Hans Christian Kosler las das neueste Sommerbuch von Martin Walser, "Angstblüte". Den Gesellschaftskritiker fand er auch in Walsers Tagebüchern 1951-1962.
Anne Hahns Romandebüt ist ein Aufbruch.All diese schreibenden "Ossi-Frauen"! Soll man sich von Sybille Berg die schlechte Welt erklären lassen? Ist Julia Franck nicht ein wenig vulgär? Und Juli Zeh nicht eine Spur zu langatmig?So viel ZufallMacht nichts - wir greifen zum Roman der Magdeburgerin Anne Hahn, die bei Schirmer-Graf ihren Erstling "Dreizehn Sommer" vorlegte. Der Zufall muss, so heißt es bei Nestroy, ein "besoffener Kutscher sein - wen der alles zusammenführt! Auch in Anne Hahns Debütroman legt er sich mächtig ins Zeug. Zwei der drei Protagonistinnen, Mo und Nina, werden im
Welche Biografie ist wohl zuverlässiger: Die aus großer Nähe oder die aus großem Abstand geschriebene? Die Frage stellt sich nicht mehr wirklich. Längst haben wir uns an die Vor- und Nachteile gewöhnt, die daraus entstehen, dass Biografien schon zu Lebzeiten des Delinquenten geschrieben werden. In der Regel versorgt dieser den Chronisten bereitwillig mit Schnurren und Schwänken aus seinem Leben, die getreulich zu Papier gebracht werden. Als Jörg Magenau an der Biografie Martin Walsers schrieb, dürfte es sich kaum anders verhalten haben. Er tat es mit Unterstützung des Autors, was
Lange erwartet, endlich zu lesen: der neue Roman des kolumbianischen Literaturnobelpreisträgers Gabriel García Márquez.Erinnerung an meine traurigen Huren" - der Titel verheißt nichts Gutes. Ist der kolumbianische Nobelpreisträger und Kultautor von "100 Jahre Einsamkeit" zum dirty old man mutiert? Schon anhand der Bordellszenen des noch Jugendlichen in seiner Autobiografie "Leben, um davon zu erzählen" regte sich weiblicher Unmut. Und nun haben wir es offenbar mit einem bekennenden Puffgänger zu tun, der - sentimental geworden - an den Dirnen ein wenig beachtetes Organ entdeckt: das
Franz Bleis "Erzählung eines Lebens" erzählt eine ganze Epoche.Er habe sich durch erotische Literatur und eine Reihe von Plagiaten so kompromittiert, dass er literarisch nicht mehr ernst zu nehmen sei, schrieb der Insel-Herausgeber Alfred Walter Heymel an Hugo von Hofmannsthal. Die Rede war von Franz Blei, der als Essayist und Vermittler französischer Literatur zu den auffälligsten Figuren des Fin de siècle zählte. Sein Faible für hochpikante Galanteriewaren machten den bibliophilen Snob von Anfang an suspekt. "Die Puderquaste. Ein Damenbrevier", "Der bestrafte Wollüstling", "Die
Rechtzeitig zum 75. Geburtstag erscheinen die Tagebücher aus den Jahren 1971-1972 von Peter Rühmkorf: eine "private Sozialgeschichte", ein Patchwork an Einfällen und Reflexionen.Die Jahre, die Ihr kennt" heißt ein Buch von Peter Rühmkorf, das zu seiner Zeit ein regelrechtes Kultbuch wurde. Kennt man sie überhaupt noch, die frühen 70er Jahre, die Zeit der Studentenrevolte, der Emanzipation, der Umwertung aller bürgerlichen Werte? Rühmkorf gibt sie zur Besichtigung frei, und zwar in Form von Tagebüchern: Unbearbeitet, ungeschönt, ohne Nostalgie und ohne späteres Besserwissen. Ein
Soeben erschienen: Peter Handkes neuester literarischer Versuch, eine Verwandlung des Lüstlings Don Juan.Was hat uns dieser große Peter Handke nicht schon an Geduld abverlangt! Wie langatmig und langweilig konnten seine dickleibigen Bücher sein, durch die man sich förmlich quälen musste. Und wie schwer war es erst, im Balkankrieg seine Parteinahme für Serbien zu verstehen, mit der er sich hoffnungslos ins Abseits manövriert hatte. Nun, endlich, kehrt Handke wieder zu dem Metier zurück, von dem er etwas versteht: Zur Dichtung. Denn diese kleine poetische Erzählung um den Frauenhelden
Ein Band über Rilke und seine Beziehung zu Duino.Keiner von den vielen erlesenen Plätzen, an denen Rainer Maria Rilke dichtete, hat wohl eine solche Berühmtheit erlangt wie Duino, das an der Adria bei Triest gelegene Schloss, in dem er die weltbekannten Elegien verfasste. Adel verpflichtet - Monika Gräfin Czernin, die mit den Schloßherren Thurn und Taxis verwandt ist, war als Kind einige Male Gast auf Duino. Anlass für sie, sich mit der Geschichte des Schlosses und seines schwierigen Gastes zu beschäftigen.Herausgekommen ist ein schöner, reich bebilderter Band, im Christian
Martin Walsers neuer Roman "Der Augenblick der Liebe".In nichts ist Walser so verlässlich wie in seiner Unverlässlichkeit. Da hatten sich seine Leser mittlerweile damit abgefunden, dass der Proust vom Bodensee thematisch in die deutschen Metropolen abgedriftet war. Und nun, mit seinem neuen Roman "Der Augenblick der Liebe", kehrt er auf einmal völlig unangemeldet an die heimischen Gestade zurück.Alte BekannteWiedersehen mit einem alten Bekannten: Mit Gottlieb Zürn, dem sympathisch unfähigen Immobilienmakler, der in dem Roman "Jagd" vor nunmehr 16 Jahren zurückgezogen im Garten seines
Aufzeichnungen und Aphorismen aus der Feder eines heiteren Pessimisten.Zwischen Selbstdisziplin und Antriebslosigkeit schwankend, kriecht der Autor an seinen Arbeitstisch, um wenigstens durch sein Sudelbuch sein Lebensrecht nachzuweisen. Vor welcher Instanz? Er kennt ja keine andere als die der eigenen, ermattenden Person." Die ermattende Person ist kein anderer als der 75-jährige Günter Kunert selbst. Der Zorn altert, die Ironie ist unsterblich, lautet ein auf Hans Magnus Enzensberger gemünzter Satz. Man könnte ihn auch auf Günter Kunert, den ironischen Autor par excellence, anwenden.
Er zählt zu den bekanntesten Feuilletonisten und Literaturkritikern: Fritz J. Raddatz legt nun seine Erinnerungen vor.Warum sitze ich unter lauter Has beens?" notiert Fritz J. Raddatz im Oktober '85 leicht indigniert in sein Tagebuch. Ein paar Tage später wird er selbst zum "Has been", zum Gewesenen: Der einflussreiche und gefürchtete Feuilletonchef der Zeit war ohne viel Federlesens zum Paris-Korrespondenten degradiert worden. Der Anlass war für einen Journalisten schwerwiegend: Nicht, dass Raddatz "nur" abgeschrieben hätte - er hatte auch noch falsch abgeschrieben. Er hatte eine
"Meßmers Reisen" ist eine radikale Offenlegung Martin Walsers eigener Befindlichkeiten: schonungslos - vor allem gegenüber sich selbst.Nein, ein weises, beständiges Alterswerk war das wahrlich nicht, das uns Walser in letzter Zeit vorgelegt hat.Eher könnte man sagen, dass er mit jedem neuen Buch für eine Überraschung gut war: "Finks Krieg", der Amoklauf eines Beamten gegen die Mühlen der Bürokratie, "Ein springender Brunnen", Walsers elegische Autobiografie und vielleicht sein schönstes Buch, "Der Lebenslauf der Liebe", ein brutal realitätshaltiger Roman um eine ruinierte
Katia Mann im Mittelpunkt zweier Neuerscheinungen: Die Biografien nähern sich nüchtern und ohne Pathos der Frau von Thomas Mann.Was den Briten ihre Windsors, das sind den Deutschen ihre Manns", schrieb Marcel Reich- Ranicki einmal. Wieder einmal muss man ihm Recht geben, wieder einmal haben die Manns Hochkonjunktur. Heinrich Breloers vorzüglicher Fernseh-Dokumentation vor zwei Jahren folgten ein lesenswertes Porträt Elisabeth Mann-Borgeses und nun gleich zwei Biografien über Katia Mann. Katia Mann starb 1980. Gründe dafür, dass man sich erst jetzt mit ihr beschäftigt, lassen sich