Erstmals verändert zeigte sich das Publikum. War es bei den Aufführungen des Theaterwettbewerbs im Mai noch aufgeregt gewesen, störend und aktiv teilnehmend, so blieb es jetzt, bei vereinzelten „Buhs“, im ganzen sehr ruhig, sehr gemäßigt, sehr festlich. Auch in der Kleidung. Manche Abende wurden nahezu zur Gala: Dallapiccolas „Odysseus“ in der Oper, Macbeth zum Abschluß der Festwochen, die Gastspiele der amerikanischen Tänzer und der Comedie Frangaise. Manchmal blieb das Publikum auch fern: beim italienischen Gastspiel etwa, bei den holländischen Tänzern, bei Brittens
Ursprünglich wollte das Berliner Theatertreffen die „besten deutschsprachigen Inszenierungen jeder Spielzeit In Berlin versammeln; im Vorjahr ersetzte Friedrich Torberg das wertende Adjektiv durch „interessantesten ; in diesem Jahr sprach Henning Rischbieter für die Jury von den „wichtigsten" Aufführungen; deutliches Zeichen dafür, dafj sich weit mehr als die Kunst der Schauspieler, Bühnenbildner und Regisseure die Art des Zuschauens verändert hat. Sie ist politischer geworden; manchmal sogar schlechthin politisch. Die veränderte Aufnahme geht bis zum Grob-Handgreiflichen, so, als junge Leute während einer Aufführung in das Schillertheater gehen wollten, um aus dem Theaterstück gegen den Willen der meisten Besucher eine Hotstandsdiskussion zu machen. Von der Polizei wurden sie abgehalten, einige Scheiben der Eingangstüren gingen In Scherben. Politisierung aber auch während der Aufführungen durch Buh- und Zwischenrufe.
Beginnen wir mit Statistik: Der Berliner Theaterwett-J-J bewerb ist inzwischen robust genug, daß er einen solch groben Zugriff verträgt, und er ist so gewichtig geworden, daß Zahlen nützlich sind. 1964 wurde er als Teil der herbstlichen Festwochen offiziell begründet, nachdem deutschsprachige Gastspiele auch in früheren Jahren schon immer zu sehen waren. 1965 gab es bereits den Maitermin und eine eigenständige Einrichtung; dieses Jahr sah also die vierteWiederholung. Insgesamt 37 Stücke wurden bisher eingeladen.Wettbewerb: das heißt nicht, daß die eingeladenen Bühnen sich zum Kampf
Hochwälders „Unschuldiger“ ist eine wahrlich grandiose Rolle von ungewohnten Ausmaßen im modernen Theater, gefährliches Experiment, mitleidlose Probe für jeden Schauspieler. Kann man die Titelfigur nicht zu echtem Leben erwecken, bringt es das Stück kaum zu mäßigem Erfolg. Das mußte man jetzt bei der Aufführung der B e r 1 i n e r K o m ö-d i e erleben.Zwar scheint bei Hans Nielsen alles in besten Händen: da ist Statur und strahlende Gesundheit, berserkerhafte Kraft und bärenhaft warmes Rollen der Stimme, umwerfende Herzlichkeit und naive Brutalität. In seinen Ausbrüchen ist
Nach einem kurzen Umbau von etwa drei Jahren spielt das Ost-Berliner Deutsche Theater wieder in seinem großen Haus. Peter Hack, der begabte Statdramatiker, der (auch schon seit Jahren) auf die Aufführung seines ünmmer wieder umgearbeiteten Brikett-Stücks „Die Sorgen und die Macht“ wartet (es ist inzwischen — wieder einmal — angekündigt), durfte wenigstens den Eröffnungsprolog schreiben, nicht ohne Witz und nicht ohne Zweideutigkeiten. Eröffnungspremiere aber war „Wilhelm Teil“.Nun hat man sich inzwischen daran gewöhnt, daß in jedem Falle die Bundesrepublik und die