Lesenswerte Sommerlektüre von Paul Torday.Man muss kein passionierter Fliegenfischer sein, um das Debüt des britischen Schriftstellers Paul Torday wertzuschätzen. Auch jenseits der Faszination von Wurfstilen und künstlichen Insektenpräparaten bietet Lachsfischen im Jemen genügend andere Zutritte zum Erzählstrom der Geschichte. Als da wären: eine feine Abrechnung mit den Mechanismen der Medienwelt, wie auch mit dem politischen Business, eine in ihrer Beiläufigkeit umso nachhaltiger wirkende Erzählung einer längst ausgetrockneten Ehe, schlussendlich auch eine originelle Facette zur
Überraschung im lauen Wiener Wahlkampf: Die "neuen urbanen Schichten" sind das beliebteste Wildpret des heurigen Herbstes.Nun also die Bobos, die "Bourgeois Bohemiens", wie sie bereits vor einiger Zeit von dem us-Autor David Brooks bezeichnet wurden. Vielleicht täuscht es, aber bei der kommenden Wiener Wahl steht zum ersten Mal seit langem wieder Bürgerliches zur Disposition. Ende Oktober geht es nicht um Gesinnungsabfragen in Sachen fpö, sondern eher um Geschmack und Distinktion. Oder wie sonst sind "Wir wählen Lebensqualität" (spö), "Wien kann's besser" (övp), "Wiener Mut" (Grüne)
Theater, Workshops und Museumsführungen für Kinder sind mittlerweile Standard, das Angebot wächst. Doch wie Kinderkultur aussehen soll, daran scheiden sich noch immer die Geister.Anders als noch vor vielleicht zwanzig Jahren, als für kleine und junge Menschen neben den Musikschulen in Wien hauptsächlich das Urania-Kasperltheater und die Schulen für Kultur zuständig waren, hat sich das Angebot für diese lange Zeit übergangene Altersgruppe deutlich verbreitert. Das ist die eine, die positive Seite. Die andere: In der Kulturberichterstattung finden sich ausführliche Kritiken kaum
Walter Kempowskis kollektives Tagebuch aus dem Jahr 1945.Walter Kempowskis "Echolot" ist an sein Ende gekommen: Der "Abgesang 45", gegliedert nach vier Tagen aus den letzten Wochen des ns-Regimes, beschließt ein literatur-historisches Wagnis, welches seinesgleichen im deutschsprachigen Raum noch lange, lange suchen wird. Genau daraus bezieht das "Echolot" Kempowskis auch seine Faszination, wie auch seine dringende literarische Empfehlung: Die im zehnbändigen "Echolot" versammelten Einträge sprengen allein aufgrund ihrer Fülle und ihrer unterschiedlichen Autorenschaft jedwede
Peter Steiners "Wo immer du willst".Liebe muss nicht immer jung und knackig daher kommen, sie kann auch etwas aus dem Leim geraten, ja auch innerlich vernarbt sein. Peter Steiners dennoch zarte Liebesgeschichte zweier etwas älterer, man könnte sagen: im besten Alter stehender Menschen, spielt sich im sonnigen Teil Mitteleuropas ab, irgendwo zwischen Slowenien, dem Karst Istriens, Venedig, Verona und dessen Hinterland. Sehr rasch ahnt man, dass die männliche Hauptfigur von "Wo immer du willst" bereits auf viel Erfahrung zurückblicken kann. Doch ist dieses Lebenswissen weniger altklug als
Martin Amanshausers "Chicken Christl".Während im jüngsten Roman von DBC Pierre "Jesus von Texas" ein Mensch mit sechs Fingern zur Hauptfigur eines Schulmassakers avanciert, entwickelt sich Amanshausers sechsfingriger Protagonist in "Chicken Christl", Mika Koegl, zur Kultfigur einer reichlich abstrusen Sekte, deren eigene Harmlosigkeit nur mühsam mit allerlei Brimborium kaschiert werden kann. Mag schon sein, dass Amanshausers Text zugleich ein Nachdenken über das Außergewöhnliche sein will, herausgekommen ist - und dies ist durchwegs als Verdienst des Autors anzusehen - ein gekonnt
Vor 50 Jahren wurde in Wien "Magnum - Zeitschrift für das moderne Leben" gegründet.Legendär ist ihr Ruf bis heute: Karl Paweks Magnum, welches ab 1954 in Wien erschien, vier Jahre später nach Deutschland verkauft und 1966 eingestellt wurde. Magnum, das zu seiner besten Zeit mit etwa 25.000 Stück auf dem Markt war, wirkte vor allem als Foto-Zeitschrift. Zusammengestellt von Pawek wirkten die Schwarzweiß-Bilder vor allem aufgrund ihrer ungewohnten Zusammen- bzw. Gegenüberstellung, die gemäß Pawek "zu völlig neuen Gedanken verleiten sollten". Auch wenn so bekannte Autoren wie Friedrich
Die finanziellen Mittel für den österreichischen Kinderfilm sind knapp. Dabei können sich heimische Produktionen durchaus sehen lassen.Die Situation ist schwierig, aber wir nutzen jede Möglichkeit: Mit diesem Motto ist die gegenwärtige Situation heimischer Kinderfilmmacher ganz gut beschrieben. Bernd Neuburger und Nadja Seelich (Drehbuch), die einzigen Filmemacher des Landes, die seit Mitte der achtziger Jahre konsequent auf den Kinderfilm setzen, ist wenig mehr fremd: Nach vier, auch international sehr erfolgreichen Kinofilmen ("Jonathana und die Hexe", "Ferien mit Silvester", "Lisa und
Walter Kempowski blickt von den USA aus ins Deutschland des Jahres 1989.Ein deutscher Schriftsteller auf seiner letzten Lesereise. Alexander Sowtschik, Hauptfigur in Walter Kempowskis neuestem Roman "Letzte Grüße", macht es sich dabei auf seiner USA-Tournee nicht leicht. Geehrt, aber auch ein klein wenig verängstigt, überlässt er sich einer vom Auswärtigen Amt und Kulturinstituten organisierten Schriftsteller-Tournee, die ihn quer durch Amerika treibt. Was sich da auf gut 400 Seiten entrollt, lässt sich nicht nur als gut beobachtetes Länderporträt lesen, "Letzte Grüße" ist viel mehr
Paulus Hochgatterers neue Erzählung über Romantik in Psychiatrie und Fliegenfischen.Drei Männer, in Wien als Ärzte in der Psychiatrie tätig, nehmen sich einen Tag Urlaub, um in der Steiermark ihrem Hobby nachzugehen, dem Fliegenfischen. Es wird Auto gefahren, gefischt, Bier getrunken, Männerwitze werden ausgetauscht. So lakonisch und gewohnt unprätentiös kommt Paulus Hochgatterers neue Erzählung "Eine kurze Geschichte vom Fliegenfischen" daher. Aufs erste hält die Geschichte wenige Überraschungen bereit. Gut, die Fahrt findet am 11. September 2001 statt, also an jenem Tag, als das
Kinder und Massenmedien: Schon vor 200 Jahren fürchteten Pädagogen, zuviel Lesen führe bei Buben zu Masturbation und in den Wahnsinn.Bis heute reißt die Diskussion, ob Massenmedien den Kindern schaden oder nutzen, nicht ab. Was mit dem Stichwort "Erfurt" im April 2002 einen Höhepunkt erreichte - damals erschoss ein 19-Jähriger, der intensiv aggressive Computerspiele konsumiert hatte, 16 Mitschüler und Lehrer, bevor er sich selbst richtete -, fußt auf einer langen Angst-Tradition im Umgang mit "Massenkommunikation". Für Irmela Schneider, Kölner Professorin, die derzeit am Wiener
Von einem behindertengerechten Zugang zum Internet ist man noch weit entfernt.Wenn Wolfgang Wimmer vom Netzwerk Barrierefreies Netz über die USA spricht, gerät er leicht ins Schwärmen: "Dort haben behinderte Personen ein gesetzlich garantiertes Klagerecht auf ein barrierefreies Netz. Es gilt dort das Prinzip: Wo öffentliches Geld im Spiel ist, muss auf Barrierefreiheit geachtet werden." Davon ist man in Österreich noch recht weit entfernt. Aber nicht nur dort. Obwohl die EU im Rahmen von eEurope eine entsprechende Leitlinie für seine Mitglieder erlassen hat, hat sich das Wissen um eine
"Victims" - Erinnerungsbilder der in Wien lebenden Malerin Ramesh Daha zum 11. September 2001.Glaubt man den CNN-Bildern, dann war Howard Lee Kane (40) ein fröhlicher Mann. Auch Robin Kaplan (33). Und Mary Wahlstrom (75). Alle drei Personen sind heute nicht mehr am Leben. Sie starben vor nunmehr zwei Jahren, beim Anschlag am 11. September 2001. So wie weitere knapp 2.800 Menschen aus ihrem Arbeitsalltag im World Trade Center gerissen wurden. Erst kürzlich veröffentlichte die "New York Times" die per Gerichtsurteil freigegebenen Tonbandmitschnitte der Opfer. "Sergeant Holland am Apparat."
Unzählige Flugkilometer hat der Wissenschafter Gerd Tschögl hinter sich gebracht, um für sein Projekt "Vertrieben" den Spuren vertriebener Juden aus dem Burgenland nachzugehen.Als Schock, als aus dem scheinbaren Nichts kommendes Unheil wird bis heute die Machtergreifung der Nazis im März 1938 im Burgenland gesehen. Österreichs jüngstes Bundesland galt bis dahin, so der Wissenschafter und Projekt-Betreiber Gert Tschögl, als multireligiöses, multiethnisches Gebilde, dessen funktionierendes Zusammenleben außer Streit steht. Dennoch bleibt der Zweifel, dass dies wohl nicht überall so
Nicht nur in Wien sah der satte kleine Mann dem Artisten gern beim Hungern zu. Eine Sensation der Welt von gestern.Im 3. Kaffeehaus im Prater begann gestern Herr Riccardo Sacco, der sich einen Hungerkünstler nennt, eine Production, die 21 Tage dauern wird. Seine Kunst ist das Hungern." So begann im Mai 1905 das populäre Illustrierte Wiener Extrablatt seinen Bericht über eine der vielen damals ungemein populären Hunger-Shows in Wien. Nachzulesen im neuen Buch "Hungerkünstler - eine verschwundene Attraktion" von Peter Payer. Im Jahr 2001 strahlte der Privatsender RTL II seine Reality-Show
Anmerkungen zur politischen Streitkultur.Friedrich Heer war der letzte Intellektuelle, der ernsthaft und glaubwürdig an der rechten Kultur Österreichs litt. Und zwar so richtig litt. Mit Herzblut, Geist und katholisch-bürgerlicher Gesinnung. Heer konnte und wollte noch verzweifeln an dieser Tradition, von der er nur allzu genau wusste, wie sehr sie nicht nur bei den damaligen Nationalen, Großdeutschen und alten Nazis beheimatet war, sondern ebenso tief ins bürgerlich-katholische Lager hineinreichte. Seine Verzweiflung, seine Zerrissenheit spürt man bis heute, wenn man seine Bücher, etwa
Erziehung, Familienpolitik, Kindheit und Jugend sind die Themen der deutschen Publizistin Susanne Gaschke ("Die Zeit"). Ihre prägnanten Beiträge sind vergangenes Jahr unter dem Titel "Die Erziehungskatastrophe" (Deutsche Verlags Anstalt 2001) erschienen.die furche: Vergangene Woche beging bei uns in Österreich ein zehnjähriges Mädchen Selbstmord, wobei die Angst, eine Mathematik-Arbeit verpatzt zu haben, eine Rolle gespielt haben dürfte. Vor einigen Wochen kam es in Erfurt zur mörderischen Tragödie. Überfordert die Schule die heutige Jugend? Ist sie ein Ort, der Gewalt- und
Die Karenz ist eines der letzten Abenteuer - für Männer wohlgemerkt. Ein Erfahrungsbericht.Viele davon enden wie Abenteuergeschichten: Mann hat sich dem Wagnis gestellt, ist zumindest nicht völlig untergegangen, die Rückkehr in die Anstellung wird dankend angenommen. Noch ein wenig außer Atem treten wir in die Normal-Männer-Riege zurück. Die Karenz, eines der letzten Abenteuer im Alltag unserer Gesellschaft. Handshake, Blick voraus, das Familienbild klebt im Portemonnaie. Vom bereits begonnenen und lange andauernden Danach ist meist nichts mehr zu lesen. Das Kind ist zwei Jahre alt. An