Die Krimiwelle überspült den Bildschirm. Nun ist an sich gar nichts gegen Kriminalstücke zu sagen, auch nicht dagegen, daß sie in Serien dargeboten werden. Beispielsweise, war Monsieur Maigret ein gern gesehener Gast im Wohnzimmer; samstags zur gewohnten Zeit riß er ein Streichholz an seiner Mauer an und setzte, mit einem listig-freundlichen Blick, seine Pfeife in Brand. Krimis müssen wohl sein; sie würden manchem fehlen, ließe man sie plötzlich aus dem Programm verschwinden. Allerdings, weniger wäre hier mehr. Und außerdem und nebenbei bemerkt: das Leben hat ja nicht nur
Kürzlich lernte ich einen jungen Dramatiker kennen. Eigentlich war er noch kein richtiger Dramatiker, denn die Damen Melpomene und Thalia hatten ihn bisher nur sehr flüchtig geküßt Der junge Mann war vielmehr noch eingehend damit beschäftigt, die Form zu finden für ein Schauspiel, daß er zu schreiben und mit dem er die Theatengeschichte zu beeinflussen gedachte. Junge Dramatiker — und junge Künstler überhaupt — lehnen es bekanntlich ab, in künstlerische Fußstapfen zu treten, deshalb ist ihnen die Form so sehr wichtig, viel wichtiger als der Inhalt. Vom Inhalt her ist ja alles
allein, ohne Jagdgehilfen, durch einen Faszikel durchzupirschen. Welch ein Glücksgefühl, wenn man etwas entdeckt hatte, das einem für sein Vorhaben wesentlich und interessant erschien! Von wieviel Geheimnissen umwittert sind doch die Archivalien! Die Berührung mit ihnen bringt einem den Geist der Zeit, aus der sie stammen, so nahe wie nichts anderes. Es geht einem kalt über den Rücken, wenn man ganz vorsichtig und zaghaft über die plastisch erhabenen Schriftzüge einer schon längst vermoderten Hand streicht. Von deren hohen Kämmen glitzert es manchmal golden. Dies kommt daher, daß
„Nichts Besseres weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen, als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei, wenn hinten, weilt in der Türkei die Völker aufeinanderschlagen“, läßt Goethe den anderen Bürger beim Osterspaziergang sagen, und der dritte Bürger stimmt ihm zu mit den Worten: „Sie mögen sich die Köpfe spalten, mag alles durcheinandergehn; doch nur zu Hause bleib's beim alten.“ Seither hat sich die Welt völlig verändert, sie ist klein geworden, die „Türkei“ Hegt jetzt sozusagen vor unserer Haustür, jeder Brand, der irgendwo „weit hinten“ ausbricht, kann auch