Marschall Foch, als staatsmännischer Denker gleich groß wie als Feldherr, hat einen Aphorismus geprägt, der wohl das Klügste ist, was je über Außenpolitik geschrieben wurde. In knappster Gedrängtheit heißt es da: „Wenn man nicht die seiner Politik entsprechende Armee besitzt, dann muß man die seiner Armee entsprechende Politik machen.“ Das soll nun nicht etwa fordern, daß vom Heer über die Außenpolitik eines Landes entschieden werde, sondern nur, in nüchternstem Realismus, feststellen, Ziele und Methoden einer über die Grenzen des eigenen Staates hinauswirkenden Politik
Ein polnisches Sprichwort sagt: „Wer hängen soll, wird nicht ertrinken!“ Zeitgemäß abgewandelt könnte es auch lauten: „Wer hängen soll, wird sich nicht den Hals bei einem Flugunfall brechen.“ Adnan Menderes sah die Tatsache, daß er dem Absturz der Maschine, die ihn einst, in den Tagen seiner Allgewalt, nach London brachte, heil und gesund überlebte, als ein Omen dafür, daß ihn Allah noch zu großen Aufgaben bereithielt und speziell über ihn wachte. Wahrscheinlich hat ihn diese, bei dem ans Kismet glaubenden Muselmanen verständliche Meinung darin bestärkt, seinen Weg durch
Belgien durchlebt seit einigen Monaten eine schwere Krise. Seit langem hatten sich die Anzeichen eines aufziehenden Gewitters gezeigt; doch man nahm sie nicht allzu emst. Die Überzeugung, daß sich alles wieder einrenken werde, stützte sich auf die Erfahrung, daß dieses Land immer wieder die ärgsten Prüfungen überstanden hat und daß es aus ihnen stets reicher, glücklicher als zuvor herausgegangen ist. Von sanguinischem Charakter konnte das „große kleine Volk“ — wie ein Schweizer Autor mit leicht iwfcischr.'gefärbter,: liebender Betwaidefung; diai Belgier genannt hat — nie
Auf einem rührseligen Kitschbild war ein alter Clown zu sehen, der — halb, weil es ihn immer wieder in die Zirkusarena zog, halb weil ihn die sonst unvermeidbare Not dazu zwang — mit erlahmender letzter Kraft, mehr traurig denn zornig über seine versagende Gewandtheit, noch und noch die Kunststücke und Witze versucht, durch die er einst Erfolge, Beifall und glänzendes Honorar geerntet hatte. Wir wollen nicht so unartig sein, einen Staatschef und Marschall mit einem Clown zu vergleichen, und wir sprechen also vom Jongleur, der nicht, wie einst, meisterhaft mit vielen Bällen zugleich
Im Gegensatz zu den wichtigsten Volksdemokratien hat Rumänien bis vor wenigen Tagen einen nichtproletarischen Abkömmling zum Oberhaupt besessen. Petre Groza war der Sohn eines prawoslawen Geistlichen. Im siebenbürgi-schen Orte Bäcia 1884 geboren, ließen die ersten fünf Jahrzehnte seines Lebens nicht vermuten, er werde als Präsident eines „den Weg zum Sozialismus schreitenden“ Gemeinwesens enden. Hochbegabt, studierte er die Rechte in Budapest und an deutschen Universitäten. In Leipzig zum Doktor promoviert, betätigte er sich als Advokat; zunächst in seiner engeren Heimat, dann in
Als der Stalinismus seinen Höhepunkt erreicht hatte, war bei der noch immer spottlustigen Intelligenz folgende Anekdote im Umlauf: es war ein Wettbewerb für ein Puschkin-Denkmal ausgeschrieben. Den Preis erhielt ein Entwurf: Stalin mit einem Band Puschkinscher Verse in der Hand. Obwohl der eine oder andere Teilnehmer an der Leichenfeier für den Staatspräsidenten Zäpotocky sich dieses Geschichtchens entsann, als der Vorsitzende der tschechoslowakischen Regierung, Široky, in seiner Gedenkrede von den Errungenschaften der Sowjetwisstnschaft sprach, als Erster Parteisekretär Novotny,
Die Anhänger der starken. Hand und der gründlichen Methoden können jetzt am bulgarischen Beispiel überzeugend darlegen, wie. sehr dię großen und die kleinen Stalins östlich des Eisernen Vorhangs — und noch mehr östlich des Eisernen Tors — recht hatten, wenn/sie als das einzig sichere Mittel, sich ihrer Gegner für immer zu entledigen, deren Beförderung in jenes unbekannte Land ansahen, aus dessen Bezirk kein Wanderer wiederkehrt. Trajtscho Kostov, der bulgarische Rajk, bedeutet für Vlko Tscher- venkov, den Sofioter Ex-Stalin, und — bis auf weiteres — Molotow, nur darum keine
Imre Nagy und seine Begleiter, mit Ausnahme des inzwischen „seinen teueren Studien wiedergegebenen” György v. Lukäcs, genießen noch immer unfreiwillig die rumänische Gastfreundschaft. Es hatte nicht wenig Aufsehen erregt, als der Budapester „Verräter” ins frühere Königsschloß Sinaia gebracht wurde, und es hat an einem Haar gehangen, daß er dort nicht etwa als Staatsgefangener interniert, sondern als hochgeschätzter Ehrengast aufgenommen worden wäre. Denn im vorigen Herbst begannen sich in Rumänien ähnliche Anzeichen der verwestlichten, „bürgerlich infizierten
Der jugoslawische Botschafter in Paris und ehemalige stellvertretende Außenminister Aleä Bebler, einer der wichtigsten Männer in Titos Diplomatie, hielt kürzlich vor dem besonders fachkundigen Forum der Academie Diplomatique Internationale einen Vortrag über die wichtigsten Prinzipien der auswärtigen Politik seines Landes, Er hob ihrer drei hervor: die „eifersüchtige“ Verteidigung der nationalen Unabhängigkeit, den Grundsatz der Gleichheit aller Völker und Nationen und die Festigung des Friedens. Auf den ersten Blick erscheint diese Formulierung inhaltsleer und unoriginell. Näher
Am 28. Juni dieses Jahres hat die Kongregation des Heiligen Offiziums die katholische soziale Wochenschrift „Dzis i Jutro“ (Heute und Morgen) und das Werk Boleslaw Piaseckis „Zagadnienia istotne“ (Wesentliche Fragen) auf den Index gesetzt und die in beiden Veröffentlichungen enthaltenen Ansichten über das Verhältnis der Kirche und der einzelnen Katholiken zum Kommunismus und zu den von diesem beherrschten Regimen als mit der christlichen Weltanschauung unvereinbar abgelehnt.„Dzis i Jutro“ ist im Jahre 1945, kurz nach Kriegsende, begründet worden. Die an Jahren jungen, doch
Zur Ucberraschung der Weltöffentlichkeit wurden soeben Dilas und Dedijer im großen staatspolitischen ProzeS in Belgrad zu milden Haftstrafen mit zwei- bzw. dreijähriger Bewährungsfrist verurteilt. Dieses Urteil gegen zwei eingefleischte Individualisten und eigenwillige Persönlichkeiten zeigt, daS das Land Titos gerade im gegenwärtigen Moment neuer Spannungen zwischen Ost und West, wie sie der verschärfte Kurs in der Sowjetunion und der Kampf um Formosa demonstrieren, entschlossen ist, an der Seite Indiens einen eigenen Weg zwischen Ost und West weiterzugehen. Das ist das weltpolitisch Bedeutsame dieses Ringens um zwei freiheitsliebende Personen in einem totalitären Staat im Südostraum Europas.
Rumänien gilt seit dem Sturz der Monarchie als die siebzehnte Sowjetrepublik, vor allem deshalb, weil sich dort am wenigsten Widerstand gegen die Gleichschaltung regte und weil einerseits die nationalen Minderheiten dem Kommunismus eine unleugbare Verbesserung ihres Gesamtloses dankten und anderseits die Industriearbeiterschaft dem Regime anhängt, das auch einen beträchtlichen Teil der Intelligenz, ja des orthodoxen Klerus gewonnen hat. Rumänien ist das einzige Land, in dem ein erklärter Marxist, der Patriarch Justinian, an der Spitze der Hierarchie amtet, der sogar den Marxismus-
Den Katholizismus, den Katholiken belauern, umwerben und bedrohen heute ständig zwei Versucher, zwei Gefahren. Die eine kommt von rechts: Man heiße sie Integralismus, McCarthysmus, Faschismus oder wie immer. Verteidiger wirtschaftlicher Positionen suchen den Kapitalismus — den als klügeres, ja als gerechteres System hinzustellen sie selbstverständlich ein gutes Recht haben, das ihnen nur unduldsame Linksdiktatur bestreitet — als eine Art göttliche Institution auszugeben, den Sozialismus aber, insbesondere in seiner kommunistischen Ausprägung, als Teufelswerk. Verteidiger des
Auch die optimistischesten Beurteiler im Lager der bisherigen Majorität haben sich über das wesentliche Ergebnis der Parlamentswahlen vom 11. April keine Illusion gemacht. Der PSC Christlichsoziale Partei hatte beim vorigen Urnengang nur dank außerordentlichen Umständen die Mehrheit der Sitze in beiden Häusern der Volksvertretung erobert doch nicht die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Viele Anhänger König Leopolds III., besonders aus den Reihen der Liberalen, sprachen sich damals für die einzige Gruppe aus, die für eine Rückkehr des Monarchen geschlossen eingestanden war. Nun, da
Die jüngste Veröffentlichung der „Obersten Kommission“ in Polen: „Die Katholische Kirche in Volkspolen“ (Warschau 1953, 134 Seiten) enthält ohne Zweifel authentisches Material. Alles an ihr ist in dem Sinne wahr, daß nirgends eine Bildfälschung vorliegt. Die Geistlichen, die da, sei es in Ausübung ihres priesterlichen Amtes, sei es bei politischen Manifestationen, für die volksdemokratische, kommunistisch geführte Regierung gezeigt werden, existieren wirklich. Sie sind auch keine verkleideten NKVD- Leute, auch nicht unbotmäßige Schismatiker, sondern Kleriker, die sich mit
Die Hafenstadt Triest, jene Handcisemporc,die mit der Königin der Adria in Wettbewerb trat, ist weder eine italienische noch eine südslawische Schöpfung. Sic verdankt ihren Aufschwung oder, um es gerade. herauszusagen, ihr Dasein den österreichischen Herrschern, der Zugehörigkeit zur Donaumonarchie. Karl VI. hat mit seinem aufs Meer gerichteten Weitblick 1719 den Triestiner. Freihafen geschaffen und den gesamten Uebcr-seeverkehr seiner Staaten dorthin gelenkt. Die Wirkung davon drückte sich in deutlich sprechenden Einwohnerziffern aus: 20.000. im Jahre 1785, 50.000 vier Dezennien
Immer deutlicher zeichnet sich bei den Volksdemokratien des europäischen Ostens die Wirkung des großen Wandels ab, den in der Sowjetunion Stalins Tod mit sich gebracht hat. Nicht als ob sich an den weltanschaulichen Grundlagen des kommunistischen Regimes das leiseste geändert hätte. Weder die philosophische Voraussetzung — der Materialismus — noch die wirtschaftlichen, sozialen und moralisdien Folgerungen, die von ihm durdi die Kommunisten abgeleitet werden, stehen östlich des Eisernen Vorhanges zur Diskussion. Doch die politische Lage ist, nach innen und nach außen, erheblich
In drei, einander fast gleich langen Abschnitten seines Erdenwallens hat der Enkel leibeigener grusinischer Bauern, der Sohn eines armen Schusters und einer Wäscherin, sich zum früh durch Taten beglaubigten Revolutionär Koba („der Unbezwingbare“) herangebildet — 1879 bis 1904 —, sich dann als Kämpfer, der den Klassenkriegsnamen Stalin („der Stahlharte“) führte, zuerst gegen die Feinde seiner Partei, dann gegen die Rivalen innerhalb der Partei durchgesetzt — 1905 bis 1929 —, endlich sich zum unbestrittenen Machthaber eines von ihm geschmiedeten Weltreiches erhoben, dieses
Vielleicht mehr als von irgendeinem Schrifttum gilt von der Sowjetliteratur das Wort, wer den Dichter will verstehn, muß in dessen Lande gehn. Um das Wesen einer Literatur zu erfassen, die in ihrer Art und in ihrem Zweck nicht viel mit dem gemeinsam hat, was in der westlichen Welt als Dichtung gilt, heißt es, sich in die Umwelt versetzen, aus der die Werke der sowjetischen Prosa und Poesie, des Dramas und des wissenschaftlichen Schrifttums ihren Ursprung herleiten.In der Sowjetunion hat der Schriftsteller den ihm erteilten „gesellschaftlichen Auftrag“ zu erfüllen. Er ist, wie jede