Ein Jahr nach der Brotrevolte in Tunesien ist die Exekutive von Ministerpräsident und Innenminister M'Zali besonders nervös geworden. Reguläre Polizeikräfte und Sonderbrigaden kämmen die Straßen und Plätze durch, wo sich Jugendliche zusammenrotten. Es muß bei weitem kein politischideologischer Treffpunkt sein, der die Aufmerksamkeit der Exekutive auf sich zieht. Entschlossene, asketisch anmutende und behaarte Gesichter genügen, um den Argwohn der Ordnungsmacht herauszufordern.Uberall wittert die Polizei in diesen Tagen Aufrührer beziehungsweise Fundamentalisten, die mit Khomeini wohl
Nicht die Amerikaner, nicht Israel und nicht die Zioni-sten sind es, die die Einberufung des PLO-Exilparlaments (PNC) seit Jahresbeginn erfolgreich torpediert haben. Vielmehr war dabei der syrische Präsident Hafez AI Assad federführend.Assad strebt seit langem das alte Groß-Syrien, das Reich der As-sassinen an, den Libanon und den Irak eingeschlossen. Deshalb auch wurden 1983 die Anhänger von PLO-Chef Yasser Arafat im Bekaa-Tal und in den libanesisehen Flüchtlingslagern massakriert. Die eine Million unter Syriens Gebot stehenden Palästinenser werden Tag für Tag drangsaliert.Unter diesen
Fünfzehn Jahre nach seiner Machtergreifung in Libyen „verschmilzt" sich Oberst Ghaddafi ausgerechnet mit jener arabischen Mon-' archie, die er bislang stets geschmäht und mit allen möglichen Mitteln bekämpft hatte: mit Marokko. Der Staatsvertrag über die Vereinigung beider Länder wurde am 13. August im ostmarokkanischen Oujda von König Hassan II. und dem libyschen Machthaber unterzeichnet. Er umfaßt 16 Artikel, zumeist arabisch-rhetorischen Inhalts.Die „Arabisch-Afrikanische Union" anerkennt die marokkanische Souveränität innerhalb der gegenwärtigen Grenzen und geht somit über
Anläßlich einer „Friedenskonferenz" in der irakischen Hauptstadt Bagdad hat deren Leiter Saad Quassim Hamoudi direkte Gespräche zwischen den beiden seit nunmehr schon fast vier Jahren Krieg führenden Golfstaaten Irak und Iran nicht ausgeschlossen. Patroniert wirder dabei etwa auch von der Arabischen Liga, deren Generalsekretär Chedli Klibi die Europäer erst unlängst aufforderte, mitzuhelfen, den Iran an den Verhandlungstisch zu bringen.Wobei nicht auszuschließen ist, daß auch Teheran in absehbarer Zeit das Gespräch suchen wird. Denn zu sehr hat sich das Chomei-ni-Regime durch
Am 1. September kann Libyens Machthaber Oberst Ghadda-fi das 15. Jubiläum seiner Machtergreifung feiern — wenn er diesen Tag überhaupt erlebt. Denn nach dem Anschlag vom 8. Mai auf die Bab El Azizia-Kaserne, Ghaddafis Tripolitaner Hauptquartier, der mit der Tötung der Angreifer endete, ist die Lage im Land brisanter und unsicherer denn je.In Tripolis und Bengasi gab es seit Jahresbeginn geheimnisvolle Explosionen, Brände, Sabotageakte, Menschenj agden und öffentliche Hinrichtungen. Zentrum der Unrast waren vor allem die Universitäten und Hochschulen, deren Zöglinge offenbar
Im Verlaufe seines 28jährigen Bestandes zeigte sich das-Bourguibaregime stets bemüht, Sündenböcke für das eigene Versagen zu finden. Damit sollte der Staats- und Parteiführer persönlich aus den flagranten politischen Rückschlägen herausgehalten werden.Dieses Bemühen war erkennbar, als der links-extreme Wirtschaftsmanager Ahmed Ben Sa-lah 1970 prozessiert und gefeuert wurde, als der Gewerkschaftsboß Habib Achour mitsamt seines Stabes 1978 ins Kittchen wanderte und als Innenminister Driss Gui-ga nach der Brotrevolte vom Jänner 1984 durch die Hintertüre in die französische,
Die libanesische „Versöhnungskonferenz" im schweizerischen Lausanne durfte vergangene Woche erst beginnen, nachdem der als „Beobachter" registrierte frischgebackene syrische Vize-Premier Abdel Halim Khad-dam zur Stelle war. Er hatte sich aufgrund des heimatlichen Empfanges von Sowjet-Vizepremier und ZK-Mitglied Gedar Alijew verspätet.Der Kreml-Politiker war nach Damaskus gekommen, um den Sieg des syrischen Alliierten in und über den Libanon zu feiern, aber auch um Präsident Assad zu versichern, daß Moskau den Syrern weiterhin zur Seite stehen werde: ein Bündnis, das natürlich gegen
Wie tief der Riß ist, der sich innerhalb der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in der letzten Zeit auf getan hat, zeigt allein eines: Die Hälfte von zwölf Bürochefs der PLO wurde von Männern aus den einst eigenen Reihen niedergestreckt, unter ihnen auch Issam Sartawi. Er starb durch die Kugeln eines Mannes aus dem Lager jenes Ahmed Jer-bil, der Ende vergangenen Jahres PLO-Chef Arafat und seine Getreuen mit Waffengewalt aus dem Libanon vertrieb.Seit Februarbeginn tagt nun schon das Zentralkomitee der „Fatah", der größten Gruppierung innerhalb der PLO, mehr oder weniger in
Zum ersten Mal in der Landesgeschichte Tunesiens ist es soweit gekommen, daß Präsident Bourguibas Statue gestürzt, sein Auto mit Steinen beworfen und der mutmaßliche Nachfolger, Ministerpräsident Mohammed Mzali, zum Teufel gewünscht wurde. Auch die Verbrennung der Nationalf ahne ist in Tunesien neu; von der Zerstörungswut, Plünderung, ja sogar von fallweiser Vergewaltigung im Tuniser Nobelviertel El Menzah gar nicht zu reden.Ungewohnt düstere Bilder für Tunis: zwei'Schützenpan-zer vor der österreichischen Botschaft, ein Panzerwagen mit leichtem MG vor der Kathedrale, an allen
Budapest stand im Zeichen von Rot-Weiß-Rot. Und in vollkommenem Gegensatz zu anderen protokollarischen Routinen, betrachteten die Ungarn ihren Gast aus Österreich, den „kleinen runden Mann aus dem Burgenland“, herzlich, hoffnungsvoll und mit großem Respekt; gewissermaßen als einen ihnen sehr Nahestehenden, von dem eigentlich nur Gutes zu erwarten ist.Die ungarische Bevölkerung weiß, daß Österreich einen maßgeblichen Anteil an vielen Verbesserungen ihres Alltags hat und unsere Gemeinsamkeiten die Zukunftssorgen vielleicht etwas leichter ertragen lassen.Freilich sind die zwischen
Als der jetzige Präsident des Tschad Hissene Habrė seinen Kontrahenten Goukouni Qued- dey Anfang 1982 in die Flucht geschlagen und außerLandes gejagt hatte, trieb sich letzterer mit nicht mehr Habe in der Hand wie einem Koffer in Kongo-Brazzaville und Algier herum. Auch von hier wurde der Sohn des letzten Tubu- Häuptlings als unerwünschter Ausländer hinauskomplimentiert — um unter Oberst Gaddafis Fittichen zu landen.Bei einer Pressekonferenz anläßlich des ersten geplatzten Afrika-Gipfels in Tripolis wurde Goukouni dann von den Libyern als „unser Mann im Tschad“ präsentiert.
Der Richtungsstreit innerhalb der PLO ist nun auch auf Arafats Fatah, die größte der palästinensischen Guerillagruppen, übergesprungen. Die Drahtzieher der Meuterei werden in Damaskus und Tripolis vermutet.
Was man vor dem Libanon-Drama noch für unmöglich gehalten hatte, das ist König Hassan II. von Marokko gelungen: die Vereinigung von 19 Mitgliedern der einst 22 Regime einschließenden pan-arabischen Organisation am Konferenztisch; und zwar dies in einer sachlich-konstruktiven Atmosphäre wie nie zuvor während elf vorangegangenen Gipfeltreffen.Dementsprechend vielversprechend war auch das Ergebnis dieser Konferenz: die „Charta von Fes”, wie sich der bei diesem Gipfel beschlossene arabische Friedensplan nennt — eine Kombination des Bourgiba-, Fahd- und Reaganplanes für Nahost, ist
Grüne Fahnen des Propheten Mohammed und Oberst Gaddafis, verwirrende und widersprüchliche Schlagworte aus der gleichfarbigen Staatsbibel, italienische Kanaldeckel aus der Kolonialzeit Mussolinis und viele neugierige Menschen — überall. Aber auch mißtrauisch-verschlossen blickten sie auf das massivste Treiben in ihrem Land seit der Machtübernahme des Gaddafi-Regimes im Jahr 1969.Vertreter von 51 Mitgliedsstaaten der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) sollten sich ihier zu ihrem 19. Jahrestreffen zusammenfinden. Bloß 30 „Fortschrittliche" waren gekommen. Zehn Tage
Noch rotierten die islamischen Propaganda-Mühlen inmitten des heiligen Fastenmonates Ramadan gegen den jüdischen Staat und dessen US-Verbündeten wegen der Libanon-Operation, demonstrierten kommunistisch-gesteuerte Palästina-Freunde vor dem Sitz der Arabischen Liga in Tunis und dösten die Beamten zwischen Sonnenauf- und Untergang ohne Speis und Trank vor ihren Schreibtischen dahin.Die persische Bombe des „Marsches auf Bagdad” — über Basra — schreckte allesamt aus ihren Träumen auf und konfrontierte sie mit der Tatsache, daß nicht Israel arabisches Land zu stürmen und erobern
Zehntausende Gefallene, zwei Millionen Flüchtlinge, total zerstörte Städte, 50.000 irakische Kriegsgefangene in Iran, rund 15.000 Iraner in Kriegsgefangenenlagern im Irak — so sieht eine erste Bilanz des irakisch-iranischen Krieges aus. Doch das Blutvergießen könnte weitergehen: Vorige Woche kündigte der iranische Parlamentspräsident Rafsandja-ni den baldigen Einmarsch der Streitkräfte in den Irak an. Und Revolutionsführer Khomeini erklärte, „der Weg nach Libanon geht nur über eine irakische Niederlage”.Der vom irakischen Staatspräsidenten Saddam Hussein angekündigte
Im Schatten des immer heftiger hin und her wogenden Waffenganges zwischen Bagdad und Teheran vollziehen sich einige bemerkenswerte politische Entwicklungen. Eine davon ist eine gewisse Wiederannäherung zwischen den Vereinigten Staaten und dem Irak Saddam Husseins.Wie „Le Maghreb”, das Nachrichtenmagazin der westlichen Araberwelt meldet, steht die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Bagdad und Washington unmittelbar bevor. Diese waren 1967 aufgrund der amerikanischen Militärhilfe an Israel im Junikrieg vom irakischen Regime abgebrochen worden.Bislang sind alle
Das historische Siegeszeichen des britischen Premiers im Zweiten Weltkrieg auf dem Bagdader Tahrir (Freiheits-)Platz gibt heute zu verschiedenen Uber-legungen Anlaß.Kann die Darstellung des Winston-Churchill-Grußes als Versöhnungsgeste an die angelsächsische Welt ausgelegt werden? Soll die Montage veranschaulichen, daß die irakische Baath-Partei Saddam Husseins darangeht, ihre persisch-zionistisch-syrischen Feinde zu überwinden?Im Lande, das erst vor kurzem begonnen hat, sich gegenüber der westlichen und europäischen Welt zu öffnen, wird Englisch neuerdings wieder groß geschrieben.
Mit einem „neuen Angebot" entsandte Libyiens exzentrischer Staatschef Oberst Muamar al Gaddafi seinen Chefunterhändler mit den Vereinigten Staaten, Ahmed Shehati, nach Washington. Doch Shehatis Vorschläge mußten den Beamten im amerikanischen Außenamt als Erpressung vorkommen.Was der Libyer von den Amerikanern nämlich wollte: Die USA mögen ihre bisherige bedingungslose und uneingeschränkte Unterstützung Israels aufgeben, das Existenzrecht eines Palästinenserstaates und PLO-Führer Arafat als Verhandlungspartner an-’erkennen.Sollte Washington aber nicht einlenken, werde das
Der israelische „Blitz gegen das irakische A tomzentrum bei Bagdad hat offensichtlich auch in Tripolis eingeschlagen. Denn da häufen sich die A nzeichen eines außenpolitischen Kurswechsels der Libyer. Freilich, das Ziel, das Oberst Muammar al Gaddafi dabei im A uge hat, bleibt dasselbe: die Niederringung des jüdischen Staates.
Das afrikanische Gegenüber von Europa, die westliche Araber-Welt (Maghreb), umfaßt in Algerien, Mauretanien, Marokko und Tunesien 47,5 Millionen Einwohner. Im Laufe der letzten 20 Jahre und nach dem Ende der französischspanischen Kolonialregime, hat sich die Bevölkerung der ersten drei Staaten verdoppelt. Gebietsmäßig ist Algerien so groß wie seine drei Bruderstaaten zusammen. Und politisch gewinnt es zunehmend an Bedeutung.
Gott und Marx vertragen sich wie Feuer und Wasser. Aber ein politisch radikalisierter, petrodollarträchtiger und modernst bewaffneter Islam als Verbündeter sowjetkommunistischer Weltherrschaftsansprüche: daß davon viele träumen, läßt sich mit immer mehr Indizien belegen.Zwischen Indusfluß und Sahara sind 41 muselmanische Staaten mehr oder weniger stark vom Ayatullah-Fieber erfaßt worden. Die schiitischen Mehrheiten des prowestlich orientierten Bahrein, des Nord-Je-men, die Schiiten der Vereinigten Arabischen Emirate, die neuerdings Banknoten mit dem Chumeini-Büd zirkulieren lassen,
Der kroatische Parlaments-Vizepräsident und Abgeordnete Dr. M. Zanko bediente sich süd- bzw. mittelamerikanischer Politikerkniffe, um gegen sein eigenes Zentralkomitee eine psychologische Höllenmaschine zu basteln. Die Präsidentin dieses Gremiums, Frau S. Dobceric-Kucor, faßte das etwa folgendermaßen zusammen: Mißbrauch des Vorsitzes im „Borba“-Redaktions-kollektiv — es ist dies das Organ der Tito-Partei —, um vor bzw. während der ZK-Tagung zu behaupten, in Kroatien mache sich der Nationalismus breit, im Westen arbeitende Jugoslawen und Spionageorganisationen finanzierten in
Eine Dunstglocke entsteht, wenn von einem Gebiet ungute Ausdünstungen aufsteigen, in gewisser Höhe zur Isolierungskuppel zusammengeballt werden, die Freizügigkeit frischer Luftströmungen behindern und dadurch den betroffenen Raum in den Zustand lethargischer Betäubung versetzen beziehungsweise die dortigen Lebewesen in ihm verharren lassen.Der Budapester KP-Führer Janos Kadar ist in der adriatischen Hafenstadt Fiume als Sohn eines Vaters, der seine Familie als Trunkenbold prügelte und verstieß, geboren worden, unter mißlichen Verhältnissen in die vom Trianon-Vertrag geprüften
Das neunte Mal, da sie sich in ihrer bewegten Geschichte trafen, tagten die ungarischen Kommunisten im Budapester Gewerkschaftspalast. Dieses ungefällige Bauwerk liegt im Blickwinkel des Stalin-Sockel- Kolosses und der vorwärts schreitenden kleinen Bronzestatue Lenins. Hinter beiden realistischen Mahnmalen, im romantischen Stadtwäldchen, drehen die Kunstläufer ihreSchlingen, ihre Paragraphen, ihre Sprünge auf dem Eis. Zwischen den von cfer Rednertribüne aus verklungenen kühnen Worten und dem geschilderten Anblick besteht ein gewissermaßen symbolischer Zusammenhang.In seiner
Vatikan treue katholische Kreise in Prag vertreten die Ansicht, daß die vor drei Jahren begonnenen und seit der Rom-Reise des Kardinals J. Beran im Februar 1965 unterbrochenen Verhandlungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem tschechoslowakischen Staat demnächst wieder aufgenommen werden. Der Besuch des Kardinals von Österreich, Dr. F. König, in der Slowakei und seine mit den Bischöfen Necsey, Lazik und Pobozny geführten Unterredungen dienten unlängst der Vorbereitung des Gesprächs Vatikan-Prag, dem man einige Aussichten einräumt.Heute und in nächster Zukunft sei die Regierung Lenart
DAS FÜR DIE MÖGLICHKEITEN Amerikas geltende Wortspiel trifft während dieses Jahres hinsichtlich des Ungereimten für den Machtbereich Janos Kadars zu. Dabei ergibt sich auch die Frage, ob und inwiefern der Busenfreund des gestürzten Nikita S. Chruschtschow noch Herr dier Lage im vermeintlich eigenen Hause ist. Als der ungarische Weggefährte des abgesetzten sowjetischen Parteichefs nach Kenntnisnahme der Wachablösung im Kreml von Moskau nach Budapest zurückkehrte, begrüßte er die am Ostbahnhof wartenden KPU-Honoratioren mit Achselzucken und ausgebreiteten Händen als ob er sagen