Was von öffentlicher Seite nicht geschafft wurde, leistete ein privater Verein: die Gründung eines Therapiezentrums für zerebral bewegungsgestörte Kinder, in dem eine zusammenfassende und kontinuierliche Behandlung möglich ist.
Nun gibt es auch in Wien ein Frauenhaus, ein Haus für geschlagene und mißhandelte Frauen. In der Bundesrepublik Deutschland und vor allem in England existiert ähnliches schon seit einigen Jahren.Bei uns wurde es von verschiedenen Seiten angeregt. Die AUF (Aktion unabhängiger Frauen) unterbreitete ebenso Vorschläge wie die Sozialwissenschaftlerinnen Cheryl Benard und Edit Schlaffer, die erst jüngst durch ihr Buch „Die ganz gewöhnliche Gewalt in der Ehe“ Aufsehen erregten. Eingerichtet und finanziert hingegen wurde es schließlich von der Gemeinde Wien, die organisatorischen
Man spricht von den Rechten der geschiedenen Frau, von den Rechten des geschiedenen Mannes. Von den Kindern geschiedener Eltern ist meist am wenigsten die Rede. Und doch sind gerade sie der wirklich leidtragende Teil, weil sie sich noch in der Entwicklung befinden, weil sie dem bedrohlichen Ereignis der Trennung ihrer Eltern nichts entgegenzusetzen haben, weil die Schäden, die dabei hervorgerufen werden, oft ihr ganzes Leben bestimmen und manchmal irreparabel sind. Trotzdem hat die Zahl der Ehescheidungen in Österreich in den letzten fünf bis zehn Jahren rapid zugenommen. Waren es 1966 noch rund 8600 Scheidungen, wurden 1977 bereits über 11.600 gezählt. 1976 wurden mehr als 12.500 Kinder Scheidungswaisen, allein in Wien etwa 3200. Ihr Schicksal ist auf jeden Fall schwierig und problematisch. Die intakte Familie ist eben unersetzlich.
Auf der steirischen Ärztetagung im Oktober rückte erstmals die psychosomatische Medizin in den Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit Prof. Erwin Ringel und der Leiter einer Kinderabteilung für Psychosomatik am Wilhelminenspital in Wien, Primarius Hans Zipiprich sprachen über ein Thema, das, wenngleich immer noch verdrängt und beiseite geschoben, wahrscheinlich bald ein zentrales Anliegen der gesamten Medizin werden wird. Die rasche Technisierung und Industrialisierung unserer Umwelt hat ein soziales Klima geschaffen, dem sich der Einzelne immer weniger gewachsen fühlt. Er wird in
In Poysdorf, einer Gemeinde mit über 6000 Einwohnern im östlichen Weinviertel, wurde im Jänner vergangenen Jahres ein „Sozialhilfeverein” gegründet, der für die Altenbetreuung zuständig ist. Er beschäftigt gegenwärtig zwei „Altenschwestem”, die in einem täglich acht- bis zehnstündigen Dienst insgesamt elf Personen betreuen. Sie haben die einjährige „Fachschule für Altenhilfe” der Caritas in Wien besucht, also eine spezielle, die Bedürfnisse der Alten berücksichtigende Ausbildung genossen.
Den Sozialarbeiter gibt es noch nicht lange. Bis vor kurzem hieß er Fürsorger. Allerdings handelte es sich dabei meist um eine Fürsorgerin, weil dieser Beruf zum größten Teil dem weiblichen Geschlecht vorbehalten blieb. Erst mit dem Sozialarbeiter wurde er auch für Männer attraktiv.
Die von der ÖVP veranstaltete Enquete zum Thema „Kinder in der Großstadt” war ein wichtiger, wenngleich nicht voll ausgeschöpfter Beitrag zu einem bislang eher vernachlässigten Problem. Daß unser „Jahrhundert des Kindes” den kindlichen Lebens- und Entfaltungsraum arg beschneidet, hat sich inzwischen herumgesprochen. Er wird beim Wohnungsbau ebensowenig berücksichtigt wie bei der Schaffung von Freizeiträumen und der Anlage von Spielplätzen.Auf diese Probleme hinzuweisen, das Recht des Kindes zu betonen, bemühten sich unter anderem der bekannte Kinderarzt Prof. Theodor
„Die Ganztagsschule ist kein Familienersatz.“ Darin sind sich Befürworter und Gegner einig. Das aber ist der einzige Punkt. Denn seit den Diskussionen um die Einführung der Fünftagewoche für die Schulen ist auch das Projekt Ganztagsschule erneut in das allgemeine Schußfeld geraten. Befürworter und Gegner wärmen alte Argumente auf und suchen nach neuen. Während die einen darüber klagen, daß in Wien noch nicht einmal das Plansoll von einer Ganztagsschule pro Bezirk erfüllt sei, sehen sich die anderen bereits einem uniformierten Schulbetrieb von lauter Ganztagsschulen gegenüber -
Dr. Helga Nowotny leitet das Europäische Institut für Sozialarbeit. Sie ist ein Beispiel dafür, wie sehr sich das Bild der Frau in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat. Es sind nicht mehr die „drei K”, die einzig und allein ihre Existenz bestimmen. Man verzeiht heute einer Frau ihre Klugheit nicht mehr nur dann, wenn sie häßlich ist. Auch die Auffassung, eine Frau müsse verheiratet sein und Kinder haben, um gesellschaftlich voll anerkannt zu werden, wird langsam als überholt betrachtet.Wieviel hier trotzdem noch an Vorurteilen zu überwinden ist, beweist ein Ausspruch Dr. Nowotnys:
Die tragikomische Figur des Joachim Ringelnatz, der eigentlich Hans Bötticher hieß und als Hausdichter der Künstlerkneipe „Simpli-zissimus“ in München berühmt geworden war, fand bereits zu Lebzeiten zahlreiche, häufig einander widersprechende Interpreten. Sein dichterisches Werk jedoch wurde erst nach seinem Tode unter die Lupe genommen. Mit einem über 400 Seiten starken Buch mit umfangreichem bibliographischen Anhang setzt Walter Pape einen vorläufigen, allerdings etwas zu dick geratenen Schlußstrich unter die germanistischen Ringelnatz-Betrachtungen.Der
Diese Tage waren wie Mohnblumen. Nicht wie die runden, weichen, aber wie die wilden, gefiederten. Diese Tage... ! Er stand auf der Straße, und der Teer brannte und der Geruch von feuchtem Staub. Und er sah, daß das Gestirn sehr lebendig war, und er wuchs aus der Stadt durch den Morgennebel in das Geviert des Himmels. Aber eigentlich stand er gar nicht hier, zwischen dem geknickten Häuserwald — und wie sonderbar die Plakatwände aussahen, wenn das Papier heruntergerissen war — eigentlich saß er in seinem Zimmer, und die Linie des Horizontes zerschnitt die Fensterscheiben. Oder er
Jetzt hat also auch Wien seine Nobelgalerie: in einem vornehmen Patrizierhaus auf der Seilerstätte schreitet der Besucher über veloursbespannte Treppen, um in gediegen eingerichteten Räumen mit den Größen des internationalen Kunstgeschehens und entsprechenden Preisen konfrontiert zu werden. „Artfremd“, urteilt der Wiener mißtrauisch, und denkt dabei an die rund 125 Galerien, die sich mehr schlecht als recht von den einheimischen Talenten nähren. Und unrecht hat er damit nicht.
Die deutsche Bundesrepublik, der Wirtschaftswunder- und Wohlfahrtsstaat, hat seine Kehr- und Schattenseiten.’ Und das nicht erst seit der neuen Wirtschaftskrise. Wie der engagierte deutsche Schriftsteller Jürgen Roth in ęiriėr Dokumentation nachweist, leben mehr als 5 Millionen der iris ešramt 20,5 Millior nen Haushalte in Deutschland unter dem Exįštcnzmįnimūniį und zwar mit einem Durchschnittseinkommen von 500 Marie pro Monat!, ‘ • .
Fast wäre man versucht zu sagen: Zürich ist eine Stadt der Bildenden Künste nicht etwa deshalb, weil es hier so viele Künstler, sondern vielmehr darum, weil es hier šp viėle Banken gibt.
Daß im Touristen ein Kitschmensch stedct, wird zwar öfters behauptet, doch seltener bewiesen. Denn erstens hat es niemand gerne, wenn ihm solches nachgesagt wird (und sdiließlich — Touristen sind wir alle) und zweitens ist Urlaub machen etwas grundsätzlich Angenehmes — oder sollte es zumindest sein. Und über angenehme Dinge (oder solche, die es auf jeden Fall sein sollen) wird kein Mensch etwas Sdilechtes sagen wollen, es sei denn, er mache sidi lunstürzlerischer Ansichten schuldig, stelle liebe alte Denkgewohnheiten auf den Kopf und werde insgesamt als (verdächtiger, weil
Angelika nimmt aus einer Schachtel große, rote Buchstaben und ordnet sie zu römischen Zahlen. „Jetzt mache ich eine Sieben, jetzt eine Zweiundzwanzig — und das, guck mal, ist eine Dreißig“, belehrt sie ihren achtjährigen Nachbarn Klaus.Angelika ist zehn Jahre alt, leidet an Krampfanfällen und hat einen niedrigen Intelligenzquotienten. Oliver legt Papierquadrate nach verschiedener Größe auf ein Blatt Papier und zeichnet ihre Konturen ab. Dazu sagt er laut und deutlich: „Das ist ein Zweierquadrat, das ist ein Dreierquadrat, das ist ein Viererquadrat.“ Daneben schreibt er dann
Während Wien etwas ratlos an seiner Fußgängerzone herumbastelt, wobei sich Halbheiten partout nicht zur Ganzheit entwickeln wollen, hat sich Münchens Fußgängerbereich in den nun fast eineinhalb Jahren seines Bestehens zum vielbewunderten Vorbild derartiger Experimente hinaufgemausert. Ein völlig neues Stadtgefühl — so meinen die Münchner und „Zuagroaste“ mit gleichem Stolz — beginne sich hier zwischen Karlstor und Marienplatz zu entwickeln. Der in Großstädten bereits ziemlich selten gewordene Anblick von Kindern, Hunden und Tauben reaktiviere die zwischen Auspuffgasen und Großstadthetze abgeschafften Lebensgeister. Mit einem Wort: Münchens schmucker Bummel-Boulevard beginnt — neben dem Oktoberfest —; Münchens Aushängeschild zu werden.
Das Kindertheater, noch bis vor wenigen Jahren als unwichtiges Beiwerk des Erwachsenentheaters betrachtet, wurde in der Bundesrepublik plötzlich zum umstrittenen Diskussionsgegenstand. Progressive Theaterleute und Autoren begannen dem guten alten, seit mehr als 100 Jahren mit großer Ausdauer über die Bühne geschleusten Märchen den Kampf anzusagen. Die Zwerglein mit den Wattebärten, Feen, Zauberer, Hexen und was sich sonst noch alles so in Omas Märchengarten tummelt, soll reali-tätsbezogenen, gegenwartsnahen, Kritik und soziales Verhalten fördernden Darstellungen weichen. Denn das
1925, sieben Jahre nach ihrem Tode, erschienen zum erstenmal die gesammelten Werke der Gräfin Reventlow im Albert-Langen-Verlag. Zu ihrem 100. Geburtstag hat Albert Längen-Georg Müller eine Neuauflage ihrer Tagebücher herausgebracht, die mit den Jahren 1895 bis 1910 über ihren wichtigsten Lebensabschnitt berichten: die Schwabinger Zeit der Franziska Gräfin zu Reventlow.
Eben rechtzeitig, um den olympischen Gästen nicht nur U- und S-Bahnen, Fußgängerzonen und Sportstätten, sondern auch gediegenen Kunstgenuß und ehrwürdige Tradition zu bieten, wurde am Münchner Königsplatz die Glyptothek wiedereröffnet. Ein langwieriger und umstrittener Prozeß, der seit Anfang der sechziger Jahre zu heftigen Diskussionen Anlaß gab, hat damit ein Ende gefunden. Immerhin präsentiert sich jetzt, 27 Jahre nach der Zerstörung durch die Bomben des zweiten Weltkrieges, Deutschlands einziges Museum für antike Bildhauerkunst in einer Gestalt, die als durchaus geglückt
Die Räume des Hotels waren hoch und weiß mit vielen Spiegeln an den Wänden und hellblau und rosa überzogenen Stühlen. Manche allerdings waren auch dunkel und trüb mit geschnitzten Fensterrahmen und blauen Rauchschwaden über goldenen und silbernen Samovaren, in denen sich das halblaute Stimmengewirr zu fangen schien, gleichsam vibrierend in der Hitze und im Dunst der aufgetragenen Speisen. Die dunkelhäutigen Diener bewegten sich lautlos und sanft zwischen den sirrenden Ventilatoren. Sie waren weiß gekleidet, und ihre langfingrigen Hände schrieben immerfort irgendwelche Zeichen in die
Es gibt auf der Welt etwa eine Viertelmillion Häftlinge, die aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen gefangengehalten werden. Sie haben keine Gewalt ausgeübt, noch haben sie diese befürwortet. Ihr Verbrechen besteht darin, sich zu einer politischen oder religiösen Überzeugung öffentlich zu bekennen. Dafür werden sie in Gefängnisse, Arbeitslager und Irrenanstalten gesteckt, deren Zustände häufig katastrophal sind, sie werden gefoltert, körperlich und geistig mißhandelt und der letzten menschlichen Würde beraubt. Und trotzdem gibt es bis heute keine internationale Behörde mit der erfoderlichen Vollmacht, Beschwerden über Verletzungen der Menschenrechte nachzuprüfen.
„Damals, am Reinhardseminar, da hatte ich wahnsinnige Schwierigkeiten mit den Rollen. Weil sie entweder in rhythmischer Prosa waren oder in Versen. Und da habe ich mir gedacht: Jetzt schreibst dir einmal selbst einen Text. Das waren die «Jagdszenen aus Niederbayern’.“
Ein Erfolgsautor ist seinem Ruf verpflichtet, auch wenn er sechs bis sieben Pseudonyme trägt und anonym in einer Hochhauswohnung lebt. Dr. Hermann Schreiber, 1920 in Wiener Neustadt geboren und seit 1960 in München wohnhaft, achtet auf konsequente Einhaltung eines genau geregelten Arbeitstages: Von 9 bis 12 Uhr wird zusammen mit der Sekretärin die Korrespondenz, Dispositionen und Ähnliches erledigt. Daran schließt sich das Mittagessen, meist verbunden mit irgendeiner Besprechung im Stammbeisel bei österreichisch-böhmischer Küche. Bis 16 Uhr Siesta, manchmal gefolgt von einer kurzen Kaffeepause — und anschließend bis 19.30 Uhr intensive Schreibarbeit von sechs bis sieben Seiten pro Tag. — Die Leistungsgesellschaft in der Poetenstube? Der Dichter am Gängelband eines Arbeitsstreß? „Ich habe mich nie übernommen“, verteidigt sich der Autor, „in meinem ganzen Leben habe ich keine Zeile nach 21 Uhr geschrieben.“
Die Kommune in der Praterstraße Nr. 32 hat einen besonderen Gast, „Hearst — wieso bist du denn plötzlich so berühmt worden?“ fragt Kom-munenführer Otto Mühl, während sich seine halb oder ganz entkleideten Mitgenossen (es ist immerhin bereits drei Uhr nachmittag) dezent in den Hintergrund verziehen. Der also Angesprochene zerdrückt seine unvermeidliche Zigarette im Aschenbecher und leert sein ebenso unvermeidliches Whiskyglas. „Das ist eine ganz seltsame Entwicklung, die gar nicht irgendwie gesteuert wurde“, gibt er zu verstehen und streicht Uber seinen Stoppelbart. „.Magic Afternoon' zum Beispiel, das habe ich zuerst an insgesamt 50 Theater verschickt, ohne auch nur eine einzige Antwort zu erhalten.“
Kunst heißt Reflexion. Und das Böse in der Kunst Reflexion des Bösen im Menschen. Es ist immer zugleich Provokation: gegen ein System, eine Gesellschaft, gegen Ansichten, philosophische Meinungen. Nicht nur aus diesem Grund, der eine Prüfung der etwaigen Berechtigung von Provokationen fordert, sondern auch anders gesehen, ist dem Bösen mit Definitionen schwer beizukommen. Weil es vielschichtig ist, weil Böses oft zugleich Gutes zur Folge hat und umgekehrt und es nur aus die-“ ser Wechselwirkung heraus verstanden werden kann. Unsere Gegenwartskunst wird zweifellos durch den Triumph des Bösen, Infernalischen, der Provokation mitbestimmt. Und weil Ethisches mit Ästhetischem eng verbunden ist, triumphiert auch das Häßliche, Abwegige, Abnorme. Aufzeigen, aufdecken; einer defekten Gesellschaft den eigenen Unrat vor die Nase halten, ist die Parole, die biederen Bürgern Schauer über den Rücken jagt. Und wenn dieses also „Böse“ vom breiten Publikum nicht mehr akzeptiert wird, geht es in den schwarzen Untergrund: Es arrangiert sich geschickt als Subkultur, bis es aufs neue vom Management hochgespielt, dem Publikum mund- und augengerecht serviert, als Sensation herausgestellt wird.
Es ist eine Welt von Schicksalen, die den Besucher empfängt. Unmittelbar, ohne sich besonders anzukündigen, springt sie vqn Hochglanzphotos, füllt den Raum mit knisternder Intensität: Der Mensch in seiner Differenziertheit, seinen tausendfachen Vef-wirklichungsmöglichkeiten, seiner unendlichen Bedeutsamkeit — genauer, gesagt: Die Frau erzählt hier die große Geschichte des Lebens.
In Bayerns feucht-fröhlicher Landeshauptstadt tut sich allerlei: Die tornigen jungen Männer und Mädchen brachten das Zornigsein In Mode. Springer, Hochschulreform und Nolslandsgesetxe laten ein übriges. Auf Schwabings Straften und Plätzen fummelt sich ewiger Karneval (ein Passant hn normalen Anzug wirkt hier wie ein sonderbares Relikt , die Maaisfen, Marxisten und Modernislen schwingen das Banner. Münchens Klein und Kleinstbühnen, die in Kellergeschoften, manchmal jedoch auch in Etagen darüber, ihr Publikum schockieren, haben sich diese Situation zunutze gemacht. Munter und aggressiv, makaber und überdreht rollt, stampft und tanzt es mehr oder weniger gut inszeniert über die Bretter: Mift Antigone im Minikleid, Hippies nach Georg Büchner und Salome Im Tuttf frutti parodistischer Verdrehungen feiern hier Premiere.
Eines Tages war er plötzlich da! Der Matrose Jens Olsen. Niemand wußte, was ihn hergebracht hatte. Er stand am Kai mit breitem Lächeln, olivenfarbenem Zigeunergesicht und einem benefits abgenützten Seesack über den Schultern. Lehnte an der Mole und betrachtete den Ort, dessen Häuser hügelan einen großen Teil des überschaubaren Geländes bedeckten. Dann gab er sich einen kleinen Ruck — gleichsam, als wolle er sich zu einem besonderen Unternehmen ermuntern — und schlug dem Weg zum Markitplaitz ein. Im Gasthaus „Zum roten Tiger“ ließ er sich ein Zimmer geben — und war von nun
Von den Bengalen heißt es, daß sie dem leidenschaftlichsten, jähzornigsten, aber auch begabtesten Volksstamm Indiens angehören. Hitzige Debatten steigern sich hier schnell zu Handgreiflichkeiten, und neben New Delhi wird am häufigsten Calcutta mit Straßenschlachten, Studentenkrawallen und Demonstrationen jeder Art in Zusammenhang gebracht. Aber ebenso haben hier die großen religiösen Bewegungen ihren Anfang genommen, Bengalen wird als Zentrum der schönen Künste bezeichnet und Bengalisch als die klangvollste und differenzierteste Sprache des Landes.Die moderne bengalische Literatur
München, Bayerns fröhliche Landeshauptstadt, hat neben weithin bekannten Attraktionen auch noch solche unbekannter Art zu bieten. Daß es an die 5000 Brunnen besitzt, die auf großen, staubigen Straßenplätzen ebenso wie in stillen Hinterhöfen und grünbewachsenen Privatgärten ihre Fontänen plätschern lassen, dürfte in keinem Reiseführer zu finden sein.Da sprühen 'Wasservorhänge über den Rand riesiger Schalen, Nymphen und Zentauren lassen sich an heißen Sommertagen kühlen, Faune, Putten und Medusenhäupter sorgen dafür, daß es recht reichlich in die Becken rieselt. Da schäumt
WENN BEI DER ERÖFFNUNG einer Ausstellung Knallbonbons zerplatzen, spricht man von einem Happening. Wenn bei einer Party Weingläser an der Wand zerschellen, heißt es: Happening. Und Veranstaltungen sonstiger Art, gekennzeichnet durch eine gewisse individuelle Eigenart, werden als Happening deklariert. Was aber ist ein Happening nun wirklich?Dem Happening mit einer Definition beizukommen gestaltet sich darum etwas schwierig, weil es davon zahllose Varianten gibt. „Happen“ heißt „geschehen“. „Happening“ bedeutet also so viel wie „Geschehnis“. Aktion und Bewegung spielen eine
Sie existiert seit genau 90 Jahren. Damals — also 1877 ~ nannte Frederik B. Perkins als erster die gesammelten Werke A. E. Poes „stories“. Eine neue Literaturgattung hatte ihren Namen gefunden; die amerikanische „Short story“ war geboren.Mit der deutschen Kurzgeschichte ist sie nicht einfachhin gleichzusetzen. Diese Bezeichnung, als Lehnübersetzung, wurde in Deutschland erst in den frühen zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts eingeführt.Doch schon im 19. Jahrhundert begannen sich in Deutschland, Rußland, Frankreich und Amerika zahlreiche Autoren in der kleinen Form zu versuchen.
Die „Wiener Schule des phantastischen Realismus“ ist eine seltsame Pflanze im Ganten der bindenden Künste. Üppig wuehermd, imdt Farben von suggestiver Schönheit greift eti nach dem TTauntfiaiften, Magischen, Irrationalen, um 4hm Wesen und Gestallt zu verleihen. Oder ist es die Wirklichkeit, jene, die sich täglich, stündlich steint, welche ins Phantastische (gesteigert und vertiremidet eine bestimmte Aussage erhält? — Beide Ansichten lassen -sich vertreteni sie faillen imetaander, um such in diesem Müheoden Geranke bild-gewordener Gedankenassoriationen zu finden Es wird oft
EINFACHE UND KLARE FORMGESTALTUNG, Zweckmäßigkeit gepaart mit Formschönheit und eine lautlose, von Wissenschaft und Forschung nahezu gesättigte Atmosphäre — das ist der äußere Eindruck, den der Besucher im „Institut für höhere Studien und wissenschaftliche Forschung“ (Ford-Institut) gewinnt.Dahinter jedoch verbirgt sich Wesentlicheres. Eine seltene und auf österreichischem Boden einmalige Kombination der drei Hauptfächer Ökonomie, Politikwissenschaften und Soziologie nebst beigeordneten For-maiwissenschaften (wissenschaftliche Methodik, Statistik, angewandte Mathematik);
MITGENOMMEN VERLIESSEN vor etlichen Wochen ungefähr 30 Soldaten des österreichischen Bundesheeres ihren Standort im Truppengelände von Kaisersteinbruch bei Bruck an der Leitha, wo sie im Rahmen eines „Überlebenskurses“ acht Tage lang mit einem Minimum an Nahrung und sonstiger Ausrüstung zu überdauern hatten. Als sie aus dem schattigen Wald ins Freie traten waren sie vorerst so geblendet, daß sie nur mit zugekniffenen Augen durch die Gegend stolpern konnten. So sehr hatten sie sich an das Dunkel gewöhnt. Zur Fata Morgans geworden war ihnen in einwöchiger Abstinenz ein gut gedeckter
Im Wiener Museum des 20. Jahrhunderts ist derzeit die Ausstellung „Kinetika“ zu sehen. 107 Exponate einer neuen Kunstrichtung, die Bewegung und Lichteffekte zu den herkömmlichen Materialien hinzunimmt, dokumentieren den Einzug der „Vierten Dimension“ in die Kunst. Der folgende Artikel bietet eine Einführung in die ungewohnte Welt der kinetischen Kunst; eine spezielle Besprechung der Ausstellung erfolgt von Claus Pack.Was unsere gegenwärtige Wirklichkeit so bestürzend macht, ist der rasche Wechsel von Ereignissen. Bewegung, so scheint es, ist ihr dominierender Faktor. Die technische
Die Bedeutung der Massenmedien ist ständig im Steigen begriffen. Presse, Rundfunk, Film und Fernsehen sorgen für die weitgehende Beeinflussung einer breiten Öffentlichkeit. Es ist unschwer zu erkennen, welche Verantwortung sich aus dieser Tatsache für die zuständigen Stellen und Institutionen ergibt. Eine entsprechende Kontrolle, Überwachung und Beherrschung der publizistischen Mittel wird daher zur absoluten Notwendigkeit.Das Institut für Zeitungswissenschaft an der Universität Wien, seiner Funktion nach für Einschlägiges aus diesem Fachgebiet zuständig, zog daraus die Konsequenzen
WIEN IST ALS STADT DER MUSIK in jedem Reiseführer zu finden. Daß es auch eine der bildenden Kunst ist, wird meist in Abrede gestellt. Allerdings läßt sich hier ein entsprechendes Aushängeschild vermissen. Schon Hermann Bahr meinte, daß es echt österreichisch sei, „daß das Große, wenn es einmal geschieht, unter uns nur inkognito geduldet wird“. Trotzdem sehr bemerkenswert in einer Zeit, in der Reklame und Publicity das Zepter führen.Während es also im Ausland von Pop und Op, von Action Paintdng und Ashoan School (Mülleimermalerei), von Abc-Kunst und „Primary Structures“ in
GEPRIESEN UND GELÄSTERT, besungen und bestaunt, in alter Zeit für den Wiener da und in neuer Zeit für den Touristen: die berühmte Heurigenseligkeit! Die kleinen Schenken und die Lauben, die Holztische und der ausgsteekte Latschenzweig, die so recht isüß-traurige Musi und ein bisserl Lachen und Weinen dazu! Der Wiener, wenn er sinniert und philosophiert, mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und einem „Is- eh-Wurscht“-Gesicht. Vor sich das Glas mit dem hellen, sauren, herben und jungen Heurigen, um den sich ja im eigentlichen alles dreht: die Philosophie, die Lieder, das Gedicht!Wenn also
DIE GEHEIMNISSE VON PARIS: Das war der Titel eines einst vielgelesenen und immer wieder neu aufgelegten, etliche Male verfilmten Schauerromans des Kolportageautors Eugene Sue: Mit angenehmem Gruseln las der Bürger von einem Paris, das er nicht kannte, von einem Paris der Diebe und Räuber, von einem Paris der Bettlerbanden, von einem Paris, das das helle Licht des Tages scheute. Und vom edelmütigen Grafen mit der eisernen Faust, der unter dem Gesindel ebenso wie unter den Edelschurken kräftig aufräumte.Der ZertungsverkäuferDieses Paris gibt es längst nicht mehr. Der Präfekt Haußmann,
Die Maske zählt zu den Elementargedanken der Menschheit. Sie ist Ausdruck einer ewigen Sehnsucht, dem Gesicht, dessen „Erhebung und Vertiefungen“, wie Goya sagte, Zärtlichkeit und Kummer verraten, eine bleibende Form zu verleihen. Und indem sie in Freude und Schmerz, Melancholie und Selbstvergessenheit erstarrt, vermag sie aus begrenzter Zeitlichkeit herauszuheben, um für eine andere Welt Zugang zu sein. Eine unwirkliche, magische Welt, in der Geister und Dämonen wirksam sind. Wenn der kultische Tänzer die Maske aufsetzt, gibt er sich selbst auf und erfüllt sich mit einem neuen
DIE WEISSGESTRICHENE, mit Türmchen und Erkern verzierte Villa an der Peripherie von Steyr besitzt ein wenig von der verzuckerten Romantik des vorigen Jahrhunderts. Sie will weder zu dem kühnen Stil der sich in Wurfweite über die Enns spannenden und eben erst eingeweihten Betonbrücke passen noch zu der breiten Asphaltstraße, welche an ihr vorbei den Pendelverkehr mit der Landeshauptstadt ermöglicht. Sehr deutlich scheint sie sich von diesen Ergebnissen einer schnellebigen Moderne zu distanzieren, im Schutz von Blutbuchen und Buchsbaumhecken.Dem vorbeibrausenden Autofahrer dürfte sie