„Nett, daß Sie kommen!“ sagte der berühmte Schriftsteller, indem er seine leicht verfettete Gestalt ein wenig aus dem Sessel hob und dem armen, jungen Autor flüchtig die Hand drückte. „Was führt Sie zu mir? Ich bin noch beim Frühstück, bitte, greifen Sie doch gleichfalls zu!“Der arme, junge Dichter, mager wie eine entlaubte Pappel und hungrig wie ein Steppenwolf, nahm unter Zurückhaltung von der reichhaltigen kalten Platte, während ihm der berühmte und erfolgreiche Kollege Tee eingoß.„Sie hatten die große Freundlichkeit, meinen Roman zu lesen“, sagte der Besucher und
Heinecke war Feldwebel. Im Zivilberuf war er Mechaniker. Er war Frontsoldat von Anfang an. Er haßte den Krieg, aber er hatte sich daran gewöhnt. Er verstand nicht, um was es ging, und es war ihm auch ganz gleich. Es ging um irgend etwas, das bewirkte, daß alle anderen hinausgingen, und da ging er auch hinaus und wollte einer der ersten sein. Heinecke war überall dabei. Wenn er sich auch allmählich nicht mehr verdrängte, so blieb er auch nie zurück und wich nie aus. Er war ein Mensch voller Schlichtheit und Nachahmungstrieb, aber auch voller Sinn für Solidarität. Man hatte das erkannt.
Eines Abends, während im Westen ein Gewitter heraufdrohte, lehnte er lang und mager am Gartenzaun und blickte mit seinen blauen, scheuen, weltfremden Augen in hündischer Unterwürfigkeit zu mir herüber. Ich fragte, was er wolle. Martin, so hieß er, bat um ein Nachtquartier und um ein wenig für den Weg.Da bald darauf das Gewitter mit großer Wucht einsetzte, da es bis in die Nacht anhielt, da es in Strömen zu regnen und am Ende leider auch zu hageln begann und meine Gemüsekulturen in einen üblen Zustand versetzt wurden — und da ich allein daheim und nicht in der Stimmung war, einem
Jahrgang 1921 — du hoffnungsvoller, schöner und starker Jahrgang der großen Erwartungen —. was ist aus dir geworden? Zerstampft im Mörser eines erbarmungslosen Krieges, auf das Mühlrad einer ruhelosen Epoche geflochten, hat der Zeitwind deine spärlichen Reste in alle Richtungen verweht, und fast bist du völlig verschwunden !Deine Angehörigen kamen aus wohlbehü'teten Heimen — Achtzimmerwohnungen gab’s noch, und sogar Plüschmöbel, die Väter waren Studienräte, Aerzte, Anwälte, Beamte und „arrivierte Künstler" oder Geschäftsleute von Gediegenheit — oder auch aus jenen
Ein noch junger Mann trat mir entgegen, al ich im Begriff stand, die Haustür zu schließen und zog den Hut. Er war mittelgroß, schlank gut gekleidet, hatte ein schmales, etwas blasse Gesicht, als lebte er meistens in geschlossene! Räumen, Augen von intensivem Blau und auf fallend buschige Augenbrauen, außerdem war d; ein etwas trauriger oder leidender Zug in diesem angenehmen Gesicht.„Verzeihen Sie!" sagte er mit dunkler unt recht melodisch klingender Stimme, „Sie wohnet allein in diesem kleinen Haus am See?“Ich war erstaunt und sagte:„Gewiß doch. Das heißt — mit meiner Frau
Mein Bruder kam von Südamerika herüber. Er ist älter als ich, steht mit beiden Beinen im Leben und hat es drüben zu etwas gebracht. Er braucht darüber nicht zu erzählen, sein Aussehen, sein Wesen, seine Aufmachung sagen genug darüber aus. Er verweilte einige Zeit in der alten Heimat — besser sollte ich wohl sagen, er nahm vorlieb mit dem wenigen, das man ihm außer dem Reiz unserer schönen Gegend bieten konnte. Er war herzlich, gar nicht hochtrabend, und er meinte es auch immer sehr gut mit mir.Die Tage vergingen so rasch. Wir fuhren mit seinem schönen Wagen in der Umgebung umher
Sein Vater war ein Selfmademan, der seinen Weg mit Beharrlichkeit, Energie und Rücksichtslosigkeit gegangen war und es zu etwas gebracht hatte. Ein großgewachsener, derber Mann, der es verstand, seine Fabriken zu einem Zeitpunkt zu verkaufen, da es am günstigsten war und sie ihm am meisten einbrachten. Da zog er sich auf sein Waldgut an einem Bergsee zurück und führte ein Landleben mit Jagd, Fischerei und einiger Geselligkeit. Dem Wein war er nicht abgeneigt. Die Frau, blaß und still, starb früh. Sie entstammte einer edlen, verarmten Familie mit dünnem Blut. Nur ein Kind hatten die
Drei Ereignisse, sagt ein moderner Weiser, seien entscheidend und von höchster Bedeutung im Leben des heutigen Menschen: Wenn er sich zum ersten Male verliebt, wenn er zum ersten Male dem Tod ins Angesicht sieht und wenn er sich zum ersten Male in einem Flugzeug von der Erde erhebt. Dieses Wortes gedachte ich im Herbst 1942 oftmals, als ich in Süditalien, zusammen mit meinem Freund H. aus Bremen, versuchte, eine italienische Maschine zu ergattern, um mit ihr nach Nordafrika zu fliegen. Wir sollten dort im Auftrage des deutschen Oberkommandos in Rommels Kampfzone Lehr- und Dokumentarfilme
Einiges mögt ihr ja über ihn wissen, aber nicht viel. Ich weiß mehr über ihn. Stellt eure Biergläser nieder und schraubt die Lampe herab, dann will ich euch von ihm erzählen. Denn er war ein echtes Kind seiner Zeit, auf die wir doch alle insgeheim stolz sind.Ich war dabei, als er an einem Regentag im Frühling auf dem Fährschiff über den See gefahren kam. Es regnet ja oft bei uns hier oben in den Bergen. Er sah aus wie alle anderen Touristen auch, mit seinem grauen Trenchcoat und wenigen Gepäck, ohne Hut oder Mütze. Er lehnte an der Reeling und blickte über den grauen See hin und
Der junge Dichter war zwar arm, aber dabei zufrieden und glücklich. Er besaß wenig, verdiente fast nichts, dies alles aber störte ihn nicht, da er ja eben ein Dichter war.Wäre der junge Dichter noch ärmer, sozusagen vpllig besitzlos gewesen, so wäre dies für ihn wahrscheinlich ein noch größeres Glück gewesen, denn dann hätte er völlig ungestört von Besitz und den Sorgen, die dieser bereitet, in den Wäldern wandern und dichten können. So aber besaß er eine Wiese, eine kahle, grüne, harmlose Wiese, in deren Mitte sein etwas baufälliges Holzhaus stand, in dem er lebte. Da er ja
Es ist Herbst. Rötlich und frierend, seines Laubes beraubt, von den Sängern verlassen, steht der einsame Wald, durchweht vom gläsernen Summen des Nachtwinds. über den Baumwipfeln, hoch auf den Felsen, hallt ein banges Schweigen, über die fernen Grate im Norden schimmert die Ahnung und Drohung des nahenden Winters herauf.Unter den kalten Sternen des Herbstes wandert ein einsamer, magerer Mann, schäbig gekleidet, mit wiegendem, la g- samem Schritt über das hohe Gebirge. Auf dem Rücken trägt er ein klägliches Bündel, und manchmal bleibt er stehen und fährt mit der rauhen Hand über
Dip Sonne brannte. Am Horizont schlei- erte vom Winde aufgetriebener Sand. Es sah aus, als galoppierten in der Ferne Berittene in Staub und Glast über die Wüste, als werde eine unentwegte Attacke geritten, von unsichtbaren Reitern gegen einen unsichtbaren Feind.übrigens war der reale Feind ringsum auch meist unsichtbar, unbestimmt, kaum jemals zum Gefecht zu zwingen. Er war überall und nirgends, griff an aus dem Dunkel, aus dem Nebel, aus dem Sand- sturm, warf seine Bomben aus niedrigen Wolken, war unkontrollierbar und immer gefährlich. Ein ewiges Lauern lag in der Luft, im Sande, im
Wenn die Leute in der Abenddämmerung am Kai des Hafens entlang spazieren gingen, trafen sie regelmäßig, bei jedem Wetter und zu jeder“ Jahreszeit, einen sehr alten Mann in zerschlissenen Kleidern und mit einer alten Kapitänsmütze, zerfurchtem, von Rinnsalen durchgepflügtem Gesicht und hervorquellendem, unordentlichem, weißem Haar, pfeiferauchend an einem Pfosten lehnend, der mit hellen, etwas verblaßten Augen unentwegt und gleichsam störrisch über das Meer blickte und am Horizont nach etwas Ausschau zu halten schien.Die Leute lächelten über ihn oder grinsten anzüglich und gingen