Großbritannien kann sich bis heute nicht mit dem Verlust seiner Weltmacht aussöhnen. Das findet seinen Widerhall im zeitgenössischen Kino. So beleuchtet "Niemandsland" die eigene Bedeutung als Besatzungsmacht. 1946 herrscht in Hamburg ein strenger Winter. Die Stadt ist überfüllt mit Menschen, die hungern und frieren. In dieser angespannten Situation zieht Rachael Morgan zu ihrem Mann, einem pflichtbewussten und sachorientierten Oberleutnant, der den Wiederaufbau organisiert. Er gehört zu jenen, die an den guten Kern des Deutschen glauben.Darum hat er den Besitzer seiner Unterkunft, den
Traditionen sind eine zwiespältige Hinterlassenschaft. Huldigt man ihnen wie einem Götzen, können sie eine ganze Sippe vernichten. In dieser mythischen Familientragödie beginnt das Verhängnis mit einem Brautpreis. Rapayet hat sich Zaida, eine Frau aus einer angesehenen Familie des nordkolumbianischen Volkes der Wayuu, zur Braut ausersehen. Um das Brautgeld aufbringen zu können, steigt er in den Marihuanahandel mit US-Hippies ein. Durch seine Geschäftstüchtigkeit etabliert er die angeheiratete Sippe schließlich als mächtigen Drogenclan, wenngleich er sich selbst damit unter die Knute
Welche Frau kann heutzutage dem hohen Anspruch an die Mutterrolle überhaupt gerecht werden? Noch dazu, wenn er befeuert wird durch Ratgeber und den Konkurrenzdruck besserwisserischer Mütter oder Großmütter. Und bei all dem Stress soll man auch noch mit natürlicher Schönheit glänzen. -"Frau Mutter Tier" macht die Leiden des Mutterdaseins zum Gegenstand einer hausbackenen, stellenweise gar kindisch wirkenden Komödie, die das moderne Dilemma an drei Typen durchspielt. Da gibt es die gewissenhafte Nur-Hausfrau, die ambitionierte Berufstätige und die lebenshungrige junge Alleinerziehende.
"The Sisters Brothers": Der französische Regisseur Jacques Audiard
reiht sich als Neuerer des Western-Repertoires ein -und zeichnet
Helden, die keine Heroen im Genre-Sinne sind.
Not macht nicht nur erfinderisch. Sie lässt Menschen auch zu pietätlosen Mitteln greifen. Die 17-jährige Raya und ihr kleiner Bruder Robis, deren Mutter nach England entschwunden ist, halten den Tod ihrer Großmutter geheim, bestatten diese hinter dem Haus, damit sie nicht in ein Heim eingeliefert werden. Ihr Einvernehmen zerbricht, als Raya ein Verhältnis mit ihrem Englischlehrer anfängt. Das lettische Adoleszenzdrama erzählt mit sprödem ungeschöntem Ton und unterkühlten Bildern, wie sich ein junger Mensch in der Elternrolle bewähren muss, obschon er selbst noch Bemutterung
Ergeben warten artige Damen auf ihren Stühlen, bis sie von einem jungen Herrn zum Tanz aufgefordert werden. Doch Astrid will sich der demütigenden Prozedur nicht länger unterziehen. Kühn bittet sie ihre Sitznachbarin um einen Tanz.Pernille Fischer Christensens Biopic zeichnet die weltbekannte schwedische Kinderbuchautorin Astrid Lindgren sympathisch, lebhaft und selbstbewusst. Messerscharf erkennt sie ungerechte Strukturen, ihr Leben führt sie mit Mut, Klugheit und Witz; Eigenschaften, die sie ihren berühmten Figuren wie Pippi Langstrumpf oder Ronja Räubertochter andichten wird - die
Anno 2016 wurde das deutsche Sexualstrafrecht reformiert. Das zugrunde liegende Prinzip "Nein heißt Nein" stärkt aber nicht automatisch den Willen, einen Vergewaltiger auch anzuzeigen. Das gibt Eva Trobisch mit ihrem preisgekrönten Debüt zu bedenken. Ihre Protagonistin Janne sucht nämlich, ihre Vergewaltigung zu vergessen, will nicht Opfer sein. "Alles ist gut" macht deutlich, wie vielschichtig die Idee der Selbstbestimmung gedacht werden muss. Dafür hat Trobisch eine streckenweise geradezu lähmende Handlung konstruiert. Zwar glaubt ihre Figur, lebensecht verkörpert von der
Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein", sang Reinhard Mey in den Siebzigerjahren. Meys Sehnsuchtsbild hat offenbar manchen nicht mehr losgelassen. Die Probleme von oben betrachten, damit sie sich, "plötzlich nichtig und klein" darstellen: eine kraftvolle poetische Fantasie. Der Held in Florian Gallenbergers neuem Film hat nun das große Glück, sich diesen Wunsch erfüllen zu können. Derzeit drücken den mürrischen Besitzer einer Gärtnerei auch nicht geringe Sorgen. Er steht kurz vor der Zahlungsunfähigkeit, der örtliche Großkunde, ein Golfverein, will eine
Fiona Maye (Emma Thompson) ist mit Leib und Seele Familienrichterin. Sie verteidigt das Wohlergehen der Kinder auch gegen die Wünsche der Eltern, die sehr oft von einer unerbittlichen religiösen Praxis motiviert sind. Dann stehen Gottes Plan und die Moral im Streit mit menschengemachtem Recht, der Wille einer Gemeinschaft gegen individuelle Entfaltung. Doch ihr Engagement fordert seinen Preis. Ihr Ehemann (Stanley Tucci) will mit ihrem Segen eine Affäre beginnen. Aber schon liegt der nächste Fall auf dem Tisch. Ein 17-jähriger, leukämiekranker Teenager (Fionn Whitehead) will sich keine
Pietro und Alba laden zur Feier ihrer goldenen Hochzeit auf die Insel Ischia. Mit den nächs ten Verwandten sitzt das Paar plaudernd und in bester Laune bei gutem Essen zusammen, obschon sich erste Risse ins traute Familienbild einzeichnen. Diese Zwiste werden hier zwischen den Kindern und deren Partnern ausgetragen. So wandert Gabriele Muccinos "Zu Hause ist es am schönsten" von Paar zu Paar und fängt mit agiler Kamera die einzelnen Konstellationen und unterschiedlichen Stadien der Liebe ein. Da lässt sich die Enkelgeneration viel Zeit bei der Annäherung, während der Sohn immer noch an
Manche Erinnerung hat schon Staub angesetzt, wenn da nicht das berühmte Kamel käme Im Fall von Tony Webster ist es ein Tagebuch, das ihm von der Mutter seiner früheren Freundin vermacht wird. Ritesh Batra trifft nicht den Kern des von ihm verfilmten Romans. Zwar schildert "Vom Ende einer Geschichte" mit Rückblenden durchaus spannend die unbequeme Vergangenheitsaufklärung. Aber zugleich flüchtet sich der Film in eine didaktische Fabel, wenn er einen Erzählstrang hinzuerfindet. Webster muss aus den Versäumnissen lernen, indem er Verantwortung in der Fürsorge für die Tochter übernimmt,
Dem gebürtigen Vorarlberger Hans Weingartner gelingt in seinem Opus
"303" neuerlich ein filmischer Coup: Ein sehenswertes Roadmovie, das
eine Seelenverwandschaft offenbart.
Israel: ein Gemeinwesen im permanenten Ausnahmezustand, gepeinigt von Todesangst. Wie kann man dieser überreizten Atmosphäre künstlerisch überhaupt noch beikommen? Mit Abstraktion, der zeichenhaften Reduzierung und der surrealen Verfremdung. Das zeigt auf eindrückliche Weise Samuel Maoz in seinem neuesten Film "Foxtrot", der in Venedig mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde. Dabei dient ihm der titelgebende Tanz als Sinnbild für den betriebsamen Stillstand einer von Krieg und Holocaust traumatisierten Gesellschaft. In drei Teilen entfaltet er die absurde Allegorie, in der
Die Idee der Metamorphose fasziniert von jeher. Sie gestattet, sich fiktiv zu entgrenzen; in fremder Gestalt geht die Wunscherfüllung leichter. So wacht der Protagonist in "Letztendlich sind wir dem Universum egal" jeden Morgen in einem anderen Körper auf. Mal ist "die Seele A" ein Junge, mal ein Mädchen, mal hat sie eine weiße, mal eine schwarze Hautfarbe. Ihre Existenzweise sieht "Seele A" aber in Frage gestellt, als sie sich in die 16-jährige Rhiannon verliebt. Michael Sucsy hat mit Drehbuchautor Jesse Andrews den Jugendroman von David Levithan, der zeitgenössische Identitätstheorien
Florence Green nutzt Literatur und Bildung nicht als Geldanlage, als symbolisches Kapital, mit dem man sich nach 'unten' abgrenzt, sondern hält sie für ein 'lebensnotwendiges Gut'.Buchhandlungen laden zum Verweilen und Entdecken ein. Sie versorgen nicht nur mit Wissen, sondern ebnen auch den Weg in fantastische Welten, bieten Stoff für grenzenlose Abenteuer. Wen wundert es da, dass so mancher, wie auch die Heldin dieses Films, von dem Geschäft mit Büchern träumt. Das Geschehen spielt Ende der 1950er-Jahre. Florence Green steht ihrem Wunsch allerdings zwiespältig gegenüber. Einerseits
Im Waldorfkindergarten Aurora diskutieren keine gestressten Erzieher darüber, wie sie mit dem Einsatz digitaler Medien das vorschulische Lernen optimieren könnten. Nein, ruhig und gelassen regen die anthroposophischen Pädagogen die Kinder dazu an, die Welt im Spiel und mit allen Sinnen zu begreifen. Nur zur Not, etwa bei einem Streit, schreiten sie ein.Die Norwegerin Margreth Olin hat eine wunderbar dichte Beschreibung einer aus der Gegenwart entrückten "Kindheit" geschaffen. Dafür beobachtete sie, in der stilistischen Tradition des amerikanischen Dokumentarfilmers Frederick Wiseman, eine
Offenbar hatte der Verleih Schwierigkeiten, den passenden deutschen Titel für Bille Augusts neuen Film zu finden. Mit den symbolischen "55 Steps" betonte das Original das Ringen um Selbstbestimmung. So führt die an paranoider Schizophrenie leidende Eleanor Riese mit Hilfe ihrer Anwältin Colette Hughes einen Musterprozess in Kalifornien mit dem Ziel, dass psychisch Kranke ihrer Medikation zukünftig zustimmen müssen. Mit den zwei titelgebenden Namen -"Eleanor &Colette - hat der Verleih jetzt das Gewicht auf die Bindung der beiden Frauen gelegt. Doch in diesem Hin-und Herpendeln zwischen
Auch das Kino hat die Frauen im Alter 50plus entdeckt. Diese Lebensphase ist höchst angstbesetzt. Da ist die Heldin von Blandine Lenoirs Film kein Sonderfall: Nicht nur hat Aurora mit der Hormonumstellung zu kämpfen. Nein, es strapaziert auch noch ein reformfreudiger Chef ihre blankliegenden Nerven, sodass sie verärgert kündigt. Als sie dann noch erfährt, dass sie bald Großmutter wird, ist die Krise perfekt. Wo befindet sich ihr gesellschaftlicher Platz jetzt?Wie diese spezifisch weibliche Selbstwertkrise bewältigt werden kann, dafür hält das Kino zurzeit zwei Lösungsmuster parat. So
Nur noch in der Erinnerung des Großvaters lebt die Tradition fort. Träumerisch stimmt der italo-amerikanische Regisseur Jonas Carpignano auf seinen Film "Pio" ein. Damals war der Roma-Clan noch unterwegs mit Wagen und Pferd. Sie lagerten auf einer Wiese am Fluss, aus dem der Patriarch frisches Wasser für seinen morgendlichen Zitronensaft schöpfte. Was für ein Kontrast zur düsteren Gegenwart! Längst ist die Familie sesshaft geworden, wohnt in einem verrufenen Viertel der kalabrischen Küstenstadt Gioia Tauro und hält sich über Wasser mit Diebstählen und dubiosen Geschäften mit der
Arthur will sich den qualvollen Erstickungstod ersparen. Darum hat er einen Flug in die Niederlande gebucht. In einer Amsterdamer Sterbeklinik hofft er, durch die Hand des befreundeten Arztes Hofer schmerzlos aus dem Leben scheiden zu können. Aber seine letzten Stunden verlaufen nicht wie gedacht. Schon als er in sein Hotel eincheckt, zieht Claire, ein lärmiger weiblicher Hotelgast, Arthurs Aufmerksamkeit auf sich. Später wird sie ihn aus ihrem Zimmer von nebenan mit dröhnenden Bässen traktieren, während er an dem Abschiedsbrief für seinen Sohn sitzt. Da Arthur die Stille sucht, klopft
Als roter Faden zieht sich durch "Wind River" ein gleichnishaftes Bild. Cory Lambert, ein Angestellter der Behörde "U. S. Fish and Wildlife Service", liegt in Deckung, lädt sein Gewehr und erlegt einen Wolf, der gierig eine Herde Schafe umkreist. Es ist die "wölfische" Natur, welche den Menschen in dieser unwirtlichen Gegend zum Verhängnis wird. Und jeder muss sich entscheiden, will er Wolf oder Lamm sein, wenn er hier draußen, am Rande eines Indianerreservates, überleben will. Dessen Bewohner gehören jenem Teil der amerikanischen Gesellschaft an, der an den äußersten Rand gedrängt
Die Vorliebe des zeitgenössischen Kinos für das festliche Ereignis fällt auf. Denn nichts setzt den Hang der Eventkultur, das Leben glanzvoll herauszuputzen, um Aufmerksamkeit zu erheischen, sinnfälliger ins Bild. So braucht es in "Das Leben ist ein Fest" schon ein Schloss zur prachtvollen Zelebrierung der eigenen Hochzeit. Und eine so eingespielte Truppe wie die des Eventmanagers Monsieur Max (grandios: Jean-Pierre Bacri) garantiert deren Gelingen, selbst wenn nicht alles reibungslos läuft. Eric Toledanos und Olivier Nakaches ("Ziemlich beste Freunde") kurzweilige Gesellschaftskomödie
Dass dem Vater eine zentrale Funktion in der Identitätsbildung zukommt, darüber ist man sich längst einig geworden. Aber kann ausschließlich der biologische Vater diese Aufgabe erfüllen? Oder ist für die gute Entwicklung eines Kindes nicht vielmehr die "gefühlte Vaterschaft" von Belang? Mit dieser Frage -die Auftrieb bekommt durch die moderne Reproduktionstechnologie und Pluralität familiärer Lebensentwürfe - beschäftigt sich auch Carine Tardieus Liebes-und Familienkomödie "Eine bretonische Liebe".Als ihr Protagonist, der Minenentschärfer Erwan, einen Gentest machen lässt,
Immer wieder wird beklagt, die weibliche Sicht auf die Welt im Kino sei unterrepräsentiert. So schien es an der Zeit, Abenteuerfilmen wie "Phönix aus der Asche" oder "Überleben!" eine gendergerecht überholte Variante folgen zu lassen -wenngleich "Zwischen zwei Leben" von Männern fantasiert ist und zudem darunter leidet, dass das Abenteuer mit einer klischeehaften Romanze entschärft wird. Die Fotoreporterin Alex Martin und der britische Chirurg Ben Bass stürzen mit einer Chartermaschine ab. Der Film hätte aus dieser Konstellation die Stoßkraft geballter, auch gesellschaftlicher
Dass das festliche Abendessen einen kurzweiligen Rahmen zur Verspottung menschlicher Schwächen bietet, haben Filme wie "The Dinner" und "The Party" vor Augen geführt. Hinter geschlossener Tür und in vertrauter Atmosphäre, bei superben Weinen und Speisen gleiten harsche Worte flüssiger von der Zunge. In der Verwechslungskomödie "Madame" ist es nun ein Dienstmädchen, das ihre Arbeitgeberin dazu bringt, die Maske fallen zu lassen. Weil die abergläubische Anne Fredericks nicht 13 Gedecke auftischen lassen will, muss Maid Maria als Gast einspringen.Hausherrin und DienstmädchenDoch die
Die freie Wahl des Ehepartners stößt in Fragen der Herkunft und Religion oft an ihre Grenzen. Zumal, wenn man wie beispielweise Kumail, Immigrant ist, und sich die Identität in der Fremde in ein fragiles Gebilde aufzulösen droht.Muss man seine zukünftige Ehefrau ausschließlich in den eigenen Kreisen suchen? Darf man als Muslim überhaupt eine Andersgläubige heiraten? Und wie wird über diese Entscheidung dann die Verwandtschaft befinden? Für Kumails Familie jedenfalls wäre die falsche Wahl ein Grund, den Sohn zu verstoßen. Auch wenn sie ihn noch so sehr liebt: die Werte der
Die 17-jährige, schwer herzkranke Jana wäre lieber tot, statt sich nochmals operieren zu lassen. Doch ihr Entschluss kippt, als sie im Reitstall Brenner den titelgebenden Vollbluthengst entdeckt, und sein pragmatischer Besitzer in ihr den künftigen Jockey vor sich sieht, der dessen abgewirtschafteten Besitz retten wird. "Rock my Heart" ist ein abwechslungsreich modulierter, zuweilen komischer Pferdefilm. Er schildert die anstrengenden Seiten des Reitsports glaubhaft und erzählt zugleich eine romantisch-traurige adoleszente Liebesgeschichte. All das verbindet er organisch mit dem Motiv
Selbst als junge Frau, Ende der Achtzigerjahre, kann die etablierte Klatschkolumnistin Jeannette Walls noch nicht die Wahrheit über ihre Eltern aussprechen. Mit dem Finanzanalysten David wird sie bald eine gute Partie machen, aber man sieht es ihr förmlich an, dass sie sich, in Designerstoffe gehüllt, in den gutbetuchten Kreisen, in dem nüchtern-sachlich gehaltenen, großen Appartement nicht wohlfühlt. Ihre freiheitsliebenden Eltern sind obdachlos. Mit ihnen und den Geschwistern zog sie in der Kindheit von Ort zu Ort. Mal schliefen sie in der freien Natur, mal konnten die Eltern eine
Dem Stationsmeister der norwegischen Staatsbahn wird von seiner Ehefrau, die bei der Geburt verstarb, ein dichtbehaartes "Monster" geboren. Zwar kann sich Gustav Arctander an das freundliche Geschöpf gewöhnen, aber am liebsten würde er es verstecken. Vibeke Idsøe erzählt, basierend auf Erik Fosnes Hansens Roman, von der Entwicklung eines Mädchens mit Gendefekt zu Beginn des 20. Jahrhunderts."Das Löwenmädchen" deutet Evas Äußeres, das nicht im mindesten dem heutigen Schönheitsideal entspricht, als Chance für die weibliche Selbstverwirklichung um und arbeitet negativen Gefühlen
"Hampstead Park" geht als moderne Softversion von Karl Marx' Aufruf: "Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" durch. So verbündet sich die Amerikanerin Emily Walters, die nach dem Tod ihres Mannes auf einem erdrückenden Schuldenberg sitzt, mit dem wilden, zugleich kultivierten Sonderling Donald Horner, als der in besagtem Park des noblen, grünen Londoner Vororts Hampstead aus seiner selbstgezimmerten Hütte vertrieben werden soll wegen geplanter Luxusapartments.Joel Hopkins hat in die Liebesgeschichte zweier reiferer Menschen das brisante Thema der Gentrifizierung eingeflochten.
Dalida, 1933 als Yolanda Gigliotti in Kairo geboren, glückte in Paris der Durchbruch als Sängerin. Mit Liedern wie "Paroles, Paroles", von Alain Delons sinnlicher Stimme begleitet, "Gigi l'amoroso" oder "J'attendrai" feierte sie Erfolge, während sie privat ein Leben lang mit der Einsamkeit rang.Das melodramatische Biopic "Dalida" möchte möglichst viel aus dem Leben der Sängerin erzählen, kann sich dabei aber nicht entscheiden, ob es die Aura eines makellos-schönen Stars inszenieren oder dessen Persönlichkeit begreifen will. Es hüllt seine Figur in fließendes Licht, zeichnet ihr
Petra Volpes Film spielt zwar im 20. Jahrhundert, aber in der Schweiz herrschte immer noch Stillstand. Selbst Anfang der 1970er gab es zwischen den Geschlechtern noch keine "volle Freiheit auf beiden Seiten", wie sie bereits Ibsens Nora in dem gleichnamigen Theaterstück von 1879 postulierte. Die Nora in "Die göttliche Ordnung" besitzt weiterhin nicht die gleichen Rechte wie der Mann. Aber die Hausfrau und Mutter beginnt sich zu emanzipieren und bildet mit dem patenten Urgestein Vroni ein Aktionskomitee für das Frauenstimmrecht.Volpes erfrischender Film über den Kampf für das Wahlrecht
Bekanntlich genießt der Franzose das Leben. Er schätzt exquisiten Rotwein und aromatischen Käse. Für attraktive Frauen zeigt er eine ganz besondere Schwäche, weiß selbstverständlich, sie glücklich zu machen. Wen wundert es da, dass die gutaussehende, aber unzufriedene Amerikanerin Anne mit Jacques, dem französischen Arbeitskollegen ihres Ehemannes in einem alten Peugeot-Cabriolet schon einmal voraus an ihr Urlaubsziel Paris fährt. Der charmant-galante Reisebegleiter führt sie an die schönsten Flecken des Landes und in die besten Restaurants. Dabei ist das Essen Metapher. Zwar klagt
Wem seine Arbeitsamts-Beraterin fest zur Seite steht, der findet auch unkonventionelle Wege, damit das Geld nicht gesperrt wird: Der Punk Fussel lässt sich in die Psychiatrie einweisen. Natürlich mischt er den Laden auf, wie einst der Held in "Einer flog übers Kuckucksnest". Aber "Happy Burnout" durchleuchtet die Institution nicht kritisch, der Film beschert uns nur dürftige Komik und bessert den Egozentriker zu einem verantwortungsvollen Vater. Das versöhnliche Ende geht auf Kosten psychisch Kranker.Happy Burnout.D 2017. Regie: André Erkau. Wotan Wilke Möhring, Anke Engelke, Julia
"Innen Leben": Der belgische Regisseur Philippe de Leeuw versucht, in
der filmischen Atmosphäre eines Kammerspiels das alltägliche Leben
und Sterben im syrischen Bürgerkrieg näherzubringen.
Wie soll ein Mieter den ihm überlassenen, verwilderten Garten wieder in Schuss bringen, wenn er gegen Mutter Natur eine Aversion hegt? Glücklich, wer da einen gärtnerisch äußerst beschlagenen alten Herrn zum Nachbarn hat. Simon Aboud hat in sein, stellenweise surreal verfremdetes, romantisches, aber auch patriarchalisches Märchen "Der wunderbare Garten der Bella Brown" das derzeit beliebte Motiv "alter Herr und junge Schöne" eingewebt. Der grantelnde Alfie Stephenson (Tom Wilkinson) ist jedoch Gentleman; er führt die Hilfsbedürftige, die ihr künstlerisches Talent bisher mit
Wenn eine Familie aus einem besonderen Anlass zusammenkommt, dann können Rivalität und Neid die Atmosphäre vergiften. In einem Nobelrestaurant treffen sich die ungleichen Brüder Lohman mit ihren Ehefrauen zur Lagebesprechung: Ihre Söhne haben eine Obdachlose angezündet. Oren Moverman richtet seinen Film "The Dinner" wie ein Menü an, gliedert ihn nach der Speisenfolge. Die exquisiten Gänge werden als Augenschmaus vom Maître d'hôtel zelebriert, wodurch der Kontrast zu dem ärmlichen Leben der längst abgehängten amerikanischen Unterschicht markant ins Auge sticht. Immer wieder
Der Tag, an dem Samantha Kingston ihre Unschuld loswerden will, endet mit ihrem Tod. Doch die Zwölftklässlerin landet nicht im Jenseits, sondern muss wie der Held aus "Und täglich grüßt das Murmeltier" eine Zeitschleife durcharbeiten, bis sie weiß, welche Werte von Bedeutung sind. Ry Russo-Youngs Adoleszenzfilm erzählt wie der zugrundeliegende Jugendroman aus der Ich-Perspektive. Das Lebensgefühl dieser gut betuchten Jugend kleidet er in durchaus passende Bilder. Zahlreiche Luftaufnahmen simulieren das grandiose Empfinden des Abhebens in dieser Zeit. Doch zusehends wird das Geschehen