,JSollten wir nicht dankbar sein und unsere Liebe ausleben? Das klingt beinahe religiös, nicht wahr? Kein Wunder, bin ich doch seit längerem dabei, meinen Weg zum Glauben, zu Gott, zu suchen.“ So schrieb die noch nicht dreißigjährige Verwandte, nachdem sie sich monatelang gründlich ausgeschwiegen hatte.Wir waren beglückt und betrübt zugleich. Religiös: Das meint eine Rückbin-dung. An Gott, wie die Schreiberin ja selbst hinzusetzt. Da geht es nicht mehr nur um fromme Gefühle, sondern um frommes Handeln. An uns — durch Gott — und an den anderen durch uns, die von falschen
Die Tage auf dem Campingplatz waren unerträglich heiß und wir freuten uns auf die Abende. Draußen vor den Zelten saßen die Gäste und genossen mit uns die Kühle. Sie brauchten nicht einmal ihre Lampions und Dauerkerzen an-zuzünden: der Mond war in voller Schönheit über den Tamaro gestiegen, warf einen hellen Lichtkegel auf den See und verbreitete soviel Leuchtkraft auf dem Platz, daß selbst ein Hörbehinderter seiner Begleiterin die Worte vom Munde nehmen konnte. Am meisten aber überraschten uns die Schatten, welche die jungen Platanen auf unseren Weg zeichneten.Was wir tagsüber, im
Die zweifelnde Frage nach dem Wohnort Gottes stammt aus dem Jahr 955 vor der Geburt dessen, auf dessen Himmelfahrt die Christen heute etwas skeptischer blicken. Die Frage wurde vom König Salomo bei der Einweihung des Tempels von Jerusalem gestellt: die Bundeslade, dieser geheimnisvolle Begleiter durch Jahrhunderte, dieser Stoff gewordene Name Gottes, hat einen angemessenen Platz gefunden.Im gleichen Augenblick aber überfällt den König vor der versammelten Gemeinde auch schon der Zweifel. „Sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Him-mel können dich nicht
Je älter wir werden, desto rascher verfliegen die Jahre, desto häufiger müssen wir verzichten, desto unerwarteter loslassen. Desto neidvoller aber blicken wir auch auf jene, die alles noch vor sich haben. Ob wir es zugeben oder nicht. Vielleicht stört uns darum der Karfreitag am meisten, weil hier dieses Muster durchbrochen wurde. Vielleicht kann auch der fromme Jude darum in diesem jungen Mann, der sich freiwillig Spott, Marter und qualvollem Leiden aussetzt, am wenigsten den Messias erkennen. Wie soll einer, der noch auf fast nichts zurückblicken kann, anderen ein Geleitsmann und
In Deutschland und Österreich können politische Beamte in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Freundlicher wird er auch Wartestand genannt. Zu erwarten ist aber auch dann meist nicht mehr viel — die endgültige Pensionierung ist nur aufgeschoben.Die nun anhebende Adventszeit ist nicht nur Beginn des neuen Kirchenjahres, sondern versetzt uns auch immer aufs neue in einen Wartestand. Gleichfalls geschieht also hier etwas, ohne daß wir nach unserem Einverständnis gefragt werden. Plötzlich betreten wir ein Gelände, auf dem wir uns nicht sehr sicher bewegen. Obwohl wir es seit
Evangelikai oder evangelisch — das wird immer mehr zu einer Zerreißprobe des Protestantismus. Hie Sinnes- und Persönlichkeitswandel durch lebendige Begegnung mit dem biblischen Zeugnis, aber mit ebenso aktiver Beteiligung an Mission und Dia-konie — dort Sensibilisierung für Gefahren sozialer, gesellschaftlicher Brandherde, vor allem in der Dritten Welt.So etwa laufen stark vereinfacht, die trennenden Linien zwischen den Evangelikaien und den Evangelischen, zwischen Bekenntnisbewegung und landeskirchlichem Protestantismus. Ubergänge, auch Überschneidungen sind häufig, aber nicht
Die junge Frau ging an einem warmen Frühsommertag durch die Straßen ihrer Stadt. Sie hatte keinen Dienst, es war ihr Hochzeitstag, den sie allein begehen mußte, da sich ihr Mann auf einer Auslandsreise befand. Sie lenkte ihre Schritte kurz entschlossen zu dem Lokal, wo in kleiner Runde vor Jahren das gemeinsame Essen stattgefunden hatte.Vor ihr ging ein Ehepaar mit einem Buben von vielleicht sechs Jahren. Er heulte zum Erbarmen. Die Mutter schalt — er heulte weiter. Sie schlug ihn — es half nicht. Die drei sprachen in ihrer Mutterspräche, tschechisch, welche jener der Zuhörerin, einer
Es war im Sommer 1940. Die Gemeinde hatte ihren Pfarrer längst verloren, weil er den Mächtigen im Wege war. Auch der Mann, der an diesem Sonntag am Altar und auf der Kanzel stand, wußte um seine permanente Gefährdung. Er wußte auch, daß auf der Empore im Gottesdienst einer saß, der jedes Wort mitschrieb. Die Gemeinde ging zum Altar, um das Sakrament zu empfangen — der Wächter von der Empore schloß sich ihr an. Niemand hat ihn je wieder in dieser Kirche Berlins gesehen, seinen Platz auf der' Empore nahm ein anderer ein.Vor 14 Jahren wurde Martin Luther King ermordet. Ein Mann, der
Jeder war irgendwann bei einer Taufe zugegen. Zunächst bei seiner eigenen — als Säugling, Heranwachsender oder schon Erwachsener. Dann werden wir als Eltern, als Paten oder als mitfeiernde Gemeinde Zeugen des Taufhandelns. Bei Katholiken wird feierlich die Kerze entzündet, so, als sei erneut Ostern. Auch das Evangelium, die letzten Worte aus dem Matthäusevangelium, schließt direkt an den Bericht von der Auferstehung an: den Jüngern sagt der Herr, was jetzt an Aufgaben ihrer harrt.Weil er der Mächtige ist, wird auch ihnen ein machtvoller Auftrag gegeben: hingehen, alle Völker zu
Bei der letzten Zusammenkunft im alten Jahr hatten wir uns gegenseitig alles Gute gewünscht. Mein Gesprächspartner fügte noch mit Betonung hinzu: vor allem Gesundheit — sie ist doch das Wichtigste.Er war sicher nicht der einzige, der bei solchen Gelegenheiten so die Gewichte setzte. Was auch immer wir uns sonst wünschen — Glück, Erfolg oder Befriedigung -hängt mit an diesem Gewicht, welches das Uhrwerk unseres Lebens in Betrieb hält.Trotzdem gefiel mir der Wunsch nicht Mir fielen die Menschen ein, bei denen ich wirklich reines Glück empfangen hatte: die schwerkranke Großmutter
Auch wir müssen Jahr um Jahr erst wieder neu verstehen lernen, um was es sich beim Leiden, Sterben und dann beim Auferstehen Jesu Christi eigentlich handelt. Kein Mensch kommt auf den Gedanken, seinen Nächsten kommendes Leiden, das auch sie mit einbezieht, vorher anzukündigen.Einmal deshalb, weil wir selbst von dem geahnten kommenden Leiden doch noch einmal hoffen, verschont zu werden — zum anderen, weü wir unsere Nächsten, wenn wir schon ahnungsvoll Leiden und Sterben auf uns zukommen sehen, mit diesem Wissen verschonen. Zu unserem Lebensplan gehört das Leiden sicher nicht.Leiden und
Schweren Herzens hatten wir den Wagen genommen, um vom Hochtal aus die Anhöhe mit ihrem weiten Rundblick zu gewinnen. 15 Prozent Steigung — mehr, als mein Herz vertrug. Ich fuhr in niedrigem Gang, um auch den Motor zu schonen.Da erblickten wir auf der rechten Straßenseite eine Kolonne von Radfahrern. Tiefgebückt, in den Pedalen stehend, mühten sie sich hinauf, Buben von höchstens 15 Jahren. Uns verschlug es stellvertretend den Atem. Als wir den Anführer der Gruppe erreichten, kurbelte ich das Fenster herunter und machte dem Mann schwerste Vorhaltungen: ob er denn nicht wisse, welche
Das goldene Zeitalter dauerte schon eine ganze Generation, wenigstens im Mutterland des Römischen Reiches, in Italien. In den Provinzen gab es immer wieder Aufstände, gewiß, aber auch hier siegten nach kurzer Zeit die Legionen des Augustus. Neuerdings machten die germanischen Völker zu schaffen, und Varus, der Feldherr, verlor viele Soldaten. Auch in Syrien, vor allem unter den Juden, gab es immer wieder kurz auf flammenden Widerstand.Der letzte ereignete sich im selben Jahr, da die erste große Volkszählung im Riesenreichstattfand; zur selben Zeit, da ein Zimmermann aus Nazaret sich mit
Der zweite Adventsonntag redet von einer Nachtwache, die nun schon fast zwei Jahrtausende dauert. Die Christenheit hat sich eingerichtet in einem Halbschlaf, der die Nacht zum Tage macht.Die Nachtwache, welche das Evangelium des heutigen Sonntags bei Lukas meint, wird von zwei widersprüchlichen Erscheinungen bestimmt: sehr beunruhigenden und sehr beruhigenden. Zu den beunruhigenden zählen Katastrophen am Himmel wie auf Erden: Kriege, Erdbeben, kosmische Veränderungen. Die beruhigenden lauten auf den Tenor: das ist noch nicht die Stunde der großen Wahrheit. Biblisch gesprochen: wen man euch
Scheint das Jahr der Behinderten nicht längst vorbei zu sein? Dieser Beitrag erinnert an das Grundanliegen, die Änderung unserer Einstellung zum (behinderten) Mitmenschen.
Drei Jahre begleiten uns ständig: Lebensjahr, Kalenderjahr und Kirchenjahr. In allen wird zugleich Altes abgetan und Neues hinzugenommen. Alle haben obendrein das gleiche Ziel: die Vollendung von Mensch, Welt und Königsherrschaft Christi.Immer sind wir der Mittelpunkt und ist Gottes Handeln der Ausgangspunkt. Ohne ihn wären wir nicht auf der Welt, ohne seine Erbarmung könnten wir kein Neues Jahr beginnen, ohne seines Sohnes Wort wüßten wir nichts von der Vollendung des Reiches Gottes auf Erden, auf die wir warten. Zu Beginn des Kirchenjahrs in der Adventzeit sollten wir uns daran
Tesoro, sagt der Italiener zu einer Frau, die ihm wichtiger als alles andere ist. Mein Schatz — so sagen wir auch im Deutschen und niemals ohne Dankbarkeit.In breiter Front mahnen uns die Grünen und unsere eigenen Unterlassungen, den ' Götzen des Fortschritts abzuschwören und das wieder schätzen zu lernen, was ohne uns entstand und doch uns in die Hände gegeben wurde: Wasser, Wald , Wiese und Weide. Das Kostbarste in dieser Welt empfangen wir ohne Anstrengung.Was aber taten wir? Verschleuderten und zerstörten, bis in die Ionosphäre hinein, was uns anvertraut wurde. Weil wir nichts
Bemerkenswert offen legte kürzlich der scheidende leitende Bischof der evangelischen Kirchen in der DDR, Albrecht Schönherr, die Lage der dortigen Christen auf der Tagung des Weltkirchenrats in Dresden dar.Immer weniger Menschen lassen ihre Kinder taufen und die Zahl der kirchlichen Trauungen nimmt rapide ab. Die Gottesdien-stedegenerierenzu Versammlungen kirchlicher Mitarbeiter, und nur bei regionalen Kirchentagen füllen sich Kirchen und Säle. Die Abkapselung von den Kirchen Westdeutschlands, seit dem Mauerbau erst schrittweise, dann immer konsequenter aufgezwungen, trägt ihre
Solange die Abrechnungen des vergangenen Jahres, eben der Inhalt des sperrigen Möbels, nicht zur Hand genommen und überprüft werden konnten, war ich fein heraus, bastelte fleißig an Potemkinschen Finanzdörfern, und seine zahlreichen Bäume verstellten mir obendrein den Blick auf einen beträchtlichen Wald von Schulden.
Vor 20 Jahren drehte Luis Bunuel einen seiner besten und mit Recht berühmtesten Filme. Nazarin-der Nazarener heißt programmatisch die Schilderung eines jungen Priesters, der die Nachfolge Christi so ernst nimmt, daß er willig Spott und Verfolgung von Kirche und Welt auf sich nimmt. Der antikatholische Katholik Bunuel verhalf daher, gewiß ohne Absicht, einem beliebten, aber absolut unbiblischen Vorurteil zum Sieg nämlich für die Leidenden und Trostbedürftigen sei es ein Gewinn, nun bald „in. den Himmel zu kommen“.In der Tat ist die leicht moralisierende Unterscheidung von Himmel und
Regelmäßig bekommt meine Frau zum 8. März eine Gratulation aus der Tschechoslowakei - ebenso regelmäßig vergesse ich dieses Datum. In ganz Osteuropa, zögernd nun auch in den Ländern des Westens, wird dann der Weltfrauentag'' begangen - mitten in der Passionszeit.Mein Vergessen des 8. Man wird durch das meiner Frau wettgemacht, wenn im Mai, genau gesagt am zweiten Sonntag des Wonnemonats. bei uns der Muttertag gefeiert wird - mitten in der österlichen Freudenzeit. Sein Termin richtet sich, noch genauer, nach Kürze oder Länge der Epiphaniaszeit. Vor zwei Jahren war es der Sonntag
Dieses Jahr werden sie uns in der Woche vor Ostern fehlen, die feierlich gewandeten, gemessen auf und ab promenierenden Familien. Während die „Stille Woche“ der Christen ringsum an Lärm erstickte, erbrachten diesb Juden am Ufer des Lago Maggiore im Vorjahr den Beweis dafür, daß die Stimme Gottes für sie nicht erstickt ist. Es war Passah, das höchste Fest im Jahr des Israeliten, nicht länger und nicht kürzer als die Zeit, mit der Christen die letzten Stationen ihres Herrn zum Kreuz und zum Ostermorgen mitgehen, eine Woche lang.Die meisten derer, die dort schritten, haben in ihren
Vor einiger Zeit ist in deutscher Übersetzung ein Buch erschienen, das in den Vereinigten Staaten bereits vor zehn Jahren herauskam. Sein Originaltitel hieß ganz anspruchslos „Briefe an Jimmy“ und sein Verfasser ist ein Mann mit Namen Henry Viscardi. Er wurde ohne Beine geboren. So war ihm nach damaliger Auffassung - Viscardi ist jetzt fast siebzig - die Rolle vorgeschrieben, lebenslang ein Schattendasein zu führen.In dieser Meinung trafen sich Behinderte und Nichtbehinderte. Die Briefe des beinlosen Autors an einen gleichfalls schwer behinderten jungen Mann sind ein erregendes Zeugnis
Bei unserem letzten Besuch in Venedig trafen wir eine Gruppe von zwanzig italienischen Kindern mit ihrem Betreuer, einem jungen Priester aus Umbrien. Unter den sorgenfreien, erlebnishungrigen Touristen nahm er sich seltsam aus.Er entstammt, wie wir bald erfuhren, einer wohlhabenden Adelsfamilie, lehnte aber alle Berufungen in ehrenvolle Ämter ab und opferte sie gern seinen Schutzbefohlenen. Eben diesen zwanzig Kindern. Keines von ihnen hat je sprechen und hören können, alle sind taubstumm.Wir verlebten viele Stunden miteinander und unser anfängliches Bedauern schwand bald.
Rubinroter Samt bei Lucas Cra-nach, leuchtend blauer bei Stephan Lochner, stutzerhafter Prunk bei Raffael - nur das Kind ist bei allen drei nackend, nur der Wind kann ungehindert durch Dach und Wand des gebrechlichen Hauses aus- und eingehen.Merkwürdig ist dieser Gegensatz bei fast allen großen Malern hin zum 19. Jahrhundert. Mit der Armut des Kindes konnten sie allesamt nichts anfangen. So wurden sie zu Vorläufern des modernen Weihnachtsfestes, bei dem das Kind in der Krippe ein entbehrliches Versatzstück inmitten überbordender Requisitenpracht ist.Die Liederdichter der Kirche hatten ein
Politiker und Kaufleute. Worte und Waren: nichts ist bei ihnen so entscheidend wie die Frage, ob sie gut ankommen. Wir, die Bürger und die Konsumenten, entscheiden in einer Demokratie darüber, ob jemand oder etwas sich durchsetzt.Manchmal geraten wir dabei un-ter Diktaturen, wiederum der Poli-tiker und Kaufleute. Hinlerher ist es müßig, sich über den Terror der Worte oder Waren sowie beider Wirkungen zu beschweren. Wem wir gestatten, bei uns anzukommen: es liegt mit allen seinen Folgen bei uns.Das ist zu bedenken, wenn nun eine Zeit anhebt, die uns dreieinhalb Wochen lang die
Ich war von einer strapaziösen Reise in drei Länder Osteuropas zurückgekehrt. Wochenlang war ich Zeuge gelangweilter Gleichgültigkeit gewesen, mit der die Menschen dort staatlich verordnete Jubeltage - gerade im Monat August besonders zahlreich - über sich ergehen ließen. Was in Gesprächen wirklich zählte, waren die Vorgänge in Polen. Dort geschah etwas Neues, dort hatte ein Fest begonnen, an dem man freiwillig teilgenommen hätte.Mein erster Gang nach der Rückkehr führte zur Post. Piera, die tüchtige Posthalterin, begrüßte mich und fragte dann aus heiterem Himmel, ob ich
„Die KP ist jetzt einfach die Organisation der Anhänger der bestehenden Macht, genauer genommen die Organisation derjenigen, die gesellschaftliche Präferenzen nur deshalb erlangen, weil sie gewillt sind, die augenblicklich herrschende Machtgruppe zu unterstützen.”Das schreibt Zdenek Mlynar, einer der Initiatoren der „Charta 77”, 1977 aus der C*SSR emigriert. Sein knapp zehn Seiten langer Aufsatz über das „Aktionsprogramm der KPC* 1968 nach 10 Jahren” ist einer der Lichtpunkte in dem Sammelband „Opposition ohne Hoffnung”, welchen der Rowohltverlag herausgab.Gleichfalls
Das Jahr des Kindes geht - das Kind in der Krippe kommt. Wir treten bald in das letzte Fünftel eines Jahrhunderts ein, von dem die italienische Pädagogin Maria Montessori meinte, es werde einmal als das des Kindes in die Geschichte eingehen. Und auch dies gehört wohl dazu: 2400 Kinder werden allein in Deutschland bis Jahresende geboren sein, deren Eltern zeitlebens eine zusätzliche Last aufgebürdet ist. Ihre Kinder sind spastisch gelähmt.Ein Professor der Neurologie befragte Zeitgenossen: wissen Sie etwas von dem Ursprung dieser Krankheit? Die Antworten waren falsch und verräterisch in
Wären Kirchen wie politische Parteien auf Wechselwähler angewiesen, dann würden bei einer Abstimmung im Jahr 1979 die Katholiken eindeutig das Rennen machen. Was weder Küng noch sonst einem theologischen Lehrer gelang, fiel dem Papst aus Polen in den Schoß: Verständnis und Beteiligung, selbst bei denen, die sich sonst an der römischen Weltkirche nicht genug reiben können.Der Wandel wird augenfällig, wenn man ihn etwa in den Berichten des „Spiegel“ zur Kenntnis nimmt: von kühler, oft ironisch gefärbter Distanziertheit ist kaum noch etwas zu spüren. Hätte das Erste Vatikanische
Am 15. März 1939 rollten deutsche Panzer durch das Sudetenland und besetzten Prag. Damit war der Schonfriede des Münchner Abkommens vom Vorjahr brutal und einseitig durch Hitler gebrochen. England und Frankreich, durch Bündnisverträge zur Hüfeleistung für die Tschechen und Slowaken verpflichtet, beließen es bei Drohreden und London setzte ungerührt Wirtschaftsverhandlungen mit Berlin fort, welche im Ergebnis Hitler mehr Devisen für Rüstungseinkäufe sichern sollten.Sogar die sechs Millionen Pfund tschechisches Gold, rechtzeitig in die Bank von England überführt, wären um
Auf dem Friedhof, nur wenige Meter von der Kirche entfernt, ist die halb verfallene Grabstätte eines deutschen Priesters. Kein Mensch kümmert sich um das letzte Haus eines Mannes, der jahrzehntelang in dieser masuri-schen Gemeinde Kreuz und Auferstehung seines Herrn verkündete, auch nicht der polnische Kaplan, der nun schon zwei Jahrzehnte lang die Gemeinde betreut.In der Marienkirche zu Danzig wird der Eintretende als erstes von dem trauernden Christus mit der Dornenkrone zum Verweüen und Betrachten angezogen, der rechts in einer schmucklosen Kapelle kauert, das gepeinigte Haupt in die
Am 14. Mai 1948 wurde der Staat Israel ausgerufen - am 17. Mai begann der Krieg der arabischen Staaten. Der 14. Mai ist für die Christenheit in diesem Jahr der Termin des Pßngstfestes. Die da das erste Pfingsten, ursprünglich ein altes jüdisches Erntefest, miterlebten, waren sämtlich Juden. Als der Heilige Geist die pfingstliche jüdische Gemeinde zur Kirche Jesu Christi umschmiedete, begann auch im gleichen Augenblick deren Ver-folgung. Die Kapitel der Apostelgeschichte geben davon beredtes Zeugnis.Die Gleichzeitigkeit der Termine in diesem Jahr erinnert erneut daran, daß es keine
Der Berliner Bischof Kurt Scharf empörte sieh vor wenigen Tagen öffentlich über die Unterstellung, zwischen Verantwortlichen seiner Kirche und Anarchisten gebe es auch nur die geringsten Beziehungen — über rein seelsorgerliche Kontakte hinaus. Dieser Empörung konnte er in einer langen Leserzuschrift an die „Welt“, die einige Wochen zuvor in einer Glosse die geistige Nähe kirchlicher Mitarbeiter zu Anarchisten behauptet hatte, Ausdruck verleihen. Jetzt hat der Bremer Bürgermeister, Hans Koschnick, Scharf der Solidarität seiner Partei, der SPD, versichert. In seinem Kampf gegen die
Eine Generation ohne Ankunft. So nannte Wolfgang Borchert, wenige Jahre nach Kriegsende in einem Schweizer Sanatorium verstorben, seinen Jahrgang. Viele Abschiede, zu viele, hätten sie erleben müssen, um noch wirklich an eine Ankunft glauben zu können. Man ist versucht, diesen Satz dreißig Jahre später auf die Kirchen Osteuropas anzuwenden. Sie haben nicht nur Ballast abgeworfen, Bindungen hinderlicher Art gelöst, die hierzulande oft genug als unwillkommene Helfer bereitstehen, sondern neuen Ballast übernommen, neue, oft härtere und mehr kompromittierende Bindungen eingehen müssen.
Sachverstand steht hoch im Kurs, auch in der Kirche. Es wundert einen daher nicht, wenn manche Autoren schon im Titel darauf ansprechen. Nach der „Sache mit Gott“1 folgte, in der Herder-Bücherei Freiburg, die „Sache mit dem Apfel“ — eine moderne Wissenschaft vom Sündenfall. Herausgeber und Mitautor ist Joachim lilies, Professor für Zoologie an der Universität Gießen. Neun weitere Verfasser teilen sich mit ihm in die Aufgabe, die Aussagen der Bibel über den Sündenfall von allen Seiten zu beleuchten. Neben dem Herausgeber selbst, der den Mythos vom Märchen abgrenzt, bemühen
Das kalte Paradies, in das man emigrierte, in dem man sich zu integrieren versucht, mit dessen Art und Unart man immer wieder ungewollt konfrontiert wird — das ist die Schweiz. Jenes Land, von dem mehrere Autoren dieses Buches sagen, es ähnele einem riesigen Zuschauerraum, von dem aus ohne Gefahr das Ende des Stücks abgewartet werden kann. Die Tschechen aber, vor allem ihre Intelligenz, waren notgedrungen immer auf der Bühne. Wechselte der Regisseur, änderten sich auch die Rollen — immer aber waren sie exponiert. Nun sitzen sie mit im eidgenössischen Zuschauerraum und versuchen, sich
Zum tausendjährigen Jubiläum ihres Erzbistums erschienen ganze tausend Menschen in Prags Bischofs-' kirche — für jedes abgelaufene Jahr einer. Die Behörden hatten obendrein jede öffentliche Bekanntmachung des Ereignisses untersagt. In Polen waren nicht nur bei den Tausendjahrfeiern vor zwei Jahren die Kirchen, katholische wie protestantische, überfüllt, sie sind es Sonntag für Sonntag. In der DDR füllen nur noch Konzerte, mit den Thomanern etwa, große Kirchen in Berlin, Leipzig und Dresden — die aktive Gemeinde wird überall kleiner. Jahrzehntelange Austrocknung, über die Schule
Der Verkauf von Schweizer Grund und Boden an Ausländer hat auch im Jahr 1971 erneut zugenommen. Rund 5000 Gesuche auf Grunderwerb wurden von Ausländern gestellt — knapp 4 Prozent davon abgelehnt. Dadurch gingen erneut 3,3 Millionen Quadratmeter Schweizer Bodens (1970 waren es 2,9 Millionen) in ausländische Hände. 330 Hektar Land sind ohne einen Schuß erobert worden, sie kosteten die Erwerber 750 Millionen Franken. Im Jahr zuvor waren es noch 568 Millionen gewesen. Rund zwei Drittel der verkauften Fläche waren Bauland, ein Fünftel entfiel auf Wohnhäuser, der Rest auf gewerbliche
Vor genau sechs Monaten diskutierte das eidgenössische Parlament, der Nationalrat, drei Tage lang über eine Initiative, mit der den Produzenten von Waffen und „allem übrigen, kriegstechnischen Zwecken dienenden Material“ die Ausfuhr verboten werden soll. Die Initianten beriefen sich dabei auf den Bührle-Prozeß im Herbst 1970, bei dem gewisse Schwächen in der Überwachung einschlägiger Verordnungen, wonach keine kriegführenden Staaten Waffen erhalten dürfen, offenbar wurden.
Der Titel dieses außerordentlichen Buches über Konfrontationen und Interventionen — übrigens nicht nur in der modernen, sondern oft genug auch in der „vergangenen“ Welt, der des Kolonialismus — postuliert mehr, als die Darlegungen des Autors im einzelnen hergeben. Schwarz, jahrzehntelang Redaktor der „Neuen Zürcher Zeitung“ und jetzt Professor für strategische Wissenschaften in Genf, kann insgesamt zwar den Rückzug aus dem totalen Krieg im Denken von Staaten und Völkern konstatieren — eine Abkehr von der Gewalt dagegen widerlegen seine eigenen Darstellungen leider aufs
Für den Sommer sind bereits sämtliche Hotelzimmer im Tessin ausgebucht. Auf den Campingplätzen stehen unzählige Wohnwagen und Zelte. Alpensüdseite, Wallis und Engadin — dieser zweite Teil der Wetterkarte im Schweizer Fernsehen hat die Zürcher und Basler, die Lu-zemer und Berner daran erinnert, daß man im Tessin schon lange baden kann.Etwa 240.000 Einwohner hat dieser einzige überwiegend italienischsprachige Kanton der Schweiz — in Lübeck, einer bescheidenen Großstadt, wohnen ebenso viele Menschen. Seit 170 Jahren ist der Tessin ein gleichberechtigtes Glied der Eidgenossenschaft,
Die Kirche kommt in die roten Zahlen. Ihr Einkommen hält überall dort, wo es mit der Steuer gekoppelt ist, jeden Vergleich mit finanzstarken Betrieben aus — ihr Auskommen scheint trotzdem nicht gewährleistet zu sein. Der Schluß liegt nahe: je besser es ihr geht, desto übler steht es mit ihr.Doch dieser Schluß trügt, die Gegenprobe beweist es. In der DDR wie in vielen anderen Ländern Osteuropas sind die Kassen der Kirche ebenso leer wie ihre Bänke. Der Druck von oben hat aufs Ganze gesehen weder die Opferwilligkeit der Gemeinden noch ihre Teilnahme am gottesdienstlichen Leben
Kurz vor Ostern legte der Bundesrat in Bern, also die gesamtschweizerische Regierung mit ihren nach wie vor nur sieben Ministern, hierzulande Bundesräte genannt, zum zweitenmal in der Geschichte dei Eidgenossenschaft „Richtlinien dei Regierungspolitik für die Legislaturperiode 1971 bis 1975“ vor. Sie sind in erster Linie für die Berner Parlamentarier gedacht, verdienen darüber hinaus aber Beachtung im Land, die sie mit Sicherheit auch finden werden. Da eine neugewählte Schweizer Regierung weder Parteien, noch Parlamenten direkt ihr Zustandekommen verdankt, ist sie ihnen auch keine
Fast 100 -fahre lang waren zwei Paragraphen Bestandteil dei Schweizerischen Bundesverfassung von 1874, denen man deut lieh das Trauma des gerade überstandenen Kulturkampfes anmerkte: die Liberalen, auf deren Sieg letztlich diese Verfassung zurückging, und die mehrere Jahrzehnte allein die Bundesräte (Minister) der Schweiz stellten, zeigten mit den Paragraphen 51 und 52 noch einmal den Konservativen, die sich aus den katholischen Kantonen rekrutierten, die Zähne.
Die Fernschreiber in der Zentrale des Internationalen Roten Kreuzes, wie auch in der benachbarten Liga der Rotkreuzgesellschaften, laufen seit Wochen auf Hochtouren. Seit dem Bürgerkrieg in Nigerien hat es einen solchen Großalarm für die Sendboten der Humanität nicht mehr gegeben, denn Millionen von Ostpakistanern sollen vor Hungertod und Cholera bewahrt werden. 130 nationale Rotkreuzgesellschaften werden in den Genfer Schaltzentralen koordiniert, damit die Hilfe gezielt und nicht verzettelt wird, soweit solche Koordination überhaupt möglich ist.
Alle fünf Jahre überprüft die Schweiz ihr Verteidigungskonzept. Vor einiger Zeit gelangte der neueste Bericht, als Studie Schmid bekannt geworden, an die Öffentlichkeit. Paradoxerweise wird in kaum einem anderen Land so oft und gründlich über militärische Probleme diskutiert. Die Erregung über das rote Verteidigungsbüchleiin vor zwei Jahren bewies es, die Reaktion der Bevölkerung auf die jüngst erlassenen Reformverordnungen der Armee bestätigte es.Grußpflicht in der Öffentlichkeit, Werbung für die Kader der Unteroffiziere und nicht zuletzt die Rolle der Militärgerichte bei der
25 Jahre nach den internationalen Vereinbarungen über Vorrechte und Befreiungen der UNO-Körperschaften in der Schweiz stellt sich erneut die Frage nach deren Existenz. Standen damals Unverletzlichkeit der Gebäude und Archive, Steuerbefreiung und Immunität in erster Linie zur Debatte, so geht es jetzt um die Frage einer Erweiterung der UNO-Präsenz oder gar einer völligen Übersiedlung in die Schweiz.Durch eine Botschaft des Schweizer Bundesrates an das Parlament vor kurzem ist dieser Möglichkeit theoretisch Tür und Tor geöffnet. Obwohl Kanton und Bund bereits jetzt jährlich an die 100
Geht es nach dem Willen einer Gruppe von Gymnasiallehrern aus Münchenstein im Kanton Basel, muß das Schweizer Volk bald wieder insgesamt an die Urnen — und darüber abstimmen, ob der junge Schweizer in Zukunft als Alternative zum Militärdienst auch Zivildienst leisten kann. Angesichts der überaus niedrigen Zahl von rechtskräftig verurteilten Dienstverweigerern (1969: 133 Mann von 342.000 Dienstleistenden) scheint es wichtigere Probleme zu geben. Da aber besonders in der welschen Schweiz Prozesse gegen Dienstverweigerer journalistisch stark ausgewertet wurden, hat sich auch Bundesrat Gnägi — derzeitiger Bundespräsident — entschlossen, dieses Problem zu lösen.
Zwei sehr unterschiedliche Ereignisse der letzten Wochen beleuchteten die innenpolitische Szene einer Schweiz, deren politische Strukturen stabil und zugleich reformbedürftig sind.
1,500.000 Kinder und Frauen wurden während des Bürgerkrieges in Nigeria vor dem Hungertod gerettet. Diese Zahl präsentiert der letzte Jahresbericht des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz IKRK). Vorher war es der Kongo, waren es der Yemen, Algerien, war es Ungarn — Kriege des 20. Jahrhunderts, bei denen immer auch die Interessen der Großmächte mit auf dem Spiel stehen. Wo aber gekämpft wird, ist auch das Rote Kreuz auf dem Plan. Das ist seit mehr als 100 Jahren so, wir haben uns daran gewöhnt.
„Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend.“ Kein würdigerer Ort auf der ganzen Welt als dieser, dem seit undenkbaren Zeiten die Tiere und mit Ihnen die Menschen die Erhaltung ihres Lebens verdanken. Darum gibt es von nun an kein Reden über den Herrn mehr, ohne daß nicht zugleich von der Krippe gesprochen wird. „Dein Krippen glänzt hell und klar, die Nacht gibt ein neu Licht dar.“ So hat Martin Luther einen der ältesten Gesänge der Christenheit, den Hymnus des Bischofs Ambrosius, übersetzt. Er selbst sagt es gleich zweimal in seinen eigenen
Mit einem aufsehenerregenden Urteil ging vor dem schweizerischen Bundesstrafgericht in Lausanne der Prozeß gegen die Mitarbeiter der Oerlikon-Bührle AG in Zürich zu Ende. Genau zwei Jahre nach der Aufdeckung der illegalen Waffentransporte der größten Rüstungsfirma der Schweiz wurde damit im Urteil des Lausanner Gerichts, dessen Strafen weit über die Anträge des Bundesanwalts hinausgingen, ein Zeichen gesetzt, das weit über den Augenblick hinausweist.
Auf der Traktandenliste der Eidgenössischen Räte in Bern stand am 8. Oktober nur ein Tagesordnungspunkt: die Anschläge auf die Zivilluftfahrt, die Internierung von zeitweilig über 400 Passagieren inmitten der Wüste und die Freilassung inhaftierter Attentäter. Nicht hinter vorgehaltener Hand, sondern mit offenem Visier wurde die Redeschlacht geführt. Der Interpellant hatte bereits die tiefe Empörung des Schweizer Volkes über die gelungene Erpressung zum Ausdruck gebracht. Er verlangte von der Regierung Auskunft über den Gang der Ereignisse und über die Maßnahmen, die sich für die
Der Schweizer Bund soll durch einen Verfassungsartikel dazu ermächtigt werden, Maßnahmen zu treffen, „damit Familien und Einzelpersonen sich eine ihren Bedürfnissen entsprechende Wohnung beschaffen können, deren Mietzins oder Kosten ihre finanzielle Leistungsfähigkeit nicht übersteigen“. So lautet der Kernsatz eines Volksbegehrens, über das die Schweizer Bürger am 27. September zu entscheiden haben.
Das Referendum Anfang nächsten Jahres, in dem die Männer über die Wahlberechtigung der Frauen in Bundesangelegenheiten zu entscheiden haben, wird über Fortsetzung oder Beendigung einer fast siebenhundertjährigen Vorherrschaft der Schweizer Männer befinden. Abgesehen von der starken Gefolgschaft des Herrn Schwarzenbach, die sich schon jetzt für ein „Nein“ stark macht, dürfte die Zustimmung der Schweizer Männer, zukünftig ihre politische Verantwortung mit den Frauen zu teilen, sicher sein.
Vom 14. bis 24. Juli tagte in Evian-les-Bains am Genfer See die fünfte Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes. Die Mehrzahl der etwa 75 Millionen Lutheraner wurden durch ihn repräsentiert. Deutschland, das Mutterland der lutherischen Reformation, ist noch immer am Weltluthertum hervorragend beteiligt. Jeder zweite Lutheraner redet deutsch. Skandinavien folgt mit vier geschlossenen lutherischen Volkskirchen von insgesamt 19 Millionen Menschen, dann die USA mit Kanada als drittgrößte lutherische Gemeinschaft von acht Millionen. Alle übrigen lutherischen Kirchen der Welt — man zählt
Unmittelbar vor der Sommerpause hat der Schweizer Nationalrat eine Vorlage des Bundesrats nach eingehender Diskussion gutgeheißen, die für die politische Zukunft der Schweiz von ebenso großer Tragweite ist, wie es das kürzlich vom Volk verworfene Begehren des Herrn Schwarzenbach für die wirtschaftliche Zukunft gewesen wäre. MM 134 Ja-Stimmen und wenigen Enthaltungen wurde damit ohne Opposition auf Bundesebene die Konsequenz einer in Gemeinden und Kantonen längst in Bewegung geratene Entwicklung gezogen: Mehr als 60 Prozent der Frauen dürfen bisher bereits in kantonalen und kommunalen
Kein Thema hat seit Jahren die Schweizer so sehr erhitzt wie die zweite „Überfremdungs-Initiative“ des Nationalrats Schwarzenbach. Was den Initiatoren vorschwebt, ist die völlige Reinigung der Schweiz von den ausländischen Arbeitskräften; lediglich das Pflegepersonal soll davon nicht betroffen werden. Da aber die meisten ausländischen Schwestern verheiratet sind, würden auch sie gehen müssen. Von den fast 700.000 ausländischen Arbeitskräften würde mitten in einer Zeit andauernder Hochkonjunktur nur ein verschwindender Rest übrigbleiben.
Vor Wochen hat im Kanton Bern eine Serie von Abstimmungen begonnen, die alle das jurassische Problem zum Inhalt haben. Kaum ein anderes innerschweizerisches Thema ist so geeignet wie dieses, das Image der Eidgenossenschaft nach außen zu beeinträchtigen, der erste erfolgreiche Schritt auf dem Weg einer Flurbereinigung wird darum im ganzen Land begrüßt: sämtliche 30 Amtsbezirke des Kantons Bern, darunter auch die sieben jurassischen, haben einen Zusatz zur Staatsverfassung gutgeheißen, der dem jurassischen Landesteil volle Selbstbestimmung zuerkannt und eine friedliche Beilegung des Konfliktes ermöglichen soll.
Bomben krachen, Menschen flüchten in die Schutzräume, Verwundete werden auf Bahren aus den Trümmern geborgen. Dann erklingt die Entwarnung. Wer in diesen Tagen in der Schweiz eine Kinokarte gelöst hat, bekommt solchen Horror als Vorfilm gratis mitgeliefert. 30 Jahre nach der Totalmobilmachung erscheint es den Bundesbehörden angezeigt, der Schweizerischen Wohlstandsgesellschaft ln Erinnerung zu bringen, daß Freiheit und Überleben keine Aktien sind, deren Coupons von allein Zinsen bringen.Zur gleichen Zeit erhielt jeder Haushalt, Bürger oder „Aufenthalter“ die 320 Seiten starke
Vor genau 50 Jahren wählte die Nationalversammlung in Weimar einen Sozialdemokraten zum ersten Präsidenten der jungen Republik. Der Sattler Friedrich Ebert hatte kein Glück, da selbst die eigenen Genossen ihm nicht zu dem notwendigen Prestige verhalfen und sich ihr Leitbild in den Männern der Rechten suchten. Der zweite sozialdemokratische Präsident, Gustav Heinemann, hat bisher größeres Stehvermögen bewiesen, obwohl er aus anderen Gründen vielen seiner Parteigenossen nicht ganz geheuer sein mag. Ein wohlhabender Justitiar der Montanindustrie, obendrein engagierter und nonkonformistischer Christ — kann er der profillos gewordenen Partei zu neuem Image verhelfen?
Der Wagen mit der Schweizer Nummer fuhr durch die Dunkelheit. Kurz vorher waren sie von der Autobahn abgebogen, um in einem Gasthof Abendbrot zu essen. Die Stadt selbst besaß früher einmal weit berühmte Lokale — die letzten 20 Jahre hatten aus ihnen nur noch Erinnerungen gemacht. Hier aber, im Thüringer Wald, lockte das „Deutsche Haus“. Noch durfte es sich so nennen, noch war es sogar in Privatbesitz. Da wurden sie gestoppt — Polizeistreife. Ausländer, die von der Autobahn abweichen, müssen immer damit rechnen. Die Uniformierten können nicht wissen, daß der Mann am Steuer sich