Ein Schriftzug als Zaun. Oder der Zaun als. Schriftzug. Zum Beispiel: „Et in Arcadia ego” - jeder Buchstabe aus Beton gegossen. Auch der Landschaftsarchitekt Dieter Kienast hat die von Ian Hamilton Fin-lay wiederbelebte alte Tradition der Schriftverwendung in der Gartenkunst für seine Arbeit entdeckt. Welchen Bedeutungswandel das Arcadi-en-Zitat seit 1623 durchmachte, hat kein Geringerer als Levi-Strauss nachgewiesen: von der Grabinschrift zum Ausdruck der Lebens- und Land-schaftslust.Kienast uns seine Mitautoren helfen mit ihrem Buch „Gärten - gar-dens”, die intellektuellen und
Wer ein Faible für den Grenzbereich zwischen Skurrilität und Unheim-lichkeit hat, wer nicht gleich ausflippt, wenn der Tod ein menschliches Gehirn als Staubsauger zweckentfremdet, wenn Stiegen in ein gar nicht einladendes Nichts führen und nur noch der Titel eines Bildes Trost spendet („Keine Angst, es ist nur ein Traum”), der ist möglicherweise reif für Walter Schmögner. Schmögner bewegt sich nicht nur virtuos im Grenzbereich zwischen Gag und Alptraum, wo das eine leicht ins andere kippt, sondern auch, bei aller Selbständigkeit, aller Unverwechselbarkeit seiner Handschrift, im
Balthasar Klossowski de Rola, der sich den Namen Balthus zulegte, ist sich stets treu geblieben. Einer, der durch Kompromißlosigkeit provoziert. Von „hochfahrender Unverfrorenheit”, zurückgezogen lebend, dabei gesellig und diskussionsfreudig-als Maler alles andere als ein Avantgardist, und doch ein Bedeutender. Malerei war für ihn stets Ausdruck einer Innenwelt, was sich in der Außenwelt, der Gesellschaft tat, war ihm für seine Kunst egal. Man kann ihn am ehesten zwischen Picasso und Rene Magritte einordnen.Seine Bilder haben surreale Elemente, aber er war kein Surrealist. Mit dem Ruf
Nur ein kleiner Teil des Touri stenstroms, der sich nach Spa nien ergießt, findet ins Zen trum des Landes und nach Madrid. Das Meer ist fern, die Landschaft an den Küsten lieblicher, und Barcelona weltoffener und lebendiger als Madrid. Aber auch Madrid hat sich nach Franco geändert. Auch kommt niemajjjd, der sich für Kunst interessiert, am Prado vorbei, und der ist nun einmal in Madrid.Im neuen Dumont-Kunstreiseführer „Zentralspanien und Madrid” von Hans-Peter Burmeister nimmt er entsprechend viel Raum ein, doch wurden die Reproduktionen klugerweise über den ganzen Band verteilt.
Krimi ist nicht gleich Krimi, wie jeder Liebhaber dieses Genres weiß. Manche Leser geben dem blutrünstigen, manche dem psychologischen Kriminalroman den Vorzug. Anne Perry erhebt den Ansprach, mit ihrem „Blauen Paletot” die Gattung um eine neue Unterordnung bereichert zu haben, sozusagen um den Krimi der dritten Art, nämlich um den historischen Kriminalroman.Wir befinden uns im Viktorianischen England. Im Londoner Kolonialministerium besteht Verdacht auf Landesverrat. Mit den Ermittlungen wird Pitt, der Sohn eines Wildhüters, der es zum Oberinspektor gebracht hat, beauftragt. Er
Wieder einmal sind genug Karikaturen beisammen für einen Sammelband. Das Hitlerle sitzt im Stammhirn. Ein Landeshauptmann proklamiert seine Unfehlbarkeit. Schwarze Köpfe tuscheln: „Unser Problem ist der Taus ... der Mock ... der Riegler ... der Rusek ... der Schüssel...” Ün-tertitelt: „Das Rleibende im Strom der Veränderungen.” Dieter Zehentmayr, der bei der Furche, begann, mauserte sich in Rerlin zum schärfsten Analytiker unter Österreichs Karikaturisten. Den Phettberg läßt er sagen: „Für mich als Masochisten ist das Sparpaket ein Genuß!” In Österreichs Regierung muß
Immer mehr Menschen interessieren sich für Murano-Glas, mancher wird zum Sammler. Murano-Glas hat wie kein anderes die Glaskunst um die Mitte des 20. Jahrhunderts beeinflußt, Firmen in Murano spielten nun die Rolle, die um 1900 Loetz oder Galle innegehabt hatten. (Das skandinavische Glas der fünfziger Jahre ist noch nicht ganz aus seinem Dornröschenschlaf erwacht.)Wer Murano sammelt oder Sammler werden will, kann Auge und Urteil anhand von 271 Gläsern der Steinberg Foundation schulen (einige Stücke aus Mailand sind auch dabei), die im Bildband „Italienisches Glas - Murano - Mailand
Fast hätte man dem Gesprächspartner eine geschmiert. Woher soll man wissen, daß das four-letter-word aller four-letter-words auch höchste Anerkennung ausdrücken kann? Weshalb jeder, der nach US reist, im Flieger auf den Film verzichten und ausufernd in folgendem neuen Buch schmökern sollte: „American Slang” von Bernhard Schmid. Hier steht, was man wissen muß. Daß sich einer einen Haxen für etwas ausreißen wird, wenn er „I will over backwards” sagt. Daß „long green” dicke Kohle oder viel Geld bedeutet. Daß ein „scuzzbag” oder „scuzzo” ein Stinkstiefel, Drecksack
Olivenbäume können über tausend Jahre alt werden. Gewußt? Ich nicht. Ausrangierte Fallschirme sind bei den Olivenbauern begehrt, weil sie sich bei der Ernte besonders gut zum Auffangen der reifen Oliven eignen. Gewußt? Ich schon. Um das Olivenöl wird, ebenso wie um den Balsamico-Essig, immer mehr Kult getrieben, und gutes Olivenöl rechtfertigt diesen Kult, ebenso wie guter Balsamico-Essig - wenn auch gewiß nicht immer den geforderten Preis. Hat man das Olivenöl-Buch von Elisabeth Scotto und Brigitte Forgeur gelesen, versteht man aber besser, welche Voraussetzungen ein Olivenöl
Es kommt wohl selten vor, daß ein Autor in der Lage ist, das wissenschaftliche Standardwerk, das er vor über 50 Jahren geschrieben hat, selbst zu überarbeiten. Karl Schefold konnte es: Sein Buch über „Die Bildnisse der antiken Dichter, Bedner und Denker” liegt nun in einer auf den neuesten Stand der Forschung gebrachten, um zahlreiche neue Funde bereicherten, auch dem Umfang nach gewaltigen neuen Ausgabe wieder vor. Der Aufbau - jedes Bildnis wird eingehend besprochen - ermöglicht es, das Buch ebenso als Ergänzung zu den Biographien wie als Werk zur Geistesgeschichte und Philosophie
Audrey Hepburn, die Zerbrechliche mit dem erstaunten Blick, Audrey Hepburn, das scheue Reh, das sich nicht von jedem auftauen läßt, aber von Gary Grant in der „Charade” oder von Maurice Cheva her in „Liebe am Nachmittag” natürlich schon, sie steht symbolhaft für die fünfziger und frühen sechziger Jahre, genauer gesagt: Für das Beste, Niveauvollste, was diese Zeit auf dem Sektor des Unterhaltungsfilms hervorgebracht hat, und sie zählt, neben Leslie Caron, Marilyn Monroe und einigen anderen, zu den wenigen, deren Filme überlebt haben und heute noch sehenswert sind. Unter ihren
Daß die EU in Brüssel ihren Sitz hat, sollte keinen an Kunst, Kultur, Ambiente, und schon gar keinen Freund einer guten Küche von einer Reise in Belgiens Hauptstadt abhalten. Schöner, als sie jetzt ist, wird sie angesichts der Pläne für ein gigantomanisches neues Gebäude für die europäischen Parlamentarier wohl nimmer. Der neue Dumont-Kunstreiseführer „Flandern" ist ein gutes Beispiel dafür, wie man dem Beisenden hilft, sich in einer Begion zurechtzufinden. Das flämische Belgien kann mit einer Beihe von Städten prunken, deren jede einen eigenen Kunstführer wert wäre:
70.000 Stichwörter sind für ein Lexikon nicht viel, und Knaurs Lexikon aus dem Verlag Droerher Knaur drückt sich kurz und bündig aus. Dies tut es auch als CD-ROM von Rossi-paul, München. Von vielen Personen erfährt man kaum mehr als Geburtsund Sterbetag, Beruf und spezielle Lebensleistung. Umso schneller flutschen die Verknüpfungen, der Wechsel von einer Referenzstelle zur anderen geht blitzartig. Wer oft und schnell einfache Basisdaten benötigt, kann den Knaur im Hintergrund laufen lassen. „Knaurs Lexikon von A bis Z” ist einfach bedienbar, in Sekundenbruchteilen erscheinen und
Wem Zeit und Ausdauer fehlen, Wilhelm von Ockham auf all seinen ar-gumentatorischen Um- und Seitenwegen zu folgen, und wer sein Latein aufpolieren möchte, wird für Jürgen Miethkes lateinisch-deutsche Auswahl aus den politischen Schriften bei Beclam dankbar sein. Der um 1285 geborene Wilhelm von Ockham war ein brillanter junger Denker, doch in die Ereignisse, die ihn zum Staatsphilosophen machten, wurde er hineingerissen. Mit seinen Franziskaner-Oberen aus Avignon vor dem Papst nach Bayern geflüchtet, erkennt er, daß nichts den Menschen vor Irrtum schützen kann und weder ein Mensch noch
Eine ganz neue Begegnung mit H.C. Artmann. Nämlich als Illustrator des gleichnamigen Autors, „goethe trifft lilo pulver ...” heißt das Büchlein, dem, meint man zuerst, Thomas Bernhard mit seinem Dramolett „Claus Peymann kauft sich eine Hose ...” Pate gestanden sein könnte. Was sich sofort als Irrtum erweist. Weil sich bei Artmann nämlich weder jemand eine Hose kauft noch eine andere Handlung die allerliebsten Bildchen verbindet. Was sie verbindet, ist die Skurrilität der poetischen, zum I eil weisen, zum Teil auch einfach hingeblödelten Texte (doch die Pranke des Löwen ist oft
Vielleicht gibt es auf einem Planeten eines fremden Sterns intelligente Wesen, die nicht Augen wie wir haben, sondern Röntgenstrahlen wahrnehmen. Freilich dürf te es dort keine Luft geben, die ja die Röntgenstrahlung aus dem Kosmos vollständig schluckt. Ihr Rild des Himmels, um das' Gedankenexperiment dennoch fortzusetzen, wäre völlig anders als unseres, ihre Versuche, den Kosmos zu verstehen, ganz anders als unsere verlaufen. Geräte, die ihnen den Himmel so zeigen könnten, wie wir ihn schon immer sehen, würden ihnen vielleicht ähnliche Erkenntnis-Durchbrüche ermöglichen, wie den
Wie ein Paukenschlag leitete sie die Moderne ein, noch nach 200 Jahren wird sie idealisiert und verdammt, mit ihren Idealen und ihrem Absturz in die Inhumanität bleibt die Französische Revolution ein irritierendes, niemals abschließbar interpretierbares Ereignis. Indem es die Interpretationen interpretiert, spricht auch das „Kritische Wörterbuch der Französischen Revolution“ nicht das allerletzte Wort, wird aber doch bis zum nächsten Paradigmenwechsel das letzte bleiben - umfassendere Auskunft über Ablauf, Akteure, Ideen und neue Institutionen auf letztem Stand wird man anderswo
Viele Menschen wissen heute eine-Menge über Astronomie und Kosmologie. Aber nur grundsätzlich und ungefähr. Der Anblick des Sternenhimmels ist in den Industriestaaten immer weniger Menschen vertraut. Gründe: Straßenbeleuchtung, Dunst und Hektik. Sternführer helfen uns, zu verstehen, was wir sehen, wenn wir den Rück doch einmal erheben.„Sterne und Planeten erkennen und beobachten“ ist ein rundum geglücktes Ruch. Der zweiteTeil ist eine gute Einführung in die Astronomie, Anfängern sehr zu empfehlen, anderen mag er wenig neues bieten. Doch der erste Teil hat es in sich. Da geht der
Vor wenigen Monaten starb der geheimnisvolle Francois Genoud. Fast gleichzeitig erschien Karl Laskes Buch über den Mann, der nach dem Krieg die Urheberrechte an den Werken diverser Nazigrößen an sich brachte und peinlich darüber wachte, daß, zum Beispiel, in der Ausgabe der Goebbels-Tagebücher kein allzu unfreundliches Wort über Goebbels zu finden war. Genoud hielt die Ehre der Nazis hoch. Er wollte auch die Rechte an Hitlers Werken erwerben, doch an dessen Erben, den Nachkommen der legendären Hitler-Nichte Geli Raubal, biß er sich die Zähne aus: Sie traten ihre Rechte an
Das Verhältnis österreichischer Autoren zum.Geld ist offenbar kompliziert. Nicht nur, weil sie keines oder zuwenig haben, sondern an sich. Dies geht aus dem Ergebnis einer Umfrage hervor, welche die Bawag veranstaltete und deren Ergebnis nun, in einem Paperback gesammelt, erschien. Symptom für die Kompliziertheit: Fast keinem kommt es deutlich über die Lippen beziehungsweise Tasten, daß er sehr gern sehr viel mehr Geld hätte und das Schreiben, nebst allem anderen, wozu es gut sein mag und weshalb man es tut, als einen möglichen, wenn auch alles andere als sicheren Weg dazu
Bischof Clemens August Graf von Galen - Akten, Briefe und Predigten 1933-1946": Wem die Namen des deutschen Widerstandes überhaupt etwas sagen, dem ist auch der Name des Bischofs von Münster ein Begriff. Freilich meist ein verschwommener. Man weiß, daß er sich gegen Hitler exponierte.Zwei Bände Predigten und Briefe bieten Gelegenheit, die groben Umrisse auszufüllen. Es entsteht das Bild eines unbeugsamen Gegners des Nationalsozialismus, der zugleich ein unbeugsamer Kirchenmann und ein unbeugsamer Konservativer war. Dabei gerät manches Klischee in Gefahr. Vor allem wird man daran
Immer heißere Sommer lassen nordeuropäische Beiseziele immer interesssanter erscheinen. Das einzige Land, dessen Wähler den EU-Beitritt ablehnten (52,3 % Nein-Stimmen), hat Platz für viele Touristen, die, so eine norwegische Re-densart, „mit den Mücken kommen und gehen" - die in großer Zahl vorkommenden kleinen Plagegeister lassen es, neben den hohen Preisen der Restaurants und vieler Dienstleistungen, ihrer nicht zu viele werden. Die Naturschönheiten und die Atmosphäre Norwegens sowie die Zeugnisse sei -ner alten Kultur rechtfertigen den tieferen Griff in die Tasche. Doch wer
Sein Stamm lebt schon seit 50 Jahren im Kontakt mit der „Zivilisation”, trotzdem pflegt dieser Tukano aus Pari-Cachoeira noch die traditionellen Gesänge. Die Panflöte wurde von vielen Völkern erfunden - auch von den Amazonas-Indianern. Eine der vielen exzellenten farbigen Abbildungen des Bandes „Der Amazonas” in der Bildband-Reihe „Die großen Flüsse der Welt”.Der Text besticht durch sorgfältige Recherche und umfassende Information, die Stimmungen der technisch perfekten Bilder sind von großem Abwechslungsreichtum, die Mischung von Historischem und Aktuellem ist bestens
Angeblich ist der Andromeda-Nebel, unsere riesige Nachbar-Galaxie, für das freie Auge als winziges Fleckchen am Himmel erkennbar. Aber wie findet man es? Und wenn man es nicht erkennt und feststellen möchte, ob es vielleicht an den Augen liegt: Welcher Stern des Großen Wagens ist ein Doppelstern und wurde schon vor Jahrhunderten von den Arabern für Sehtests genutzt? Diese und viele andere Fragen beantwortet das Buch „Sterne und Planeten”. Mit übersichtlichen Sternkarten und Kalenda-rien künftiger Himmelsereignisse ist es der ideale Begleiter für dunkle Urlaubsnächte in Gegenden, in
Die „Berliner Ausgabe" genannte Arnold-Zweig-Werkausgabe, die der Berliner Aufbau-Verlag in Angriff nahm, ist ein wichtiges Unternehmen, und der eine der beiden vorliegenden Bände, „Freundschaft mit Freud" (der andere enthält den Roman „De Vriendt kehrt heim"), ist von besonderer Bedeutung. Er ist eine Originalquelle zur Biographie Sigmund Freuds, die noch nie (!) vollständig veröffentlicht wurde.Dabei darf man sich keinesfalls eine weitere Freud-Relativierung erwarten. Verehrung und Liebe waren die Triebfedern bei der Entstehung des 1947 in Israel geschriebenen Buches
Über den Roman selbst, über „Die Buddenbrooks", das Werk, mit dem der junge Thomas Mann 1901 schlagartig berühmt wurde und das 28 Jahre später für die Verleihung des Nobelpreises ausschlaggebend war, ist nicht mehr viel zu sagen. Über die neue Dünndruckausgabe in der Reihe „Winkler Weltliteratur" bei Artemis & Winkler sehr wohl. Nämlich, daß es ein Vergnügen ist, dieses kleine, handliche, trotz seiner Kompaktheit augenfreundliche, wie die ganze Reihe mit Liebe hochästhetisch ausgestattete Buch in die Hand zu nehmen und den „Verfall einer Familie" noch einmal
Sie streiten nicht oft, doch wenn Bob und Bernard Krach haben, hört man sie von der 91. bis zur 99. Straße - unterirdisch, im stillgelegten Eisenbahntunnel an der Upper West Side New Yorks, wo Obdachlose im Lauf vieler Jahre eine „Wohngemeinschaft" errichtet und sich manche Bequemlichkeit geschaffen hatten. Sie üben Toleranz und Hilfsbereitschaft, sind aber nach der Entdeckung durch Bauarbeiter nun in akuter Gefahr, von der Stadtverwaltung auseinandergetrieben zu werden. Die Fotos und Interviews von Margaret Morton sind ein kleines Glanzstück der Sozialreportage, wert, neben die
Was täten Amerikas Reiche, würde ihnen der Präsident 90 Prozent Erbschaftssteuer hinaufdonnern? Im Roman fädeln sie den Zusammenbruch des Geldsystems ein, es soll den Präsidenten mit in den Abgrund reißen. In Wirklichkeit denkt zwar in Amerika oder sonstwo niemand daran, die Reichen ernsthaft zu rupfen - trotzdem hätten sie es in Amerika fast geschafft, Clinton politisch umzubringen, seine Reformpläne brachten sie sowieso um. Wie der kleine Max sich die Weltgeschichte vorstellt, so ist sie eben doch nicht immer: Im Roman siegt die Gerechtigkeit, in der Realität steckt mein zurück,
Nicht nur dem milden Klima ^ verdankt Kärnten seine -L l prachtvollen Renaissance-Arkadenhöfe, sie spiegeln auch politische Entwicklungen: Die Abwesenheit des Landesherrn, dessen Wunsch, italienische (katholische) Einflüsse zu stärken, den Repräsenta-tions- und Kunstwillen des Kärntner Adels, der die italienischen Stilelemente auch für seine Zwecke geeignet befand und nach einigem Zögern übernahm.Der zweite Band der Kunstgeschichte Kärntens (Band Eins siehe furche 6/1996) festigt den Eindruck eines lesbaren, exzellent illustrierten Austriacums, das den jüngsten Stand der Forschung
Han Corey war einer der ersten Sammler afrikanischer Kunst in Europa und der erste in der Schweiz. Die von ihm zwischen 1916 und 1928 erworbenen rund 2.400 Objekte gingen 1940 in den Besitz der Universität Zürich über, die 500 besten bilden den Grundstock der Afrikasammlung des Völkerkundemuseums. Sie setzen Maßstäbe für die künstlerische Bewertung afrikanischer Objekte.Eine Ausstellung führte zur Entstehung des für jeden an (vor allem zentralafrikanischer Kunst Interessierten wichtigen Bandes „Afrikanische Kunst aus der Sammlung Han Corey" mit Texten von, unter vielen
Was soll man von Schottland-Führern halten, die den Whisky aussparen? Unglaublich, doch es gibt sie. „Schottland" von Christian Hallweger hat hingegen unseren Test bestanden. Der Autor behandelt das rauchige oder malzige Getränk (der Rezensent schwört auf rauchig) mit dem nötigen Rerspekt und so konkret, daß man mit ihm ins Debattieren kommen könnte. Freilich nur auf drei Prozent der Seiten. Auf dem Rest bietet er, da er auch in Architektur und den anderen Künsten bewandert ist und offensichtlich das Land gut kennt, exzellente Tourenberatung und eine Fülle von kultureller
Oh Qual der Wahl: Auf den Opernball gehen oder das neue Buch über den Opernball lesen? Ersteres macht müder, letzteres ist billiger. Kompromiß: Mit dem Buch auf den Knien den Fernseher aufdrehen, und wenn die TV-Kommentatoren wieder einmal zu hymnisch werden - Lotte Tobisch, Karlheinz Boschit oder einen anderen der neun Autoren lesen, die alles zusammentrugen, was man immer schon über den Opernball wissen wollte. Historisches, Aktuelles, Anekdotisches, Versnobtes. Zwar gibt es den Opernball erst seit 1935, doch er ist der legitime Erbe des Hofballes und der Opern-Soireen und steht in einer
Indien wird nicht nur von schweren Umweltschäden heimgesucht, es ist auch für den Touristen nicht mehr, was es noch vor nichtallzu langer Zeit war. Aber da die Entwicklung nicht gerade aufwärts weist, mag sich in zehn Jahren glücklich schätzen, wer Indien noch um die Mitte des 20. Jahrhunderts kennengelernt hat. Der Führer „Nord-Indien" in der Du-mont-Serie „Richtig Reisen" gibt Hilfestellung. Die tausend Hausboote von Srinagar sind Legende, daß die Köche selbst in der Luxusklasse mitunter mit verseuchtem Seewasser abwaschen, erfährt man hier. Und daß man am weiter
Ein Jahrhundert des technischen Fortschritts und des humanen Niederganges geht zu Ende. Wie österreichische Künstler die Erschütterungen und die Gewalttätigkeit der Zwischenkriegszeit erlebten und verarbeiteten, führt der kleine Band „Krieg Aufruhr Revolution -Rilder zur Ersten Republik in Österreich" von Christoph Bertsch und Markus Neuwirth eindringlich vor Augen. Künstler wie Maximilian Florian, Franz Probst, Otto Rudolf Schatz oder Victor Th. Slama und viele andere zeigen in blutiger Frische, was im Schatten von Auschwitz verblaßte und in der kollektiven Erinnerung zu einer
Ehefrau geht zur Mama, Ehemann erwartet Köchin und Freundin, Freund kommt dazwischen, Ehefrau bleibt daheim und kommt auch dazwischen, und jeder verwechselt fast jeden mit fast jedem. „Don't Dress for Dinner" von Marc Camoletti klingt in Vienna's English Theatre wie aus dem Französischen übersetzt, was es ja auch ist - und so, als wäre es ein Stück von I^abiche oder Feydeau, was es ja vielleicht auch ein bißchen ist, denn aus dieser Ecke kam wohl so manche Anregung. Das Lustspielchen lebt von der Turbulenz und - in der Adaption von Robin Hawdon und einer Inszenierung von Philip
Viele Generationen europäischer Schuster mußten sich bücken, um ihren Kunden Schuhe anzumessen. Der griechische Schuster ließ offenbar den Kunden auf den Tisch steigen. Ein frühes Beispiel für die praxisgerechte Verbesserung von Arbeitsabläufen, die derzeit in Europas Werkhallen so hoch im Kurse steht. Rationalisierung positiv - weil ohne Mehrverbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen. Zu sehen auf einem knapp 500 Jahre vor Christus entstandenen Gefäß.Diese Abbildung wiederum ist zu sehen in einem Buch über „Das alte Griechenland" mit Beiträgen von mehreren Autoren, die fast
Viele Kunsthistoriker zerbrachen sich den Kopf, wen der oben abgebildete, im Kapitelhaus des Gurker Domes aufbewahrte „romanische Männerkopf dargestellt haben könnte. Wir werden es nie erfahren, aber das Interesse an Identität und persönlichem Schicksal des Abgebildeten ist Ergebnis einer neuen Porträtkunst in einer neuen Phase der romanischen Skulptur. Zugleich wird er als Nachhall der Bamberger Schule gedeutet, „deren Einfluß für das Riesentor in Wien erwiesen ist".Das Bild stammt aus „Romanik", dem ersten Band einer neuen „Kunstgeschichte Kärntens". Kärnten
Mit „Le Must de Cartier" wirbt heute ein bekannter Luxusjuwelier, aber vor dem Luxus des späten 19. Jahrhunderts kann sich der heutige Luxus noch immer verstecken. Als das absolute Must für die Reichen vor dem Ersten Weltkrieg galten Stücke des großen Faberge in St. Petersburg, schließlich legte der Zar der Zarin jedes Jahr zu Ostern ein Ei. Auf den Gabentisch. Ein Ei von Faberge. Aber auch Lehär, zum Rei-spiel, schenkte er eines, das heute in Rad Ischl zu bewundern ist.Faberges Arbeiten, keineswegs nur die Eier, bedeuten Höhepunkte der Goldschmiedekunst mit ganz besonderer
Ein Buch eines russischen Autors über eine russische Malerin in einem Tiroler Verlag, das ist, trotz Sowjet-Zusammenbruch, nicht gerade alltäglich. Die Begegnung des seit längerem an rassischer Kunst interessierten Österreichers Herwig van Staa führte zu einer Begegnung zwischen ihm und Soja Litwinowa in Minsk, sodann zu einer Reise der Malerin nach Innsbruck, zu einer Ausstellung und schließlich zu ein bis zwei Tirolreisen pro Jahr der Malerin. Sie verarbeitet Elemente verschiedenster Herkunft zu einem sehr persönlichen, expressiven Stil, ihre Thematik ist sehr oft religiös. Mit
Die lyrisch-hymnische Prosa von Georg Trakl, die 13 Federzeichnungen, die der um zehn Jahre ältere Alfred Kubin dazu später schuf und in denen er „das Qualitative der Farbe ... in die Melodie der Linie übersetzt", so Otto Mauer, dazu desselben, Mauers, Text „Alfred Kubins Traklsche Verwandlung": Mit dem neuen reprografischen Nachdruck der Ausgabe von 1947 macht der Otto Müller Verlag den Freunden des Dichters Trakl sowie denen Kubins und der nach wie vor keineswegs zu vernachlässigenden Mauer-Gemeinde eine Freude.Als das Buch zum erstenmal erschien, war „Kubins
Franziskus, noch kein Heiliger, sondern ein höchst lebendiger Mönch in einer geflickten Kutte, besucht den Papst in dessen prächtiger Kirche und erzählt ihm von den Freuden der selbstgewählten Armut.Der Papst lächelt und gibt ihm seinen Segen und Brian Wildsmith, Autor des Bilderbuches „Franziskus", läßt diesen vor Freude tanzen, gleich an Ort und Stelle.Wildsmith läßt, dies ist die tragende Idee des Buches, Franziskus sein Leben in der Ichform erzählen. Und zwar mit einfachen Worten, kurz und bündig, niemals psychologisierend, entsprechend der überlieferten
Harenbergs Opernführer ist zwar ein schwerer Ziegel, stellt dafür aber viele handliche Werke nicht nur physisch in den Schatten. Die Systematik leuchtet ein: An ein Kapitel über den jeweiligen Komponisten (insgesamt etwa 150), meist eine Seite mit Farbbild, schließen solche über seine Opern an - insgesamt fast 500. Der Angabe eventueller Klangbeispiele auf einer der zugehörigen zehn CDs (deren Kauf nicht obligat ist) folgen Daten über Librettisten, Sprache, Ur- und Erstaufführung, Spieldauer, Personen, Handlung und Näheres über das Werk. Die Texte (von neun Autoren) sind kompetent,
Oskar Laske war kein Innovator, keiner von denen, die eine neue Bichtung durchzusetzen halfen, aber mit Sicherheit einer der sympathischsten und originellsten österreichischen Maler des 20. Jahrhunderts. Und sicher jener, der die meisten Figuren auf die Leinwand zauberte -Menschlein wie Tierlein. Die Zuhörer bei der „Vogelpredigt des heiligen Franziskus" (Abbildung) hat wohl nicht einmal er selbst gezählt. Ungeheuer figurenreich ist auch das in mehreren Versionen gemalte „Narrenschiff".Was sich in der zweiten Version von 1923 auf dem Deck abspielt, ist, von der zentralen
Buchhändler, die Bücher nicht lieben, sind schlechte Buchhändler. Für den Händler mit alten Büchern gilt dies besonders. Nun, der bekannte Wiener Antiquar Christian M. Nebehay ist ein Bücherfreund und seine Erinnerungen bieten jedem Büchermenschen ein Lesevergnügen erster Klasse. Habent sua fata libelli - wenn er über die Wege der Bücher vom Antiquar zum Bibliophilen und zurück in den Laden des Antiquars schreibt, bekommt das Wort von den Büchern und ihren Schicksalen Sinn. Zum Vergnügen gesellt sic|jj Information: Man erfährt auch manches über die Schicksale ganz konkreter
Es ist ein Vergnügen, die schmalen Dünndruckausgaben von Artemis & Winkler in die Hand zu nehmen. Dies gilt auch für die in rotes Leinen gebundene, auf gelblichem Papier gedruckte „Lolita". Über das Werk, die Liebesgeschichte des Humbert Humbert zum Nymphchen Lolita mit dem Mord am Ende, ist nichts mehr zu sagen - die Philister schweigen, der Bo-man ist klassisch geworden. Was man darüber wissen muß, verraten die Nachworte von Autor Nabokov und Übersetzer. Die Übertragung von Dieter E. Zimmer wirkt frisch, zupackend, heutig. Sie wurde anhand des russischen Textes revidiert,
Der Meeresgrund ist voller Gold und Kunstwerke. MitNigel Pickfords Seekarten versunkener Schätze kann man auf die Suche gehen. Die „Royal Charter" etwa riß am 24. Oktober 1859 nicht nur 462 Menschen, sondern auch die Habe zahlreicher heimkehrender Goldgräber aus Australien mit sich. Das meiste davon wurde geborgen, doch in vielen Wracks liegen noch riesige Werte. Wer geheime Wracks kennt, schweigt. Pickfords Werk ist prächtig bebildert, er schildert die Hergänge spektakulärer Unglücke und seine Karten verraten die Lage vieler gesunkener Schiffe. Etwas für
Alan Ayckbourn dreht in seiner „bed-room farce” die Schlüssellochperspektive um. Das originelle Stück, das in Wien auch schon auf Deutsch zu sehen war, bietet keine Einblicke in die drei auf der Bühne aufgebauten Schlafzimmer, sondern macht sie zu Beobachtungsposten für die Turbulenzen der Bewohner. Eines der Zimmer dient als Kleiderablage während einer Party, die von einem streitenden Paar zum Platzen gebracht wird, in einem anderen angelt ein vom Hexenschuß Niedergestreckter nach seinem zu Boden gefallenen Buch - Ayckbourn weiß, was auf die Lachmuskeln wirkt. Regisseur Philip Dart
Der Maler und Graphiker Lovis Corinth war ein Wahlberliner. Und er war nicht nur mit Pinsel und Stift ein scharfer Beobachter, sondern konnte sich auch schreibend ausdrücken. Da sein Weg nie der Mittelwegwar, seine Rede fast immer ein dezidiertes Ja oder Nein, ist die Neuherausgabe seiner längst vom Markt verschwundenen Schriften durch den Mann-Verlag nicht nur für Kenner der deutschen Malerei des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts (Corinth lebte von 1858 bis 1925), sondern auch für die sich mit der Kunst beschäftigende Literatur von Bedeutung.Wie er die Münchner
Kurt Weinke und Michael W. Fischer haben im Leykam Verlag ein nützliches Buch mit Beiträgen über die verschiedenen Aspekte der Lage herausgebracht, in der sich Demokratie in unserem Sprachraum befindet. Einerseits steht heute Demokratie als die politische Form da, welche sich weltweit durchgesetzt hat, andererseits scheint die Demokratie von allen Seiten bedroht zu sein.Gut fundierte Beiträge über Neo-Nazismus, Haltungen der Jugend, kurz, die aktuellen Gefahren werden ergänzt durch Darstellung von Konzepten die der aktuellen Lage zugrunde liegen und ihren Wurzeln. Kritisch möchte ich
Das Buch über Thomas Bernhards Schuhe ist noch nicht geschrieben, aber das kann noch kommen, immerhin läßt uns Fotografin Erika Schmied im Buch „Thomas Bernhards Häuser” einen Blick in den Schuhschrank des Schuhfeti-schisten werfen. Büchern wie diesem haftet unweigerlich etwas Voyeuristi-sches an; alle, die Bernhard als Nestbeschmutzer und Schlimmeres beschimpften, dürfen nun schauen: Hier hat er geschlafen? So gepflegt waren die Fußböden seiner drei Bauernhäuser? Zwei Laden nur für Gürtel? Und wir haben immer gedacht, er sei bescheiden gewesen! Wer ihn aber schon zu Lebzeiten
Ein Herr bittet eine Dame, an ihrem Tisch Platz nehmen zu dürfen. Klingeling. Nochmal, mit anderen Worten. Dieselbe Szene in einem Dutzend Variationen, dann beginnt sich der Weg zur richtigen Variante, in der die beiden einander endlich kriegen, aber leider zu ziehen. David Ives, dessen Einakter „All in theTiming” Viennas English Theatre derzeit spielt, ist ein Spezialist für solche Scherze, doch geraten ihm seine Szenen fast durchwegs zu langEine der Szenen, sie heißt „Philip Glass buys a loaf of bread”, ist nicht nur formal interessant, sondern auch unterhaltend: Auch der Kauf
Für keinen Schreibenden ist der Weg zum Leser so steil und so steinig wie für den Lyriker. Seit dem überraschenden Erfolg der einmal im Jahr erscheinenden Zeitschrift „Das Gedicht”, haben Lyriker eine Publikationsmöglichkeit mehr - umso erfreulicher, daß sie sich nun, im dritten Jahr ihres Erscheinens, als erste „Drei-Länder-Ausgabe” auch Österreichern und Schweizern öffnete. Ferner wurden zwei Schweizer und eine Österreicherin, Petra Gangibauer, in das Redaktionsteam aufgenommen. Die neue Ausgabe enthält Gedichte, Essays, Standortbestimmungen des Gedichts in mehreren
Daniel-Henry Kahnweiler war Kunsthändler. Er gab manchmal vor, seine Sammlung enthalte hauptsächlich Dinge, die vom Publikum noch nicht verstanden würden. Nachdem aber seine Sammlung im Ersten Weltkrieg in Paris (er war Deutscher) beschlagnahmt und als Feindvermögen versteigert worden war, stürzte er sich in Schulden, um einen Teil zurückkaufen zu können. Das teilweise mit wenig bekannten Werken illustrierte Buch mehrerer Autoren über „Die Sammlung Kahnweiler” enthält Details über die Zusammenarbeit zwischen Künstlern wie Picasso, Braque, Gris, Klee und ihrem bedeutendsten
Die „Maria Magdalena” von Friedrich Hebbel ist aktuell, wie jedes Stück, das zeigt, wie sich Männer abputzen und wie Frauen zum Handkuß kommen. Die Szene, in der Leonhard (Bernhard Schir) die schwangere Klara (Stephanie Liebscher) kalt abfahren läßt, ist ein Höhepunkt des Abends in Wiens Theater in der Josefstadt. Auch wie die Gerichtsdiener in der Wohnung wüten, das ist schon von heute. Und Hilmar Thate ist ein Ausbund jener verstockten Wohlanständigkeit, an der jede Wirklichkeit abprallt.Es liegt natürlich auch am Stück, daß keine Sekunde Zweifel am schrecklichen Ausgang
Sind die Spuren der Axt, mit der Ludwig Wittgenstein mitten in seinem Zimmer Brennholz hackte, in Trattenbach wirklich noch zu sehen? War die „Milchfrau in Ottakring”, die dem berühmten Roman von Alja Rachmanowa den Namen gab - eine Milchfrau in Währing? Und wo haben Franz Theodor Csokors drei Offiziere den „3. November 1918” nun wirklich erlebt? Dietmar Grieser ging noch viel bangeren Fragen nach - bis hin nach Übelbach, bis zu Kafkas Schloß. Sein neues Buch ist so vergnüglich zu lesen wie alle vorher, also sehr vergnüglich. Und es hilft jedem an Literatur Interessierten, seinen
Das erste Bild Gustav Mahlers kam mit Schwierigkeiten zustande: Der Sechsjährige fürchtete, in die Kamera gezogen zu werden und auf einen Pappkarton geklebt weiterleben zu müssen. Erst als sich der Fotograf vor seinen Augen selbst fotografieren ließ, ging er das Risiko ein. Das letzte Bild zeigt den einundfünfzigjährigen Mahler, krank, nach der Absage von zehn Konzerten auf dem Schiff auf dem Weg von New York nach Europa, etwas mehr als einen Monat vor seinem Tod.Dazwischen alle Fotos von Gustav Mahler, die es gibt. Ferner eine Auswahl der Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen (die
Robert Musil unterschrieb eine Karte aus Steinach am Brenner, von Alm-spaziergängen und Kuhmilch mit „herzlich, Ihr Muh-Muhsil”, Ernst Jandl erlebte 1956 im Gasteiner Tal „die abgedroschenen glatzen aller großglockner”, der neunjährige Elias Canetti sang, als 1914 in den Ferien der Krieg ausbrach und im Badener Kurpark das „Gott erhalte” gesungen wurde, den ihm vertrauten Text „God save the King” mit und wurde verprügelt (die Familie war 1913 von Manchester nach Österreich übersiedelt). Das Buch „Schreibtisch mit Aussicht” ist ein Nostalgicum besonderer Art, es
Was ist ein Tourist vom Kontinent in London? Zaungast der Geschichte. Bestauner versunkener Glorie. Ingrid Nowel hilft ihm mit ihrem Führer, das Beste aus der traurigen Tatsache zu machen, daß er nur vorübergehend hier und niemals clubbable, sondern bestenfalls pubbable ist, welches Schicksal bis vor kurzem selbst die Spitzen der Labour Party noch mit ihm teilten: nur in Pubs und nicht in Clubs zugelassen. Alle Perspektiven dieses Buches laufen auf Fluchtpunkte in der Vergangenheit zu. Wenn irgendwo auf der Welt, braucht man ei -nen solchen Guide in London. Das reiche, gut lesbare und
Wer erkennt schon einen Moor-Spir-kenwald, wer kann einen Braunmull-Buchenwald von einem bodensauren Buchenwald unterscheiden? Bekommt man den Unterschied zwischen den heimischen Biotopen erklärt, lernt man sie auch erkennen. Die Biotop-Bestimmungsbücher des Verlages Weitbrecht ersetzen den Förster und den Biologen im Gefolge. „Wälder, Hecken und Gehölze” hilft Waldtypen erkennen und liefert zu jedem Waldbiotop reiche Information, ist so bebildert, daß man sofort in den Wald hinausfahren möchte und bietet eine Fülle von Wissen über Bäume - darunter eine schnelle Hilfe, Arten
Der (wegen der Umwelt: zu) billige Sprit macht die Karibik für jedermann erreichbar. Daß sie nicht nur die Möglichkeit bietet, sich am Strand mit dem selbstgefangenen Fisch um die Wette zu grillen, wollen Christian Prager und Peter Höh mit ihrem Terra-Magica-Band beweisen. Sie bieten sozusagen einen großen Überblick, ohne eine der Inseln und Inselgruppen besonders zu bevorzugen. Dabei fällt manches brauchbare oder- originelle Informationssplitter-chen ab, wie etwa, daß die kubanischen Zigarrenfabrikanten in besseren Tagen Vorleser engagierten, damit das Zigarrendrehen den Arbeitern
Bernd-Art in Wessels ist nicht nur erfolgreich im Bananenhandel und überhaupt in der Wirtschaft tätig, er ist offensichtlich auch ein Sturschädel. Und zwar einer von der Sorte, die Europa braucht. Er ist zwar in seinem Kampf gegen Frankreichs „Bananen diktat” unterlegen, weist aber nun in seinem gleichnamigen Buch nach, welche Folgen es hat, wenn EU-Staaten ihre vermeintlichen Interessen mit allen Mitteln durchdrücken. Im konkreten Fall setzten die Franzosen EU-Restriktionen gegen die „Dollarbananen” durch, die besser und billiger sind als die der Frankreich nahestehenden
Die Suche nach dem Sinn des Lebens als Sensation, mit der Zeitungen einander plötzlich die Leser abjagen, und mitten im Medienrummel zwei Herren, die, von den Agenten der Gegenseite verfolgt, den Sinn des Lebens ohne Rücksicht auf die Kosten herbeischaffen sollen - sowas fällt nur we -nigen ein. Fruttero & Lucentini trauten sich, aus dem Einfall einen Roman zu machen, den es nun mit ziemlicher Verspätung auch auf Deutsch zu kaufen gibt.Wo sollten die beiden den Sinn des Lebens suchen, wenn nicht in Delphi, und sie wären zu Unrecht so berühmt, wie sie sind, wäre ihnen nicht genau die
Je heißer die Sommer werden, desto mehr empfiehlt sich Hitzeempfindlichen die Bretagne: Hier ist die Zahl der unerträglichen Tage geringer. Die Bretagne hat vor allem kulturelle und landschaftliche Erlebnisse in Hülle und Fülle zu bieten. In solchen Landschaften spielen die Du-mont Kunst-Reiseführer ihre Überlegenheit aus. Die Rretagne überwältigt vor allem durch das unvermittelte Nebeneinander der rätselvollen prähistorischen Steinsetzungen (Dolmen und Menhire), der christlichen Kal-varienberge (die man, so die Autoren sehr mit Recht, mit dem Neuen Testament im Gepäck besser
Die Bialto-Brücke oder eine venezianische Gondel als Glasmosaik, eingeschmolzen in ein Plättchen mit wenigen Millimetern Durchmesser, läßt Freunde anspruchsvollen Kunsthandwerks ausflippen. Aber der Kreis derer, die sich für diese exklusiven Objekte so interessieren, daß sie sich ein Buch darüber zulegen, ist doch nicht allzu groß. Weshalb der Kunstverlag Prestel wieder einmal in seinem deutschen Programm ein Originalbuch in englischer Sprache anbietet - über eine Technik, die im ersten Jahrhundert in Alexandria und Born florierte und im 19. und frühen 20. Jahrhundert in Murano
Die DPs und ihre Lager waren in der Nachkriegszeit in Österreich und Deutschland ein politischer Alltagsbegriff. „Displaced Persons”: Von den Deutschen als Fremdarbeiter Verschleppte, Flüchtlinge, die nicht in ihre Heimat zurückkehren konnten oder wollten, befreite KZ-Häftlinge aus vielen Ländern und Juden.Viele Juden wollten nach Palästina - illegal, weil die britische Mandatsmacht ihre Einreise zu verhindern suchte. Oder sie warteten auf die Einreiseerlaubnis in die USA. An den in den DP-Lagern festsitzenden Juden entzündete sich an vielen Orten der Antisemitismus der frühen
Die Leidenschaft eines alternden Königs für eine Tänzerin, die man heute als Skandalnudel bezeichnen würde, die zum Rücktritt Ludwigs I. von Bayern führende Affäre mit der Tänzerin Eliza Gilbert, die sich Lola Montez nannte, schien ausgereizt.Bis ein Autorenduo den Schatz der 350 im Archiv ruhenden, auf Spanisch geschriebenen Briefe der beiden hob. Sie sind ein Zeitdokument von hohem Reiz, Zeugnis einer Verblendung, und leitmotivisch zieht sich das Thema Geld durch diesen Briefwechsel - Geld, das er ihr schicken soll. „Lolitta” erweist sich in ihren Briefen als hervorragende
Vor 100 Jahren erschienen die „Studien über Hysterie von Dr. Jos. Breuer und Dr. Sigm. Freud in Wien”. Der S. Fischer Verlag legte einen Beprint auf, in einmaliger Auflage von 800, fotomechanisch nachgedruckt, kartoniert in Halbleinen mit Goldprägung und Stoßecken wie das Original, mit Begleittext im Schuber. Von den 800 Stück der Erstausgabe bei Deuticke wurden bis 1909 nur 626 verkauft. Das Interesse am Reprint resultiert zunächst aus den Empfindungen, mit denen man ihn in die Hand nimmt und blättert, dem bibliophilen Reiz. Beim Lesen wird man dann Zeuge, wie sich eine Tür ins
Unter dem Namen Uuachauua wird eine der schönsten Kulturlandschaften Europas anno 830 erstmals urkundlich erwähnt - wer's weiß, erkennt sofort die Wachau, der Christoph Wagner und Lois Lammerhu-ber einen opulenten Bildband widmeten.Er enthält viele schöne Fotos der Art, die Fremden Appetit auf eine Landschaft und ihre Tafelfreuden macht und viele Informationen, die ihnen die Qual der Wahl des richtigen Restaurants bereiten. Der Textautor läßt zwar an einem Herrn, den man mit Schleifscheibe beim Bau einer Ritterrüstung sieht, „die Jahrhunderte spurlos vorbeigegangen” sein, dafür
Sieben Jahre, nachdem sie begonnen hatte, Gedanken zu Papier zu bringen, wurde ihr fünftes Buch zum achten Mal abgelehnt und Susanna Tamaro wollte nie wieder schreiben - sie hatte schon etliche Tätigkeiten wieder aufgegeben. Da fand sie ihren Verleger. Die beiden Aufsätze in „Die Demut des Blicks” beweisen, welche außerordentliche Begabung da ums Haar verlorengegangen wäre.Susanna Tamaro beschreibt ihre Entwicklung in einer Sprache von äußerster Präzision, in einer schönen Sprache, und mit einer wunderbaren Mischung von Ernsthaftigkeit und verhaltener Selbstironie. Sie ist eine
Die Ausstellung „Die Macht der Bilder - Antisemitische Vorurteile und Mythen” im Wiener Rathaus schließt mit Ende dieses Monats. Die gebundene Ausgabe des im Wiener Picus Verlag erschienenen Kataloges wurde mittlerweile auch in Deutschland ein Erfolg: Ein Standardwerk über den Antisemitismus, das vor allem mit der Ansicht aufräumt, der Nationalsozialismus sei sozusagen eine Panne gewesen, die dem Volk der Dichter und Denker (und dem der Heurigenbesucher) unterlief. Die von hervorragenden Antisemitismusforschern erarbeitete Dokumentation zeigt einmal mehr, diesmal besonders gut belegt,
Sätze wie „Resucher aus den EU-Ländern...” sollten ir^ Reiseführern nicht vorkommen und nicht mit der Information weitergehen, daß selbige keine, Österreicher aber sehr wohl Pässe brauchen. Allerdings handelt es sich um die 1995 erschienene Ubersetzung eines englischen 1994er-Ruchs. Ärgerlich ist die Erklärung (unter „Santa Maria Novella”), die Dominikaner hätten sich gerne des Herrn Hunde, domini cani, nennen lassen. Da sie Latein konnten, hätten sie die Nase gerümpft, es muß nämlich domini ca-nes heißen.Angesichts solcher Fauxpas: Ein detailreicher, brauchbarer Führer
Der Artemis-Reiseführer durch den Südwesten der USA besticht zunächst durch die Auswahl und den besonders attraktiven Druck anspruchsvoller Schwarzweißfotos und echter Augen-würmer von Farbbildern. Der Text von Gregor Kulosa besticht durch die unaufdringliche Einarbeitung kultureller und historischer Details in die Fülle von Reiseinformationen und praktischen Hinweisen.Wie ein roter Faden zieht sich ein Thema durch das Ruch: Die Indianer. Sowohl die archäologischen Fundstätten der frühen indianischen Siedlungen als auch das heutige Leben der Indianer wird ohne Klischees beschrieben
Mit der Karibik verbindet man weiße Sandstrände, bunte Cocktails, dunkle Mädchen, nicht Raudenkmäler (wie die Miniaturausgabe des Washingtoner Kapitols in Havanna), byzantini-stische Eisenportale (wie das der Li-brairie Schoelcher in Martinique) oder prachtvolle Jugendstil-Glasfenster (wie das auf Seite 179 abgebildete, nicht lokalisierbare Deckenfenster, in Havanna). Abgesehen von solchen Kleinigkeiten ist Knaurs neuester Kulturführer in Farbe, Thema: Karibik, ein kompetenter Regleiter aller, denen auf Sandstränden bald zu fad oder zu heiß oder beides wird. Tatsächlich erzeugt er
Er war Hofmaler in Madrid, hegte aber Sympathie für die französische Aufklärung. Er glaubte an die Menschlichkeit, erlebte aber die Unmenschlichkeit der einmarschierenden Franzosen (und der Spanier). Er war hoch angesehen, aber seine Radierungen über die Schrecken des Krieges, „Des-astres de la guerra”, und viele andere, konnten erst lang nach seinem Tod veröffentlicht werden. Bildunterschriften wie „Man kann es nicht ansehen” oder „Dafür seid ihr geboren” beweisen seine Anteilnahme.Das gesamte druckgraphische Werk in einem kompetent kommentierten Band, exzellent
Lieber fünfmal zu MacDonald oder in die Pizzeria und dafür einmal wirklich gut essen, als fünfmal mittelprächtig. Wer dieser Philosophie front (oder genug Geld hat, um immer fein zu speisen), ist in der Provence mit dem Buch von Jörg Zipp-rich gut bedient. Hier erfährt er, in welchen Lokalen er für sein Geld das Bestmögliche bekommt. Als Kompromiß empfiehlt der Autor, das billigste Menü im teureren Lokal dem „Menu Gourmand” eines billigeren vorzuziehen.Das Buch ist (bilderlos) fast so schön gestaltet wie eine liebevoll angerichtete Vorspeise. Mit wenigen Worten beschreibt
Schon herrlich die Ironie und Genauigkeit, mit der Arnolt Bronnen in „Die Jüngste Nacht” den Wendehals durch den Kakao zog - den von 1945, den von 1989 hat er ja nicht erlebt. Aber er hätte es wohl wieder geschafft und auch die dritte 180-Grad-Kurve gekratzt, nach der von den Kommunisten zum Doktor Goebbels und wieder retour auch noch die zur freien Marktwirtschaft.Die Aufführung in der Theater m.b.H. in der Wiener Zieglergasse unter der Begie von Johanna Tomek ist voll von deftiger Komik und dabei alles andere als harmlos. Wie der Herr Ortsgruppenleiter vorführt, wie man die
Die Nonne hat ein Kind bekommen, tot lag es unter dem Bett, erwürgt von (oder mit?) der eigenen Nabelschnur. Man könnte meinen, es beginne ein Krimi. Oder ein düsteres Psychodram. Doch leider kommt es viel schlimmer. Der (verfilmte) Theaterschinken „Agnes of God” von John Pielmeier in Vienna's English Theatre ist ein Bekenntnis zu einer geradezu strafbare Ausmaße annehmenden Irrationalität.Fernsehstar Linda Gray rettet sich als Gerichtspsychiaterin cool über die Bunden. Durch Befragung der Nonne in einer Hypnose, wie der kleine Max sie sich vorstellt, sucht sie die Vorgeschichte der
Vor 23 Jahren erschien „Menschen in Auschwitz” von Hermann Langbein. Das Buch wurde zum klassischen Werk, war längst vergriffen, die Neuauflage ist wichtiger als viele Neuerscheinungen. Geschrieben von einem, der dort zwei Jahre verbrachte und als Leitungsmitglied der internationalen Widerstandsorganisation sowohl die Häftlings- als auch die SS-Hierarchie genau beobachtete, half Langbeins Werk vielen, die Verhältnisse im Brennpunkt des Völkermordes besser zu verstehen. Dies vor allem durch die Objektivität, mit der er sich jeder Schematisierung widersetzt. Auch der Schematisierung
Das Wohnhaus des aus der Schweiz stammenden, 1934 nach Kalifornien ausgewanderten Architekten Albert Frey liegt 70 Meter oberhalb von Palm Springs. Es ist eines der radikalsten Beispiele für die Integration von Architektur in die Landschaft. Bezieh-gungsweise von Landschaft in die Architektur. Der Bau steht auf einer steilen, felsigen Anhöhe in einer Wüstenlandschaft auf einem schmalen Grundstück, hinten Felsblöcke, vorn ein weiter Blick über die Stadt, es ist rundum verglast, und durch die hintere Glaswand ragt dominant ein mächtiger Felsblock herein. Es ist wie ein Einbruch der
Wer öfters durch die Lande fährt, weiß: Vor 20 Jahren war er noch exklusiv, heute ist er selbstverständlich, der Wintergarten. Immer mehr Eigenheimbewohner wollen ihn nicht mehr missen. Er entspricht einem tiefen Bedürfnis. Es gibt viele Bücher darüber, wie man einen Wintergarten konstruiert, wie man ihn als Klimaregulator fürs ganze Haus nutzen kann. Das botanische Wintergarten-Knowhow steht oft nicht auf demselben Niveau. Und wird selten so verständnisvoll und praxisorientiert vermittelt wie von Christoph und Maria Kochel.Zunächst: Die Zahl der Pflanzen, die sie nicht nur kennen,
Armer Hanno! Er hatte sich am Heiligen Abend so überfressen. Dies Wort gebraucht Thomas Mann nicht. Wahr ist aber, daß Marzipan am Heiligen Abend als schwere Artillerie gegen die Mägen der Kinder auffuhr. Echter Lübecker Marzipan darf übrigens höchstens 30 Gramm Zucker, Edelmarzipan gar nur zehn Gramm pro 100 Gramm fertigen Marzipans enthalten.Das Buch „Bei Thomas Mann zu Tisch” ist einer originellen Idee zu verdanken. In den „Buddenbrooks” hat das Essen als Teil des liebevoll geschilderten bürgerlichen Lebens große Bedeutung. Sybil Gräfin Schönfeldt geht den Speisekarten der
Die Historikerin Evelyn Adunka beendete 1990 ihr Studium mit einer Doktorarbeit über Friedrich Heer, die für gut befunden wurde. Und unter dem Titel „Friedrich Heer - eine intellektuelle Biographie” im Tyrolia Verlag längst als Ruch erscheinen sollte.Das mühsam finanzierte Projekt erfuhr jedoch erhebliche Verzögerung durch eine von Eva Heer, der Witwe Friedrich Heers, beantragte und vom Handelsgericht Wien bewilligte Einstweilige Verfügung, diedas Erscheinen untersagte.Der Oberste Gerichtshof hob sie nun in dritter und letzter Instanz auf, das Buch wird erscheinen. Ob die Familie
Deutsche Soldaten des Zweiten Weltkrieges machten ihre Heiratsanträge gern mit den Worten: „Willst du meine Witwe werden?” Eine der vielen, die darauf Ja sagten und tatsächlich bald Witwe wurde, ist die Reportagefotografin und Autorin zahlreicher Bildbände Orgel-Purper. Ihr Briefwechsel ist aufschlußreich für jeden, der den damaligen Durchschnittsdeutschen zu verstehen sucht.Es ist diesem Buch als großes Verdienst anzurechnen, daß die Stellen, mit denen sich damalige Briefschreiber heute nicht mehr identifizieren, nicht gestrichen wurden. Umso glaubwürdiger ihr Lernprozeß. So
Sie sei, erklärte ihr der Fallmanager, der fortgeschrittenste Fall und für sie gebe es nur noch völlige Verwahrlosung oder Tod. Sie sei die hoffnungsloseste seiner Patientinnen - oder am reifsten für Genesung. Sie entschloß sich, letzteres zu sein.Der Ausstieg aus fortgeschrittener Sucht gilt als fast unmöglich - daß die Betonung aber wirklich auf dem Wörtchen fast liegt, beweist Susan Gordon Lydon mit ihrem Buch.Sie hatte schon viel geleistet, war Musikjournalistin, hatte der Frauenbewegung wichtige Impulse gegeben, als sie nur ein bißchen experimentieren wollte und nicht mehr vom
Wer sich ein bißchen mit Zeitgeschichte befaßt hat, kennt den Namen des Hotels Lux in Moskau, wo die kommunistischen Emigranten nächtens den Besuchen der Geheimpolizei entgegenbangten, wo Herbert Wehner durch ein bißchen Verrat überlebte und Ernst Fischer vielleicht durch ein bißchen mehr Verrat. Aber wer kennt den Namen des Hotels Lutetia?Paris, Boulevard Raspail, Ecke Rue de Sevres - das Lutetia ist noch da. Auch im Krieg residierte hier ein Gegner Hitlers: der später hingerichtete Admiral Canaris mit seiner „Abwehr”. Zwischen 1933 und 1940 aber wohnten hier die deutschen
Der Torero ist kein Torero, sondern ein Olivero und statt des Stieres fallen ihm die Oliven zu Füßen. Eine lange Nummer über den Stierkampf, umgeschrieben vom Stierkampf auf die Olivenernte. Ein kleines Highlight des Programms.Auch die Nummer über das Faultier kann man sich geben - was könnte das Tierchen alles haben, wäre es eben nicht so faul.„Under their Hats - a Musical Ce-lebration of the works of Michael Flanders Devised by Strachan” ist ein anspruchsloses, aber nettes englisches Kabarettprogramm in Wiens Englischem Theater. Nostalgiker werden es mögen: Es ist eine Reminiszenz
Das Sigmund-Freud-Museum darf sich über einen informativen und hervorragend bebilderten Katalog und Verleger Christian Brandstätter über einen echten Longseller freuen: eben den Katalog des Sigmund-Freud-Museums. Berggasse 19 ist nach wie vor eine Adresse mit so gewaltiger Ausstrahlung in der Welt der Psychologen, daß der Vergleich mit Downing Street 10 (im Klappentext) nicht einmal überzogen wirkt.Zwar werden wenige Exemplare des Paperbacks in die Hände von Menschen fallen, die von der Psychoanalyse gar keine Ahnung haben, doch als erste Einführung erscheint es durchaus geeignet. Sogar
Obdachlose, Tramper, Gestrandete. Alle in ähnlicher, steifer Pose. Die Modeschöpferin Chanel, gemeuchelt. Schrille Typen New Yorks, Küßchen-Küßchen-Pro-minenz aller Kategorien. Richard Avedon ist 71 Jahre alt. Er wurde in New York geboren, begann mit 18 Jahren zu fotografieren und gilt als Star der Stars unter den Fotografen.Viele Seelen wohnen, ohne ach, in seiner Brust. Oder seinem Auge. Der Society-Fotograf, dessen Bilder mit Gold aufgewogen werden. Der Gesellschaftskritiker, der den Widerstand gegen den Vietnamkrieg dokumentierte und auch selbst nach Vietnam fuhr. Der Experimentator,
Das Buch „Der Mann, der Hitler die Ideen gab” von Wilfried Daim war längst Geheimtip, nur noch in Bibliotheken zu haben, doch hatte sich die Botschaft herumgesprochen: Zu jenen, die den jungen Hitler beeinflußten, zählte auch ein obskurer Typ, der sich, wenn auch keineswegs adeliger Abkunft, Jörg Lanz von Liebenfels nannte. Ein ehemaliger Zisterzienser aus Heiligenkreuz, der seinen eigenen Orden gründete.Dieses Buch liegt nun in einer Überarbeitung des Autors wieder vor. Zum richtigen Zeitpunkt. Nicht nur die Rohrbomben sind ein überwunden geglaubter Rückgriff auf alte Methoden
„Aberwitzig, vollkommen abstrus und abseitig” - solche Epitheta or-nantia fallen nicht nur Felix Mitte-rer ein, sondern vielen, wenn sie sich mit „Kirbisch oder Der Gendarm, Die Schande und Das Glück”, dem „epischen Gedicht” von Anton Wildgans, befassen sollen. Der Styria Verlag tat gut daran, Felix Mitterer ein Vorwort zur sorgfältig gedruckten, von Erhard Stöbe illustrierten bibliophilen Neuausgabe schreiben zu lassen.Wildgans ist so out, daß seine runden Geburts- und Todestage von den Theatern kaum mehr zur Kenntnis genommen werden. Mitterer erliegt dem von „Kirbisch”
Ein Serienschreiber kommt in den Bergen von Colorado mit seinem Wagen von der Straße ab und findet sich gelähmt in einer Hütte wieder, versorgt von einer Frau, die seine Stories sehr genau kennt, sich bald als „mentally unhinged“ erweist und ihn zwingt, die Handlungen nach ihrem Geschmack zu verändern …Simon Moore machte aus Stephen Kings „Misery“ ein Krimistück der Extraklasse, spannend vom Anfang bis zum Ende, von eiserner Folgerichtigkeit und mit überraschendem Ende. Wiens „International Theatre“ spielt „Misery“ in der Originalfassung mit Marilyn Close und Dean
Auf dem Höhepunkt sitzen sie in Vienna's English Theatre im wunderschönen Garten romantisch auf dem Boden, David Cameron als Sir Cecil Warburton und Virginia Stride als seine Angebetete von Ur-Einstmals, aber die Demonstration wohlkonservierter Jugendlichkeit wird zum Desaster. Keiner von den beiden kann mehr ohne Hilfe aufstehen und Butler Hawkins, auch nicht mehr der Jüngste, muß aus dem Bett geschrien werden. Ein Stück, mit dem man sich identifizieren kann, wenn man ebenfalls nicht mehr der Jüngste ist.„The Kingfisher" (Der Eisvogel) entstand 1977 als fünfunddreißigstes der
Erst hantierten „Der Langsame" und „Der Andere'' mit Tafeln, auf der einen Seite weiß, auf der anderen schwarz, stellten sie hierhin und dahin, bis endlich der weiße Paravent fertig war, um den herum Achim Freyers Komödie „Liebe von Kopf bis konfus nach La dispute de Monsieur Pierre Carlet de Chamblain de Marivaux" stattfand, das erste Wort, Liebe, durchgestrichen. Wenn man als Komödie gelten lassen will, was unter diesem Titel stattfand: Ein einstündiges Schreiten, Stolpern, Hüpfen (und so weiter) weiß gewandeter Gestalten, die, immer wieder dieselben Textstellen
Wie Judith Holzmeister im Theater an der Wien „Die Götter Griechenlandsbesch wor, Sophokles' Huldigung an den Eros rezitierte - hier ist das außer Kurs geratene Verb noch am Platz -, das anakreontische „Trinklied- oder Stellen aus Goethes „Iphigenie auf Tauris-, wie sie jedem Satz Gewicht gab, die starke Betonung und die große Geste nicht scheuend, das brachte sozusagen die antike Welt wieder in Ordnung. Gemeinsam mit dem exzellenten Boje Skovhus, der alternierend Schubert-Lieder sang, erinnerte sie das heutige Publikum an das nicht weniger gebrochene Verhältnis des 18. und 19.
Als männernarrisches Golden Girl in der gleichnamigen Fernsehserie ist Rue McClanahan in Wien bestens bekannt, nun kann man sie hier in Peters Shaffers „Lettice and Lovage" auch auf der Bühne bewundern. Vien-na's English Theatre macht's möglich. Sie spielt die Lettice Douffet, mit der vor Jahren Elfriede Ott in den Kammerspielen großen Erfolg hatte.In Wien beweist sie, es ist schon erstaunlich, daß sie ihren Erstberuf, das Theaterspielen, bei den TV-Serien nicht verlernt hat. Glyn O'Mal-ley inszenierte das Stückchen von der Fremdenführerin, die durch Englands langweiligstes
Sechs Menschen irgendwo in Lateinamerika, die einander kaum kennengelernt hätten - hätten nicht wieder einmal die Militärs geputscht. Es geht Augusto Boal um Flucht als Schicksal, als existentielle Situation, als Seelenzerstörer.Ein aktueller Stoff, von Günther Treptow als Produktion des Vereins Lebendes Theater im Wiener Konzerthaus sorgfältig inszeniert - zugleich freilich ein Stück von Menschen, die immer noch die Wahl hätten, sich mit der Diktatur zu arrangieren, und daher angesichts der viel extremeren Flüchtlingsschicksale in unserer Nachbarschaft ein fast idyllisch wirkendes
Die Weltgeschichte legte einen geradezu Dürrenmatt-würdigen Einfallsreichtum an den Tag, schlug einen Haken und Friedrich Dürrenmatts „Romulus der Große" ist wieder aktuell. Das Volkstheater hat diese Aktualität erkannt und spielt den „Romulus" in Wiens Außenbezirken.Wenn es auch in Honeckers Berlin ganz gewiß nicht halb so bizarr zuging und nicht annähernd so weise geredet wurde wie am Hof des hühnerzüchtenden letzten römischen Kaisers, sind die Parallelen zu einigen Situationen der letzten Jahre doch atemberaubend. Sie könnten es vielleicht noch mehr sein, hätten
Rosa Teppiche am Fuß steil ansteigender Tribüne, offener Bösendorfer mit mahagonirotem Innenleben, Teppiche und Holz raffiniert abgestimmt. Lampen. Vasen. Stühle. In diesem Ambiente vollzieht sich im Wiener „Odeon" die Tragödie der M61isande und des Pelleas in der Version von Peter Brook, dessen,.Impressions de Pelleas" nach Claude Debussy und Maurice Maeterlinck Station machten.Opernregisseur Brook steht im Schatten des Theatermannes Brook, des Experimentators und Animateurs, der auch hier Selbstverständliches in Frage stellt, nämlich die Ansicht, ohne Orchester sei Oper
Gastspiel der Freien Gruppe Taifun-Theater in der Wiener Theater m.b.H.: Corinne Eckstein und Julia Köhler erzählen eine autobiographische Mutter-Tochter-Geschichte besonderer Art. „Der Sommer von Aviya" von Gila Almagor war ein großer Erfolg und wurde verfilmt.Schauplatz ist Israel und die Mutter, bei der Aviya den Sommer verbringt, verdankt ihre „Schwierigkeiten" Erlebnissen als Partisanin in Polen. Erlebnissen, über die man nichts näheres erfährt - die Erzählperspektive ist die des Kindes Aviya. Viele Menschen in Israel haben ähnliche psychische Schwierigkeiten,