Die Emotionen, die sie auslöste, der Eiertanz deutscher Politiker, beweisen die ungebrochene Virulenz des Themas. Wie sich ihre Gegner in die Details der Uniformen, in die Beweiskraft von Bildern verbeißen, das zeigt doch: die ganze Richtung paßt ihnen nicht. Hätte die Gesellschaft, in der wir leben, diese weit zurückliegenden Ereignisse verarbeitet, dann würden die alten Wehrmachtveteranen auf diese Ausstellung nämlich mit der gelassenen Feststellung reagieren, zwar stimme da und dort ein Kragenspiegel nicht, und ein Teil der Fotos sei dubios, aber daß die Deutsche Wehrmacht nicht
Nicht nur in der Literatur, auch in der Literaturgeschichte wimmelt's von Legenden und Mythen. Und kaum eine literarische Institution war so von Legenden und Mythen umwoben wie die Gruppe 47. Sie hatte zwar keine Mitglieder, doch die berühmtesten deutschsprachigen Autoren der Nachkriegszeit gehörten ihr an. Sie wurde zur geistigen Heimat der Dichter, die am Aufbau eines demokratischen Deutschland mitwirken wollten, wurde aber von Hans Werner Bichter zwar klug, doch geradezu feudal geführt. Die deutschen Literaturpäpste reisten jedes Jahr geschlossen an, doch Adorno wurde nie eingeladen.
Zwei Zirkusse, zwei Enden eines Spektrums. Der Cirque de Soleil am Wiener Messegelände bietet Artistik in höchster Vollendung, kommt aber ohne Tiere und ohne Manege aus: Zirkus mit einem hochästhetisch durchgestylten Programm. Im Zirkus Althoff-Jacobi beim Donaupark hingegen (Foto unten rechts) finden wir den guten, alten Traditionszirkus mit Tieren (aber ohne Raubtiernummer). Und mit Artistik, die zum Teil neu ist und es zum anderen Teil nicht notwendig hat, neu zu sein, um noch immer atemberaubend zu sein. Hier spritzen noch die Sägespäne. Das Alt-hoff-Zelt ist aber nicht voll. Der
Die Textcollage „Stecken, Stab und Stangl” von Elfriede Jeli-nek verbindet das Schicksal der vier ermordeten Roma von Oberwart mit dem der ermordeten Juden. Sie löst Trauer über die Opfer aus und Zorn oder, je nach Temperament, Verzweiflung angesichts jenes Teiles Österreichs, dem es so lange zu früh war, sich der Nazischuld zu stellen, bis er sagen konnte, einmal müsse Schluß sein. Dieses „Einmal muß Schluß sein” zieht sich leitmotivisch durch einen Text, dessen Wirkung zum größeren Teil der Regie von George Tabori zu verdanken ist. Denn er leidet nicht am Prinzip des auf
Die Toskana-Italiener erfahren durch die „Toskana-Deutschen” den Wert ihres alten Gemäuers. In österreichischen Dörfern werden Ornamente, die man noch vor zehn Jahren einfach abgeschlagen hätte, aufwendig restauriert. Ausländer verhelfen dem traditionellen marokkanischen Handwerk zu neuer Geltung. Auch weit jenseits unseres Gesichtskreises, im Pazifik, wird Insulanern, die ihre traditionelle Architektur nicht so ohne weiteres aufgeben wollen, immer mehr Bestätigung zuteil - durch Franzosen, Engländer und Amerikaner, die sich an die lokalen Bauweisen halten oder zumindest von ihnen
Klaus Demus läßt fast nichts von dem, was heute Geltung beansprucht, gelten. Wenige Sätze, und der Besucher ist in die Position eines Verteidigers hineingeglitten, wobei es gar nicht so wichtig ist, wen oder was er verteidigt - vor dem Urteil Klaus Demus' hat von der Literatur ebenso wie von der bildenden Kunst der Gegenwart so gut wie nichts, und des übrigen zwanzigsten Jahrhunderts nur sehr wenig Bestand. Wer auch einmal fünfe grad sein läßt, hat bei ihm verloren. Die Dichtung hat sich mit - oder bald nach - Hölderlin aus der Welt zurückgezogen. Zugleich sieht sich der Besucher aber
Auf den ersten Blick mag mancher das Buch „Metropolis" von Albert Lorenz für ein Kinderbuch halten. Aber das ist es nicht. Genausowenig wie die Bücher von David Mc-Cauley („Sie bauten eine Stadt"), in dessen Tradition er steht. Lorenz ist einerseits ein amerikanischer Architekturzeichner und Illustrator, letzteres unter anderem für „National Geographie", andererseits Professor für Medien und Kommunikation. Und ohne weiteres hätte der Kommunikationsfachmann dem Illustrator sagen können: „Paß auf, Geschichte ist immer wieder ein hochinteressantes Thema, aber sie
Michael Crichton weiß, wie man Buchleser so fesselt wie . T JL ein Kinopublikum. Immerhin schrieb er den Boman, nach dem „Jurassic Park“, einer der erfolgreichsten Filme aller Zeiten, gedreht wurde. Nach seinem neuesten Boman, „Airframe“, wird zwar kaum ein Su-perseller gedreht werden, aber wem es nicht auf Literatur ankommt, sondern auf Spannung, und wer sich vielleicht obendrein für die Zusammenhänge zwischen Deregulierung und Flugsicherheit interessiert, der ist mit „Airframe“ (das Wort bezeichnet die Zelle, das Flugzeug ohne die Motoren) nicht schlecht bedient. DasThema
Einst genügte die Biblia Paupe-rum oder mußte genügen: Wandbilder mit biblischen Szenen ersetzten das dem Christenmenschen untersagte eigene Bibelstudium. Heute fürchtet niemand mehr, Beschäftigung mit den Quellen könnte die Frömmigkeit gefährden. Vielmehr unterstützen Geschichtswissenschaft und Archäologie den am Alten und Neuen Testament Interessierten. Ein herrliches Buch in diesem Sinne, gerade zu Weihnachten jedem ans Herz zu legen: „Herders großer Bibelatlas”. Eine gewaltige Zusammenschau des, wenn man es so sagen darf, nichtbiblischen Wissens zur Bibel.Dies aber ganz ohne
Sacro bosco”, heiliger Wald, aber auch „Park der Monster” wurde der Schloßgarten von Bomarzo genannt, den Vicino Orsini, Fürst von Bomarzo, im 16. Jahrhundert in 20 Jahren schuf. Extravaganz war etwas, worum sich die Schöpfer der Gärten italienischer Fürsten generell bemühten, doch die Extravaganz des Gartens von Bomarzo überforderte Zeitgenossen wie Nachgeborene: Es gibt bis heute keine überzeugende, nachvollziehbare Deutung dieser Ansammlung riesenhafter exotischer Tiere, aus der Erde auftauchender Fischmäuler, körperloser Köpfe, kunstvoll baufälliger Architekturen, und so
Eine Portion der Dummheit, welche Jaroslav Haseks am Heldentum desinteressierte Romanfigur Schwejk den Vorgesetzten vorspielt, hat der Schwejk der Theaterfassung von Max Brod und Hans Beimann tatsächlich. Deren Kolportagegeschichte nach dem Geschmack der zwanziger Jahre macht aus dem listigen Kommiß-Saboteur und Heldentod-Verweigerer ein anhängliches Hunderl seines Herrn, einen „Pfeifendeckel" (sprich: Offiziersburschen), wie ihn sich ein junger Leut-nant nur wünschen kann, eine mit Kritik an der Korruption der Heereslieferanten mildgewürzte k.u.k. Soldatengeschichte.Heinz Petters
Bauwerke für die Ewigkeit gibt es sowieso nicht, aber die mittelalterlichen Dome sind nicht nur keine Bauwerke für die Ewigkeit, sondern, so seltsam das angesichts ihrer steinernen Massigkeit klingen mag, nicht einmal ganz pflegeleichte Bauten. Der oberste Teil des Hochturmes der Wiener Stephanskirche konnte nur mittels einer eingebauten geschmiedten Eisenstange in der gewünschten Schlankheit errichtet werden. Im 19. Jahr hundert, lang vor dem Zeitalter der Autoabgase, mußte ein erheblicher Teil des Turmes abgetragen und neu errichtet werden.Aber die wohl heikelsten Teile der gotischen
Sollten Sie, hochverehrter und geneigter Leser, demnächst England bereisen und die Grafschaft Dorset im Programm haben - vergessen Sie bitte nicht, einen Abstecher nach Dorchester einzuplanen. Fünf Meilen nördlich der Stadt erhebt sich Athelhampton House, das sich hervorragend dazu eignet, im Umgang mit Geistern unerfahrene Touristen ins Metier einzuführen. Im 16. Jahrhundert schlich eine junge Dame aus dem Geschlecht derer von Martyn in ein geheimes Gelaß über der großen Halle, wo sie sich wegen Liebeskummers entleibte.Was ihr in ihrem Gram entging: Ihr Affe war ihr nachgeschlichen und
Wer die großen Worte auf das Kleine verschwendet, dem fehlen sie dann angesichts des wirklich Bedeutenden, weil sie verbraucht und zu Kleingeld geworden sind. Das gilt für die Kunst, dastilt auch für Bücher. Begegnet man ann einer Kunst, wie sie die Fotografin Margaret Courtney-Clarke bei den Frauen des Ndebele-Stammes in Südafrika entdeckt hat, und dem Buch, in dem sie diese Entdeckung dokumentiert, dann darf man sie auspacken, die großen Wortei darf ruhigen Gewissens vom Außerordentlichen sprechen, vom Großartigen, von der singularen Entdeckung.Und kann sie sich doch auch wieder
Franz Olah polarisiert noch immer das Land. Und zwar quer zu den derzeit auffälligsten Gräben zwischen ganz rechts und dem auch nicht gerade linken Rest. Wer's nicht glaubt, brauchte nur die Präsentation seiner Erinnerungen (erschienen im Amalthea Verlag) im Österreichischen Presseklub zu besuchen. Wie da ein ehemaliger Fernsehmann und späterer sozialdemokratischer Bürgermeister und ein ehemaliger sozialdemokratischer Gewerkschaftsmann und späterer Cheflektor und ein ebenfalls sozialdemokratischer ehemaliger Chefredakteur einer wichtigen Zeitschrift aneinandergerieten, das hätte sich
Der US-Ökonom Robert Heilbroner sieht das Pendel, das nach dem Fall des kommunistischen Ostblocks fast auf der ganzen Welt für die freie Marktwirtschaft ausschlug, bereits zurückschwingen.