Liegewagen; Zimmerchen neben Zimmerchen zwei mal drei Lagen Menschen, wie leicht man in eine Notgemeinschaft gerät! (so leicht macht es einem jeden das Dunkel, mit Fremden, die ihm fremd bleiben sollen, die Intimität der Schlafatemzüge zu teilen, Gehuste ober mir, von dem befremdlichen Kriegszeitwort „Kinder-Landverschickung“ aufgehellt, das mir damals, als ginge es in ein Kinderland, als Tarnung von so Unschuldigem wie „Heimweh“ Angst gemacht hat, und so und so mich drehend, wird es mirimmer richtiger, wie sich ein Herr der Kultur den Romantitel „Le Madone des sleepings“
Daß die Stunde des Abfluges näher rückt, ist einer simplen Uhr abzulesen, etwa zehn Kleiderständern, die um uns in einer Raststätte zuwartende Reisegruppe immer enger zusammenrücken,und so übe ich mich anhand meiner Gepäckstücke im Zählen: gleichgültig, welchen Auszählreim ich dazu verwende, meineRucksäcke werden immer um einen mehr, Ubergewicht, das dann schuld ist, daß die Riemen und die Schnüre reißen; so gilt es sich zu besinnen, wie man Schuhbänder zusammenknüpft.langsam wird es Zeit!, höre ich eines der vielen Kinder sagen, wie gut, daß man als Erwachsener sich um
Kaum daß man, verblüfft, was einem da aus der Unterwelt entgegenhallt, in die Metro-Station hinabgestiegen ist, einen kindlichen Augenblick lang überlegend, wie denn da unten ein ganzes Orchester Platz fände, wie zusammengedrängt,macht einen der junge Mann, reizend anzusehen in seinem schwarzen Frack, mit schönen, vor einem Notenpult ausgeführten Bewegungen eine kindischeEnttäuschung und mit ihr auch die Frechheit vergessen, daß er bloß die Tonbandwiedergabe eines von einem großen Dirigenten dirigierten Orchesters dirigiert, an der C-Dur-Symphonie von Schubert keck ausgeführter
In einer gemeinsamen Veranstaltung wollten Katholiken, Evangelische und Israelitische Kultusgemeinde „dem Ungeist der Zeit widerstreiten“ (s. Seite 5).
Selbstverständlich müssen die Köche und Kellner, die ihren Dienst bei den Festakten, feierlichen Eröffnungen, Empfängen und dergleichen Zusammenkünften tun, zu welchen die Herrschaften aus Politik, Wirtschaft, Kultur und so weiter dazugehörig Befundene so gerne .bitten', einigermaßen Bescheid wissen, wie viel gegessen und getrunken werden wird, auch soll niemand während der reichhaltigen Einleitungsworte, Eröffnungsreden undFestansprachen stehen müssen, und es begrüßen ja auch die zu solch festlichen Anlässen Gebete-nen die für beide Seiten zeitsparende Usance, daß der mehr
Die vorösterliche Zeit. Das Aschermittwoch-Aschenkreuz dem mit Ochsenblut bestrichenen Türpfosten verwandt, die den Schlächterengel abhalten: es mit dem Totenschauder des Totengedenkens an seiner Stirn zu sehen als den Staub, der man werden würde, hat den Tod in nie erreichbare Ferne gerückt.Mehr als das Aschenkreuz, mehr als die unter deinem Fenster sich sammelnden, schwarz-weiß gekleideten Ministranten, mehr als die wie eine Rodel hinter der Kirche lehnende Totenbahre, mehr als die von ihrer Wiese in den Ernst des Lebens geholten Leichenpferde, mehr als die in Mutproben aufgesuchte
Eine Art-Exhibition, seit einem Jahr auf Tournee durch die Vereinigten Staaten, zeige als besondere Sensation neben Cellinis „Salzfaß“, dargestellt von zwei goldlackierten Nackten, Leonardos Abendmahl, ebenfalls als lebendes Bild: hinter einem Vorhang würden sich, der Vorlage entsprechend, dreizehn kostümierte Männer anordnen, alle paar Minuten gehe dann vor dem Besucherstrom der Vorhang nieder, damit sie sich vor der Betrachtung durch die nächste Gruppe ein bißchen rühren und ausruhen könnten, für diese Art von Kunst werde in Amerika Eintritt gezahlt. Monate vorher seien in ...
Ein Gekreuzigter am Rand einer blühenden Wiese, zu seinen Füßen ein Rosenstrauß aus Kunststoff^ aber das hat schon seine Richtigkeit: Er, der, kaum auferstanden, schon wieder da- y hängt, darf auch nicht welken und verblühen.Sind die Gekreuzigten eine Domäne der Bildschnitzer, weil nur, wer in weiches Material schneidet, solchen Leiden gerecht werden kann? (Wenig später darfst du eine Verwunderung lang vergessen, daß all diese Gekreuzigten eine sadistische Zur-Schaustellung sind körperlicher Schmerzen: ein Kind tritt an ihn heran, streckt sich und läßt sich von seiner Mutter
An potentielle Leser denke ich schreibend unter anderem nicht, weil ich zuerst einmal darauf vertraue, daß ■ das, was mir so nahe geht oder mif so merkwürdig ist, daß ich darüber schreiben muß, auch andere, sofern es adäquat transformiert worden ist, bewegen wird, im Idealfall als ein: „Ähnliches hat mich auch schon angerührt, ich habe es nur nicht so ernst genommen/ ich hätte es nur nicht so wiedergeben können!" denn ich vertraue darauf, daß scheinbar subjektive Beobachtungen und Erfahrungen eines Künstlers, auch seine Ängste, Spiegelbilder, Zerrbilder oder
Ich finde mir ein leeres Coupe, setze mich ans Fenster, aber noch ehe der Zug anfährt, führt der Schaffner einen Blinden herein, einen jüngeren Mann, mithilfe der Versicherung, daß bis auf meinen Platz alles frei sei, gebe ich mich ihm als Mitreisende zu erkennen, und er entscheidet sich, vom Schaffner zuerst auf den Mittelsitz der anderen Reihe bugsiert, für den Platz neben der Tür, also für höchstens einseitige Behinderung durch einen Nachbarn (daß er sich genau so gut ans Fenster setzen können hätte und daß sich dies, auch wenn ein Fensterplatz keine Verpflichtung enthält, wie
in einer Ausstellung ,Die Kunst der Nazarener' auf die Zeichnung eines Nazareners zutretend, suche ich nach den wenigen mir bekannten Bildern, die (wie zum Beispiel die Abbildung im Katechismus meiner Schulzeit) Jesus in der Werkstatt seines zweiten Vaters zeigen - meist steht der Knabe untätig da, schaut Joseph beim Hobeln zu und ist durch seine Untätigkeit ein Fremder in dieser Arbeitswelt, vielleicht sogar einer, der längst weiß, daß er, der im Tempel die Schriftgelehrten zu seinem künftigen Glauben bekehren will, die Tischlerei dieses Vaters nie übernehmen wirdund dann macht mir die
Dies ist die Geschichte des letzten Wochenendes vom Jänner 1974, welches ich, von Gertrud Frank, der damaligen Lektorin des Residenz-Verlages, eingeladen, in Salzburg verbrachte, um mit ihr an Mozarts Geburts- oder Todestag ein Konzert zu besuchen, nämlich die Geschichte der Stunden, in denen die Zeit immer wieder stehenblieb oder zurücksprang, umstellt von Traumtraurigkeit, Todesahnungen und dem Halbschlafspiel mit Ängsten (wie zum Beispiel mit Vermutungen über ein bevorstehendes Initiationsritual): Ubernächtigkeit und die Unaussprechlichkeit einer an sich unverfänglichen Frage mag
Sie sind doch der diensthabende Amtsarzt, bin ich, das Dokument in der Hand, im Begriff zu sagen, ich versteh zwar nichts von der Feststellung der Todesursache und ihrer Verläßlichkeit, noch dazu, wenn keine Autopsie vorgenommen worden ist, aber da kann doch etwas nicht stimmen: entweder ist die Diagnose Ihres Herrn Kollegen, ich kann den Namenszug nicht lesen, nicht aufrechtzuerhalten oder die Ihre, oder wollen Sie mir erklären, wie denn Unklarheit darüber bestehen kann, ob ein-und dieselbe Person im Gebirge erfroren ist — die Einschränkung: „möglicherweise als Unfall getarnter
in einem Exklusiv-Interview, das die junge und schöne Herzogin von ... unserem Korrespondenten wäh-rena eines Feuerwerks anläßlich der Tauffeier ihres ersten Sohnes gewährt hat, ist sie unserer Bitte, das Interview ihrer Mutter, welches diese anläßlich der Traumhochzeit gegeben hatte, zu ergänzen, bereitwillig nachgekommen; es sei in Auszügen wiedergegeben.bekanntlich habe sie vor zwei Jahren ganz gegen ihre Gewohnheit ein Lexikon aufgeschlagen, wobei ihr Blick auf das Stichwort ,Marante', Schloß in..., dessen Name ihr nichts gesagt habe, gefallen sei, habe ebenso zufällig die
Fritz W.entweder ein älterer Bruder rothaariger Stotterer, oder Irci Vor- oder Frühstadiuni der ihm selbst noch verborgenen Anomalie das Märchen von der Seejungfrau vom Mann ohne Schatten mit allen Konsequenzen erzählt bekommen — ansonsten die geistesgegenwärtige Reaktion bei der Entdeckung und der ökonomische Umgang auf Jahre unerklärlich.beim ersten Versuch (und zu diesem, als ob er es bereits ahnte, erst nach mehreren Ermunterungen bereit) auf einer der von den Schulkameraden auf Dezemberwegen auf dem Januarteich angelegten Schleifen oder beim Filzpantoffelwettbewerb über den
natürlich habe ich weder meine Kindheit nur im Freien verbracht, noch hat es zu Hause nur Jagdliteratur und Tierärztehandbücher gegeben — trotzdem habe ich, so wichtig mir auch einige Bücher geworden und geblieben sind, Literatur nie richtig zu lesen erlernt, ja eine Abneigung gegen das Lesen behalten, so gern ich in kunstgeschichtlichen Büchern beliebiger Epochen blättere: bisweilen raffe ich mich auf, in Zwanzigseitenproben festzustellen, wie die großen Stilisten die Wirklichkeit zu etwas Geschriebenem machen (um dann ungeduldig zu meinen Arbeiten zurückzukehren), aber die