Der Ankauf von 18.000 Fotos des freien Journalisten Gert Chesi durch das Völkerkundemuseum in Frankfurt am Main ist nicht erstaunlich: Er schrieb eine Reihe von Büchern über ethnologische Themen und viele seiner Reportagen haben die Qualität ernsthafter wissenschaftlicher Arbeiten. Sein jüngstes Buch heißt „Architektur und Mythos - Lehmbauten in Afrika” und ist einem seiner großen Interessen-Schwerpunkte, dem Bauen mit Lehm in Westafrika, gewidmet.Er hat ein waches Auge für Ästhetik, aber sein Herangenen ist alles andere als ästhetizistisch. Er behandelt das Thema aus
Was sich wie ein Problem unter vielen in die tagespolitische Diskussion einschlich, droht nun zum Prüfstein unseres politischen Systems zu werden. Denn die Auseinandersetzung über die Kernenergie könnte das Ende jener Ära ankündigen, in der Regierungen kamen und gingen, aber Entscheidungen von größter Tragweite in verschwiegenen Konferenzräumen von den „Technokraten“ getroffen wurden. Es geht nicht nur darum, ob Kernkraftwerke notwendig, sicher und vernünftig sind. Es geht nicht zuletzt auch darum, ob im emotional aufgeheizten Klima eines propagandistischen Showdowns sachliche Argumente überhaupt noch an den Mann (die Wählerin, den Wähler) gebracht werden können, ob es überhaupt noch (oder besser: heute schon) möglich ist, rationale Entscheidungen im vollen Licht der Öffentlichkeit zu treffen.
Österreich ist heute unangefochten. Lächerliche Ausnahmen bestätigen die Regel. Erwachtes und gefestigtes Nationalbewußtsein hat der leidigen' und nie ohne Hintergedanken vom Zaun gebrochenen Diskussion um den Nationsbegriff den Boden entzogen. Aber manchmal ist es gut, sich daran zu erinnern, wie jung dieses unser österreichisches Selbstbewußtsein doch ist. Der adäquate Ort solcher Selbstbesinnung ist die Österreich-Abteilung der österreichischen Na-tionalbibliothek.Die Veranstaltung, die hier vor wenigen Tagen stattfand, zeigt die neuen Schwerpunkte unseres Selbstverständnisses
Soviele Abenteuer pro Buchseite wie bei Colin Forbes hat es schon lange nicht mehr gegeben. Als Roman mag sein Buch „Target V“ zwar nicht ins Gewicht fallen, aber als Kuriosum zählt es. Reden wir nicht vom Stil. Reden wir von dem, was passiert. Wo soviel geschieht, ist für Stil einfach kein Platz.Amerikanische und sowjetische Forschungs- (sprich: Spionage-) Stützpunkte driften mit dem Eis, auf dem sie stehen, um den Nordpol. Ein Mann, der alles kann, macht sich auf amerikanischer Seite auf den Weg, um einem russischen Gelehrten, der zu den Amerikanern überlaufen will, entgegenzugehen
Brav eines nach dem anderen, treten die großen Horrorthemen der Weltöffentlichkeit in das Bewußtsein: Die weltweite Rezession, der Nahe Osten, der Terror, die ölpreisbedingten Krisen der Weltwährungsordnung. Über den Hunger in der Dritten Welt spricht man jetzt weniger — andere, eigene Sorgen stehen uns näher. Außerdem aber grassiert er heute in weniger spektakulären Formen als noch nach dem Zweiten Weltkrieg, als etwa in Indien eine einzige Hungersnot Hunderttausende Menschenleben auslöschte.
Einst: Amerikanische Bomben auf Vietnam. Und überall auf der Welt, in den Hauptstädten des Westens, Demonstrationen gagen d'ie amerikanisch Unmenschlichkeit, die wirkliche oder vermeintliche. Auch in Österreich sind die Vietaaimkriegs-gegner marschiert. Auch in Wien wurde die amerikanische Botschaft belagert, auch in Wien wurden die Spruchbänder mit den Protesten gegen Napalm durch die Straßen getragen, auch in Wien waren die Intellektuellen erschüttert und empört, als der Massenmord in My Lai bekannt, als die Täter von der amerikanischen Jusitliz reingewaschen wurden. Und wir, die
Unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit bahnte sich ein bemerkenswerter Rollenwechsel an. Während die ÖVP, der seit 1945 nicht zu Unrecht immer wieder Theoriefeindlichkeit nachgesagt wurde, dieses Handikap aufzuholen beginnt, macht sich nun in der SPÖ die antiintellektuelle Selbstgerechtigkeit von Parteimanagern breit. Zum Katalysator dieser Entwicklung wurde das 1972 verabschiedete Gesetz zur Förderung staatsbürgerlicher Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien.
Die Frage, ob die menschliche Intelligenz vorwiegend vererbt oder milieu- beziehungsweise erziehungsbedingt sei, scheidet neuerdings Psychologen und Pädagogen in zwei tödlich verfeindete Läger. Die Milieutheorie, die viele Jahre nahezu unangefochten das Feld behauptet hat, verliert in letzter Zeit unter dem Zwang der Fakten rapid an Boden. Wie so oft, wenn die empirische Evidenz auf die Barrieren weltanschaulicher Vorurteile stößt, werden Lehrmeinungen mit der Intensität von Glaubensüberzeugungen vorgetragen, nimmt der Streit zeitweise geradezu Züge einer Hexenjagd an.
Spittelbeng: Das Wiener Stadtviertel zwischen Burg- und Siebenstem- gasse, stadtseitig begrenzt von der Breite-, aut der anderen Seite von der Sigmundsgasse. Sanierungsgebiet Revitalisierungsgebiet. Was sonst noch? Vor allem: Jener WienerStadtteil, in dem diametral entge- gengesetze Revitalisierungskonzepte am härtesten aufeinanderprallen. Wo sich die Vorstellungen polarisieren, personalisieren. Auch in dieser Hinsicht ein Modellfall.Für das Bundesdenkmalamt ist der Spittelberg ein Viertel mit einer verhältnismäßig kleinen Anzahl absolut, auf Grund ihres Ranges, schutzwürdiger Objekte.
Seltsames, Unklares, Undurchdringliches begab sich an Österreichs Grenze. Diesseits der österreichischen Grenze, dort, wo Österreich vor einem Menschenalter noch nicht österreichisch war, dort, wo Österreich allmählich immer ungarischer wird. Wer weiß, ob man jemals genau wissen wird, was sich da eigentlich begeben hat. Es geht um die nicht ganz freiwillige Rückkehr eines ungarischen Touristen in sein Land. Es geht um den Grad der Un-freiwilligkeit. Und um die damit zusammenhängenden staatspolitischen Konsequenzen. Vor allem um diese.Der Nebel um die mehr oder weniger unfreiwillige
Der Justizirrtum ist meist ein multikausales Ereigniis. Zu den Faktoren, die häufig zum Zustandekommen eines Fehlurteiles zuungunsten des Angeklagten beitragen, zählen Schlampereien bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit, eine mangelhafte, weil voreingenommene und einspurige Voruntersuchung, zählen Zeugen, die ihre Unsicherheit, beispielsweise beim Wiedererkennen einer Person, überspielen, Sachverständige, die sich mitunter wie Erfüllungsgehilfen der Staatsanwaltschaft verhalten, und Geschworene, die nicht ihren Verstand, sondern Gefühle sprechen lassen: „Er wird es schon gewesen
Uneigennützige Motive stehen unter den Gründen, Entwicklungshilfe zu leisten, an allerletzter Stelle. Das gilt bei den Großmächten noch mehr als bei mittelrangigen oder kleinen Staaten. Vor allem in Afrika kämpfen die Großmächte heute mittels Entwicklungshilfe um Positionen, wobei ideologische Affinitäten seit längerem hinter kühlen machtpolitischen Erwägungen zurückstehen. So wird etwa der ehemals belgische Kongo, das heutige Zaire mit der Hauptstadt Kinshasa, von Sowjets wie Chinesen wesentlich großzügiger bedacht als der freilich viel kleinere ehemals französische Kongo mit der Hauptstadt Brazzaville, der den Vormächten des Weltkommunismus ideologisch nähersteht als Zaire.
Wo immer Menschen schreiben oder komponieren, geraten sie bald in den Sog der elektronischen Medien Hörfunk und Fernsehen, dieser beiden Großverbraucher der zu Markte getragenen schöpferischen Leistung, und es gibt wenige Themen, die Schriftsteller und Komponisten unmittelbarer angehen als ihr Verhältnis zu den marktbeherrschenden Mediengiganten. Viele Schriftsteller und Komponisten haben zu diesen ihren Großkunden ein Verhältnis, das sich nur mit dem Wort Haßliebe bezeichnen läßt.Das erwies auch, wieder einmal, die von der österreichischen Künstler-Union in Wien veranstaltete
Bs gab In den letzten zehn, ja man kann sagen zwanzig Jahren, in allen Bereichen des Kunsthandels keine einzige Epoche, deren Objekte so spektakulär in Wertschätzung und Wert gestiegen wären wie die des Jugendstils, und hier in allererster Linie das Glas. Was noch vor zehn Jahren durchaus in Reichweite eines Normalverdieners lag, etwa der Aufbau einer kleinen, aber nur aus hervorragenden Stücken zusammengesetzten Sammlung von Loetz-Glä-sern, ist heute nur noch einer sehr schmalen Schichte von Sammlern möglich, genau gesagt, einer Schichte, die so schmal ist (man spricht von einem knappen
Bold nach dem Beginn dessen, was als „Pickerl-Sturm“ dem auf Welt-Stories dieses Genres stets versessenen Boulevard so recht gelegen kam, war alles, wie es immer ist: Alle waren gleich, aber einige waren noch gleicher, ob einer gleicher war als die anderen oder nur gleich, hing allerdings diesmal von zusätzlichen Faktoren ab. Darunter nicht zuletzt geographischen und zeitlichen.Zehn Prozent, so schätzte eine Zeitung, fahren mit einem „S“, fünf Prozent nach den Angaben einer anderen Zeitung, was darauf schließen läßt, daß die Informanten der Journalisten am Montag noch nicht klar
Monate nach dem Erscheinen der vom österreichischen Institut für Raumplanung veröffentlichten Untersuchung über „Zweitwohnungen für Freizeit und Erholung“ ist eine heftige Diskussion im Gange, die allerdings erst zögernd in einen Konsensus, betreffend das Problem der Zweitwohnungen in Österreich, einzumünden scheint. Immerhin wurden in den vergangenen Monaten erhebliche Fortschritte auf einem Teilgebiet erzielt. Der bedenkenlose Ausverkauf westösterreiehi-scher Grundstücke an ausländische Interessengruppen, welche die Errichtung von Zweitwohnungsprojek-ten, meist für
Wird Papadopoulos halten, was er anläßlich seiner Vereidigung als Staatspräsident versprochen hat? Seihst wenn er alles hält, dürfte sich an den Machtverhältnissen wenig ändern, wird das künftige Parlament im Schatten präsidentieller Machtfülle ein bescheidenes Dasein fristen. Das Wenige: die Reaktivierung der Verfassungsartikel über Menschenrechte, Meinungs- und Pressefreiheit. Abzuwarten bleibt, wie sie gehandhabt werden.
Als der Erste Weltkrieg begann, war bereits mehr verloren als nur eine Schlacht. Denn die Russen kannten alle Details der österreichischen Aufmarschpläne. Der Mann, der sie ihnen verraten hatte, hieß Alfred Redl. Vor 60 Jahren legte Oberst Urbanski von Ostromiesz dem Mann, der noch die Rangabzeichen eines Obersten trug, aber nur noch als „Herr Redl“ angesprochen wurde, seinen Revolver auf den Tiscli. Wenige Stunden zuvor war Redl als Spion entlarvt worden — Redl, Generalstabschef des 8. Armeekorps in Prag und zugleich einer der führenden Männer der österreichischen Spionageabwehr, ein Mann, in dem viele bereits Österreichs künftigen Armeekommahdanten, ja Kriegsminister sahen.
Wer den Film „Meuterei auf der Bounty“ gesehen hat, mag beim Verlassen des Kinos darüber nachgedacht haben, wie die Geschichte weitergegangen sein könnte. Der Ausgangspunkt ist bekannt: 1790 setzt die Besatzung des britischen Schiffes „Bounty“, die von ihrem Kapitän in einem selbst für jene nicht zimperliche Zeit ungewöhnlichen Ausmaß geschunden wurde, diesen und ein paar Besatzungsmitglieder, die ihm die Treue hielten, 1h einem Rettungsboot aus — versehen mit Vorräten und Navigationsgerät.Der Kapitän und seine Begleiter konnten sich retten. Die ,3ounty“ mit den Meuterern
Mit einem „Wahlergebnis”, wie es sonst nur Diktatoren erzielen, die weniger die Herzen ihrer Völker als vielmehr den Wahlapparat beherr-sdien, haben sich in einer großen Meinungsbefragung 99,92 Prozent von 60.000 befragten Besuchern der letzten Ober ammergauer Passions-spiele mit deren gegenwärtiger Form einverstanden erklärt und damit, so Bürgermeister Emst Zwink von Oberammergau, ein ebenso klares Nein zu jeder „modischen Anpassung” der Spiele ausgesprochen. Über Sample und sonstige Modalitäten der Umfrage wurde freilich zu wenig bekannt, um ihre Stichhaltigkeit beurteilen zu
Es ist nicht besonders lange her, daß Deute, die auf die Gefahren der Gewässerverschmutzung hinwiesen, ausgelacht oder übergangen wurden. Heute hat man erkannt, welche Gefahr der Volksgesundheit dadurch droht. Die meisten Staaten mit hochentwickelter Industrie haben Gegenmaßnahmen ergriffen. In den USA wurde die Gewässerverschmutzung sogar eines Tages zum nationalen Problem Nummer eins erklärt.Daß Jauche in diesen oder jenen Hausbrunnen geraten kann, ist eine alte Geschichte. Heute geschieht, in gewaltige Dimensionen übertragen, das gleiche: Die Abwässer der Städte und der Industrien
FLIESSBAND DES TODES. Kisten mit gackernden Hühnern werden abgeladen, und mit Kisten voll marktfertig ausgenommenem, gerupftem, nach Gewicht sortiertem Geflügel verlassen die Lastwagen den Hof. Erregtes Gackern auf der einen, nur noch totes Maschinengeklapper auf der anderen Seite des Hofes. Das elektrische Betäuben geschieht ebenso automatisch wie das Rupfen und Abwiegen und Sortieren der fertigen Ware. Nur getötet und ausgenommen wird mit der Hand. Die Wegstrecke, welche das Federvieh, kopfabwärts in den Halterungen des Fließbandes hängend, kurze, empörte Angstschreie ausstoßend,