Einst wurde ich zur Vergabe eines österreichischen Übersetzerpreises in das Unterrichtsministerium gebeten und ging gerne hin, denn am Übersetzen liegt mir sehr viel. Es war eine eindrucksvolle Feier, und mir kam die Idee, daß ich für meine Moliere-Übersetzung gelegentlich auch einen Preis bekommen könnte. Mir ist immerhin in diesem Zusammenhang ein schöner französischer Orden verliehen worden, auf den ich stolz bin.Aber unser Ministerium winkte ab - kann man auch nichts machen! „Da vor allem zeitgenössische Autoren in Betracht kommen."Dann aber fiel mir ein, daß mein lieber,
Apropos Abschub: Es gelang einigen Flüchtlingen, damals die Grenze zwischen dem Dritten Reich und Österreich zu überschreiten. Teils waren sie dem Regime in „rassischer" Hinsicht suspekt, teils in der politischen Linken engagiert.Die Immigranten wurden in Österreich von caritativen Organsiationen betreut. Sie wurden, sofern sie nicht über entsprechende Mittel verfügten, in Lagern untergebracht. Die österreichische Regierung trachtete, in jeder Hinsicht das gutnachbarliche Verhältnis zwischen dem Dritten Reich und Österreich nicht zu gefährden.Die deutschen Flüchtlinge gaben
Ihm war unerhört Großes zu- teil geworden. Bei einer Natio- nalratswahl bekam er in einem Wahlkreis besonders viele, über- raschend viele Stimmen; und dies war ein bäuerlicher Wahlkreis, in den eigentlich der Intellektuel- le, der Städter, der- sagen wir es ohne Hemmungen - der Jude nicht recht paßte. Er sagte ein- mal: Zweierlei kann ich nicht werden: Parteivorsitzender und Bundeskanzler. Beides wurde er. Und es.ist ein großer Erweis unserer vielverlästerten Gesin- nung, daß, wie umstritten immer er war, bei den Argumenten ge- gen ihn das Religiös-„Rassische " kaum eine Rolle
Hochverehrter Herr Präsident, Hoch?.?erehrter Herr Kollege Vdclav Havel, ich kann Ihnen kaum schreiben, wie sehr es mich beglückt, daß Sie der Präsident der CSFR geworden sind! Es ist nicht nur für mich eine große Genugtuung, es ist eine Bestätigung des Ranges der Literatur, e$ ist für die Literatur aller Zeiten und aUer RegiOnen eine große Bestätigung. Es hat Geistliche a???? Politiker gegeben, einmal den Pianisten Paderewski als Präsidenten Polens, es hat Militärs als Politiker gegeben, und das ist selten gut ausgegangen. Doch Sie sind der erste, der den · Schritt .vom
Vor Jahren habe ich gern Verei- ne gegründet. Es waren imagi- näre Vereine, bei der Behörde nicht angemeldet, sondern nur in Form einer Stampiglie existent. Beson- deren Anklang hatte der „Verein zur Abwehr der Überschätzung Hugo von Hofmannsthal", der in Germanistenkreisen populär wur- de. Ich verschickte auch Ehrenmit- gliedschaftsurkunden; Heimito von Doderer nahm die Ehrenmitglied- schaft gern an, ebenso Frau Olga Schnitzler, die Witwe Arthur Schnitzlers, die einmal sagte: „Ich hab' ihn von Anfang an nicht leiden können."Und nun verspüre ich wieder die unwiderstehliche Lust,
Im Auftrag seiner Erben hat man mir den Gedichtband „Weana Schbrüch" von Ernst Kein zuge- schickt. Ich habe seinen frühen Tod sehr bedauert, und, wie es oft in solchen Fällen geht, auch, daß ich ihm nicht näher gekommen war. Er hat, über die regelmäßig in einer Tageszeitung abgedruckten Kurz- verse hinaus, viele schöne und bemerkenswerte Texte hinterlas-sen, die mit der Sprache und mit dem Druckbild spielen und die aufbewahrt und analysiert gehör- ten. Aber was gehörte nicht alles aufbewahrt und analysiert bei uns!Und Herbert Pirker schickt mir sein Neuesterschienenes mit dem
Die Nachrichten aus Un-garn, aus der DDR, aus der CSSR haben in Österreich sensationell gewirkt. Allmählich verbreitet sich ein Gefühl von Neid und Nachahmungstrieb. Warum die und wir nicht?An einem strahlenden Wintertag war's soweit. Spontan zogen die Wiener in hellen Scharen dem Zentrum ihrer Stadt entgegen. Sie waren in beschwingter Stimmung, denn sie dachten daran, daß nun auch sie in den internationalen Fernsehprogrammen zu sehen sein würden. Bald war der Graben, war der Stephansplatz voll von Menschen.Es wurden immer mehr, sie quollen förmlich über in die Seitengassen, in die
Seit die große Veränderung in der Deutschen Demokratischen Republik begonnen hat, ärgert es mich bei aller atemberaubenden Dynamik der Vorgänge, daß ich immer von „den Greisen“ in der abgetretenen Riege der Mächtigen lesen und hören muß. Man möchte jenen, die diese stehende Redensart gebrauchen, auf echt berlinerisch zurufen: „Wat heeßt hier Greise?“Wenn sonst nichts gegen sie spräche als ihr Geburtsdatum!Es gibt böse und gute Menschen überall und auch in der Politik. Alte Leute können schrecklich sein. Und das Schreckliche an der abgetretenen Führung der Deutschen
Zum letztenmal hab' ich sie bei der Enthüllung des Denkmals am Albertinaplatz gesehen. Da war sie, obwohl schon sehr alt, wie immer dabei, wenn es um Pazifismus und gegen Faschismus ging. Das Höchste, was sie über einen Text oder ein Stück sagen konnte, war „pazifistisch“. Sie war von rührend idealistischem Engagement für die Rechte des Menschen.Sie hatte die Ära der Wiener Kleinkunst, die eine große Zeit werden sollte, mit dem „Lieben Augustin“ im Keller des Cafe Frackel 1931 begonnen. Und als die böse Zeit kam, gelangte sie nach Palästina und war auch dort kabarettistisch
Der Beginn unserer Freundschaft war ungewöhnlich. Ich hörte im Radio ein Schubert-Impromptu, kurz nach dem Beginn, es faszinierte mich, ich dachte an Gulda, nach dem Klang war er es aber nicht. Rudolf Buchbinder war damals - es ist lange her - noch nicht soweit; ich riet leidenschaftlich: Wer ist das? Es war besser als ich's von Backhaus im Ohr hatte, ich konnte mir keinen Zeitgenossen vorstellen, dessen Schubert so stimmte wie Mozart bei Karl Böhm stimmte. Ich wartete gespannt - und es war Gilbert Schuchter.Ich kannte ihn ganz flüchtig, wie man als Wiener, der oft in Salzburg ist, die
Im achten Wiener Gemeindebezirk hat die rührige Bezirks-vorstehung an einem seiner Wohnhäuser kürzlich eine Gedenktafel enthüllt. Er hätte sich sehr darüber gefreut, denn der Akt fand auf der Straße, inmitten der Bevölkerung statt, und das offizielle Wien war durch die Frau Vizebürgermeister und die Frau Kulturstadtrat vertreten.Jura Soyfer war ein großer Autor und mußte früh sterben. Wie das „Zu spät“ des Franz GriUj>ar-zer zieht sich ein gnadenloses „Zu früh“ durch die österreichische Geistesgeschichte: eben erst das sinnlos vorzeitige Ende des Thomas Bernhard, letztes
Er war kein Menschenfeind wie bei Moliėre, dessen Flucht in die Wüste im Finale noch immer offenbleibt. Er war ein Menschenfeind total, er hat sich selbst in die Wüste begeben, weil dies seine Krankheit war. Woran er gestorben ist, das ist unerheblich.Ihm geschah viel Unrecht. Er hielt eine Rede im Unterrichtsministerium, und wer sie las, mußte sie extrem, doch durchaus erlaubt finden; doch der Hausherr verließ protestierend den Saal. Er kritisierte, gleichfalls extrem, Bundeskanzler Bruno Kreisky, daraufhin wurde verfügt, daß er nicht im ORF gefeiert werden durfte. Beides war als
Hermann Friedl ist am 4. Dezember in einem Krankenhaus in Steyr gestorben. Er war 1920 geboren, war Arzt und Autor und beides mit größtem Engagement und fast übermenschlichem Ringen mit seinem Schicksal. Die Frauen taten ihm vieles an, die Verleger taten ihm viel an. Erst mit seinem letzten Buch, das vor kurzem erschien, einer sehr bedeutenden Hinwendung zu Adalbert Stifter, hatte er Glück. Vorher waren alle seine Buchpublikationen mit Schicksalsschlägen verbunden. Sein schönstes Buch war der Roman ,JDer Landarzt“, ein Prosawerk von großer Dichte und menschlicher Reife.Friedl war
Ich kenne die Jeannie Ebner schon so lange, daß es gar nicht mehr wahr ist. Sie war eine getreue Helferin, eine sehr uneigennützige, sie war mit dabei, als wir anfingen, die .jungen Autoren“ zu sammeln und zu versammeln. Es war im Cafe Raimund, gegenüber vom Wiener Volkstheater, und Jeannie hatte eine bewegte berufliche Vergangenheit jenseits der Literatur, sie war tüchtig und aktivistisch im Zusammenhang mit Mann, Roß und Wagen, und sie verfaßte Lyrik, die Eindruck machte: Sie hat das Verdienst, daß ihr erstes Buch mir dediziert wurde („Für Hans Weigel als Dank für Ermutigung und
Wäre Leonard Bernstein ein hervorragender Pädagoge, ein bedeutender Schauspieler, wäre er was immer: Hätte Bernstein die vorgesehene Altersgrenze erreicht, die er ja längst überschritten hat, dann müßte er jetzt Daumen drehen.Ich weiß, daß es die Schrek-ken der Arbeitslosigkeit gibt, daß es eine große Zahl junger Menschen gibt, die keine Arbeit findet und die dran zerbricht, ich weiß. Ich weiß aber auch, daß es Menschen gibt, die dran zerbrechen, daß man sie, dem Kalender gehorchend, brutal (ich sage: brutal) zwingt, ihr Lebenswerk bei voller Schaffenskraft von heute auf morgen
Ich bin kein überzeugter Anhänger des scheidenden Staatsoperndirektors; aber die Manier, wie er überfallsartig abserviert wurde, nötigt mir Sympathien für ihn ab. Und dies wurde mir eben klar, als ich erschüttert Kenntnis vom Ableben meines großen Freundes Gustav Manker nehmen mußte.Was hat er getan? Das fragt man sich so oft, wenn einer, der da war, plötzlich ohne Angabe von Gründen nicht mehr da ist. Auch Manker hätte sich als lebenslanger Diener des Volkstheaters damals einen würdigen Abgang verdient. Eine Abschiedsgeste, einen Dank, eine Ehrung.Ich will hier nicht sein Wirken
Es hat uns erwischt. Einst gab es in Salzburg eine Landesvorschrift zum Denkmalschutz in Sachen Mozart und Festspiele. Wo sind die Zeiten?Jetzt steigt der größte US-Werbekonzern voll in den Mozart ein. Und das Land Salzburg hat zwar eine „ethische“ Kommission nominiert, doch was nützt's?Schon der Amadeus-Rummel ging an die Grenze des Ge-schmacks. Mozart war mißbraucht als musikalischer Hintergrund für Reklame aller Art; es tat so weh wie täglich das Schubert-Zitat in den Radio-Journal-Sendungen.Doch nun wird sich eine akustische Mozart-Lawine über die Welt wälzen, wird ein
Ihr wollt uns eine Sühne-Summe zahlen? Zum 11. März? Wem? Zum Beispiel dem Marcel Prawy, dem Gerhard Bronner, dem Bruno Kreisky, mir? Ihr wollt sühnen, was andere uns und unseresgleichen angetan haben. Ihr wollt Euch an die Brust klopfen, weil ganz andere am Heldenplatz geschrien haben? Sühnt lieber, was Ihr gesündigt habt! Wer hat den Bronner nach Österreich zurückgeholt, den Georg Kreisler, den Ernst Deutsch, den Oskar Jellinek, den Arnold Schönberg, das Ehepaar Charlotte und Karl Bühler, den Oskar Kokoschka, die Leute von der „Literatur am Naschmarkt“: Engel, Metzl, Piesen,
Im September.Ich war gestern an einem strahlenden, unbeschreiblich schönen sonnigen Herbsttag an der unteren Donau, über Fischamend hinaus. Zunächst in Haslau, das ist auf der Straße nach Bratislava. Man fährt links hinunter, ist in einer Au, geht ein Stück weiter. Ist an der Donau. Sie scheint nicht zu fließen. Alles ist trotz Samstag ganz still. Gegenüber in der Sonne Orth mit der Terrasse des Restaurants, wie eine Vision der Zivilisation, doch idyllisch. Hier unten liegt ein Mädchen auf der Erde, macht sich mit den Armen Schatten und liest.Wie groß ist diese Landschaft! Ich wäre
Kein Bearbeiter würde es wagen, den Satz „Er ist also ein damischer Gesandter, nämlich ein mesopotamischer?“ in einen Nestroytext einzubauen oder auf den Namen des Holofernes den Reim „Ein Schnitzel, ein kälber- nes“ zu wagen. Täte es ein Schauspieler, man würde es ihm nicht gestatten. Doch beide Pointen sind von Nestroy selbst.Er war unter anderem ein großer Blödler, er hat dem Publikum zuliebe unter seinem Niveau gearbeitet, er hat sein Dynamit in Watte gewickelt (Karl Kraus).Wir befinden uns in einem Zeitalter des Sozialkritischen, und es ist nicht schwierig, Komödien
Ich will einige Worte sagen über einen wirklichen großen alten Herrn, der seit einigen Tagen nicht mehr ist - das ist Rudolf Henz. Rudolf Henz wäre am 10. Mai neunzig Jahre alt geworden, wir haben uns darauf vorbereitet, ihn zu feiern. Er hat Anteil genommen an den Vorbereitungen für diese Feiern, und dann plötzlich, aber durch einen gnädigen plötzlichen Tod, mußte er von uns gehen.Ich hab ihn sehr geliebt, obwohl das auf den ersten Blick für jemand, der uns beide kennt und der mich nicht sehr gut kennt, überraschend sein mag. Er war ein junggebliebener alter Herr bis an seinen
Auf der Landstraße zwischen Augsburg und München ist ein Personenkraftwagen frontal auf einen Lastkraftwagen aufgefahren.Das kann kein bayerischer Personenkraftwagen gewesen sein, denn bayerische Personenkraftwagen fahren absolut unfallfrei.In der Nähe von Ingolstadt war durch ein Leck an einem Tankwagen eine giftige Substanz ausgeflossen und hat ein Fischsterben in den Gewässern der Umgebung verursacht.Das kann kein bayerischer Tankwagen gewesen sein, denn bayerische Tankwagen sind dicht.Auf der Strecke der Deutschen Bundesbahnen zwischen Landshut und Deggendorf stießen zwei Züge
Die Gähn-Technologie ist eine uralte Technologie, die schon längst vor dem Terminus „Tech-nologie“ da war. Sie ist an den hohen Schulen ■ weit verbreitet, wird aber auch an anderen Lehranstalten häufig angetroffen — auch in Theatern und Konzerten und im Auditorium öffentlicher Vorträge trifft man sie häufig an.Die Gähn-Technologie bezieht vor allem die Mundpartie ein; oft, aber nicht regelmäßig, spielt auch die rechte Hand ihre Rolle.Die Gähn-Technologie hat auch ihre akustischen Implikationen; sie sind vor allem beim Ubergang vom Schlafen zum Wachen und vor dem
So hab' ich mir's nicht vorgestellt. Ich hab's befürchtet und war dann beglückt, als es anders wurde.Aber jetzt sind wir mitten drin in den frühen dreißiger Jahren.Seid Ihr, sind wir von Gott verlassen?Die Iden des März sind ein Schicksalsdatum, nicht nur für Caesar.Mitte März 1938 habe ich Osterreich verlassen müssen, mit einem kleinen Koffer und ohne Chance. Ich habe mich von diesem Tag an nach jenem Österreich gesehnt, das es nicht mehr gegeben hat, nach den Städten, nach den Landschaften, nach den Menschen. Sieben Jahre und vier Monate habe ich mich gesehnt und war sozusagen in
Der Föhn ist etwas Neumodisches wie der Computer und die Soziologie. Ja, ich weiß, in der Rheinebene war er schon längst da, in gewissen Alpentälern; mir scheint, er kommt in Schillers „Wilhelm Teil“ vor, und wenn nicht, könnte er ohne weiteres dort vorkommen.Aber bei uns, in der Mitte Mitteleuropas? Als ich ein Knabe war, da war bei uns nie die Rede vom Föhn. Obwohl es ihn entweder schon damals gegeben haben muß oder ihn auch heute nicht geben kann. Bei uns.Dieser klar meteorologischen Logik ungeachtet, höre ich seit... seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs etwa immer wieder vom
Was ist Schiri? Schiri klingt orientalisch: Sie hüllte ihr Gesicht in einen Schiri? Oder: Er trank eine Tasse des duftenden Schiri.Besteht ein Zusammenhang mit der morgenländischen Königin Sirikit? Oder ist's schlicht und simpel eine sehr mangelhaftausgesprochene Jury? Oder der Lockruf eines Vogels?Ich stieß auf Schiri im regionalen Wochenblatt meines Wohnbezirks. Den Sportteil lese ich sehr selten; doch fiel mein Auge auf eine fettgedruckte Zeile (siehe Faksimile).Sonst nicht eben begriffsstutzig, brauchte ich einige Zeit, um zu verstehen. Es handelt sich um Volleyball. Davon versteh ich
Wie man Gaddaffi schreibt, das ist umstrytten, das wyssen nycht einmal seine Anhänger. Denn er schreibt sich myt arabyschen Buchstaben, und eine Transkryption yn unsere Lettern yst problematysch. (Mit den sirischen Namen yst's auch nycht einfacher.)Doch eine nycht ganz stym-mende Orthography yst da ym-merhyn keine so große Sinde. Denn es wird ein Naher Osten sein, und Kadavi wird nimmer sein. Aber das Land, das er derzeit regiert, ist langlebiger.Und drum ersuche ich alle Sprechenden im Funk und Fernsehen, den Namen dieses Staates richtig auszusprechen. Dies geschieht derzeit nämlich so gut
Auf die Dauer ertrugen es die Computer kaum mehr. Besser gesagt: Jeder einzelne ertrug es kaum mehr. Sie wußten ja nichts voneinander. Man gab ihnen alles ein, alle Zählen, alle Fakten; sie wußten, wo es Kautschuk gab, wo es Baßklarinetten gab, wie man Wasser enthärtet, wie man Kindbettfieber heilt, sie konnten Schach spielen, Kriminalromane verfassen, Fabriken leiten, sie wußten auch alles über Computer, sie wußten, wie viele es gab und wo sie sich befanden, und doch war jeder isoliert.Und so litten sie vor sich hin und fanden, daß die Menschen immer blöder wurden. Das stimmte
Der Plan reifte vor dem Sommer 1945. Am 1. Dezember vor vierzig Jahren ist dann die erste FURCHE erschienen, heute ein Stück „Österreich zum Herzeigen“.
Das ist ein herrlicher Sänger, grundmusikalisch, gut aussehend, große schauspielerische Begabung, phänomenales Gedächtnis, guter Kollege...- Und er hat keinen Fehler?—Ja, leider: er hat eine unschöne Stimme.— Da ist ein großartiger neuer Wagen, wunderbare Form, Luftkühlung, umweltfreundlich, Schiebedach, Alarmanlage, moderne Bremsung, Automatik, Nebelleuchte, Stoßdämpfung, sparsamer Treibstoffverbrauch, angenehm gefedert, Servolenkung und relativ preiswert...— Und er hat keinen Fehler?- Ja, er ist leider erst 1989 lieferbar.— Das ist eine vorbildliche Schule, in einer
Wenn wir erfahren haben werden, was alles in Fruchtsäften drin ist, was alles in Gemüsesäften drin ist, was alles in Mineralwässern drin ist, was alles in Suppenkonserven drin ist, was alles in Fleischkonserven drin ist, was alles in auf Farmen gezüchteten Hühnern drin ist, was alles in Wurstwaren drin ist, was alles in Fischkonserven drin ist, was alles in Mayonnaisen, Salatsaucen etcetera drin ist, was alles in Speisefetten, Margarine, Speiseölen drin ist, was alles in Cakes, Waffeln etcetera drin ist, was alles in Bonbons drin ist, was alles in Schokolade drin ist, was alles in Käse
Seit einer Woche kann ich nicht mehr ungetrübt Radio hören und fernsehen, wenn nicht Musik auf dem Programm ist oder professionelle Sprecher am Werk sind, welche allerdings meist Texte ablesen, im Radio ganz legal, im Fernsehen mittels gewisser Behelfe, die nur von Fachleuten agnoszierbar sind.Kurz vorher hatte ich die angenehme Aufgabe, Schauspielschüler im Vortragen lyrischer Texte zu unterweisen, und nötigte sie zusätzlich, die Auswahl des betreffenden Gedichts mit eigenen Worten zu begründen.Das Vortragen von Lyrik war eher reibungslos zu erlernen. Bei der persönlich formulierten
Es ist schon so in Österreich: Die Bedeutungslosigkeit eines lebenden Schriftstellers wächst mit dem Quadrat seiner Prominenz— nicht alle, von denen man wenig hört, sind Giganten; aber von allen Giganten hört man wenig — und umgekehrt.Gewiß, Franz Nabl kann sich, äußerlich besehen, über Mangel an offizieller Anerkennung, insbesondere innerhalb seiner steirischen Wahlheimat, nicht beklagen. Er wird auch jetzt anläßlich seines achtzigsten Geburtstages, wie schon vielfach, gefeiert und angestrudelt werden. Aber versuchen Sie einmal, seine wesentlichen Werke im Rahmen des Handels mit
Es ist dem Publikum von internationalen Fußballspielen nicht gestattet, Zuschauer internationaler Fußballspiele zu töten, zu foltern oder zu verletzen.Geschieht dies dennoch, ist die europäische Öffentlichkeit aufgebracht und bemüht sich, künftig ähnliche Aktionen zu verhindern und sich der Opfer beziehungsweise ihrer Hinterbliebe--nen anzunehmen.Hingegen ist es gestattet, Bewohner von Flüchtlingslagern bei Beirut zu töten, zu foltern oder zu verletzen.Die europäische Öffentlichkeit bemüht sich nicht, künftig ähnliche Aktionen zu verhindern und sich der Opfer beziehungsweise
Es gibt keinen schöneren Beruf als diesen ärgsten aller Berufe, der nachweisbar ärger ist als alle anderen ärgsten Berufe, die von ihren in Haßliebe sich verzehrenden Angehörigen als solche ausgegeben werden. Nein, es gibt keinen schöneren als den Beruf des Schriftstellers, und dies aus ganz anderen Gründen, als die anderen meinen.Nur der Autor literarischer Werke hat jedoch ein Vorrecht, das ihn hoch über die anderen erhebt. Er kann Nutzen ziehen aus dem Bösen, aus dem Widerwärtigen, aus dem Mißlingen, aus dem Unerfreulichen, ganz persönlichen Nutzen, ohne dabei amoralisch zu
Nach den erwarteten Anfangsschwierigkeiten entwickelten sich die Verhandlungen schnell und erfolgreich.Man ging Zug um Zug vor. Man reduzierte die Langstreckenwaffen hier und die Langstreckenwaffen dort. Man reduzierte die Mittelstreckenwaffen dort und die Mittelstreckenwaffen hier. Man reduzierte dort und hier die landgestützten und die seegestützten Waffen.Das erklärte Ziel beider Seiten war das Prinzip der Waffengleichheit. Wie man wettgerüstet hatte, wurde jetzt um die Wette abgerüstet. Hier und dort gab es immer weniger Waffen.Man vergaß nichts — eine schier unglaubliche
„Was? Der wird achtzig? Das glaub' ich nicht!” (Aus einem Gespräch, März 85)Viktor E. Frankl war ein junger Arzt in Wien, Spezialgebiet: Neurologie und Psychiatrie, an der Schwelle der Karriere. Er konzipierte ein grundlegendes Werk, ein neues System der Psychiatrie. Er mußte zwischen 1938 und 1945 das Leid, die Gefahr, die kaum faßbare Tortur des Verfolgtseins auf sich nehmen. Er kam davon. Er kam nach Wien zurück. Er setzte seine Karriere fort. Er sah in den Wienern nicht seine Verfolger von gestern, sondern seine Landsleute, seine Patienten. Er zog wieder den weißen Ärztekittel
Zum letztenmal war ich im Jahr 1937 in Prag. Ich war mit der Tschechoslowakei schon verbunden gewesen, als noch das Kronland Böhmen existierte. Mein Vater wurde dort geboren, mein Großvater lebte bis 1932 in Eisenstein im Böhmerwald, das den Namen Zelezna Ruda bekommen hatte. Von meinen Kinderjahren an bis dahin waren wir jedes Jahr dort. Später war mein Vater beruflich in Prag tätig, er pendelte sozusagen zwischen Wien und Prag, auch hatte ich einen Freund, der Kapellmeister am Prager Deutschen Theater war; auch um seinetwillen war ich gern in Prag.Ich war in Prag sozusagen zu Hause, wir
Maßgebende Vertreter von Presse, Rundfunk und Fernsehen haben kürzlich das Signal für den Beginn einer Ära gegeben, die als Nach-Flick-Ära in die Geschichte der Publizistik eingehen wird. Sie haben festgestellt, daß die rapide Steigerung der Skandale auf allen Gebieten diese längst nicht mehr sensationell, ja nicht einmal mehr interessant erscheinen läßt.Da es aber die Aufgabe der Medien ist, Ungewöhnliches, Unerwartetes in großer Aufmachung herauszustellen, da insbesondere seit der Flick-Spenden-Affäre sogar Rücktritte hoher und höchster Funktionäre nicht mehr ungewöhnlich
Was ist die Mehrzahl von „Mann"? Männer. Sehr gut. Aber noch nicht setzen.Die Mehrzahl von „Mann" ist auch „Mann".Stimmt. Sehr merkwürdig. Eine militärische Mehrzahl. „Eine Truppeneinheit von soundsoviel Mann."Einzigartig. Man sagt nicht „Eine Herde von soundsoviel Rind", man sagt nicht „Eine Schulklasse von soundsoviel Kind", „Ein Corps de Ballett von soundsoviel Dame", aber die Ein-Mann-Mehrzahl ist sehr seltsam.Wie heißt die Mehrzahl von „Mann" noch?Die Mehrzahl von „Mann" heißt auch „Leute".Sehr gut, setzen.Feuerwehrmann — Feuerwehrleute, Seemann — Seeleute
Man soll keine Pauschalurteile abgeben. Aber eine improvisierte private Statistik auf Grund etlicher Erfahrungen ist gewiß aussagekräftig.Ich kenne einige großartige Ärzte. Aber was ich so in einem langen Leben mit Ärzten und Krankenhäusern durchlitten habe, läßt mich feststellen, daß die Mediziner und ihre Helfer recht — sagen wir: problematisch sind.Ich hatte so lange Respekt vor der Justiz und vor den Anwälten. Sie schienen mir der Hort der Sachlichkeit, der Gerechtigkeit, der Präzision. Aber seit ich Erfahrungen gemacht habe, sind sie mir alle, gewisse Ausnahmen vorbehalten,
„Wir sind sehr erschüttert", sagte Leopold Lindtberg kurz nach dem Ende des Krieges auf der Bühne des Josef städter Theaters in Wien. Die gastierenden Schauspieler aus Zürich hatten eine Vorstellung für die Schauspieler Wiens gegeben. Man hatte das Gefühl: Jetzt ist der Krieg zu Ende.Lindtberg war vielfach jeweils beides: Schweizer geworden, aber Wiener geblieben, Theater und Film, Schauspiel und Oper, klassisch authentisch und heutig. Da er nun nicht mehr ist, muß man es Achim Benning hoch anrechnen, daß er Lindtberg an das Burgtheater gebunden hat. Hier feierte man ihn mit
Eines Tages — es ist schon lange her — sagte jemand: Diese ewigen Spitzbogen werden auf die Dauer langweilig. Bald sagten es viele, denn das lag auf der Willenslinie der Zeit. Und bald wurde nicht mehr gotisch gebaut.Eines Tages — es ist schon lange her — sagte jemand: Diese ewigen Schnörkel werden auf die Dauer langweilig. Bald sagten es viele, denn das lag auf der Willenslinie der Zeit. Und bald hatte der Rokoko-Stil aufgehört.Eines Tages — es ist nicht mehr lange bis dahin — sagte jemand: Diese ewigen englischen Liedertexte und diese ewigen englischen Namen von Gruppen werden
Ich bitte meine Kollegen in der FURCHE, ausnahmsweise ausführlicher sein zu dürfen als sonst. Mir ist allerlei zu dem Roman „Albino" von György Sebestyen eingefallen.Das eine: In jeder Redaktion ergibt sich immer wieder das Problem, wie man die Arbeit eines Mitarbeiters rezensieren soll. Am besten ist eine Selbstanzeige, empfehlenswert ist auch ein Abdruck ohne kritische Würdigung. Denkbar ist's auch, daß man sich einen Rezensenten aussucht, dem das betreffende Werk ehrlich gefällt. (Aber das glauben einem ja die Leser nicht!)Ich mußte einmal ablehnen, in einer Zeitung über ein Buch
Die britischen Gewerkschaften sind der britischen Regierung böse, weil die britische Regierung nicht möchte, was die britischen Gewerkschaften möchten: daß Angehörige des britischen Geheimdienstes Mitglieder der britischen Gewerkschaften sind.Einst in den früheren vierziger Jahren rühmte sich ein führendes Mitglied eines Basler Clubs: .JSogar ein sowjetischer Geheimagent verkehrt bei uns." — ,J)as ist ein schlechter Geheimagent", sagte der Schauspieler Wolfgang Heinz. — „Warum?" — „Weil Sie wissen, daß er einer ist."Solche Spitzel wünschen sich die britischen
Er ist achtzig; aber er paßt durchaus noch in die Achtziger. Er rettet nicht eine Welt von gestern in die neue Zeit, er paßt durchaus in diese Zeit.Man spürt ihn nicht, wenn man nicht genau hinhört oder hinsieht, aber man begegnet seinem Wirken auf Schritt und Tritt, besser gesagt: auf Horch und Schau, wenn man der Gattung der Unterhaltung (so heißt der Fachausdruck) begegnet. Er ist ihr unerreichter Professional.Es ist so passend, daß er Wiener heißt, denn er ist einer, ein ganz echter. Und man kann es sich kaum mehr vorstellen, daß er die gewissen schauerlichen Jahre fern von Wien
Er vernachlässigte seinen Beruf und seine Familie, denn ihm war es sehr ernst mit seinem Protest gegen die Stationierung amerikanischer Raketen und Flugkörper.Er diskutierte auch immer wieder leidenschaftlich die Nuklear-Probleme; und allmählich sah er ein, daß er zwar weiterhin gegen die Stationierung amerikanischer Waffen zu protestieren hatte, daß er in seine Proteste aber auch die entsprechenden sowjetischen Waffen einzubeziehen hatte. Da er das bisher Unterlassene aufholen mußte, war er nun mehr als doppelt ausgelastet, sein Beruf und seine Familie hatten das Nachsehen.Je intensiver
Cleveland. —Der amerikanische Neuro- und Gehirnchirurg Prof. White kündigt Ungeheuerliches an: „Innerhalb eines Jahres werden wir erstmals den Kopf eines Menschen auf einen anderen Körper verpflanzen.” Bedenken hat er keine.Das ist aus einer seriösen Zeitung zitiert.Und es erfreut mich.Denn künftig brauche ich keine Angst mehr zu haben, mir angesichts eines schwierigen Problems den Kopf zu zerbrechen. Wenn er hoffnungslos zerbrochen ist, bekomme ich einen neuen.Auch wenn ich meinen Kopf völlig verliere, ist er jetzt ersetzbar.Es wird keine Kopflosigkeit mehr geben.Ich wüßte nur\
Es gibt ein relativ neues Fremdwort, das ausnahmsweise nicht angelsächsisch, sondern französisch ist. Und schon wegen dieses Seltenheitswerts müssen wir es hegen und pflegen: Vernissage.Ich kannte es längst, denn im Französischen ist es nicht nur gang, sondern auch gäbe. Bei uns ist es, wie gesagt, eher neu.Das Wort hat - man merkt es ihm an — mit dem Begriff „Firnis" zu tun, was sowohl „Anstrich" als „Anstreichmittel" bedeuten kann und außerhalb der malend-an-streichenden Fachwelt nicht mehr sehr häufig verwendet wird.Der einzige Anstrich, der bei unseren Vernissagen auftritt,
Sie kommentieren, symposio- nieren, diskutieren, biogra- phieren, psychologisieren, philo- logisieren, theologisieren über Franz Kafka von Süditalien bis Klosterneuburg; nur Goethe wurde in ähnlicher Intensität und Extensität zerredet, zerschrieben, zergermanistisiert.Und da kam neulich eine Nicht- Germanistin, weil eine niederösterreichische Zeitschrift zu Kafkas Hundertstem sich und sie fragte, wie es denn um Kafka undNiederösterreich stehe (denn er war in seiner letzten Lebenszeit als Patient in Kierling), und begann Recherchen und kam auf vieles, vor allem aber darauf, daß vor
Das nostalgische Bedauern im Hinblick auf das Wiener Cafe ist traditionsbedingt und reicht in längst vergangene Jahrhunderte zurück. Ebenso wie das Burgtheater bald nach seiner Eröffnung, ebenso wie die Wiener Oper bald nach ihrer Eröffnung, ebenso wie die ganze Stadt bald nach ihrer Gründung, ebenso wie die Wiener Mädchen und Frauen bald nach der Gründung Wiens, ebenso wie sein entfernterVerwandter, der Heurige, ist das Wiener Cafe seit eh und je „nicht mehr das, was es einmal war“. Wien kennt vier Vergangenheitsformen: Die Mitvergangenheit, die Vergangenheit, die Vorvergangenheit
Weigels neues Buch über Literatur und Büchermacher, aus dem dieser Text stammt, wird demnächst unter dem Titel ,,Das Schwarze sind die Buchstaben" im Verlag Styria, Graz, erschienen.
Nach dem großen Warschauer-Gipfel wurde ein Kommunique veröffentlicht, in welchem die Mächte des Warschauer Bündnisses ihre Friedensliebe betonten und als bestes Mittel zur Herbeiführung des Friedens einen Nichtangriffspakt vorschlugen.Ja, gern, sagte die NATO, aber das muß natürlich sorgfältig geprüft und gut vorbereitet sein. Also wurde sorgfältig geprüft und gut vorbereitet. Dann wurde in Lugano der Nichtangriffs- und Gewaltverzichtvertrag feierlich unterzeichnet. Einige Monate später war er ratifiziert.Angesichts der wachsenden Spannungen wurde beim großen NATO-Gipfel im
Amtsweg: labyrinthische Methode, in Wien nicht ans Ziel zu kommen.Bankfiliale: ehemaliges Wiener Cafe.Cafe: künftige Wiener Bankfiliale.Donau: grünlich-bräunlicher Strom am Rand der Stadt Wien. Dreivierteltakt: in Wien endemische Entartung des Taktgefühls.Englisch: Sprache, die in Wien ebenso fehlerhaft gesprochen wird wie Deutsch.Franz Joseph: Vorgänger Bruno Kreiskys.Gastarbeiter: die Angehörigen der Familie Habsburg aus dem Kanton Aargau.Heuriger: säuerliches Getränk, das singend konsumiert wird.Interim: Wiener Umschreibung für „Dauerzustand".Job: Wiener Dialektwort für
Ich verstehe, daß der Herr Bundespräsident und viele andere Mächtige kondoliert haben, kondolieren mußten. Wenn Breschnew dabei als Freund Österreichs bezeichnet wurde, mag das zutreffen. Mir war dabei immer etwas unheimlich.Für seine Freundschaft habe ich ihm nicht zu danken. Aber ich bin ihm doch aufrichtig dankbar, wenn auch meine diesbezüglichen Argumente etwas Makabres an sich haben. Ich bin ihm für seine Unmenschlichkeit dankbar. Er hat der Welt das gezeigt, was ich, zum Unterschied von der Welt, längst gewußt habe.Trotz zahlreicher gelegentlicher Sympathien habe ich mich immer
Er war ehrlich aufgewühlt. Er litt unter dem Unrecht, das der Zivilbevölkerung in Lateinamerika angetan wird. Die Zustände in Südafrika erbitterten ihn. Und vor allem raubte es ihm den Schlaf, daß Europa durch Raketen tödlich bedroht war.Er verließ seine Wohnung, um gegen die Raketen zu demonstrieren. Der Frühstückskaffee war kalt und dünn — darum ohrfeigte er seine Frau ein wenig.Auf dem Weg memorierte er das neue Kampflied gegen den Kampf. An der großen Kreuzung sprach ihn ein weinender Jugendlicher an: .Jielfen Sie mir, ich habe nichts getan und bin auf der Wachstube
Die Größten der Großen hatten interdisziplinär zusammengearbeitet. Es ging um den künstlichen Menschen besonderer Art, als Krönung vieler geglückter Versuche, nun nicht mehr um den kom-mun funktionierenden Roboter, sondern um den besonderen schöpferischen Apparat, der mehr konnte als der dichtende Roboter, der komponierende Roboter, der malende und der Baupläne entwerfende Roboter.Der philosophierende Apparat sollte erprobt werden, entstanden in Zusammenarbeit von Geisteswissenschaftlern, Biologen und Technikern. Daß er verständlich sprechen konnte, daß er schreiben konnte, daß er
Ich bekam einen Brief.Sehr geehrter Herr Weigel, ich komme mit einem Anliegen zu Ihnen, die leider vergriffenen und nicht neu aufgelegten Bücher von Marlen Haushofer betreffend.Während meines Germanistikstudiums in Wien habe ich die Bücher der Haushofer kennengelernt, und sie wären beinahe mein Dissertationsthema geworden. Der Roman, ie Wand” hat mich besonders tief beeindruckt. Freunden habe ich den Roman geborgt, weil ich ihn so gut fand. Alle waren begeistert und fanden es schade, daß man es nicht mehr kaufen kann.Ich habe nun heuer zwei Texte aus der „Wand” in eine Lesung unter
Kritik an Begin: ja? Antisemitismus: dreimal nein! Wir versuchen es alle. Es ist sehr schwer. Nur ein Jude darf formulieren, wie Hans Weigel es tut. Nach Auschwitz ziemt uns anderen weiter Zurückhaltung.
Er war fast so alt wie unser Jahrhundert und war ein kostbarer Zeuge dessen, was in der Mitte Europas gewesen ist. Er wußte von den Künsten, vom Film, von der Weltgeschichte sozusagen alles und destillierte seine Schätze in seinem wöchentlichen ,Jialei-dophon” des ORF schon längst, sozusagen immer. Er hat mit Recht das „Goldene Mikrophon” bekommen. Er war kultiviert, sensibel, streitbar, die Gerechtigkeit lag ihm am Herzen und die Sprache, die kulinarischen Künste und die edlen Weine. Worüber er auch sprach und schrieb: er war Kenner.Den Weltmann aus Berlin nahm das Land Tirol auf
Ich brauchte ein Paßfoto und ließ mich fotografieren. Als ich das Foto abholte, bekam ich das Bild einer unbekleideten Dame.Ich ging in eine Buchhandlung und kaufte ein französisches Wörterbuch. Als ich zu Hause das Paket öffnete, enthielt es „Das Kapital" von Karl Marx.Ich ging in ein Restaurant und bestellte Kalbsbraten mit Reis. Der Kellner brachte mir eine Salatplatte.In einem Küchengeräte-Geschäft kaufte ich einen Schöpflöffel. Als ich zu Hause das Paket öffnete, enthielt es eine Fruchtpresse.Ich ließ mir einen dunkelblauen Anzug anmessen. Als der Schneider den Anzug
Pünktlich wurde der Mikroprozessor von einem Mikroprozessor geweckt. Ein Mikroprozessor duschte ihn und trocknete ihn ab. Ein Mikroprozessor kleidete ihn an.Auf der Straße bestieg er einen Mikroprozessor, der ihn zur Universität brachte. In der Kantine brachte ihm ein Mikroprozessor das Frühstück. Dann hörte er eine Stunde Philosophie, eine Stunde Soziologie, eine Stunde Wirtschaftswissenschaften und eine Stunde Psychologie. Eifrig speicherte er, was die vortragenden Mikroprofessoren lehrten.Nach einer Mittagsmahlzeit in der Kantine begab er sich zu einer Mikroprozessorin. Gegenseitig
Die Westeuropäer pumpen Geld in die Oststaaten, und dies zu Bedingungen, die sie mir nie bewilligen würden.Sie helfen dem Osten, seine Bodenschätze auszubeuten und seine Angriffswaffen zu vervollkommnen.Damit hat eine finanzpolitische Dreieckskomödie begonnen: Was die nahöstlichen ölmilliardäre mit dem Westen tun, tut der Westen mit dem Osten,Die Ölmilliardäre legen ihr Geld bei uns an, wir legen unser Geld im Osten an.Und wenn der Osten nicht brav Zinsen zahlt, werden die Lada-Werke vielleicht einmal dem AEG-Konzern oder Mannesmann gehören.Aber davon wird der Westen wenig haben,
Hast du schon gegen den Einmarsch in Finnland protestiert?Selbstverständlich. Alle protestieren. Sogar der Vorsitzende der Sozialistischen Internationale hat eine Brandtrede gehalten.Und der ■ Gewerkschaftsbund hat beschlossen, zum Zeichen des Protestes auf allen Gewerkschaftshäusern die finnische Fahne zu hissen.Bravo! Alle Sender spielen jetzt Sinfonien von Sibelius.Und jeder aufrechte Demokrat geht mindestens einmal wöchentlich in die Sauna.Das wird Eindruck auf dieRussen machen. Wie damals der weltweite Protest gegen das Regime von Polen.Polen — ah ja, da war doch dieser
Daß er am 4. Dezember seinen Achtzigsten feiert, macht diesen Tag zu einem österreichischen Feiertag.Viktor Matejka ist unverwechselbar und kostbar; und wenn man ihn als „Wahrzeichen“ rühmen möchte, liegt der Akzent auf „wahr“.Seine große Zeit war…Nein, stimmt nicht! Sein ganzes erwachsenes Leben war eine große Zeit. Er war wichtig in den dreißiger Jahren als rares Beispiel geistiger Integrität und Sauberkeit inmitten von Zersetzung und Bedrohung, als wesentlicher Mitarbeiter der Wiener Volksbildung, als kämpferischer Christ. Als solcher kam er in das
Eine Kommission ist zusammengetreten, um das leidige Feiertagsproblem endlich neu zu regeln, um dem Überhandnehmen des Feierns zu wehren.Diese sogenannte Feierwehr-Kommission hat einen Vorschlag ausgearbeitet, wie künftig die Arbeitszeit und der Kalender in Einklang zu bringen sind.Der Ostermontag' wird auf den 27. August verlegt. Der Pfingstsonntag wird am 18. November gefeiert. Sollte eines dieser Daten auf einen Donnerstag fallen, werden die betreffenden Feiern jeweils um zwei, sollten sie auf einen Freitag fallen, werden sie jeweils um einen Tag verschoben. Der
Zum Schnitzler-Gedenktag macht der Verlag S. Fischer einige von den Sünden gut, die er lange Zeit durch Lieblosigkeit und Gedankenlosigkeit an Arthur Schnitzler begangen hat. Er legt einen großen, vorbildlich redigierten und ausgestatteten, dreifach repräsentativen Band vor.Hier ist der ganze Schnitzler: sein Leben und seine Welt in Bildern - sein Leben und sein Werk in Selbstzeugnissen und Kommentaren (darunter viel Material aus unveröffentlichten Tagebüchern) - eine große, kundig zusammengestellte Auswahl dramatischer und erzählender Schnitzler-Texte. Ein Bilderbuch also, zugleich ein
Der Kaffee schmeckt fast immer nach Kaffee. Wenn er nach Chlor schmeckt, ist nicht er, sondern das Wasser schuld.Die Milch schmeckt nach Leuchtgas. Die Fischkonserven schmecken nach Ölpest.Die Hühner schmecken nach Industrie. Die eingelegten Pfirsiche schmecken nach Kalifornien.Der Schinken schmeckt nach nichts.Die Margarine schmeckt nach Schweißfüßen.Der Pudding schmeckt nach Leim.Die Marmelade schmeckt nach Zuk- ker.Die Leber schmeckt nach Tiefkühltruhe.Die Äpfel schmecken nach Watte.Die Bratkartoffeln schmecken nach Firnis.Die Bonbons schmecken nach Lack. Der Spinat schmeckt nach
Die „Imaginären Porträts“ von Hans Fronius waren schon eines meiner Lieblingsbücher, ehe nun die schöne große Prachtausgabe erschienen ist. Denn ich hatte seit langer Zeit nahe bei mir einen kleinen Band Namens „Imaginäre Porträts“ von Hans Fronius, der in der Piper-Bücherei erschienen war.Das Porträt des berufenen bildenden Künstlers sagt mehr über das Äußere eines großen Mannes als die Photographie, als das pflichtschuldige Porträt des zeitgenössischen Porträtisten. Denn der, dem ein Mensch „sitzt“, kann nur eine Phase, eine Facette des Äußeren festhalten. Der
Die Wiederkehr des 50. Todestages Arthur Schnitzlers ist der A nlaß eines internationalen Symposions der österreichischen Gesellschaft für Literatur. Vorträge namhafter Vertreter verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen umkreisen ein Thema, das in den letzten Jahren zunehmend in den Mittelpunkt des internationalen Interesses gerückt ist. Von der historischen und politischen Situation zurZeit Schnitzlers spannt sich der Bogen bis zum Podiumsgespräch über Schnitzler auf dem Theater und A usschnitten aus Schnitzler- Verfilmungen.
Ich möchte viele Vereine gründen, einen Verein zur besseren Aussprache von „De-, bussy“ und„Rondo“ im ORF, einen Verein zur Förderung der Unterscheidung von „am“ und „auf dem“, einen Verein gegen das Überhandnehmen des Wortes „Sahne“ - solche und viele andere Projekte durchkreuzen immer wieder meine Gedanken; aber sie alle verblassen, wenn ich an mein Lieblingsprojekt denke.Es ist meinem Herzen, meinem Hirn und meiner Seele sogar näher als der dringend wünschbare Verein zur Abschaffung des österreichischen Wörterbuchs. Das österreichische
Es liegt vieles an den Bezeichnungen. Schon um 1900 waren sie in England aktiv. Die Dame Pankhurst ließ sich anketten, um das Frauenwahlrecht zu ertrotzen. Man nannte sie „Frauenrechtlerinnen“ oder „Suffragetten“. Und beides eignet sich nicht als Schlagwort. Schon damals gab es „Emanzipation“, die „Emanzipierte“. Wer das erlebt hat, dem scheinen diese beiden Wörter altmodisch. Die „Emanzipierte“ (Victor Margueritte machte sie zur Heldin eines Romans „La gar- conne“), das ist: Bubikopf und Zigarettenspitze.Außerdem klingt „Emanzipation“ nach
Die Arbeitnehmer hatten die Fünf-unddreißigstundenwoche durchgesetzt. Aber für die Fahrt von und zum Arbeitsplatz brauchten sie durchschnittlich vierzig Stunden wöchentlich, und wenn bei den großen Fabriken, Ämtern und Büros Parkplätze und Parkhäuser zur Verfügung standen - in den Wohnvierteln war das Parken problematisch geworden. Die Miete für den Parkplatz nahe der Wohnung war fast kostspieliger als die Miete für eine Zweizimmerwohnung. Man blieb meist zu Hause, das Besuchen von Freunden war kaum mehr üblich, die Theater, Konzertsäle und Kinos verkauften Eintrittskarten nur
Es erweist sich als dringend notwendig, die deutschen Bundestagswahlen spätestens Anfang 1981 zu wiederholen und dann in Abständen von etwa einem halben Jahr einen neuen Bundestag zu wählen.Vor den Wahlen am 5. Oktober waren die Führer der Sowjetunion und der DDR auf Entspannungskurs. Sie wußten, daß Helmut Schmidt behauptete, daß man friedlich koexistieren müsse, und sie wollten ihn nicht Lügen strafen. Ihnen war er als Kanzler lieber als Strauß - also koexistierten sie.Die Wahlen waren noch nicht einmal eine Woche vorüber, da erhöhte dieDDR unvermittelt die Zwangsumtauschsätze
Noch ehe die sogenannte Dialekt-Welle in Wien anrollte, gab es schon das Elementarereignis: Helmut-Qual-tinger-Text-und-MusikGerhard-Bron-ner.Und da reimte sich in einem reinen wienerischen Reim „Kostüm" auf „Film" (denn wir sagen im Dialekt „Füm") - es reimte sich „golden boys" auf „Hernais" (denn wir sagen im Dialekt „Hernois"). Das sind reine Reime.Der Reim im vorangegangenen konventionellen „Wienerlied" war nur bedingt rein gewesen. Er hatte zum Beispiel „fein" und „Refrain" gepaart.Nun aber erwachte ein völlig neues
Wir danken ihm sehr viel - zum Beispiel die „Fledermaus". Daß Jacques Offenbach Johann Strauß geraten hat, Operetten zu schreiben, ist eine unbestätigte Legende. Daß aber Johann Strauß ohne das große Vorbild nicht zum Operettenkomponisten geworden wäre, kann man guten Gewissens behaupten.Jacques Offenbach, vor hundert Jahren gestorben, hat aber auch uns zu danken. Denn zum erstenmal machteer den Schritt über Frankreich hinaus, weil er in Wien an Johann Nestroys Theater gespielt wurde. Und der Schauspieler Carl Treumann war sein vortrefflicher Ubersetzer, sozusagen ein
Irgendwo muß es Lehrgänge geben, wo die Verkäuferinnen und Verkäufer das lernen, was mir an ihnen so auf die Nerven geht.Einmal bin ich einer verkaufenden Dame begegnet, die anders war. Ich sah mich nach einem Wintermantel um. Ich wollte mich eher informieren als wirklich einen Mantel kaufen. Ich probierte einige Mäntel an, und bei einem, den ich eben angezogen hatte, sagte die Dame - gesegnet sei sie! -: „Nein, der ist nichts für Sie."Da war ich so glücklich und dankbar, daß ich so lange weiterprobierte, bis ich einen passenden Mantel gefunden hatte. Diesen trage ich nun in
Jede Fernsehantenne auf der Fahrt durch die Vorstädte und Dörfer läßt mich jubeln. Jedes Kino, das in einen Supermarkt oder eine Bankfiliale verwandelt wird, läßt mich jauchzen, obwohl ich die Bankfilialen-Uberdosis unserer Tage nicht goutiere.Aber mehr Bankfilialen tun nicht weh. Kinos tun weh, vor allem im Dorf, in der Kleinstadt, in der Vorstadt. Es gibt ganz wenige Filme, die es geben darf. Und die werden dort draußen nicht gespielt.Das Fernsehen ist natürlich nicht gut. Aber was ist denn, bitte, gut? Die Zeitungen vielleicht? Das Parlament vielleicht, die Beamten?Das Fernsehen ist
Was du ererbt von deinen Vätern, Zerstör 's brutal und radikal. Entzieh's mit Absicht allen Spätem ...Was nicht sozial ist, war einmal.Aus dem Unfallkrankenhaus Wird ein Sozialgedankenhaus. Die Philharmonie Wird Akademie für Sozialempirie,Graphische Sammlungen Werden Räume für Versammlungen,In Käßgen der Zoologischen GärtenFolgen Studenten Marx-Engels-Fährten,In Munstern und Kathedralen Vergleichen Studenten die Umfragezahlen.Im ehemaligen Schauspielhaus Ist längst die vergleichende Sozioö-konomie zuhaus .. .Die PhysikWeicht der Politik,Die Chemie Der Politologie,Die NaturTaucht
Das große Autobahnnetz war komplett. Ein Kilometer fehlte nur noch, dann war jeder Punkt mit jedem Punkt verbunden.In Unter-Oberfelden hatten sich die Spitzen der Hierarchien versammelt, um die Zeremonie feierlich zu zelebrieren. Der Sänger Tobias Bell sang Beethovens „Die Himmel rühmen . . .”, Staatsschauspieler Friedhelm Helm sprach Schillers „Huldigung der Künste”, die Philharmoniker unter Generalmusikdirektor Huldreich Schläger spielten Mendelssohns „Meeresstille und Glückliche Fahrt”.Dann trat der Präsident vor, durchschnitt ein Band, stellte sich an das Mikrophon und
Die Freizeit war explodiert. Man arbeitete nur noch sechsundzwanzig Stunden wöchentlich: Montag von 13 bis 16 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9 bis 16 Uhr, Freitag von 10 bis 12 Uhr.Goldschmiede spielten Ping-Pong, Automechaniker spielten Fußball, Gärtner sammelten Briefmarken, Servierdamen betrieben Gymnastik, Kindergärtnerinnen schwammen, Polizistinnen malten. Man lernte Sprachen, man fotografierte, man wanderte.In einer Art kopernikanischer Wendung hatte die Freizeitgestaltung jenen Platz im Leben eingenommen, den einst die Arbeit innegehabt hatte. Sie war zur Hauptsache
- Nein, es ist unrichtig, psychologisch und politisch unrichtig, den Olympischen Sommerspielen fernzubleiben.Wenn ich gegen Frankreich oder gegen Italien etwas einzuwenden habe und einfach nicht an die Riviera fahre, ist das keine spektakuläre Geste. Das macht keinen Eindruck. Nein, man muß nach Moskau, gerade jetzt, jetzt mehr denn je! Und wenn man dort ist, muß man demonstrativ zeigen, wieviel es geschlagen hat. Indirekter Boykott ist das weltpolitische Gebot der Stunde.Man soll zum Beispiel, wenn man das Siegerpodest besteigt, ganz deutlich mit den Augen zwinkern und ein- bis zweimal mit
Sport hat nichts mit Politik zu tun. Wir wußten es längst, doch die letzten Wochen haben es uns wieder eindringlich ins Gedächtnis zurückgerufen.Wenn eine die Kugel stößt oder einer den Diskus wirft, spielt das politische Regime, als dessen Gast sie stößt und er wirft, keine Rolle. Ja, gut. schön, einverstanden, bitte sehr! Aber warum nur der Sport?Auch Kunst und Politik haben nichts miteinander zu tun. Oder? Nein, wirklich nicht!Die Chorvereinigung „Polyhym-nia" singt bei ihrem Konzert das Horst- Wessel-Lied, weil es eine so schöne Melodie hat, und das hat den Vorrang vor
Wenn jemand sagt: ,,Richard III. ist ein Ungeheuer". hat er recht.Wenn er sagt: „Salome ist ein Ungeheuer", ist er ein Frauenfeind.Wenn jemand sagt: „Der kleine Andreas ist ekelhaft", hat er recht.Wenn er sagt: „Die kleine Monika ist ekelhaft", ist er gegen die Frauen.Wenn man die Italiener nicht mag. ist das Geschmackssache.Wenn man die Italienerinnen nicht mag. ist man ein Frauenfeind.Wenn einem die Musik von Schumann mißfällt, ist er gegen die Romantik.Wenn einem die Musik von Mendelssohn mißfällt, ist er ein Antisemit.Wer findet, daß die Donau blau ist, ist
Nein, es ist unrichtig, psychologisch und politisch unrichtig, den Olympischen Sommerspielen fernzubleiben.Wenn ich gegen Frankreich oder gegen Italien etwas einzuwenden habe und einfach nicht an die Ri-viera fahre, ist das keine spektakuläre Geste. Das macht keinen Eindruck.Nein, man muß nach Moskau, gerade jetzt, jetzt mehr denn je!Und wenn man dort ist, muß man demonstrativ zeigen, wieviel es geschlagen hat. Indirekter Boykott ist das weltpolitische Gebot der Stunde.Man soll zum Beispiel, wenn man das Siegerpodest besteigt, ganz deutlich mit den Augen zwinkern und ein bis zweimal mit den
Und es begab sich, daß die große Staatliche Vernichtungs-Anlage fertiggestellt und vom Regierungschef feierlich eröffnet wurde.Die Finanzierung war denkbar einfach: Der Einzelhandel bezahlte, was er an der Verpackung ersparte. So amortisierte sich das gewaltige Vorhaben innerhalb weniger Jahre.Jeder Laden verfügte über eine entsprechende Öffnung, in welche man alles, was vernichtet werden sollte, ohne Schwierigkeit verschwinden ließ. Man ging in ein einschlägiges Geschäft, bezahlte, nahm die Ware in Empfang und vernichtete sie.Alles atmete auf, strahlte und jubelte. Man mußte nichts
„SPD-Bundesgeschäftsführer Bahr hat den westlichen Ländern schwere Versäumnisse im Zusammenhang mit dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan vorgeworfen. In einem gestern in München vorab veröffentlichten Interview der Illustrierten ,Quick' sagte Bahr, der Einfluß, den die Sowjetunion in diesem Land und auch anderswo in letzter Zeit errungen habe, sei keineswegs das Ergebnis sowjetischer Genialität, sondern westlicher Fehler'".So las man's in der Zeitung.Die Bank hat schwere Fehler gemacht: Sie hat ihre Schalter geöffnet.Der Bestohlene hat schwere Fehler gemacht: Er trug eine
DER SOLIST: Die Rote Armee hat Pakistan überrannt und den Indischen Ozean erreicht.DER CHOR: Wir sind gerade jetzt für die Entspannung.DER SOLIST: Die Bürgermeister im Westjordanland und im Gaza-Streifen haben um die Entsendung sowjetischer Militärberater gebeten. .DER CHOR: Wir sind mehr denn je für die Entspannung.DER SOLIST: Sowjet-Truppen haben strategisch wichtige Punkte in Finnland besetzt, um das Land vor den Ubergriffen schwedischer Guerilleros zu schützen.DER CHOR: Wir sind jetzt erst recht für die Entspannung.DER SOLIST: Vietnam hat Thailand angegriffen.DER CHOR: Der einzige
Entspannung ist kein Zustand, sondern ein Vorgang. Entspannung ist auf Spannung angewiesen.Sonst hieße es nicht Entspannung, sondern Ruhe, Flaute, Schlaffheit, Weichheit, Inaktivi-tät.Neulich hob' ich im Radio ge-hört, daß einer „die Entspannung ausbauen" wollte. Wie macht man das?Eine Verminderung vermehren? Eine Subtraktion addieren? Eine Erniedrigung erhöhen? Eine Zurückhaltung vorantreiben? Eine Schwächung stärken?Bogenschützen und Geiger sind gegen die Entspannung. Auch Autoren van Kriminalromanen sind auf Spannung angewiesen. Und wenn man täglich, an Sonn- und Feiertagen
Wir hören und lesen:Wenn wir die Wärmedämmung aller Gebäude radikal reformieren, sparen wir 4,5% der derzeit aufgewendeten Energie.Wenn wir neue Vorschriften beim Kaltstart der Kraftfahrzeuge befolgen und die Höchstgeschwindigkeit auf 115 km/h limitieren, sparen wir 3,5% derder-zeit aufgewendeten Energie.Durch die Errichtung von Kleinkraftwerken an Bächen, Flüssen und Wasserfällen sowie durch Konstruktion von Kleinkraftwerken können 10% der bisher aufgewendeten Energie eingespart werden.Durch die Nutzung der Sonnenenergiefür die Raumheizung und Warrnwasserbereitung sparen wir 18% der
Ich wollte einen Freund, der in der Volkshochschule einen Kurs leitete, abholen. Ich wußte die Nummer des Hörsaals nicht, niemand war da, den ich hätte fragen können, auch fand ich nirgends ein Schwarzes Brett mit dem Stundenplan.So schlich ich durch Gänge und horchte an Türen.An einer hörte ich: „Piero de la Francesca ..." Da war's nicht.An einer anderen: „Kraft mal Kraftarm ist gleich ..." Da war's auch nicht.An einer dritten: „Christian Fürchtegott Gellerts Fabeln ..." Da war's auch nicht.Was ich aber durch die nächste Türe hörte, faszinierte mich derart,
Spart Energie!Dadurch verringert ihr die Umsätze der Tankstellen, der Elektrizitätswerke, der Kohlen-, Koks- und Holzhändler, der Elektriker, Lampenerzeuger und -handler, der Ofen- Erzeuger und -Händler… manche von ihnen werden Mitarbeiterentlassen müssen, einige von ihnen werden ihren Betrieb liquidieren müssen… spart Energie!Der Staat wird geringere Steuer- Einnahmen haben, auch die Auto- Händler und -Erzeuger werden früher oder später in die Krise einbezogen werden, immer mehr Menschen werden brotlos… spart Energie!Die Staatskasse wird durch die Krise zunehmend belastet - und
Bundesparteiobmann Götz will seine Partei künftig von Graz aus leiten.Wenn das Schule macht…Unser Bundeskanzler wird künftig von Villach aus regieren. Minister Sinowatz übersiedelt mit dem Bundesministerium für Unterricht und Kunst nach Wulka- prodersdorf.Professor Koren bestimmt die Geschicke unserer Währung künftig von Reichraming aus. Bundesfußballkönig Stotz residiert künftig in Golling.Bürgermeister Gratz verlegt das Wiener Rathaus in die leerstehenden Lokalitäten von Zwentendorf. Generalintendant Bacher verlegt sein Büro nach Femdorf die beiden Femseh-Intendanten gehen
Wer in einem Ausland brief oder im Gespräch mit einem Ausländer sagt oder schreibt „Mir geht es gut”, wird wegen Verhöhnung der DDR mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.Wer das Wort „Helsinki” außerhalb des Geographie-Unterrichts ausspricht, wird mit einer Geldstrafe zwischen 1000 und 2000 Mark bestraft.Wer einem Ausländer das Textbuch der Oper „Fidelio” oder ein Exemplar von „Don Carlos” verkauft, schenkt oder zuschickt, wird wegen Schädigung des Ansehens der DDR mit Gefängnis bis zu fünf Jahren verurteilt.Wer das Wort „Kater” so undeutlich ausspricht, daß
Man möchte Zivilcourage haben und zeigen, daß man zwar im Osten lebt, aber fiir die anderen ist, man will für die Freiheit sein, also zum Beispiel einem Präsidenten der Vereinigten Staaten zujubeln -- und dann ist's der Nixon - und man fühlt sich gefoppt und persönlich gekränkt.In der DDR, in der CSSR, in Bulgarien geht's ja nicht, aber in Polen, in Ungarn, in Rumänien, besonders in Jugoslawien kann man sich dies und jenes trauen, man kann zeigen, daß man die Welt von drüben bejaht, man kann sich zur westlichen Kultur bekennen, zum amerikanischen Film zum Beispiel -- und dann ist's
Ich umarmte einen fremden Herrn. Denn er hatte „Geselligkeit“ gesagt und nicht „Kommunikation“.Ich liebkoste einen Kollegen. Denn er hatte „die Leute“ geschrieben und nicht „die Gesellschaft“.Ich schickte einer Radioansagerin Blumen. Denn sie hatte „De-bussy“ gesagt und nicht „Debusy“.Ich küßte einer Verkäuferin die Hand. Denn sie hatte „Beschaffenheit“ gesagt und nicht „Struktur“.Ich verneigte mich tief vor einem Automechaniker. Denn er hatte innerhalb von zehn Minuten kein einziges Mal „o. k.“ gesagt.Ich küßte meinen Bürgermeister auf beide Wangen.
Aus Jugoslawien wird berichtet, man benötige dort Arbeitskräfte. In Ermangelung geeigneter Inländer wurden Gastarbeiter aus dem Ausland, vor allem aus Bulgarien, nach Jugoslawien geholt.Jetzt arbeiten also Jugoslawen in Österreich und Bulgaren arbeiten in Jugoslawien...... aber in Österreich ist der Arbeitsmarkt ins Wanken geraten. Mit Berechtigung findet man: Wir können doch nicht Inländer zur Arbeitslosigkeit verurteilen und Ausländer beschäftigen! Auch die Schweiz und die Bundesrepublik Deutschland leiden an der Vollbeschäftigungs-Auszehrung.Die Jugoslawen im Westen zittern um
Je stürmischer der Fortschritt fortschreitet, um so wichtig er wird bei dem Wort „Unterricht“ der erste Bestandteil: „Unter“. Man assoziiert anders als früher, wenn man das Wort „Unterricht“ hört oder ausspricht. Man fühlt, daß das, was wir als „Unterricht“ bezeichnen, jetzt unter der Richtschnur von einst sei. Und wenn man die Aktivitäten der System-veränderer betrachtet, ahnt man, daß der statische Begriff „Unterricht“ bald von einem dynamischen „Hinunterricht“ abgelöst werden wird.Die Hinunterrichtsexperten sind für Chancengleichheit. Sie wollen aller Welt