nicht der Fall gewesen sein, dann sehen Sie sich sein bisher letzte Opus „Schreie und Flüstern“ an — und Sie haben damit Bergman in seiner ganzen Komplexität erlebt... Dieser 1972 gedrehte Film, von dem ich behaupten möchte, das er der vollkommenste und perfekteste, schönste und genialste Farbfilm ist, faßt alle Thematik und alle Probleme (auch Problematik!) des großen schwedischen Regisseurs zu einem Kompendium zusammen, die er zu einem Furioso steigert und wofür er eine unüberbietbar
Nach dem Uberangebot der Vorwoche ist es um die Pfingstfeiertage — man fährt mit dem Auto aus der Großstadt hinaus — in den Wiener Kinos etwas stiller geworden. Wer ein Naturfreund ist und zu Hause bleibt, kann sich den kanadisch-amerikanischen Dokumentarfilm mit Spielhandlung „So frei wie der Wind“ ansehen, der die Entwicklung von vier Wölfen schildert, die ein alter Jäger und Fallensteller elternlos findet und aufzieht. Der photographisch sehr schöne Film, der die Sehnsucht nach „freier Wildnis“ weckt und ebenso sensationslos-stille wie hervorragende Tier- und
Ein Film hat sieben „Oscars“, sieben der höchsten amerikanischen Filmakademie-Auszeichnungen gewonnen: man erwartet also zumindest einen monumentalen Großfilm im Stil von „Lawrence of Arafoia“ oder „Ben Hur“ (da er amerikanischer Herkunft ist) — oder ein. künstlerisches Meisterwerk im Stil eines Fellini, Antonioni, Bunuel, jedenfalls aber, da es sich um eine Komödie handeln soll, daß sie vom Geist Lubitschs inspiriert ist. Nichts dergleichen: „Der Clou“ ist eine höchst amüsante, perfekt gestaltete und charmant dargestellte Gaunerkomödie aus dem Chicago der dreißiger
Johannes Schaaf — seine beiden früheren Werke „Tätowierung“ und „Trotta — Die Kapuzinergruft“ gehören zu den besten deutschen Filmen der letzten Jahre — hat das Wagnis unternommen, den einzigen, 1909 erstmals veröffentlichten Roman von Alfred Kubin „Die andere Seite“ zu verfilmen. Die erste Fassung dauerte über drei Stunden, die nunmehrige etwas mehr als zwei — manchmal etwas, langatmig, meist aber faszinierend und dennoch das Vorbild nicht erreichend, gehört „Traumstadt“ immerhin zu den wenigen Filmen, über die man diskutieren kann. Am schönsten sind die
Viele bedeutende Künstler und Persönlichkeiten des internationalen Films stammen aus Österreich, viele von ihnen haben nie ein Werk in der Heimat geschaffen — so Erich von Stroheim, Josef von Sternberg, Fritz Lang; dem großen G. W. Pab^t war es erst nach vielen Jahren größter Auslandserfolge möglich, in Österreich drei Filme zu drehen. Und so kommt es, daß von jenen Filmregisseuren, die in Österreich selbst ihre Filme inszenieren konnten und in den internationalen Filmgeschichtsbüchern aufgezählt werden unter den Großen ihres Faches, eigentlich nur drei Namen aufscheinen: Willi Forst, Gustav Ucicky und — Karl Hartl...
Oh Ihr Gläubigen an die Wunder des Films — aber auch Ihr Ungläubigen, die Ihr Euch bekehren lassen solltet und wendet, wenn Ihr dies Zauberwerk optischer Illusionen gesehen habt: beim Barte des Propheten, wo gibt es sonst so herrliche Märchen und phantastische Abenteuer zu bewundern wie „Sindbads gefährliche Abenteuer“? Habt Ihr schon des kühnen Kapitäns furchtbaren Schwertkampf mit einer sechsarmigen lebenden Bronzegöttin erlebt? Saht Ihr je den schrecklichen Kampf zwischen einem einäugigen Zentauren und dem Märchenvogel Greif mit seinen Flügeln, Adlerschnabel und
Franz von Assisi äst wohl der bekannteste und liebenswerteste in der Schar der Heiligen der römisch-katholischen Kirche, jener die reine Liebe zu Gott predigende Jüngling, der mit den Vögeln, Fischen und Steinen redete und alles von Gott Erschaffene als seinen Bruder und seine Schwester bezeichnete: darum ist auch der Titel eines wunderschönen Films über die Jugendjahre jenes 1181 oder 1182 in Assisi geborenen Giovanni Francesco Ber-nardone, der nach der Rückkehr aus einem Krieg sein Hab und Gut verschenkte, sich von der reichen Familie lossagte und Liebe predigend im Land umherzog,
Wenn auch Österreich derzeit, eindeutig infolge fehlender Talente, keine eigene Filmproduktion mehr besitzt, so gewinnt das Filmleben in Wien dennoch steigende und damit internationale Bedeutung: neben einer hochinteressanten Chabrol-Retrospektive im „Studio Moliere“, nach den ganz hervorragenden „Dänischen Filmtagen“ und vor einer geradezu weltweit sensationellen Fred-Astaire-Retrospektive in Schloß Laxenburg veranstaltet das Italienische Kulturinstitut (Wien III, Ungargasse 43) auf Initiative des ebenso fachkundigen wie überaus aktiven Filmreferenten Dr. Mario Cacciaglia vom 19.
War die „Love Story“ ein Rührererfolg für die breite Masse und „Cherie bitter“ eine Love-Story für Intellektuelle, dann ist „Jeremy“ nunmehr eine LovenStory für Halbwüchsige (jeder Altersstufe). Der deutsche Verleih betitelte diese erste Liebe zwischen sensiblen Teenagern, dem 16jährigen Jeremy, einem angehenden Cellisten, und der gleichaltrigen Susan (mit Ballett-Ambitionen), die natürlich infolge Verlegen des Wohnortes eines Elternteiles un-happy endet, nicht vergeblich und völlig richtig als „eine Geschichte voller Zärtlichkeit“. Und dies sagt schon alles: wie da
Zu seinem neuesten Opus, dem während der deutschen Besetzung Frankreichs spielenden „Lacombe Luden“, sagt der Regisseur-Autor Louis Malle („Zazie in der Metro“, „Privatleben“, „Viva Maria!“, „Herz-flimmem“ u. a.) den Schlüsselsatz: „Es kam uns darauf an, daß die Geschichte des Jungen Lucien auch ebensogut eine Geschichte eines heutigen Jungen sein kann, egal, in welchem Land er lebt.“ Dieser Aspekt ist der faszinierendste in diesem — wie die französische Presse, die es wohl wissen müßte, urteilt — „ersten richtigen und ersten wahren Film über die
Was soll man dazu sagen? Doch wohl nur das, daß Barbra Streisand reine Geschmackssache ist, sowohl stimmlich als auch typenmäßig — denn daß sie unter geschickter Regie dank ihrer perfekten Routine alle verlangten „schauspielerischen“ Register zu ziehen vermag, gehört seit Jahrzehnten zu dem, was Hollywoods Ruf als FilmTnetropole der Welt begründete. Ansonsten ist aber Sydney Pollacks Melodram „Cherie Bitter“ (Frage an den deutschen Verleih: Bitte, was soll das bedeuten? Im Original heißt der Film nämlich weniger rätselhaft „The Way We Were“!) nichts anderes als eine
Was, vor 14 Jahren von einer guten Idee des Verbandes der österreichischen Filmjournalisten ausgehend, sich weiter entwickelnd, zwischendurch aber auch durch spießbürgerliche und filmsachverständige Beschränkungen (wie unter ein kleinliches Motto — z. B. „Festival der Heiterkeit“ — gepreßt) hinsiechend, sich fortsetzte, ist heute zu einem bereits internationalen Begriff geworden, der aus Wiens Film-Kulturleben nicht mehr fortzudenken ist: die Wiener alljährliche Filmwoche, kurz VIENNALE genannt. Und sie hat sich unter neuer Leitung bereits so stabilisiert, so an filmischer
Die Darstellung des Lebens und Wirkens Jesu Christi hat seit jeher das Schaffen bildender Künstler stark beeinflußt, selbstverständlich auch das der Schöpfer „bewegter Bilder“: schon ein Jahr nach der ersten öffentlichen Filmvorführung im Dezember 1895 gab es einen 220 Meter langen Film von Louis Lumiere mit 13 Szenen unter dem Titel „Die Passion Jesu“, und filmge-schichtlich berühmt ist auch „La Vie et la Passion de Notre Seigneur Jesus-Christ“ von Ferdinand Zecca, 1905. Seit damals gibt es unzählige Filme, die sioh mit diesem Thema beschäftigen und teils die Gestalt
Lindsay Anderson, geboren 1923 in Bangalore, gehört zu jenen seltenen „Prominenten“ — ein häßliches, heute bei uns stark mißbrauchtes Schlagwort, in das Klatschtanten ebenso Fernsehsprecher wie Aristokratenabkömmlinge, Friseure wie Fitostars und Kleinstkabarettisten wie Parteiemporkömmlinge einreihen —, denen an öffentlichem Ruhm nichts liegt und die nur dann von sich reden machen, wenn sie wirklich etwas zu „sagen“ haben; das letzte Mal war dies 1968 bei seiner erziehungskritischen Filmparabel „If ...“ der Fall, dann ließ sich Anderson wieder fünf Jahre Zeit, bis er
1931 verfilmte die Metro-Goldwyn-Mayer Ethelreda Lewis' Bestseller der zwanziger Jahre „Trader Horn“ und schuf mit dieser, blendend von Wr-Sr~vaft~Byke- inszenierten afrika* nischen Abenteuergeschichte um eine „weiße Göttin“, die in die Zivilisation zurückfliegt, einen „Klassiker“ seines Genres, der heute bereits legendären fllmgeschichtlichen Ruf besitzt. Lange wurde, wie dies in der Branche üblich ist, ein Remake geplant — und als es nun endlich soweit war, mußte es sozusagen von einem „untergehenden Schiff“, der sterbenden MGM, billig verschleudert werden (um die
Erschrecken Sie bitte nicht, die folgenden Zeilen enthalten keinerlei politische Nostalgie-Reminiszenzen an die heute so modisch-beliebte tausendjährige Ära von 1933 bis 1945, der „Führer“, von dem jetzt die Rede sein soll, ist ein ganz anderer; er kommt im Titel eines neuerschienenen Buches vor und ist das Schlüsselwort zu dessen Besprechung.Was findet sich im Lexikon zu dem Begriff „Führer“? Im dtv-Lexikon Band 7, Seite 60 steht zu diesem Stichwort unter 6) „Buch für Fremde, das Sehenswürdigkeiten eines Ortes oder Landes beschreibt“ und weiter 7) „Leitfaden,
Schon der Beginn der vorjährigen 23. Internationalen Filmfestspiele in Berlin bescherte dem Festivalpublikum einen Spitzenfilm — und dieser erscheint nunmehr auch als erster wirklich sehenswerter Film im neuen Jahr in Wien: des jungen Sal-, vatore Samperi sozialkritische Bosheit „Malizia“ — und die nicht Italienisch sprechenden Filmfreunde mögen sich angesichts des Titels nicht abschrecken lassen: Dieser, wohlweislich im Original belassen, ist nicht der Name eines wildwestlichen Helden oder ein psychedelischer Sexbegriff, sondern heißt auf deutsch ganz einfach und in jeder Beziehung
Kaum ist das „Weihnachtsgeschäft“ vorbei, schränkt die Filmindustrie wie alle anderen kommerziell geführten „Unternehmen“ ihre Tätigkeit ein und verfällt wieder in den gewohnten Alltagstrott. Denn zur Faschingszeit ist wenig Geschäft zu erwarten. Daher wird wieder ein durchschnittliches Angebot auf den Markt geworfen, die kurze Zeit der bemühten Werbung durch höhere Anspruphsbefriedi-gung ist vorbei.Dennoch gibt es diese Woche wenigstens einen überdurchschnittlichen und sehenswerten Film in den Wiener Kinos, insofern sogar eine Überraschung, als er in der deutschen
Waren schon sowohl der literarische Wert als auch die exakte Authentizität des biographischen Bagno-Bestsellers „Papillon“ von Henri Charriere auf dem Höhepunkt der Erfolgswelle vor dre^Jah-ren umstritten, so bestätigt zumindest die nunmehrige Verfilmung die Gewißheit, daß es sich bei dem Roman nicht so sehr um eine Anklage gegen eine (sohon länger überholte) unmenschliche Form des Strafvollzuges als eher um eine reißerische Abenteuergeschichte handelt. Die am Filmende dezent aufscheinende Erklärung seiner humanen Absicht wirkt eher wie eine Entschuldigung für die zahlreich
Noch in keinem Jahr bisher war Weihnachten so ohne ein „großes Filmereignis“ wie bisher. Die hierorts geübte — möglicherweise der deutschen Bundesrepublik „abgeschaute'“ — Verleihpolitik, scheuklappenbehaftet nur an den augenblicklichen Jahresumsatz denkend und willig mit immer niveauloserem Filmangebot dem schlechten Massengeschmack entgegenkommend, zeitigt nun ihre Früchte (während im Fernsehen immer mehr und bessere Filme zur Aufführung -gelangen, wofür einige dieser Verleiher unfreiwillig die Verantwortung tragen!). Die sonstigen „Weihnachtsspitzenfilme“ fehlen 1973
Eine junge Frau, hochschwanger, stapft durch hohen Schnee zu einem düsteren Herrenhaus in englischem Stil; sie hat nach kurzer Ehe ihren Mann durch einen Unfall verloren und ist auf dem Weg zu ihrer Schwiegermutter, die sie bisher noch nicht kannte. Die Tür öffnet ihr eine große Frau mit harten Zügen, die sie kaum eintreten lassen will; sie ist abweisend, ungastlich, man merkt, sie haßt die junge Frau, die ihr den Sohn genommen hat. Doch wird der Schneesturm immer schlimmer, notgedrungen muß die junge Frau in dem Haus übernachten — das zu einem Alptraum wird... Der Film beginnt wie
(Echte) Wiederaufführungen bringen zumeist wesentlich bessere Filme als es die meisten neuanlaufenden sind; aus diesem Grund sei auch an der Spitze der diese Woche in Wien gezeigten Filme die hervorragende sowjetische Dostojewski-Verfilmung „Die Brüder Karama-sow“ von Iwan Pyrjew (in russischer Originalfassung mit deutschen Untertiteln noch dazu, wodurch besondere Milieutreue erreicht wird!) und der ebenso monumentale wie thematisch interessante polnische Farbfilm „Pharao“ von Jerzy Kawalerowicz genannt; wer sich nicht entscheiden kann, was er sich im Kino ansehen soll, kann sich
Was bedeutet das, wenn jemand — ein Schauspieler vielleicht — einen Film mit sich in der Hauptrolle inszenieren kann? Gipfelpunkt der Befriedigung erfüllter Eitelkeit — für den einen möglicherweise, für den anderen Gelegenheit zur Selbstbesinnung, zur Darstellung einer schwärmerischen Liebe. Beide Aspekte zu erkennen, ermöglichen zwei Filme dieser Woche, in denen jeweils der Regisseur mit dem Hauptdarsteller identisch ist.In „Ein Fremder ohne Namen“ gibt der Regisseur Clint Eastwood, einst Superheld des Italo-Western und als solcher Mitbegründer eines neuen Western-Stils
Vergleicht man eine Filmpremierenwertung mit der anderer kultureller Ereignisse, etwa von Theater-' Premieren, so schneidet das Kino keineswegs schlechter ab: es gibt durchaus jede Woche zumindest einen Film, den man sich mit Gewinn ansehen kann. — Das filmische Ereignis dieser Woche ist eine in Originalfassung belassene Roman-verfllmung des französischen Dichters Jean Pierre Jouve, eines Anhängers Freuds und der Psychoanalyse, der 1924 zum Katholizismus konvertierte und ein Jahr später „Paulina 1880“ veröffentlichte, woraus der junge Jean-Louis Bertucelli als sein zweites Filmwerk
Arthur Schnitzler schrieb 1900 seine Szenenfolge „Der Reigen“, die nach ebenso sensationellen wie skandalumwitterten Bühnenaufführun-gen 1920 angeklagt, zwar freigesprochen, aber vom Autor selbst für jede weitere Theaterinszenierung letztwillig zurückgezogen und auch nicht in die Gesamtausgabe seiner Werke aufgenommen wurde. Da diese testamentarische Verfügung offensichtlich zu umgehen war, erschienen bisher vier Verfilmungen dieses Rondos der Liebe: die erste wurde die beste, eine klassische Version, 1950 von Max Ophuls gedreht, eine Schnitzler-kon-' geniale ebenso charmant-delikate
Kann man überhaupt noch von einer Internationalen Filmwoche in Mannheim schreiben? Sicher, dem Namen nach ja — denn sie fand ja heuer offiziell zum zweiundzwanzigsten Mal statt; doch ist diese Veranstaltung überhaupt noch als Internationale Filmwoche im Sinne des Begriffes eines Filmwettbewerbs, einer Gegenüberstellung künstlerischer, ausgewählter, „bester“ Filmwerke relevant? Hier — leider — muß man schon Zweifel äußern, Zweifel, die sich auch durch die merklich abnehmende Zahl ausländischer Journalisten oder Teilnehmer manifestieren. Und, wenn nicht bald das Steuer wieder herumgerissen wird auf den Kurs, der in den ersten Jahren die großen Erfolge Mannheims als Filmwochenstadt begründete und festigte, so dürfte es auch weitergehen. Man hat nämlich als Ausländer (so man nicht stark modisch linksgerichtet ist und daher Verfallserscheinungen bürgerlicher Institutionen, selbst bestens bewährter, kompromißlos begrüßt) immer mehr das Gefühl, nicht bei einer „Internationalen Filmwoche“ Gast zu sein, sondern bei einer Veranstaltung des politischen Agitationsfilms, die Programme für ein Underground-Fernsehen gewaltsam zusammenstellt (denn für das augenblicklich betriebene Fernsehen sind die meisten Beiträge trotz ihres sparsamen TV-Report-Stils noch zu schlecht!).
Es wäre vielleicht besser gewesen, die Verfilmung des Musicals „Godspell“ überhaupt nicht erst in Österreich zu zeigen — denn anscheinend — siehe die Wiener Fiilmkritiken — fehlt uns die Naivität, das Verständnis und die Toleranz dafür, ja vielleicht sogar der Humor, die Einfalt und sogar die Güte. Daß dieser zumindest diskutierenswerte Film so schnell abgesetzt werden mußte, sollte nachdenklich stimmen. Ist denn wirklich etwas Blasphemisches daran, das Leben Jesu Christi einem Publikum in moderner Form vor Augen zu führen, seine Lehre von der Liebe zu dem Nächsten
Niemand würde wohl einen Vergleich anstellen wollen, wer der größere Künstler sei, Rembrandt oder Beethoven — doch merkwürdigerweise sind dergleichen absurde Fragen beim Film noch immer üblich. Anscheinend hat sich noch immer nicht herumgesprochen, daß Film etwas völlig anderes ist als das Theater, die Oper, der Roman usw. Aber dennoch werden Filme immer, so die Möglichkeit vorhanden ist, an diesen technisch und stilmäßig gänzlich verschiedenen Kunstformen gemessen, mit ihnen verglichen. Und wenn dann womöglich noch lokalpatriotische Sentimentalität dazukommt, wird es besonders
Das immer häufigere Zurückkom-rien auf die Vergangenheit und ihre Werte hat ebensowenig mit einem modischen Trend, der mit dem Schlagwort „Nostalgie“ bezeichnet wird, zu tun wie mit einer irerkalkungsgemäß bedingten Erin-lerung an eine „schöne Jugendzeit“, sondern kann einfach und schlicht als Bestätigung dafür gelten, daß Erüher tatsächlich vieles besser gedacht wurde, sorgfältiger und exakter — und was den Film betrifft,:o ist diese Behauptung durchaus be-veisbar und an Hand von zwei Bei-ipielen in dieser Woche augenfällig :u demonstrieren:1933 schrieb der englische
Max Reinhardt, geboren am 9. September 1873 in Baden bei Wien, gestorben am 30. Oktober 1943 in New York, ist unbestritten die bedeutendste Persönlichkeit des deutschsprachigen Theaters im ersten Drittel unseres Jahrhunderts. So abgerundet und eindeutig seine Gestalt als Reformer, Revolutionär und Regisseur (nicht weniger als Prinzipal) der Bühne dasteht, so wenig ist Reinhardts Verhältnis zu einer anderen Kunstform bekannt und geklärt, deren Entwicklung sich zur gleichen Zeit vollzog und die in der gleichen Zeitspanne, aber mit noch gewaltigeren Schritten mitwuchs: dem Film. Doch muß wohl als ganz logisch und folgerichtig erscheinen, daß die immer wachsende Bedeutung des neuen Phänomens der Kinematographie, die ja besonders in ihren Anfangsj ahren zahlreiche Schnitt- und Berührungspunkte zum Theater aufwies, ein so lebhaftes und dynamisches Temperament wie Reinhardt zumindest theoretisch beschäftigte und interessierte. So konnte es auch nicht ausbleiben, daß sich endlich der Meister selbst in der Filmregie versuchte — einmal, in der Frühzeit des stummen Films, und schließlich in der Hochblüte der dreißiger Jahre. Darüber hinaus hatte Reinhardt jedoch auch bedeutenden indirekten Anteil an der Weiterentwicklung der Kunstform Kino: sein Bühneninszenierungsstil gab dem deutschen Stummfilm jene Anregungen, die ihn richtungweisend für eine ganze Epoche machten.
Die Sünden der Filmbranche — und gemeint sind hier keineswegs allein die Produzenten! — finden nunmehr ihren Niederschlag: Immer deutlicher stellt sich heraus, daß bei der Publikumsmasse keineswegs der Filmstoff allein den Ausschlag für einen guten Besuch gibt, sondern es ist noch immer der Lockruf der Stars, des Darstellernamens, der den größten Teil der Zuschauer ins Kino zieht. Und die beabsichtigte, bewußte Vernachlässigung des „Aufbauens“ eines Schauspielers zum Star — wie es von einer sogenannten fortschrittlichen (und auch sogenannten jungen) Filmbewegung in den
Programmgemäß Mitte August begann die Kinosaison — und sie kündigte sich in diesem Jahr schon mit einigen Paukenschlägen an: mit Claude Chabrols heurigem „Vien-nale“-Beitrag „Juste avant la nuit“ („Kurz vor Einbruch der Nacht“), einem psychologischen Kammerspiel-Kriminalfilm, und der Wiederaufführung von Chaplins 1940 erstaufgeführter Hitler-Persiflage „Der pro.ße Diktator“, die wir allerdings zum erstenmal erst 1958 zu sehen bekamen — verständlicherweise...Das Bemerkenswerteste in Chabrols neuester Ehedurchleuchtung ist, daß wir den Film in französischer
Die sommerliche „Sauregurken-zeit“ erlaubt es den Verleihern, nicht nur ihre alten, abgespielten Filme wieder einzusetzen, sondern auch jene neuen loszuwerden, die sie in der Hauptsaison nicht vorzuführen wagen. Da läuft — ohne Reklame, Pressevorführung oder auch nur Zeitungsbenaohrichtigung — ein Film an, der sich plötzlich nicht nur als durchaus sehenswert, ja sogar als künstlerisch entpuppt, sondern sogar darüber hinaus auch geschäftlich erfolgreich ist.Der 1971 in England gedrehte und diese Woche in Wien eingesetzte Horror-Thriller „Der Keller“ (The Beast in the Cejlar)
Die Diskussion, was eigentlich zum Gebiet der Science-fiction im Film zu zählen ist, hat schon lange aufgehört — die Teilnehmer am XI. Festival Internazionale del Film di Fantascienza sind sinnloser Debatten müde geworden und genießen den Zauber des einstig ruhmvollen Adriahafens, soweit er noch zu finden ist, und gehen daneben dann „halt“ ins Kino, weil dies eben zu den Pflichten eines eingeladenen Gastes gehört... Die Teilnehmer: vorwiegend eine Schar von Science-fiction-Anhängern, die gewohnheitsmäßig jedes Jahr im Juli sich in Triest versammeln, — und daneben dann einige
Schloß Laxenburg bei Wien, ehemals kaiserlicher Sommersitz, heute Erholungszentrum und Ausflugsziel nicht nur der Wiener, ist nicht allein wegen seines herrlichen Parks und der wunderschönen Spazierwege einen Besuch wert; die alten Anlagen bergen einen österreichischen Schatz, dessen Bedeutung leider in der heimischen Öffentlichkeit viel zuwenig bekannt und noch erkannt ist, der aber in jedem kulturellen Baedeker mit mehreren Sternen ausgezeichnet zu werden verdient und den Filmkenner und Cinephile von nah und fern zu schätzen wissen: das österreichische Filmarchiv.Sein derzeit schon