Weder die machtgierige Kirche (wie Verschwörungstheoretiker behaupten) noch aufgeklärte Christen (so suggerieren Fundamentalisten) haben die Bibel verfälscht.In kirchenkritischen Debatten kann man immer wieder die Behauptung hören, die Kirche habe die Bibel verfälscht; irgendwelche Päpste hätten einfach irgendwelche Wahrheiten, die ihnen nicht in den Kram passten, unterdrückt und bestimmte Stellen aus der Bibel gestrichen oder im Wortlaut verändert.Wer in meiner Gegenwart so argumentiert, muss damit rechnen, dass ich ihn mit einer simplen Frage irritiere. "Wie können Sie einen
Als er sich der Straßenbahn- , haltestelle näherte, sah er sie schon von weitem: die etwas irri- tiert wirkende alte Frau auf dem gegenüberliegenden Gehsteig, die unsicheren Schritts auf die Tafel zuging, auf der die Informationen über Haltestelle und Abfahrtszei- ten zu lesen waren, und angestrengt durch ihre dicken Brillengläser blickte, um zu entziffern, was hier geschrieben stand.Der Passant auf der gegenüber- liegenden Seite der Straße war nahe daran, die Frau anzusprechen und zu fragen, ob er ihr irgendwie hel- fenkönne. Doch er kam nicht dazu, denn sie kam ihm schon entgegen.
Nur in einer einzigen Nacht des Jahres unterbricht das Dorf seine nächtliche Ruhe: in der Christnacht. Gegen halb zwölf wird es lebendig auf den Wegen und Straßen des Dorfes, wenn sich die Gemeinde zur Christmette versammelt, zahlreicher als sonst, wie zu allen heiligen Zeiten. Dann bietet das Dorf einen Anblick, wie er sonst nur in der Stadt zu sehen ist: eine Menge von Menschen, mitten in der Nacht unterwegs.Daß sie auch nachts nicht zur Ruhe kommt, ist ein Kennzeichen der Stadt. Die stille Nacht des Dorfes bietet ein anderes Bild als die ununterbrochen pulsierende Stadt. Die Straßen
Er verließ sich auf das, was man ihm erzählte; er kannte die Lage bloß vom Hörensagen; er bildete sich sein Urteil auf Grund von Gerüchten.Darum wurde ihm, dem Skeptiker namens Natanael, der mit hochgezogenenBrauen das Vorurteil aussprach, aus Nazareth könne nichts Gutes kommen, von seinem Freund Philippus gesagt: „Komm und sieh!“Apostel Philippus, bitte sag es auch heute wieder, dieses dein „Komm und sieh!“ Sag es, sooft es notwendig ist!Sag zu Natanael: „Komm und sieh, wo und wieder Meister zum Beispiel in Österreich wohnt!“ Sag: „Komm und sieh, aber komm nicht nur in
Er saß da und starrte ins Dunkel. Er konnte keinen Schlaf finden in dieser Nacht, die nun langsam zu Ende ging. Er hörte die regelmäßigen Atemzüge seiner Mitgefangenen. Fast beneidete er sie, daß sie es fertigbrachten, so seelenruhig zu schlafen, als sei nichts geschehen.Freilich, genaugenommen war ja wirklich noch nichts geschehen. Das Schlimmste stand ihnen erst noch bevor, ihm und den drei anderen, die Pontius Pilatus derzeit eingesperrt hatte. Was bis jetzt geschehen war, war vergleichsweise harmlos gewesen. Verhört hatten sie ihn. Dabei war es eben zugegangen, wie es bei Verhören
Schon während seines Theologiestudiums in Kopenhagen faßte Hans Povelson Egede den Plan, nach Grönland zu gehen, um „die Nachkommen der Normannen“ zum lutherischen Bekenntnis zu bekehren. Im Jahr 1721 brach er zu seiner insgesamt fünfzehn Jahre dauernden Missionsarbeit auf. Seine bis in unsere Zeit noch nie komplett ins Deutsche übersetzten Aufzeichnungen sind nun in der vorzüglich gestalteten Ausgabe von Heinz Barüske greifbar.Daß Egede darin nicht nur seine landes- und naturkundlichen Beobachtungen, sondern auch seine Lernprozesse im Umgang mit einer fremden Kultur dargestellt
In der verdienstvollen Thomas-Morus-Ausgabe des Kösel-Ver-lages ist nun der ins Deutsche übersetzte Briefwechsel zwischen Erasmus von Rotterdam und seinem Freund Thomas Morus erschienen. Liest man den vom Herausgeber vorzüglich übersetzten und mit unzähligen Anmerkungen kommentierten Text freilich ohne das akribische Forschungsinteresse eines Historikers, sondern einfach so, in unbefangener Neugierde, um zu sehen, was die beiden Freunde einander in ihren Briefen zu sagen hatten, wird man sehen, wie sehr das auf den Tag Bezogene dominiert.„Wenn Du unseren Freund Lazarus siehst“,
Wenn man sich erwartet, daß Schriftsteller über die Religion sensibler, genauer und erfahrungsnäher zu reden verstehen als beispielsweise Theologen, wird man enttäuscht. Die Mehrzahl der Beiträge des Sammelbandes „Die Botschaft hör' ich wohl“ sind genau von jener Kopf- -lastigkeit geprägt, die man zu Recht an den professionellen Rednern des Glaubens monieren darf.Wäre da nicht der Beitrag von Margarete Hannsmann, die einfach berichtet, was sie während ihrer Gallenoperation erlebt und was dieses Erlebnis für sie bedeutet hat („Träume sind anders. Wie soll ich's erklären? —
In vier „Meilensteinen“ präsentiert das Musical „wagnis und liebe“ den Lebensweg jenes deutschen Pallottinerpaters Josef Kentenich (1885-1968), der im Jahr 1914 die sogenannte Schönstall-Bewegung gründete — eine Art charismatischer Aufbruchsbewegung lange vor dem Konzil. Daß Kentenichs Weg ein „gef ährlicher“ war, wie es im Untertitel des Buches heißt, bezieht sich nicht nur auf den Konflikt mit dem Nationalsozialismus (Kentenich saß fast vier Jahre in Dachau), sondern mehr noch auf den Konflikt mit der Amtskirche, in den der SchönstatJ-Gründer geriet.Aus Sorge, sein
Alisa Stadlers Version der Psalmen hat mehr Sprachkraft als manche der gängigen Ubersetzungen (der „Einheitsübersetzung“ etwa). Offensichtlich bedürfen Texte wie die Psalmen, gerade damit die Allgemeingültigkeit ihrer Sprache zum Klingen kommt, immer eines gewissen subjektiven Tonfalls.Alisa Stadler hat in ihrer Uber-tragung aber auch Akzente gesetzt, die nicht nur sprachlich, sondern auch theologisch aufhorchen lassen. Psalm 22 („Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“) heißt bei Alisa Stadler: „Herr, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Die scheinbar
Gelassenheit im Umgang mit der Zeit erreichen, jenem „flüchtigen Rest“, den einem der Tod läßt, oder anders gesagt „als Einübung ins Sterben: leben lernen“- das ist das Programm von Peter Paul Kaspars Buch „Die Uhren lügen“. Schon das Umschlagbild— ein aus den gewohnten Dimensionen gerücktes, gekrümmtes und gefaltetes Ziffernblatt — signalisiert, worum es geht: mehr auf die Qualität der Zeit als auf ihre Quantität zu achten. In ungemein klarer und bestechend unkomplizierter Sprache spricht Kaspar die Leser direkt an; ja wie ernst er sie nimmt, bezeugt das
Mehr als fünfzig Literaten, Theologen und Literaturwissenschafter haben vor zwei Jahren in Tübingen über den Dialog zwischen Theologie und Literatur diskutiert. Die Referate und Protokolle des Symposions liegen nun in Buchform vor. Kurt Marti, einer der Teilnehmer des Symposions, vermerkt in seinem 1985 erschienenen „Tagebuch mit Bäumen“, am Ende der Tagung habe es das Bonmot gegeben, hier sei öfter von Buddha als von Christus die Rede gewesen: „Eine Uber-treibung. Und doch: kann vom christlichen Glauben heute noch unter Ausblendung anderer Religionen gesprochen werden?“In der Tat
Das Anliegen des afrikanischen anglikanischen Bischofs Des-mond Tutu ist es, sich zum Sprecher jener Farbigen zu machen, die Mißachtung und Unterdrük-kung mit dem Hinweis auf die christliche Nächstenliebe und dem Angebot der Zusammenarbeit beantworten. Tutus biblische Interpretationen zur Schwarzen Theologie tragen den Titel „Versöhnung ist unteilbar". Der Ausdruck „Schwarze Theologie" will besagen, daß es ein spezifisches Verhalten derer gibt, die aufgrund ihrer Hautfarbe eine qualitativ außergewöhnliche Lebenserfahrung haben, „die danach schreit, daß man sie versteht oder
Der Dialog zwischen Literatur und Theologie sollte aus den Sackgassen des theoretischen Diskurses heraus- und in ein fruchtbares Verhältnis übergeführt werden. Eben dies in überzeugenden Beispielen vorexerziert zu haben, ist das unbestreitbare Verdienst von Walter Jens und Hans Küng, die an acht mit Bedacht ausgewählten Gestalten der Neuzeit (Pascal, Gryphius,Lessing, Hölderlin, Novalis, Kierkegaard, Dostojewski, Kafka) der Frage nachgehen: „Wie wurde mit Religion in der Moderne umgegangen, und was hat die Religion selber mit der Moderne gemacht?“Hervorgegangen ist das Buch aus
Uber allen Wipfeln hat selbstverständlich Ruhe zu sein; es wäre ja der Gipfel, spürte man da auch nur einen Hauch von Lebendigkeit, einen Hauch von dem, was die Ordnung gefährdet und die festgelegten Abläufe stört! Ruhe ist schließlich die erste Pflicht eines redlichen Bürgers, und wie es drin aussieht, geht niemanden außer die Psychologen was an, aber die auch nur dann, wenn sie die Gestörten wieder brauchbar machen für den Arbeitsprozeß, und nicht, wenn sie sagen, unsre Gesellschaft sei im Grund nekrophil in den Friedhof verliebt! *Wenn ein Blinder einen Blinden führt, fallen
Die Schwierigkeiten mit der christlichen Eschatologie rühren nicht nur daher, daß das moderne Weltbild nicht mit dem Weltbild übereinstimmt, das den Vorstellungen über Himmel, Hölle und Fegefeuer zugrundeliegt, sondern auch daher, daß es nicht immer ganz leicht zu unterscheiden ist, ob bestimmte Aspekte (z. B. die unsterbliche Seele, das Fegefeuer, der Auferstehungsleib usw.) zum Wesen des christlichen Glaubensgutes gehören oder zeitgebundene und damit an eine bestimmte Philosophie und deren Interpretationsmuster gebundene Vorstellungen sind.Diesbezüglich von der Bibel bis zu den
In dem aus einer Radioreihe hervorgegangenen Buch sind viele „Zornige" nicht vertreten, so zum Beispiel der inzwischen verstorbene Ferdinand Klostermann oder zum Beispiel Frauen. Und eine ganze Reihe der zwischen 62 (Wolfgang Trilling) und 93 Jahre (Oswald von Nell-Breuning) alten alphabetisch gereihten katholischen und protestantischen Männer braucht — um nicht zu sagen: verschwendet — einen Teil des für die Wortmeldung zur Verfügung stehenden Platzes bloß dazu, das im Grunde überflüssige, journalistisch flotte Klischee von „zornigen alten Männern" für die eigene Person
Daß Kurt Marti nicht nur ein kreativer Dichter, sondern auch ein kreativer Theologe ist, beweisen einmal mehr die Aufsätze und Notizen, die er — wie er sagt — zum „wichtigsten Thema der christlichen Theologie, der Gotteslehre" geschrieben hat.Marti ist der Uberzeugung, daß neue Hypothesen gewagt werden müssen. Die Erforschung des Unbewußten, die das Menschenbild ungeheuer verändert und erweitert hat, wirkt sich auch auf das Gottesbild aus: „Wir entdecken heute, daß Gott noch anders, noch differenzierter, d. h. lebendiger sein muß als unsere bisherigen Bilder von ihm."Martis
Immer mehr wächst die Uberzeugung, daß die Leistung Sigmund Freuds zur Traumdeutung zwar bahnbrechend, aber nicht der Weisheit letzter Schluß ist. Schon C. G. Jung zeigte, daß in den Träumen noch mehr steckt, als sich die psychoanalytische Schulweisheit der Freudianer träumen ließ, ebenso wie der sicherlich viel zu wenig beachtete Medard Boss.Ausgehend vom biblischen Befund, daß Träume nicht nur in der Zeit der Erzväter (Jakob, der ägyptische Joseph), sondern auch bei der Ausbreitung des jungen Christentums (Kornelius, Petrus) eine wegweisende Funktion hatten, kam der Pfarrer und
Sir Thomas More, der Lordkanzler des englischen Königs Heinrich VIII. war und der dessen Politik aus Gewissensgründen widerstand, wofür er hingerichtet und in unserem Jahrhundert vonPius XI. heiliggesprochen wurde, war nicht nur der Verfasser der „Utopia", sondern auch ein Mann des Gebets. Die schriftlich erhalten gebliebenen Zeugnisse dieses Betens von seiner Heirat bis zu seiner Hinrichtung (eines seiner letzten Gebete im Kerker ist ein eindrucksvolles Dokument christlicher Feindesliebe) gab es bisher noch nicht in gesammelter Form in deutscher Ubersetzung bzw. waren sie — zu
Unter „Umweltkunst“ versteht der in München und Düsseldorf wirkende Künstler und Kunsttheoretiker Jürgen Claus nicht nur all jene das Atelier alten Stils verlassenden neuen Formen des Kunstmachens, die die Natur und die Umwelt einbeziehen, sondern auch deren Vermarktung bzw. Finanzierung, die ein wesentlicher Aspekt ihrer Realisierung ist.Claus grenzt „Umweltkunst“ jedoch deutlich von der Konzeptkunst ab, die sich bloß im Konzipieren, im Ausdenken von Kunst erschöpft. Einige solcher Umweltkunstrealisierungen aus den letzten Jahren (z. B. die „Medien- Augen“, die fliegenden
Slawomir Mrozek hat die Abstraktheit des absurden Theaters mit der Konkretheit der Satire in einer Art und Weise zu verbinden verstanden, daß seine Stücke und seine Erzählungen mit der Kraft von Gleichnissen ausgestattet sind, die sofort verständlich und deutbar sind, die aber nicht mit einer einzigen Deutung auf gehen.Der gebürtige Pole, der seit zwanzig Jahren im Westen lebt, trifft in seinen Stücken wie in der Fülle seiner kleinen Prosastücke — ganze zwei Bände der in vier Bänden erschienenen „Gesammelten Werke“, die nun in einer preiswerten Sonderausgabe neu aufgelegt
Mit seinen beiden bisher erschienenen Büchern zur Problematik des Dialogs zwischen Literatur und Theologie hat sich Karl-Josef Kuschel bereits als: kompetenter Theoretiker in diesem interdisziplinären Gespräch qualifiziert. Seine These, daß Jesus die große Bezugsgestalt auch in der zeitgenössischen Literatur ist, belegt er nun durch eine' Beispielsammlung von Texten moderner Autorinnen und Autoren und zwar nicht nur solcher, die man herkömmlich zum Stichwort „christlich“ assoziiert.Neben Wilhelm Willms, Rudolf Otto Wiemer oder Kurt Marti finden sich Namen wie Handke, Hemingway,
Weder eine im alten Sinn apologetische Blütenlese über die Erhabenheit des Glaubens noch eine Dogmatik des Zweifels, sondern Dokumente jener dem Menschen ureigensten Sehnsucht — deren Inhalt der alte Max Hork- heimer nur negativ als „die Sehnsucht, daß das Grauen nicht das letzte ist“ vermitteln konnte - sind alle diese von Georg Hahn gesammelten Selbstzeugnisse von Philosophen, Theologen, Wissenschaftlern und Dichtern des 20. Jahrhunderts: egal, ob sie von Schopenhauer oder Martin Buber, Darwin oder Freud, Newman oder Teilhard de Chardin, Adalbert Stifter oder Reinhold Schneider,
Rechtzeitig zum 80. Geburtstag und 25. Todestag von Reinhold Schneider erschien die von dem in der DDR lebenden Theologen und freien Schriftsteller Ingo Zimmermann mit Unterstützung der Hamburger „Reinhold- Schneider-Gesellschaft” und unter Hinzuziehung bisher unpubli- zierter Tagebuchaufzeichnungen und Briefe eine kenntnisreich und diskret verfaßte Biographie des Dichters.Auch wenn sie manche spätere Selbstkommerttierungen Reinhold Schneiders nicht immer mit der erforderlichen Vorsicht genossen zu haben scheint, ist diese Arbeit durchaus dazu angetan, ein plastisches Bild des
Im Jahr 1934 war Hitler in Weimar. Es gibt ein Foto davon, wie er im Nietzsche-Archiv die Nietzsche-Büste betrachtet: ihre Gesichter stehen beinahe im rechten Winkel zueinander, und Hitlers Gesicht nimmt einen Moment lang sichtlich die Züge des steinernen Bildes an, das er betrachtet.Nietzsche war damals schon 34 Jahre lang tot, seine Schwester allerdings lebte noch. Als 88jähri- ge Greisin gab Elisabeth Förster- Nietzsche, die das Weimarer Nietzsche-Archiv gründete und leitete, Hitler rundlich lächelnd die Hand.Auch davon gibt es ein Foto. Abgedruckt sind beide seltenen Dokumente in
Paul Watzlawick, der aus Österreich stammende und in den Vereinigten Staaten tätige Fachmann für die Paradoxien der menschlichen Kommunikation — erkenntnistheoretisch ist er ein Vertreter des sogenannten Konstruktivismus — ist in den letzten Jahren auch in seiner Heimat zu einem Propheten geworden, der etwas gilt.Insbesondere durch diverse Fernsehauftritte ist er als ein überaus intelligenter und geistreicher und zudem mit dem diskreten Charme der Ironie ausgestatteter Analytiker von Phänomenen und Problemen der Wirklichkeit hervorgetreten, der es versteht, höchst diffizile
Wiederholt wurde Shakespeares sich zur psychoanalytischen Interpretation ebenso wie zur poetischen Verfremdung eignende Figur des dänischen Prinzen Hamlet literarisch variiert und travestiert.Daß Hamlet bei Georg Britting zu den Wohlbeleibten gehört, ist nicht der blühenden Phantasie Brittings entsprungen, sondern bezieht sich auf eine Nebenbemerkung in Shakespeares Drama. Aufgeblüht ist und voll entfaltet hat sich hingegen die Phantasie des bayerischen Autors in den acht lose aufeinander bezogenen Bildern seines groteskgraziösen Romans, der 1932 erstmals erschien und in „Cotta's
Unter der Allerweltsüberschrift „Kirche - Enttäuschung oder Zeichen der Hoffnung“ standen die Salzburger Hochschulwochen 1981, bei denen unter anderem auch der in Münster lehrende Pastoraltheologe und Religionspädagoge Adolf Exeier vier Vorlesungen hielt.Auf den damals dargelegten Grundthesen aufbauend hat er nun ein Buch vorgelegt, in dem er — ausgehend von der Auffassung, „daß die Weise, wie wir heute in unserem Land Kirche leben, tatsächlich für manche Menschen Hindernisse aufgebaut hat“ und in Entfaltung der sozialen Dimension der christlichen Glaubensaussagen — für
Der Theologe Herman Wiersin- ga, der sich an die ewig problematische und den Glauben an einen guten Gott stets aufs schärfste herausfordernde Frage des Leidens gewagt hat, ist reformierter Studentenpfarrer in Leiden in den Niederlanden. In der Reflexion der eigenen Betroffenheit, in genauer Kenntnis der Aussagen der Humanwissenschaft und im kritischen Nachprüfen älterer und neuerer theologischer Positionen entwickelt Wiersinga einen beachtlichen Entwurf zu einer Theologie des Leids.Gott leidet — so Wiersinga — als Partner des Menschen, er wird leidend zum „Sympathisanten“ des
In Thornton Wilders „Unsere kleine Stadt“ verhautet der Spielleiter an einer Stelle, wenn überhaupt irgendwer das Leben zu ergründen vermöge, dann die Heiligen und die Dichter — ein wenig.Unter diesem Motto hat Walter Nigg Heiligenporträts (u. a. Augustinus, Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Hildegard von Bingen) zusammen mit Dichterporträts in einen Band gebracht.Die Gründe, weshalb der bekannte Schweizer Hagiograph sich nicht nur mit Gestalten des christlichen, sondern auch dęs literarischen Lebens beschäftigt, liegen in der Persönlichkeit des Autors und seiner Liebe zur
Daß Gott „Gedanken des Friedens" und nicht des Verderbens denkt, gehört zur biblischen Botschaft, und wenn es die Aufgabe der Theologie ist, nach jenen Grundmustern im Denken und Handeln zu fragen, die der Offenbarung wesensmäßig entsprechen, dann muß sie auch die Konsequenzen für den Weltbezug des Glaubens aufzeigen, die sich aus der Botschaft von einem Gott der Liebe ergeben, der sich im Tod Jesu auch als ein Gott der Ge-waltlosigkeit gezeigt hat.Vier junge Theologen, die an verschiedenen theologischen Instituten der Universitäten Graz, Innsbruck und Wien tätig sind, haben in
Not lehrt bitten und Leid lehrt klagen, und weil der Schmerz und die Bedürftigkeit zum Menschen gehören, gehören auch die Formen des Bittens und des Klagens zur menschlichen, allzumenschlichen Existenz.Was diese Formen für denChristen bedeuten, entfaltet der in Basel als Studentenpfarrer wirkende Jesuit Hans Schaller in zwei Schritten. In einem deskriptiven Durchgang zeigt er auf, welche Implikationen diesen besonderen Kommunikationsformen innewohnen (z. B. Bitten als Test des Vertrauens), um dann die christologisch zentrierte theologische Deutung anzufügen, die in Gott denjenigen
Während das Wunder früher bekanntlich „des Glaubens liebstes Kind" war und etwa in der Fundamentaltheologie als „Beweis" für eine Wahrheit gelten konnte, kippte mit dem Aufkommen der historisch-kritischen Methode in der Bibelexegese das Verhältnis der Theologen zum Wunder beinahe ins Gegenteil: Statt Wundersucht gab es so etwas wie Wunderflucht, und den Exegeten kamen aufgrund des modernen Weltbildes immer weniger von den im Neuen Testament berichteten Wundern als wirklich geschehene, im Sinne der Naturwissenschaft „echte" Wunder vor.Wäre dem aber so - so lautet die
Dürrenmatt war schon immer interessant für Theologen. Karl Barth beispielsweise, der vom literarischen Werk seines Landsmannes gesagt haben soll, es sei die beste Illustration seiner Theologie, saß 1948 im Parkett als „Der Blinde" uraufgeführt wurde und schrieb anschließend in einem Brief, es gebe da ein Stück „von einem hoffnungsvollen jungen Berner Dürrenmatt, in welchem es um nicht mehr oder weniger als um den .Glauben' geht."Mit dem Verfasser des Stücks hatte Barth damals auch persönliehen Kontakt. Der Baseler Theologe beschrieb den damals noch jungen Dramatiker als
Der Regenbogen, der sich wie eine Brücke über die Erde wölbt und sich irgendwo im Himmel verliert, ist in der Bibel das versöhnliche Zeichen des Bundes, den Gott nach der Sintflut mit dem Menschengeschlecht eingeht.Der berühmte brasilianische Erzbischof Dom Helder Camara hat dieses Symbol als verbindende Klammer für seine Meditationen gewählt, und wenn er darum bittet, Gott möge aus ihm einen Regenbogen machen, so wird dies gleichzeitig zum Symbol für sein eigenes Bemühen um einen Brük-kenschlag zwischen Erde und Himmel, zwischen Aktion und Kontemplation, um eine Verbindung von
„Herr, so einen Tag wie heute hat es in meinem Leben schon viele gegeben: Keine besonderen Vorfälle, nichts Außergewöhnliches.“ — So beginnt eines der in ihrer Art an Michel Quoist und sein „Herr da bin ich“ erinnernden Gebete, die der belgische Theologe, Gesprächstherapeut und Krankenhausseelsorger Petrus Ceelen für Menschen unserer Zeit schreibt.Der tagtäglich mit der konkreten Not der Menschen konfrontierte Autor baut in seinen Gebeten keine „heile Welt“ auf, sondern bringt in ihnen die alltäglichen Ängste und auch die Glaubensnot zur Sprache.Das Bändchen ist nicht
Die Frage nach den letzten Dingen, die Frage, ob und was nach dem Tod kommt, ist im Grunde nie verstummt. Gerade in diesen die Existenz des Menschen im letzten berührenden Dingen zeigt sich wohl am schmerzlichsten die Diskrepanz zwischen dem Dogmenwortlaut und dem Verständnis des Menschen von heute.Mit dem Anliegen, das verständlicher zu vermitteln, was die Dogmen eigentlich sagen, setzen die didaktisch gut gegliederten Katechesen des in München tätigen Jesuitenpaters Albert Keller ein, der es im Umgang mit solch heißen Eisen wie dem Fegefeuer oder der Hölle mit Augustinus hält, der
„Du hörst mich an“ - unter diesem Titel legt Peter Paul Kaspar eine Reihe von Gebeten und Meditationen vor, die im letzten Jahrzehnt entstanden sind. Thematisch vielfältig - vom Abendgebet bis zum Kreuzweg, vom Brautsegen bis zum Gebet für einen Verstorbenen-wird hier in ansprechender Weise und mit einer zeitgemäßen Sprache Glaube vermittelt, der auf einen Dialog aus ist.Der Autor, von dem schon mehrere Bücher mit Meditationstexten erschienen sind, schreibt im Vorwort zu seinen Texten: „Am besten wäre es, wenn Sie dieses Bändchen . als eine Einübung betrachten könnten. Eine
Mit seinem ersten Gedichtbänd-chcn „Sprachwechsel" macht Markus Jaroschka, ein bemerkenswertes Lyriktaient aus dem Umfeld der Grazer Literaturszene, nun auch vor einer größeren Öffentlichkeit auf sich aufmerksam.Jaroschkas präzise, und im Ausdruck genaue Wortgebilde sind näher beim Hermetischen als beim Gängigen. Man muß sich einlassen auf sie, ja man muß sich einlassen in sie, dann wird man durch Vision belohnt.In Jaroschkas Gedichten geht es um nichts Geringeres als um die sprachliche Einholung der Wirklichkeit zwischen den Wörtern. Eine wichtige Kategorie ist dabei die Kategorie
Bis auf eine Handvoll von Aussprüchen, Parabeln und Erzählungen ist im christlichen Raum kaum etwas von der Theologie der alten Rabbinen bekannt. Diesem bedauerlichen Übelstand hat der in Berlin geborene und heute am Hebrew Union College in Cincinnati lehrende Jakob J. Petuchowski bereits durch zwei Bücher („Es lehrten unsere Meister" und „Ferner lehrten unsere Meister") abzuhelfen versucht.Im dritten Lesebuch dieser Art legt Petuchowski nun Texte zu den Zehn Geboten vor, überwiegend aus der Zeit zwischen dem 1. und 6. Jahrhundert, also der Zeit, in der parallel dazu im christlichen
Die Institution des Papsttums übt eine nachhaltige Faszination aus, die keineswegs auf den innerkirchlichen Raum beschränkt ist. Kaum verwunderlich, daß sich immer wieder auch Protestanten mit der Papstgeschichte beschäftigt haben (z. B. L. Ranke, E. Caspar, J. Haller).Auch der Regensburger Historiker Horst Fuhrmann ist Protestant, wenn auch ein „Protestant ohne besonderen Bekenntnisdrang", wie er sich selber einschätzt. Sein geradezu spannend geschriebenes Buch bietet vor allem dem Anfänger einen guten ersten Zugang zu einer schwierigen Materie..Wer auf knapp 250 Seiten zwischen zwei
Sprachbarrieren sind „das der Sprache von Haus aus anhaftende Moment der Kontingenz, die ihrer Universalität von innen her gezogene Grenze, das stets zu gewärtigende Versiegen ihres Flusses, der ständig zu befürchtende Abbruch der Rede, das im Erklingen des Wortes immer schon drohende Verstummen, kurz: die Selbstverweigerung der Sprache als Medium der Kommunikation" bzw. „die Bezeichnung für das bei Unterprivilegierten auftretende Sprachdefizit, die Folgen eines gegen die Sprachintention gewendeten Sprachgebrauchs, die Spuren manipulatorischer Sprachverwendung, das Einfallstor
Jeder neutestamentlich Interessierte weiß, was ein Midrasch ist. Freilich kennt man diese aktualisierende Deutung einer Schriftstelle in Erzählform nur historisch, aber der holländische Dichtertheologe Oosterhuis hat mit seiner Geschichte „Söhne des Armen" den Versuch unternommen, einen heutigen Midrasch zu schreiben: ausgehend von dem auf König David gemünzten Gleichnis des Propheten Natan (2 Sam 12) eine Geschichte im Tonfall der Bibel zu erzählen, die Motive der Tradition mit heutiger Wirklichkeit mengt. Zum Beispiel so:„Weil die Armen immer ärmer wurden und doch
Gewiß ist das genaue Verständnis der Bibel nach wie vor Sache der dafür zuständigen Spezialisten, aber deren Arbeit hat letztlich wieder ihren Sinn im Widerhall, den sie findet. Mit anderen Worten: exegetische Einsichten bedürfen der Popularisierung (die nicht zu verwechseln ist mit Simplifizierung).Die elementarsten Dinge lernt man bereits in der Schule (z. B. daß die 6 Tage der Schöpfung nicht 6 x 24 Stunden bedeuten), aber wer es genauer wissen will, muß sich schon in komplizierte Fachliteratur hineinbeißen.Vielleicht deckt das Büchlein „Aus der Werkstatt der Evangelisten"
Unter dem Titel „Worte vom Kreuz quot; vereinigt ein schmales Bändchen zwei unterschiedliche Texte von Karl Rahner: der jüngste Vortrag „Warum läßt uns Gott leiden?", den der prominente Theologe auch in Wien gehalten hat, wird ergänzt durch „Die sieben letzten Worte Jesu am Kreuz" - eine Passionsandacht, die bereits 1949 verfaßt wurde. nbsp; lt;Verlag und Autor haben sich bei dieser Kombination etwas gedacht. Rahner findet es sinnvoll, sich gerade nach einer theoretischen Uber-legung über das Leid „betend an Jesus Christus selbst zu wenden". Wogegen gewiß nichts
Wenn Jacques Pohier „Gott” sagt, dann ist das im Sinne Meister bckharts gemeint, dessen tief mystischer Satz „Gott wird Gott, wenn die Geschöpfe Gott sagen” das Motto jenes Buches bildet, um des-sentwillen der französische Dominikarier Schwierigkeiten mit dem kirchlichen Lehramt bekam.In der soeben erschienenen deutschen Ausgabe gibt es ein 40 Seiten langes Vorwort, wo der gesprächsbereite und mit großem theologischen Ernst um Vermittlung bemühte Ordensmann aus Paris seinen Fall darstellt, der - verglichen mit dem seines prominenten Kollegen Hans Küng - gewissermaßen mit
Wenn besetzende Soldaten wieder Heimatland betreten: gern fand' man ein Lobeswort, blieben nicht genug noch dort!Brigitte PixnerWortbrockenkampfDas Chamäleon läßt seine klebrige Zunge weit, weit nach vorne schnellen,(zweifache Körperlänge oder mehr!) und ich ärgere mich grün und blau, weil es mir stets die besten Wortbrocken wegschnappt und hoffe nur, einstweilen stillschweigend, daß es sich einmal verschluckt, damit ichVerlag und Lektoren mit fangfrischer Beute -überschütten kann.MottenkisteWährend ich die alte Kiste flott enträume, flugs entmiste, schwirren Motten flink und
Geisel nehmen ist schon schwer, Geisel sein noch viel viel mehr: doch was sind's erst für Beschwerden. Geiseln wirksam loszuwerden!Zu guter LetztIn Moskau tritt ein Mann auf, derfähig ist. Verstorbene ins Leben zurückzurufen. Engagierte Kommunisten bitten ihn, den Genossen Lenin von den Toten aufzuerwecken.Einen Tag später meldet der Mann seinen Auftraggebern: „Lenin lebt wieder. Er hält sich in seiner alten Wohnung auf”Als die Kommunisten in Lenins Wohnung eintreffen, ist dieser bereits wieder abgereist. Sie finden nur folgenden Zettel vor: „Bin in Zürich, Genossen. Wir müssen
WAS EIN PROTEST ATTESTIERTStellst dem Kohout keinen Paß aus?Willst ihn nicht inmitten Passaus?Europäisch sein ist schwer: Böhmen, ach, du liegst am Meer!Nicht wahr, die jüngeren Leute erzählen einander heutzutage nur selten irgendwelche Schnurren, Witze oder Anekdoten. Das war nicht immer so. Es gab Jünglinge und junge Frauen, die mit ihren wahren oder erfundenen Geschichten ihre Gesellschaften gerne unterhielten.Wohin ist die Lust an der Anekdote verschwunden?Es könnte sein, daß auch die Anekdote dem Telefon zum Opfer gefallen ist, genauso wie das Briefeschreiben. Man hat sich
Schwerlich würde es uns nützen daß Computer uns beschützen, bot' des Menschen Hirn nicht Stirn irrendem Elektrohirn!Nicht wahr, an einem sonnigen Tag in Juni erwachen in uns manche Erinnerungen des Geruchsinns. Wie war das nur? Wie hat in der Sommerhitze die von Rillen überzogene Bretterwand der Badekabine gerochen? Wie hat das morgendlich feuchte, aber bereits etwas erwärmte Gras einer Wiese geduftet? Wie roch das lauwarm gewordene Bier in den halb ausgeleerten, stehengelassenen Krügeln eines dörflichen Festes?Wie viele halb vergessene, längst vergangene Sommer leben in uns weiter in
Anke Kröning wurde 1941 in Hamburg geboren und führte im Rahmen einer Reisebürotätigkeit Touristen „auf den Spuren der Jean-ne d'Arc”. Die erstere der beiden Frauen verfügt über ein das Leben und das Werk der letzteren betreffendes, in abrufbarer Form zur Verfügung stehendes Wissen, das sie im Rahmen der Fernsehsendung „Alles oder nichts” 1975 mit dem Erfolg eines ersten Preises öffentlich zur Schau gestellt hat. Dieses Wissen ist nun im List-Verlag erschienen und liegt ungeschmälert auf 288 Seiten vor.Die Lektüre des Buches bereitet keine Anstrengung, der Text ist leicht
Hinter dem alles und nichts verheißenden Titel „Die irdische Liebe" verbirgt sich die Sammlung einer Reihe von Erzählungen verschiedener Art und Güte, die Walter Kappacher im Laufe der Jahre - im Jahrzehnt zwischen den späten sechziger und den späten siebziger Jahren - geschrieben hat.Wenn es der Zweck dieser Auswahl von Prosatexten des Salzburger Autors gewesen sein sollte, zu dokumentieren, wie Kappacher im Lauf der Zeit immer gewandter wurde im Umgang mit „seinen" Themen und immer gewandter im Umgang mit der Sprache, dann ist ein solcher Nachweis geglückt. Denn die
Die drei Erzählungen „Der Orchesterdiener", „Diabelli, Presti-digitateur" und „Zentgraf im Gebirg oder das Erdbeben zu Soglio" lesen sich (wenngleich jede ein in sich geschlossenes Ganzes darstellt) wie eine dreisätzige Suite, wie ein virtuoses Konzert. Dabei ist es gewiß nicht von ungefähr, daß sich an Hand dieser Prosa musikalische Assoziation aufdrängt, steht doch der magische Name Diabelli, Virtuosität und Musikalität signalisierend, über dem ganzen Buch.Hermann Burger, der seit 1967 Literarisches veröffentlicht, verdient es, mit diesem Buch jetzt endlich
Hatte ein Bonmot über den Komponisten Weber besagt, er sei auf die Welt gekommen, um den Freischütz zu schreiben, so scheint Andrej Sinjawski noch weiter zu gehen, wenn er sich fragt, wer zuerst da war der Revisor oder Gogol? „Es sieht fast so aus, als ob der Revisor zuerst dagewesen wäre und sich Gogol als Geburtshelfer ausersehen hätte ..."Mit einer atemberaubenden, nicht anders als zärtlich zu nennenden Genauigkeit nähert sich Sinjawski (d. i. Abram Terz) in einer profunden Studie, deren Revisorkapitel mit 60 Seiten allein schon ein eigenes Buch ausmachen würde, dem Phänomen
Der prominente Vorwurf an die Adresse Feuerbachs (Philosophie erschöpfe sich im Interpretieren, während es auf das Verändern ankomme) wird heute, da Empfänger verstorben, neuen Adressen zugestellt. Ist es so gesehen nicht erstaunlich, in einem Buch, das ein heutiger Philosoph über einen längst verstorbenen Philosophen schrieb, formuliert zu finden, es gehe nicht darum, „in abstrakten Begriffen etwas vor den Denkenden hinzustellen, vielmehr darum, den Denkenden selbst so zu verändern, daß er in eine neue Form des Vollzugs seines Daseins eintritt und in dieser neuen Form neue
Ein witziger Hochhuth-Kritiker merkte zu „Tod eines Jägers" an, nun wüßten wir endlich, weshalb Hemingway Selbstmord begangen hat: weil ihn die endlos öden, ■ tödlichen Monologe fertigmachten. Ernsthaft gefragt: Wie habenes Sterben und Sprache miteinander? Steht uns, wenn es mit uns dereinst zu Ende geht, ein Replay unseres Lebens, in kürzesten .Zeiteinheiten iisfcehiuiabspulend, aber von ausführlichster, abendfüllender spiachüebjer.jGestalt'be.' u • vor?Akzeptiert man den Widerspruch, daß die Literatur auch zur Darstellung des Sprachlosen keine anderen Mittel als
Alois Brandstetter kann Latein. Sehr sogar. Er hat es bereits in jenen Jugendtagen gekonnt, als er mit dem lokalen Tierarzt sprach- simpelte(„UndwasheißtNixcapi- tis? Dabei deutete er mit dem Zeigefinger seiner Hand auf seinen Kopf. Ich erwiderte: Wörtlich übersetzt heißt nix capitis, der Schnee des Hauptes, im übertragenen Sinne: weiße Haare. Ausgezeichnet, sagte der Tierarzt und lachte, eminenter, eminenter “), und liebt es auch heute noch. Weshalb er eine halbe Seite seines Buches opfert, um das Gloria („Das Gloria war ursprünglich an sich ein Weihnachtslied“) im vollen
Zwei neue Titel gesellen sich zu den bereits zahlreichen Büchern von Jörg Zink, und in jedem der beiden geht es um eine der drei göttlichen Tugenden. In den „biblischen Reden“ zum Thema Hoffnung, die ihr Entstehen je zurHälfte dem Freiburger deutschen Katholikentag vom Vorjahr und dem diesjährigen Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg verdanken, gewinnt der Autor in ungewöhnlich spannenden exegetischen Meditationen den biblischen Bildern der Hoffnung überraschende und zeitgemäße Aspekte ab.Das andere Buch, das im Titel „Was bleibt, stiften die Liebenden“ Hölderlin
I.Am Klischeebild vom armen Poeten im Dachstübchen, der gegen den durch die schlecht isolierten Fenster pfeifenden Wind, die fällige Miete, die unausgewogene Kost und dergleichen anschreibt, meist spät nachts und knapp vor Redaktionsschluß erst beginnend, ist bedauerlicherweise etwas Wahres: Nur wer die Faust im Nacken spürt, schreibt.Die Faust im Nacken muß nicht unbedingt wie in Faust II in Gestalt von Not, Sorge, Schuld und Mangel auftreten (obwohl auch das vorkommt), es genügt, wenn sie in Form eines sogenannten produktiven Stresses unüberhörbar flüstert: „So ein unaufhaltsam
Max von der Grün ist es in seinem neuen Roman mit dem metaphorischen Titel „Flächenbrand“ gelungen, die Geschichte, die das Leben in der Bundesrepublik Deutschland von heute schrieb (arbeitsloser Maurer, vorübergehend als Friedhofswärter tgjtig, entdeckt neonazistische Aktivitäten und unternimmt erfolgreich etwas dagegen), so zu schreiben, daß die konstruierte Story, die, mit all ihren wie Zahnräder ineinander greifenden Zufällen, gerade nicht „realistisch“ ist, in ihrer Gesamtheit ein viel wirklicheres Bild vom Deutschland der späten siebziger Jahre zeichnet, als es eine
Mit 22 Jahren schrieb Georg Büchner, weil er Geld brauchte, „Leonce und Lena“, um es bei einem Preisausschreiben für das beste deutsche Lustspiel einzureichen. Leider war er zu spät dran und hatte daher keine Gewinnchance. Der nach diesem Stück benannte Preis wird seit 1968 vergeben, seit heuer - beträchtlich erhöht - von der Stadt Darmstadt. 15 Autoren lasen um die Wette, im März, eine Jury richtete, es gewannen: Ludwig Fels, Rolf Kaufs und Rainer Malkow- ski. Anna Jonas erhielt einen Förderungspreis.Ist Darmstadt nun den Lyrikern das, was seit drei Jahren Klagenfurt den
Kann denn aus einem Satz etwas Gutes werden, wenn er schon so anfängt: „Das ist ja das Menschliche an der Kirche, daß …?” - Das Menschliche ist offenbar das, wofür man - wenn schon nicht sich zu schämen, so doch um Nachsicht zu bitten hat: man muß das verstehen, wir sind alle keine Engel, Petrus war ja schließlich auch nur ein Mensch.Ist es nicht verräterisch, daß man den Satz „In allem wurde er erfunden wie ein Mensch” sofort mit dem Zusatz versieht, der sich ja wohl von selber versteht: „ausgenommen der Sünde”, statt sich über die Auszeichnung zu freuen, die dem
Daß Tilmann Moser seine „Lehijahre auf der Couch” (1974) im Untertitel „Bruckstücke” seiner Psychoanalyse genannt hat, wurde in seiner Bedeutung erst richtig klar, als zwei Jahre später ein weiteres Bruchstück erschien: „Gottesvergiftung” (1976). Wenn nun, drei Jahre später, ein weiteres Bruchstück von Mosers analytischer Autobiographie erscheint, wo sich scheinbar ein neues Thema abzeichnet, so ist dazu zu sagen, daß Tilmann Moser diese Auseinandersetzung mit seinem ersten Lebensjahr und mit den durch sehr frühe Trennungen von seiner Mutter verursachten Erschütterungen
Es wäre doch gelacht, wenn die Atomenergie nicht den Zündstoff abgeben könnte für einen Roman, der das, was hinter den verschlossenen Türen der Atomforschungsinstitute von den theoretischen Physikern und deren Auftraggebern wirklich gespielt wird, vor die Kulissen bringt! Und gäbe es einen Autor, der für ein solches Unternehmen besser geeignet wäre als der 1944 in Salzburg geborene und derzeit in Aachen lebende Michael Springer, der in Personalunion sowohl auf dem Gebiet des Schreibens einschlägige Erfahrung besitzt als auch das Institut eines Kernreaktors auf Grund eigener Tätigkeit
Vierzig Jahre Arbeit stecken hinter dem „Lexikon der christlichen Weltliteratur” von Gisbert Kranz, und das bedeutet auf gut biblisch die Arbeit eines ganzen Menschenlebens. Der 1921 in Essen geborene und jetzt in Aachen lebende Autor, der Theologie und Literaturwissenschaft studierte, hat sich mit dem „Thema seines Lebens”, also mit der Frage des Gegenübers und Zueinanders der Bereiche des Christlichen und des Literarischen, in vielerlei Publikationen befaßt; einige davon - wie „Christliche Literatur der Neuzeit” (1959) und „Christliche Literatur der Gegenwart” (1961) oder
Bedenkenlos würde ich ein spärlich bedrucktes, aber lauter erstklassige Aphorismen enthaltendes Büchlein vorziehen, hätte ich zwischen einem solchen und einem ein bißchen stattlicheren Bändchen zu wählen, in welchem auch noch die zweit- und dritt-klassigen stehen geblieben sind -wie in Hanns-Hermann Kerstens „Euphorismen & rosa Reime“, von dem die Tauben im Aschenbrödel so manches ins Kröpfchen gesteckt hätten. Aber eben nicht aus kulinarischen Gründen.Der Autor (oder der Lektor -oder wer auch immer) hat aus Lust am Wortspiel als solchem (oder damit das Buch dicker wird -
Edice Petlice heißt auf deutsch „Edition Riegel“. Dies ist der beziehungsreiche Name der Edition der verbotenen CSSR-Autoren. Jedes Buch „erscheint“ in wenigen Manuskriptabschriften, die vom Autor signiert sind. Seit 1971 erschienen bisher 145 Bände. In dieser „Rie-gel“-Edition erschienen auch die Ceske rozhovory; es handelt sich um eine Sammlung von Interviews, die Jiri Lederer in den Jahren 1975 und 1976 mit verbotenen tschechoslowakischen Autoren gemacht hat und die nun in deutscher Ubersetzung als „Tschechische Gespräche“ bei Rowohlt ersQhiBnentsirid;;Für denn Versuch,
„Götter, Gräber und Gelehrte“, dieses längst zum Warenzeichen für ein ganzes Genre avancierte Buch von C. W. Ceram, „das sich wie ein Roman liest, muß wegen zahlreicher Ungenauigkeiten und einer zuweilen zügellosen Phantasie mit einiger Vorsicht gehandhabt werden.“ Solch kritisches Urteü über ein Sachbuch, das sich wie ein Roman liest, steht in einem Roman, der sich wie ein Sachbuch hest: auf S. 349 von „Der Glanz des Reiches“.Stünde nicht gleich unter dem Titel des Buches das harte Wort Roman, könnte man in der Tat den dickleibigen Schmöker mit seinen Landkarten,
Im traurigen Monat November (präzis: am 16.11.1976) war's, da entzogen die DDR-Behörden (auf daß die Schrift - Heinrich Heines - erfüllt würde) dem Autor Wolf Biermann das Recht auf weiteren Aufenthalt in der Deutschen Demokratischen Republik; und am 17.11.1976, also tags darauf, protestierten einige DDR-Autoren (unter ihnen Rolf Schneider) gegen diese Ausbürgerung ihres Kollegen.„Wenn er später daran zurückdachte, mußte er sich sagen, daß wohl alles mit dem Unfall begonnen habe ...“ - Wüßte man nicht, was für ein Buch man da in der Hand hält, würde man unbefan-, gen lesend
I. Alles auf der Welt hat seine Zeit, • manches sein Jahr, und etliches seinen Tag. - Das erste belegt der Prediger (vgl. Koh 3,1—15), das zweite im Augenblick das Kind, und das dritte wird schließlich (u. a.) durch die Lyrik belegt, von welcher im folgenden anläßlich des Tags der Lyrik die Rede sein soll, und zwar in prosaischer Form.Wäre von der Lyrik in lyrischer Form die Rede, so gälte es zum Beispiel, den Tag der Lyrik unter dem Aspekt des Feierns zu betrachten und darzustellen: der Tag der Lyrik wäre der Feiertag des Lyrik, und zwar -in aktiver wie passiver Hinsicht. Die Lyrik
„Januskopf nennt sich eine vom Wr. Neustädter Literaturkreis herausgegebene Autorenreihe, und entsprechend ,janus-köpfig“ tritt auch gleich das erste Buch mit Prosa von Karl E- Jezek auf: ernsthaft feuilletonistisch blickt es in die eine, humoristisch zwinkert es in die andere Richtung. Schon der Titel ein Verwirrspiel: „Ist das ein Buch“ steht, ohne Satzzeichen, auf dem Buchumschlag. - Ist es eine Frage, ist esein Ausruf? - Es ist Janus, der auf Blickfang aus ist.Das Buch beginnt übermütig, parodistisch, blödelnd. Das erste Gesicht, das man von Jezeks Ja-nuskopfprosa zu sehen
„Wer ist mein Nächster? - 70 Autoren antworten auf eine zeitgemäße Frage“ - Das von Inge Meidinger-Geise herausgegebene Buch ist zweierlei: Anthologie und Enquete. Es versammelt Textbeispiele und Statements zum Thema „Der Nächste“.Vermutlich liegt es ebenso an der Art der Fragestellung wie an der Auswahl der Autoren, daß die Antworten - in ihrer Grundtendenz wenigstens - kaum kontrovers ausfallen: Keiner der Autoren bestreitet, daß es in seinem Werk Bezugspunkte zum Begriff des „Nächsten“ gibt, einige bejahen die Frage emphatisch. Auch hinsichtlich der Gültigkeit dieses
Mit dem dezidierten Anspruch, anspruchsvolle Literatur zu bieten, trat der Rhombus-Verlag vor einem halben Jahr an das Licht der Öffentlichkeit. Der auf den ersten Blick ebenso kokett wie aggressiv anmutende, in jedem Fall werbewirksame Slogan sprach offen ein Reizwort aus: gute Literatur. Was soll das sein, wo allenthalben „Literatur“ zu einem Hilfsausdruck degeneriert ist und lediglich als ein pragmatisches Kürzel brauchbar erscheint (Literatur als das Geschriebene: von Goethe bis zum Geschenkten Gaul, von Adorno bis Asterix) und wo es hinsichtlich der Qualität von Literatur - in
„Es ist die Höflichkeit Tannhäu-sers, Wagner die Beschämung zu ersparen, sich für gescheiter zu halten als seinen Helden.“(Theodor W. Adorno)Fast schon alle Mittel, mich zurückzuhalten, hat Venus bereits ohne Erfolg angewandt: Hetzpropaganda, offene Drohung, Schmeichelei, Vorwürfe. Nun greift sie zum letzten und, wie sie meint, wirksamsten Mittel: zur Be-zirzung. „Mit leiser Stimme beginnend“, wie Herr Wagner vorschreibt, umgirrt sie mich: „Geliebter, komm! Sieh dort die Grotte, von ros'gen Düften mild durchwallt! Entzücken bot' selbst einem Gotte der süß'sten Freuden
Brecht nannte, boshaft-charmant, den Wind einen Katholiken: weil sich der noch um Zusammenhänge bemühe. Und wenn das um Zusammenhänge bemühte theologische, nicht bloß katholische Interesse an der Literatur von einem neuen Wind erfrischt wird, ist das Verhältnis der Theologen zu den Dichtern gewiß nicht mehr jene windige Sache, die sie ehedem war, als das christliche Bewußtsein noch vom hohen Roß selbstherrlichen Wahrheitsbesitzes auf den Schriftsteller herniederblickte und ihm mit Hilfe von Zensur und Index auf die Finger sah und klopfte.Der sogenannte Dialog zwischen Literatur und