Sant' Andrea della Valle bekommt in der Grazer "Tosca" von Mario Cavaradossi kein Riesen-Mosaik der Maria Magdalena verpasst. So weit, so sehenswert ist, was Regisseur Alexander Schulin (sonst ganz nach dem Libretto) und so verdienstvoll, was Bühnenbildner Alfred Peter (Schalldeckel im ersten Akt, jesuitisches Spar-Büro im Palazzo Farnese) eingefallen ist.Die Protagonisten überwältigen mit makellosen Interpretationen. Mit faszinierender italianità dämpft des Tenors "recondit'armonia" noch das Angstmachende, das Polizeichef Scarpia dem "Te Deum" aufoktroyiert. Auch so einen famosen
Witzig und spritzig eröffnet Nikolaus Harnoncourt die "Styriarte" mit der Semi-Opera "The Fairy Queen" von Henry Purcell. Angeregt von William Shakespeares "Sommernachtstraum" entfesselt die fünfaktige Masque Liebesspiele sonder Zahl, ehe endlich als "blöder Gott der Ehe" Hymen diverse erotische Avancen in glücklichen Hochzeitsnächten erlöst.Wie Regisseur Philipp Harnoncourt derlei Kaleidoskop mit Juno und Phoebus in seinem Feuerwagen, Coridon und Mopsa, einen betrunkenen Poeten und ungezählte Allegorien durcheinandermischt, ist verwirrend, auch weil in Englisch (mit projizierten
Graz hat Glück: Was Marco Arturo Marelli sich 2013 für die Königliche Oper Stockholm hat einfallen lassen, zündete nun auch hier. Er liest "Turandot" als Spiegelung von Giacomo Puccinis eigener Vita mit der eisigen Ehefrau und der in den Tod flüchtenden keuschen Hausangestellten. Ohne Musik fing ein Puccini-Double nach dem Aufgehen des Vorhangs an, verzweifelt seine Skizzen zu ordnen und auf dem Klavier das Thema einer chinesischen Spieluhr zu variieren, während das in ihn verliebte kleine Hausmädchen Doria ungelenk ihre Anwesenheit signalisierte. Ein Eisenbett stand mitten im Raum,
Mit der erst 2008 in Zagreb wieder entdeckten Uraufführungsversion der (zuletzt von Nico Dostal) bearbeiteten Operette "Im weißen Rössl“ schaffte der in Graz und Klagenfurt groß gewordene Josef E. Köpplinger als neuer Staatsintendant am Gärtnerplatztheater in München zum Einstand einen Triumph. Dreißig ausverkaufte Vorstellungen seiner Prachtinszenierung des Evergreens von Ralph Benatzky (und der zwei Schlager von Robert Stolz) gab es. Nun schenkt er der Grazer Oper 15 hervorragend getimte weitere Aufführungen und eine Handvoll seiner Münchner Protagonisten.Unter blauestem
Die Neuproduktion von Wagners "Lohengrin“ an der Grazer Oper kann als gelungen bezeichnet werden: fast keine szenischen Unsinnigkeiten, musikalisch eindrucksvoll.Etwa in Zwanzig-Jahre-Abständen besucht der Schwanenritter Lohengrin die Grazer Oper. Diesmal mit viel Delikatesse. Was wir uns nicht erwartet hätten: dass nämlich der Regisseur Johannes Erath, der Graz einen schockierend miesen "Don Giovanni“ beschert hat, ausgerechnet mit dem "Lohengrin“ (vor genau 150 Jahren erstmals in Graz aufgeführt) einen weitgehend zauberischen Bildersturm entfesseln können würde.Aber so war es in
Turteltauben - die vermeintlichen Schäfer Saphir und Fleurette, Kuss-Süchtige - das resche Bauernmädchen Boulotte und der vermeintliche Brautmörder Ritter Blaubart, ein verhaltensauffälliges Königspaar - Bobeche und Clementine, sowie ein verdächtiger Alchimist namens Popolani: darüber lachten nicht nur die Pariser bei der Weltausstellung 1866/67, sondern auch die Hörer von Karl Kraus und das Berliner Publikum von Walter Felsenstein in 369(!) Vorstellungen. Nein, nach der gelungenen Produktion der Ära Nemeth anno 1989 von Tamas Ferkai lacht nun auch wieder das internationale Publikum
Jim Mahoney wurde, nach Jack O’Brien und dem Alaskawolfjoe, vom international derzeit gerne gebuchten Schocker-Terzett Calixto Bieito (Regie), Rebecca Ringst (Bühne) und Ingo Krügler (Kostüme) auf ewig offener verwimmelter Bühne gemeuchelt. Brecht-Vorhang, Partitur-Highlights (Kranich-Duett gestrichen) und Dialektik blieben auf der Strecke. Bieito erfand dafür einen Vortragskünstler, der immer wieder mit überflüssigem Sprechtext nervte, und eine Bühnen-Tochter als Jungfrauenfrischfleisch dem Bordellbetrieb zu pädophilem Frommen zuführte.Rudelonanieren & ReflexkopulierenBertolt
Graz hätte allen Grund, den Operettenmeister Carl Millöcker, der seine Dirigentenlaufbahn einst an der Mur begann, in Ehren zu halten. Doch mit einem Bauchfleck landet "Gasparone“ zwischen Skylla und Charybdis, sprich Zeitgeist (Regietheater) und Arrangement.Obwohl Inszenator Olivier Tambosi und Dirigent Marius Burkert sich auf den Operettenpapst Volker Klotz berufen, hantieren sie mit der unsäglichen Textfassung von Paul Knepler und der unnötigen musikalischen "Neubearbeitung“ von 1931 von Ernst Steffan und verwandeln als alchemis-tische Zauberlehrlinge einen Abend lang Operettengold
William Shakespeare, Arrigo Boito und Giuseppe Verdi hatten eine bittere Schule der Ehemänner und anlassigen Junggesellen im Sinn, als sie den trinkfreudigen Ritter Sir John Falstaff unter die unausgelasteten Damen von Windsor versetzten. Der junge australische Shakespeare- und Opern-Regisseur Tama Matheson wollte das Spiel auf den Gipfel treiben und verfiel auf die Idee, Falstaff als Zirkusdirektor auf die Kleinbürger anzusetzen und den Sieg der Dompteurinnen Alice und Meg zu zelebrieren. Beim Versetzen ins falsche Milieu hat er allerdings zwei Ingredienzien verloren: Die Erotik schrumpft
Muss man vor Weihnachten schon die Erwartungen und Wünsche der Kunden erfüllen? Die Grazer Oper bleibt bei Engelbert Humperdincks "Hänsel und Gretel“ zurückhaltend.Dabei ist nach der Papierform das Feinste zu erwarten: Die Münchner und Wiener Kammersängerin Brigitte Fassbaender, die selbst jahrelang den Hänsel sang, hat für Graz mit ihrem Münchner/Innsbrucker Team Helfried Lauckner (Bühne) und Elisabeth Rauner (Kostüme) eine ernüchternde Fassung von Engelbert Humperdincks Gründerzeitoper erarbeitet, die ohne grünen Wald, goldene Schutzengel, appetitanregendes Knusperhäuschen,
So triumphal kann Gaetano Donizettis Melodramma giocoso "L’elisir d’amore“ über die Bühne gehen, wenn die Regie Innovation mit Akribie paart - und auch musikalisch alles stimmt.Der junge Venezianer Damiano Michieletto hatte bei den heurigen Salzburger Festspielen Giacomo Puccinis "La Bohème“ zwischen Beton und Würstelstand angesiedelt - was nicht nur gefiel; und im Theater an der Wien stemmte er zuletzt Puccinis "Trittico“ mehr als diskutabel. Nun aber die positive Überraschung: Für die Grazer Oper kaufte Elisabeth Sobotka Michielettos schon in Valencia und Palermo
Dreißig Jahre kam das Grazer Musiktheater ohne Giacomo Puccinis "Manon Lescaut“ aus. Stefan Herheim hat sie zur Saisoneröffnung neu imaginiert.Der norwegische Regie-Tausendsassa, der Graz schon eine "Carmen“ im Museum und eine "Rusalka“ auf dem Brüsseler Straßenstrich, der Wiener Volksoper eine vom Publikum gelynchte "Madama Butterfly“ und den Salzburger Festspielen eine Gag-Orgie als "Entführung aus dem Serail“ beschert hat, kann offenbar am immensen Schatz der Operngeschichte nur kreativ werden, wenn er in die Dramaturgie, die Komposition, den Weltliteraturstatus in freier
Der Papierform nach durfte man skeptisch sein: Die Grazer Oper wagte sich an ein Juwel der Barockzeit mit modernem Orchester und junger Besetzung, deklarierte das Himmelfahrtskommando wegen der eingebundenen Uraufführung "DnA - six images of love“ des deutschen Komponisten Christian Jost, Jahrgang 1963, als "Tanzabend“. Und hatte Erfolg.Darrel Toulon, der Grazer Ballettdirektor, entfaltete Henry Purcells Oper als Konzentrat einer Liebestragödie zwischen Karthagos Königin Dido und dem Troja-Flüchtling Aeneas. Statt hilfreicher Götter ziehen keine Tiefenpsychologen die Fäden, sondern
Das Königinnendrama "Maria Stuarda“ wird bei seiner Erstaufführung am Grazer Opernhaus in stimmiger Besetzung aus dem Ensemble, grandios dirigiert und szenisch packend realisiert, zum großen Erfolg.Das war der erste Streich: Intendantin Elisabeth Sobotka wagte die Grazer Erstaufführung von Gaetano Donizettis Königinnen-Tragödie "Maria Stuarda“ ohne Stagione-Aufputz mit einer Ensemble-Besetzung. Und gewann. Margareta Klobuˇcar, in elf Grazer Engagement-Jahren von der Norina und Lucia di Lammermoor bis zur Gilda und Violetta Valery gereifte Edelstimme, die auch als Zerbinetta und Lulu
Elektra“ von Richard Strauss galt in den letzten Jahrzehnten als ein Hauptwerk des Grazer Opernrepertoires, etwa in einer maßstäblichen Inszenierung von Harry Kupfer oder von Hans Hollmann. Jetzt wurde das Werk dem vergleichsweise jungen Deutschen Johannes Erath anvertraut, der sich schon an Mozarts "Don Giovanni“ mittels Eingriffen in Lorenzo da Pontes dramatische Konzeption und Mozarts Komposition profilieren durfte.Dass ein ausgebildeter Geiger sich durch Montage von Herztönen auf Tonband sowie durch Striche und Umstellungen in den Partien der Chrysothemis, des Ägisth und des
An der Grazer Oper zeigt Peter Konwitschny seine erste Inszenierung von Tschaikowskys | "Pique Dame“ - und strapaziert die notorischen Gemeinplätze des Regietheaters.Vor fast dreißig Jahren gab es an der Grazer Oper eine bahnbrechend innovative Sicht auf Tschaikowskys opus summum: Der DDR-Kapazunder Christian Pöppelreiter schuf damals mit dem Grazer Bühnenbildner Jörg Koßdorff eine klare Werkanalyse, die Alexander Puschkins lieblose Novelle und die phantastisch-hoffmanneske Bühnenfassung der Brüder Modest und Peter Tschaikowsky aussöhnte und ihr größtes szenisches Plus in der
Vom deutschen Feuilleton wird seit Jahren jegliche Verballhornung der Meisterdramen Shakespeares oder von Verdis Shakespeare-Opern bejubelt. Dem widersetzt sich die Grazer Operndirektorin Elisabeth Sobotka, indem sie Stephen Lawless mit der Realisierung von Verdis "Otello“ betraut.Keine Spaßgesellschaft tobt da über Zypern, keine Sonnenbrille, kein Boss-Anzug, keine britische Uniform,keine nackte Truppenbetreuerin, kein Liegestuhl, kein Laptop, kein Fluchtkoffer oder gar eine abendgekleidete Versammlung von beautiful people ist da störend aufgeboten. Einfache Leute in mittelalterlicher
Etwas, was die feuilletonistischen Jubelperser des deutschsprachigen sogenannten Regietheaters und deren Hilfstruppen aus mitspielgeilen Intendanten, Dramaturgen und Textlieferanten nicht kennen, hat wie ein Meteorit auf einer der einst in vielen steirischen herbste avantgardistischen Schauspielbühne eingeschlagen: "Geister in Princeton, der Bühnenerstling von Daniel Kehlmann, für die Salzburger Festspiele geschrieben, dort nur als Lesung (Fassung von Christopher Hampton) vorgestellt, entpuppt sich als intellektuell packendes Biopic-Drama voll zynischer Schärfe, ironischer Brechungen und
Mit Bedˇrich Smetanas Oper "Die verkaufte Braut“ präsentieren Nikolaus Harnoncourt und sein Sohn Philipp eigentlich eine veritable Uraufführung.Nikolaus Harnoncourt macht keine halben Sachen. Er geht in Prag in die Smetana-Bibliothek und findet eine deutsche Übersetzung von Emanuel Züngel aus dem Jahr 1869, von Smetanas eigener Hand in einen Klavierauszug eingetragen, mit roter Tinte und daraus resultierenden kompositorischen Verbesserungen. Denn der trochäische und mitunter daktylische Sprachrhythmus des tschechischen Textes wirkt stellenweise holprig. Kein Wunder übrigens, denn
1832 gab es die Novität von Bellinis "Romeo und Julia“-Oper schon in Graz. Deutsch gesungen, aber schon damals als Probegalopp für die erste Aufführungsserie in Wien (Theater in der Josefstadt), die die Finessen der Partitur durchzusetzen vermochte. Italienisch kam die Oper dann erst 1839 auf die Bühne. Der antiwelschen Propaganda fiel die formal angeblich überholte Belcanto-Oper dann für mehr als hundert Jahre zum Opfer. Erst Giuseppe Patané vermochte das Werk 1977 mit Sona Ghazarian und Agnes Baltsa an der Wiener Staatsoper zu rehabilitieren.Graz hat von Klaus Bachler aus München
Wenn gut Ding Weile braucht - 77 Jahre hat die "Lady Macbeth von Mzensk“ von Dmitri Schostakowitsch bis zur Erstaufführung an der Grazer Oper gebraucht - und das endliche Ergebnis so wie jene Co-Produktion der Wiener Staatsoper mit der Oper Graz unter dem Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann als hochmusikalischem Regisseur gelingt, dann hat man gerne gewartet. Jede solistische Geste, jede Chorbewegung erscheinen da choreografiert, jede seelische Regung wirkungsvoll (panto)mimisch umgesetzt.Da stört es nur wenig, dass die sehens- und hörenswerte Mlada Khudoley, eine gebürtige Moskauerin
Charles Gounods "Faust“ an der Grazer Oper: Statt Fragen, die sich aus der Gretchen-Tragödie ergeben, zu beantworten, wirft Regisseurin Mariame Clément neue auf. Nicht unspannend.Am Anfang, während der Ouvertüre, liegt Margarethe aufgemascherlt auf der Totenbahre, und Doktor Faust verzichtet auf seinen Selbstmord. Er schließt mit dem eleganten Mephistopheles den Bund der Blutsbrüderschaft und startet sein Verführungsvorhaben. Ganz so haben dies weder Johann Wolfgang von Goethe, noch die Librettisten Jules Barbier und Michel Carré für die Opernversion von Charles Gounod geschrieben.
Gioacchino Rossinis Farsa "La cambiale di matrimonio“ schlug als kleine Belcanto-Bombe ein. In Graz. Aber nicht in der Grazer Oper, die in der Ära des 18 Jahre erfolgreichen Carl Nemeth Rossinis "Mose“ und "La gazza ladra“ gewagt hatte, sondern im Musikverein für Steiermark. Wo dessen waghalsiger Sohn, Generalsekretär Michael Nemeth, auf einer kleinen Guckkastenbühne im Kammermusiksaal in den letzten beiden Jahren auch schon höchst positiv beurteilte Produktionen von "Signor Bruschino“ und "La scala di seta“ mit jungen Gesangstalenten ins "Amabile“-Abonnement gehievt hatte.Nun
Der vom deutschen Magazin Opernwelt mehrfach als "Regisseur des Jahres“ hochgelobte Chef-Regisseur in Leipzig war jüngst in einem Interview der Meinung "90 Prozent von dem, was auf Opernbühnen stattfindet, ist Schwachsinn“. Cool reduziert er Verdis "Vom Weg Abgekommene“ um 20 Minuten, speziell die Ballettszenen der Toreros und der Kartenaufschlägerinnen sowie den kurzen Karnevalstaumel des dritten Aktes.Was Kenner seit 1853 begriffen haben, nämlich dass Verdis Zeitsittenbild ein Plädoyer für Frauenfreiheit und gegen Bürgerbigotterie war, wird nicht dadurch heutiger, dass die
Alles muss anders werden, damit alles gleich bleibt. Bringt solch Gedanke der Grazer Oper neue Mozart-Sicht? Leider nein, wie die "Don Giovanni"-Inszenierung des jungen deutschen Regisseurs Johannes Erath zeigt.Zu Beginn lässt Regisseur Johannes Erath das Schlusssextett per Tonband einspielen. Die überlebenden Akteure hören als fahle Untote zu und werden erst vom d-Moll-Grollen der nunmehr live musizierten Ouvertüre aufs Neue in das grausame Spiel von Leidenschaft, Lust und Einsamkeit gestoßen. Mit Pistolen spielen Don Giovanni und der Komtur russisches Roulette. Der Komtur verliert. Den
Es ist ganz einfach: #Die Frau ohne Schatten#, auf ein Libretto von Hugo von Hofmannsthal in Musik gesetzt von Richard Strauss, ist heute nicht weniger zwiespältig als 1919. Die Läuterungsoper klingt nicht bloß in den oft holprigen bis altvaterischen Versen hohl und konstruiert (als #Fortdenkung# der #Zauberflöte# von ihren Schöpfern intendiert), auch die meisterlich orchestrierte Partitur klingt mehrfach nach Wagner im Shredder. Von Arthur Schnitzler bis Hans G. Helms gibt es sachkundig distanzierte bis wenig enthusiastische Beurteilungen.Die Intendantin beweist erneut Intelligenz in der
Zwei junge Bayern verheizen Vincenzo Bellinis „La Sonnambula“ an der Grazer Oper als schräges, klischeebeladenes Österreich-Psychogramm. Einmal mehr Anlass zu fragen, ob es nicht längst wieder avantgardistisch wäre, Opern ganz konventionell so zu zeigen, wie sie gedacht sind.Am Anfang spielt das Grazer Philharmonische Orchester die Bundeshymne (nicht von Bellini!), dazu tanzt eine russische Artistin ohne Netz auf dem Hochseil. Dann erst zeigt sich ein Grazer Ballettsaal, in dem groteske Damen und Herren in Tutus und Sportjacken auf den Notariatsakt warten, mit dem Elvino Amina seinen
Die Grazer Oper kann wieder mit einer hochklassigen Realisierung von Alban Bergs „Lulu“ aufwarten. Leider aber nur zu zwei Dritteln – der Schluss ist zusammengeschustert.Zuerst das Positive: Zum heuer zu begehenden 125. Geburtstag Alban Bergs stemmt die Grazer Oper das sperrige Zwölftonwerk orchestral und sängerisch so souverän, als ob es ein Stück aus dem Lortzing-Repertoire wäre. Johannes Fritzsch dirigiert einen analytisch aufgefächerten subtilen Klangkosmos, der jede Sekunde packt und mitreißt.Gewaltige Anstrengungen bietet auch die Sängercrew, in der nur die Luxusbesetzung
Verklemmt ist an der Grazer Oper in der Neuinszenierung von Mozarts „Le nozze di Figaro“ durch Josef E. Köpplinger nicht bloß der Kühlschrank im Durchgehzimmer.Nur mit dem Trick eines Fußtrittes lässt sich der Kühlschrank im Durchgehzimmer öffnen, wo Susanna ihre Brautnacht offenbar schon konsumiert hat und deshalb, ohne das unsägliche Gerenne zu hören, mit dem der Regisseur und Stadttheaterintendant Mozarts Ouvertüre in Grund und Boden trampelt, in den Armen ihres Figaro dahinschlummert. Dieser, dann Cherubino, dann der Graf dürfen hektisch abgreifen, wie Susannas
Geteilte Zuschauerreaktionen bei der „Csárdásfürstin“ an der Grazer Oper: Regisseur Peter Konwitschny lässt Peter Kálmáns Operette im Schützengraben zwischen abgetrennten Gliedmaßen und Mozartkugeln spielen.Als neue Sicht auf das Genre Operette wird in der Grazer Oper ausgegeben, was Peter Konwitschny 1999 aus Emmerich Kalmans „Csárdásfürstin“ zu einem Dresdener Skandal inszenierte.Heiter beginnt die Produktion mit einem unfreiwillig komischen Insert auf der Übertitelungsschiene: „Die Steiermärkische Sparkasse als Hauptsponsor wünscht eine schöne Vorstellung.“ Der
Dem 2001 verstorbenen Dirigenten, Chorleiter, Komponisten und Sammler Kurt Muthspiel – hauptberuflich Direktor der Styria-Druckerei in Graz – ist ein mit viel Akribie aufbereiteter Band gewidmet.Am 31. Dezember 1931 in Linz geboren, absolvierte Kurt Muthspiel nicht nur eine Schriftsetzerlehre, sondern auch das Salzburger Mozarteum. 1959 wurde er Leiter der Styria-Druckerei in Judenburg. 1960 gründete er den A-cappella-Chor Zeltweg, mit dem er nicht nur alpenländisches Volksliedgut pflegte, sondern generell Chorliteratur von der Renaissance herauf bis in die Moderne. Dieser auch bald
Stefan Herheim, bekannt für seine überbordende Phantasie, deutet Antonín DvoÇráks „Rusalka“ neu. Eine zweischneidige Sache an der Grazer Oper.Antonín DvoÇrák und sein Librettist Jaroslav Kvapil schufen 1901 ein lyrisches Märchen über Liebe, Enttäuschung und Liebestod der Waldnixe Rusalka im böhmischen Volkston. Die Tochter des Wassermanns verliebt sich darin in einen prinzlichen Jägersmann und möchte ihm in die Menschenwelt folgen, koste eine menschliche Seele, was es wolle. Der Wassermann warnt, doch die Hexe JeÇzibaba luchst Rusalka ihr gleißendes Nixenschuppenkleid ab
Wechselvoll sind die Geschicke der „Fledermaus“. Was einst ganze Spielzeiten mittlerer bis größter Opernhäuser sanierte, wird in Graz nun nach 2002 auch 2009 zur Bauchlandung.Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist“ – mit diesem Leitmotiv im musikalischen Gedächtnis sind wohl nicht wenige Grazer Premierengäste aus dem nicht wirklich in Champagnerlaune versetzten Opernhaus nach Hause gegangen. Johann Strauß und Richard Genée, die Autoren dieses Inbegriffs der goldenen Operetten-Ära, trifft daran keine Schuld. Da moussiert es ja in der Partitur wie in den
Lauter Debüts: Elisabeth Sobotka startet ihre Grazer Opernintendanz mit Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“.Was deutsch und echt, weiß man in Graz seit altersher. Um diese lokale Misslichkeit zu entschärfen, versucht der junge deutsche Regisseur Alexander Schulin die Quadratur der Krux, dass Wagners neudeutsche Propagandaoper während der Hitlerei zum Reichsparteitagshochamt missbraucht worden war. Kann derlei gelingen?Also lässt er sich vom Bühnenbildner Alfred Peter eine Nürnberger Meistersingerhalle ins Niemandsland von 1948 bauen (die echte wurde erst später
Am 26. September haben an der Grazer Oper Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ Premiere – der Einstand für die neue Intendantin Elisabeth Sobotka. Im FURCHE-Gespräch erklärt sie, warum dieses Werk, nimmt Stellung zum Regietheater, bricht eine Lanze für die Operette und schwärmt von Daniel Barenboim.Finden manche Männer es immer noch empörend, wenn Frauen Macht übernehmen? Ist das nur ein Nachjustieren? In Graz bekommt die Frauenriege im Kulturmanagement – Anna Badora leitet das Grazer Schauspielhaus, Veronica Kaup-Hasler den steirischen herbst, Barbara Pichler die DIAGONALE
In der Grazer List-Halle dirigierte Nikolaus Harnoncourt Gershwins Partitur, so wie sie 1935 erstmals erklang. Das Resultat ist üppig: Die Aufführung dauerte dreidreiviertel Stunden, mit Lichteffekten und attraktiven Kostümen wurden Akzente gesetzt, die Performance des Arnold Schoenberg Chors war grandios, Freude bereitete Sängerin Isabela Kabatu.Vom designierten Salzburg-Chef und Harnoncourt-Freund Alexander Pereira bis zum steirischen Landeshauptmann Franz Voves drängte sich Prominenz und vielsprachiges Opernpublikum in der Grazer List-Halle, um einen interpretatorischen Meilenstein
Wolfgang Amadeus Mozarts "Così fan tutte" feierte als Import von der Komischen Oper Berlin in Graz Premiere, wo der scheidende Grazer Intendant Jörg Koßdorff 2005 die Szene entworfen hat. Von Lorenzo da Pontes exemplarischem Libretto aufklärerischer Partnerschaftskunde ist in der deutschsprachigen Fassung wenig übriggeblieben.Dem fleißig applaudierenden Grazer Premierenpublikum bereitet die "Scuola degli amanti" unter dem Behelfstitel "So machen's alle" offenbar einen launigen Abend. Auch wenn von Lorenzo da Pontes exemplarischem Libretto aufklärerischer Partnerschaftskunde wenig übrig
Sprengkraft kann auch in der Adaption eines Klassikers von Carlo Gozzi liegen, wenn ein Revolutionär wie Wsewolod Meyerhold, den Stalin 1940 hinrichten ließ, und ein Komponist wie Sergej Prokofjew damit dem sozialistischen Realismus ein subtiles Schnippchen schlagen.Denn in dem Märchen vom Treffkönig, seinem hypochondrischen Kronprinzen, von Palastintriganten und bösen Feen, die alle noch dazu Commedia dell'arte-Figurinen gleichen, braucht es nicht viel, um das Publikum gleich am Anfang auf die Bühne zu bringen: Der dreigeteilte Chor verlangt - als romantische Tragödienliebhaber,
Verdis "Nabucco" besticht an der Grazer Oper durch gediegene Sängerleistungen, Jörg Koßdorff scheitert jedoch an seinem Regiedebüt.Die Völker und ihre Verführer, der König der Assyrer und der Hohepriester der Juden, überleben. Die Idealisten Fenena und Ismaele werden Opfer. So schreibt die Grazer Oper Verdis "Nabucco" um.Jörg Koßdorff, langjähriger technischer Direktor, eigenwilliger Bühnenbildner und nun, in seinem siebzigsten Lebensjahr, nicht nur erfolgreicher Intendant der Grazer Oper, hat sich als Einspringer ein Debüt als Regisseur aufgebürdet, bei dem er scheitern muss.
Wien darf nicht Chicago werden. Graz schon gar nicht. Deshalb spielt die Grazer Oper Leonard Bernsteins Erfolgsmusical "West Side Story". Eine äußerst sehenswerte Produktion.Bei der täglichen Zeitungslektüre mögen manchem berechtigte Zweifel darob kommen, ob eine soziale Utopie wie diese Paraphrase von William Shakespeares "Romeo und Julia", festgemacht an Fehden zwischen weißen Halbstarken und einer Latino-Gang von 1955, heute noch gespielt werden muss bzw. kann. Schüler verschiedener Stufen, in die zweite Vorstellung geschleust, lachen, wenn Tony tot umfällt.Wahrscheinlich lachen die
(Grazer Schauspielhaus) Hausfrauenstreik im Supermarkt: Bezahlt wird nicht, solange die Preise immer willkürlichere Purzelbäume schlagen. Solange den Männern Aussperrung oder Betriebsstillegung droht. Solange die Verkehrsbetriebe den öffentlichen Verkehr durch asoziale Fahrpreise verhindern. Dario Fo, kommunistisches Enfant terrible der italienischen Theaterszene, hat mit „Bezahlt wird nicht" ein blutvolles Stück Agitprop als Volkstheater auf die Bühne gebracht.Im Grazer Schauspiel haben sich die Abonnenten dem weniger durch Indoktrination als durch buffones-ke und ergreifende
(Opernhaus Graz) Händel so ästhetisch stichhaltig auf die Opernbühne gebracht zu haben, hat wirklich zauberhafte Wirkung: „Alcina", die tragische Schwester der Zauberin Circe, begeisterte das Grazer Publikum dank einer weit über Grazer Standard liegenden Spitzenproduktion des Dresdner Harry Kupfer als Regisseur und des jungen Grazer Studienleiters Wolfgang Rot..Harry Kupfer, den die Wiener Staatsoper jüngst aus ihrem „Ring"-Projekt auslud, obwohl sie seine epochale „Holländer"-Inszehierung aus Bayreuth kannte, sieht die „Alcina", die über 250 Jahre alt ist,