(Theater in der Josefstadt, Wien: „Der einsame Weg" von Arthur Schnitzler.) Ein seltsames Stück, dieses Schauspiel „Der einsame Weg" das, vom Theater in der Josefstadt aufgeführt, bei den Bregen-zer Festspielen Premiere hatte und nun im Wiener Haus zu sehen ist.Da geht es gar nicht so sehr um Begebnisse im Familienbereich eines Akademieprofessors, es geht hier bereits um das letztlich Beziehungslose im scheinbaren Zueinander. Vollends wird die Wirklichkeit entwirklicht, nahezu alles ist Erinnerung, allenfalls vorweggenommene Zukunft, die Zeitvorstellung löst sich auf. Es ist
(Volkstheater, Wien) Ein Land erschreckender Armut, imaginäres Klima des 17. Jahrhunderts. Ursache der allgemeinen Not ist in der derzeit am Volkstheater aufgeführten, lose gefügten szenischen Parabel „Das Bündel" oder „Neuer schmaler Weg in den tiefen Norden" von Edward Bond, der ungebändigte Fluß, der dem Menschen die Habe, die Existenzmöglichkeiten fortschwemmt. Der reiche Grundherr, dem alles Land gehört, überläßt die Menschen ihrem Elend.Der vom Grundherrn als Richter eingesetzte Dichter Bascho wird nicht zum ersehnten Retter. Menschlichkeit, die bloß hofft,
(Volkstheater, Wien) Auch in einer kommunistischen Bauerngemeinde geschieht „fortschrittlich" etwas für Kultur und Bildung. Wie geht das zu? Das zeigt derzeit die im Volkstheater aufgeführte groteske Tragödie „Hamlet in Unterschlammdorf' von dem kroatischen Dramatiker Ivo Bre-schan. In diesem kroatischen Dorf mit dem ins Deutsche übersetzten Namen wird von den Bewohnern Shakespeares Tragödie einstudiert. In einer vom Lehrer unter Widerstreben kraß vulgarisierten und stramm auf Klassenkampf ausgerichteten Fassung. Witziger Gegensatz zu Shakespeare.Hiezu kommt ein vorzüglicher
Arthur Schnitzler schätzen wir heute vor allem als Dramatiker, da seine Stücke immer wieder gespielt werden und immer wieder zur Auseinandersetzung anregen. In dem Buch von Hartmut Schei- ble „Arthur Schnitzler und die Aufklärung” sind aber nur wenige Stücke erwähnt und die Frage der Aufklärung ist keineswegs ausschließliches Thema der Ausführungen. Vorzüglich wird die Beziehung zu Freud dargestellt und aufgezeigt, daß Schnitzler einiges der Freudschen Traumlehre vorwegnahm.Der umfangreiche Briefwechsel mit Hofmannsthal ist anderwärts veröffentlicht, hier erfahrt man aus den
Mit der Gründung des Burgtheaters als deutsches Nationaltheater verband Josef II. im Jahr 1776 eine Theaterreform, die den Schauspielern dieser Bühne Selbstverwaltung gab, so daß sie in wöchentlichen Versammlungen über den Spielplan und die Besetzung selbst entschieden, was mehr war als nach heutigen Begriffen Mitbestimmung. Mit einem gewissen Stolz bot er gleichzeitig „Spektakelfreiheit“, die bald zur Gründung der theatergeschichtlich bedeutenden Wiener Vorstadtbühnen führte. Über all das berichtet der Wiener Theaterwissenschaftler Franz Hadamovsky einleitend in seiner
Die Wienerin Elisabeth Bergner, deren große Erfolge in den dreißiger Jahren sich später in England und Amerika fortsetzten, lehnte es sogar dem Kritiker Alfred Kerr gegenüber ab, ein Buch über sie zu schreiben. Nun schrieb es die Achtzigjährige selbst: „Bewundert viel und viel gescholten...“ Und es wirkt so unmittelbar, als ob sie vor einem säße und nun erzählen würde, woran sie sich erinnert. Etwa wie sie Klabund zum Schreiben des „Kreidekreis“ anregte und ihm dadurch das Leben rettete, wie sie den Konjunktur-Antisemiten Werner Krauß aus Wut in der Themse beinahe ertränkt
(Volkstheater, Wien.) Woran ging die osterreichisch-ungari-sche Monarchic zugrunde? Das zeigt iiberaus eindrucksvoll das 1932 entstandene Drama „Kaiser Franz Joseph I. von Osterreich“ von Richard Duschinsky, das der-zeit im Rahmen der heurigen, vor allem die Zeit Wiens zwischen 1848 und 1918 vorfuhrenden Wiener Festwochen im Volkstheater wiedergegeben wird.In 13 Bildern erstehen die un-geheuren inneren Spannungen dieses Staates, vor allem die hefti-gen Streitigkeiten unter den einzelnen Nationen und Parteien. In diesem Gewoge elementarer Krafte zeigt Duschinsky zwei ge-gensatzliche
(Volkstheater, Wien), Nestroys Possen werden doch wohl im Volkstheater am besten gespielt. Da ambessert kein aufdringlicher Gag wie man das im Akadiemie-theater sah. Gustav Manker läßt als Regisseur Nestroy durch sich wirken, ohne jedwede nur fehl eingesetzte Ubersteigerung. Und der Nestroysche Witz? Für einen einzigen de premiere qualite würde ein Kunstsachverständiger eine Million gewöhnlicher Jamben hingeben, meinte Hebbel, allerdings vor der „Judith-Travestie. Dieser Witz kommt durch Manker zu richtiger Geltung.Diesmal wird zunächst die Posse „Frühere Verhältnisse“ gegeben,
Im Werk von Bertolt Brecht fällt die Häufigkeit des Wortes „Gott“, die Verwendung religiöser Termini auf. Brecht geht es aber, wie Hans Pabst in seinem Buch „Brecht und die Religion“ aufzeigt, nicht um die Existenz Gottes, sondern nur um das Verhalten des religiösen Menschen. Glaube, Opfer, Trost, Gebet, Innerlichkeit sind seiner Meinung nach Hindernisse der Realitätsbewältigung. Durch den Glauben an Gott werde die Schaffung eines besseren Diesseits unmöglichr'die Vertröstung der Massen auf ein ewiges Heil bringe Profit für die Kapitalisten. Es helfe nur Gewalt.Brecht bejaht
Es wirkte fast als Sensation als bei dem von der „Wiener Dramaturgie“ unter dem Motto „Der Schauspieler im Theater der Gegenwart“ veranstalteten 5. österreichischen Theatertag der Regisseur Adolf Dresen, Wien/Hamburg, erklärte, es seien die glücklichsten Zeiten des Theaters gewesen als es noch keine Regisseure gab.Dresens Anwendung auf heute: Der Beruf des Regisseurs verlange Selbstaufhebung. Dagegen bieten viele Regisseure seiner Meinung nach Originalität um ihrer selbst willen, streben nach immer mehr Niedagewesenem, sind neuen Moden hörig. Es entstehe aber ein Konformismus der
Gustav Pichler entdeckte in der Wiener Stadtbibliothek eine Theaterhandschrift von dem Textverfasser der „Zauberflöte“, Emanuel Schikaneder, das bisher ungedruckte, 1793 uraufgeführte Lustspiel „Die Fiaker in Baaden“, Fortsetzung der beiden verlorengegangenen ersten Teile der Trio-logie „Die Fiaker,in Wien“. Es ist nun von Pichler in fehlenden und unleserlichen Stellen geschickt ergänzt und insgesamt eingerichtet, als Almanach der Raimundgesellschaft im Bergland Verlag erschienen.Thematisch erweist sich Schikaneder, von dem etwa hundert Stücke stammen, schon in seinem ersten
(Volkstheater, Wien) Geht uns der Adelsdünkel aus der Monarchie noch etwas an? In dem Lustspiel „Olympia“ von Franz Molnär, das derzeit im Volkstheater zu sehen ist, begibt es sich, daß der adelige Hochmut der jungen Fürstin Olympia durch den Husarenrittmeister Barna, den sie hebt und, weil er abgrundtief unter ihr steht, trotzdem verletzt, die verdiente Abfuhr erhält.Es amüsiert uns, daß diese allerhöchsten Herrschaften glaubten, unter dem vermeintlich ständigen Blick aus den kalten blauen Augen Seiner Majestät das Kaiserhaus zu repräsentieren, wie sich die Damen aus diesem
Die Beziehung des Burgschauspielers Raoul Aslan zu seinem um zwanzig Jahre jüngeren Kollegen Tonio Riedl war in Wien stadtbekannt Als Riedl während des letzten Weltkriegs auswärts weilte, im Engagement, als Soldat, entstand in viereinhalb Jahren ein Briefwechsel, der nun von Margarete Gruber in über fünfhundert Seiten vorgelegt wird. Sie spricht von einem Ineinan-derwachsen zweier Menschen, die füreinander geschaffen waren. Das bestätigt sich hier Seite für Seite. Liebe zwischen Mann und Mann kann ebenso tief greifen wie tiefste Liebe zwischen Mann und Frau. Nur gelegentlich stellt
In Cihcinnati, Ohio, einer Stadt kleiner als Wien, fand an vier Tagen des Frühjahres 1976 eine Internationale Lessing-Konferenz statt. Wien war durch Wolfgang Martens vertreten. Fünf Vorträge und siebzehn Referate, die zusätzlich bei vier Podiumsgesprächen gehalten wurden, sind nun in einem Band „Lessing in heutiger Sicht“ vereint. Die Tagung ergab, daß dieser eigentliche Begründer der deutschen Literatur zwar immer aktuell war, es aber heute besonders „intensiv“ sei. Als ein „schwieriger, unbequemer, umstrittener“ Klassiker lasse er sich immer wieder neu entdecken, er
Der Italiener Dario Fo ist im letzten Halbjahr der meistgespielte ausländische Gegenwartsautor der BRD, zwei Stücke wurden von ihm in Wien aufgeführt. Er leitet eine Truppe, betätigt sich als Regisseur, Bühnenbildner, Kostümentwerfer, Hauptdarsteller. In dem Bändchen „Dario Fo über Dario Fo“ sind zwei umfangreiche Interviews wiedergegeben, von Erminia Artese und von dem Herausgeber Hannes Heer mit ihm, die klar seine Einstellung zum Theater dartun. Dazu äußert sich auch der Herausgeber.Dario Fo stellt sein Theater in den Dienst der italienischen revolutionären Bewegung, es geht
Es ist geraume Zeit her, seit die letzte „Biennale christlicher Kunst“ stattfand. Es fehlte in der Folge an ausstellbaren Werken. Gibt es in unserer vom Rationalismus und Materialismus beherrschten Zeit keine religiöse Kunst? Da überrascht eine kleine Ausstellung „Sakrale Kunst heute“ des Katholischen Bildungswerks im österreichischen Kulturzentrum, Palais Palffy, bei der es darum ging, Akzente zu setzen. Von den sechs Ausstellern sind vier Leiter der Meisterschulen an der Wiener Akademie der bildenden Künste.Am stärksten beeindrucken Radierungen von Anton Lehmden, die in der
Ist der Schauspieler als Mensch gesichtslos? Ernst Schröder befragt sich danach immer wieder in seinem Buch „Das Leben - verspielt“, es geht ihm um die Erkenntnis des von den gestalteten Figuren verdeckten eigenen Wesens. Trotz der gewaltigen Erfolge als Schauspieler, als Regisseur, nicht nur in der Bundesrepublik, trieb es ihn, als er in Bonds „Lear“ die Titelgestalt ohne das eigene * Gesicht spielen mußte, von der Als-ob-Welt des Theaters weg. Schröder hat aber das Leben keineswegs verspielt, da gibt es nichts von der „Erbsünde des Schauspielers“, der Eitelkeit, wie in den
(Theater in der Josefstadt) Der Mann mit dem Monokel, der die altösterreichische Hocharistokratie mit leicht ironischer Hochachtung liebte, hatte seine Einstellung zu ihr verändert, als er ein Vierteljahrhundert nach dem Untergang der Monarchie in New York sein letztes Stück, das Spiel „Panoptikum“, schrieb, das derzeit in einer Neuinszenierung im Theater in der Josefstadt zu sehen ist. Nun sind die „Hochgeborenen“ in einem Vorspiel lediglich Wachsfiguren, Abstrusitäten eines Panoptikums. Der Botschafter in Rom ist ein Dummkopf.Der charmante Molnär von einst rächt sich an dem New
Seit Jahrhunderten, seit den Zeiten des Markus Sittikus weckt der Name Hellbrunn die Vorstellung beschwingter Festfreude. Haben wir auch nicht mehr das pralle Lebensgefühl des Barock, so ist es doch erfreulich, daß seit acht Jahren dieses und der wundervolle Park, wenigstens an ein paar Tagen im Sommer, durch das, „Fest in Hellbrunn” seiner ursprünglichen Bestimmung wiedergegeben wird.Heuer hat Oscar Fritz Schuh, der künstlerische Leiter des Festes und Regisseur der Aufführungen im berühmten Steintheater am Heilbrunner Park und der zahlreichen im Park, den Darbietungen erstmals ein
Ausschnitte aus den Werken von Fritz von Herzmanovsky-Orlando bietet heuer das Salzburger Straßentheater. Oskar Fritz Schuh und Friedrich Torberg haben unter dem Titel „Reise nach Tarockanien” eine Collage erarbeitet. Diese Ausschnitte bringen die komödiantischesten Szenenteile, werden begleitet von einer Conference, die, von Torberg verfaßt, über das oft köstlich Abstruse Altösterreichs informiert, so daß die witzigen Übersteigerungen Herzmanovsky-Orlandos ins Kauzige auch von Zuschauern aus dem Ausland gewürdigt werden können.Da unterhält sich Kaiser Franz Joseph an die
In dem Zauberspiel „Die gefesselte Phantasie“, das derzeit im Theater in der Josestadt gegeben wird, geht es Ferdinand Raimund um die Phantasie als Zentralkraft des wahren Bühnendichters im Gegensatz zum Autor hochgestochenen Bildungstheaters, in dem verständliche Elemente vorherr: sehen.Im Wirtshausharfenisten Nachtigall, dem Kind des Volkes, und im Dichter Amphio, der durch seine Dichtung die Liebe der Königin Hermione gewinnt, vereint Raimund seine eigene Position als Dichter, stellt sie in Gegensatz zu der des Hofpoeten Distichon, eines beckmesserischen Literaten, den er lächerlich
Die Wiener Tradition, übernational zu wirken, scheint sich fortzusetzen. Jedenfalls ist Wien die einzige Stadt am Kontinent mit zwei englischsprachigen Theatern. Nun wurde von Ivan Zupa im Verein mit dem Volksgruppen-Institut in Rust unter dem Titel „Prolog“ auch ein slawisches Theater gegründet, das im Theater im Künstlerhaus das Einpersonendrama „Klytämnestra“ von Marijan Matkovic zuerst kroatisch und dann als deutschsprachige Erstaufführung darbot.Der 63jährige Marijan Matkovic ist der fruchtbarste lebende kroatische Dramatiker. Er hat in Wien und Paris studiert, war Intendant
Die mehr als fünfzig Jahre alte Komödie „Christoph Kolumbus oder die Entdeckung Amerikas“, die derzeit vom Theater der Jugend im Renaissancetheater aufgeführt wird, weckt zunächst durch die Autorennamen schmerzliche Gefühle. Walter Hasenclever und Kurt Tucholsky haben sie verfaßt, Jura Soyfer bearbeitete sie 1937 unter dem Titel „Broadwaymelodie 1492“. Alle drei sind mittelbar oder unmittelbar durch den Nationalsozialismus umgekommen.Welch ein Gegensatz zwischen dem Schicksal der drei Autoren und der Frische und Lebendigkeit der revuehaften, locker geknüpften Komödie mit ihren
In letzter Zeit haben Regisseure, die durch eigenwillige Inszenierungen auf sich aufmerksam machten, unter Ibsens Stücken den Vierakter „Hedda Gabler“ auffallend bevorzugt.Hedda Gabler wurde zur Zeit der Jahrhundertwende als die häßlichste und abschreckendste von Ibsens Gestalten, ja als Monstrum bezeichnet. Sie verbrennt das neue Werk des genialischen, aber haltlosen Lövborg, den sie geliebt hat. Sie verbrennt das Manuskript, obwohl es keine Abschrift gibt, obwohl der zu erwartende Erfolg ihm endlich Halt geben könnte. Sie tut es auch aus Neid auf ihre einstige Institutskameradin
Einst wurden die Theater Kinos. Nun wurde ein eingegangenes Kino in Wiens Porzellangasse „Schauspielhaus“, und eine weitere Theater-Kino-Theater-Rückverwandlung ist im Gespräch. Das für Hans Gratzerim ehemaligen Heimatkino eingerichtete Theater ist alles andere als eine Kellerbühne, obwohl man über Stiegen hinunter muß. Es ist räumlich wie personell, vor allem aber den Ambitionen und dem Paukenschlag-Start nach ein sogenanntes mittleres Theater. (Sieben Premieren in wenigen Wochen, drei davon an einem einzigen Abend, drei deutschsprachige und zwei österreichische Erstaufführungen, eine Uraufführung!) Der Spielplan bringt nicht nur Neues - manches davon verspricht Provokation, wird anecken. Hoffentlich.
Bei der Eröffnung gab sich die Kulturprominenz Stelldichein, von Sinowatz bis Molden, von Benning bis Heller. Glühbirnen säumen den Balkon (den des Theaters, nicht den vpn Genet) und verbreiten einen Hauch von Variete. Manches wirkt improvisiert, selbstgemacht. Der Saal präsentierte sich mit Zentralbühne und Sitzblöcken an allen vier Seiten - es heißt aber, daß man auch ein Guckkastentheater draus machen kann. Demnach wäre nichts festgelegt, alles offen — räumlich, intellektuell und überhaupt. Hoffen wir also auf viele Anlässe für Auseinandersetzungen von der produktiven Sorte. H. B.
Die Einstellungen zu den Stücken ändern sich. Als das Schauspiel „Der Prinz von Homburg“ von Heinrich von Kleist, jetzt wieder im Burgtheater, an eben dieser Bühne 1821, zehn Jahre nach dem Freitod des Dichters, zur Uraufführung gelangte, wurde es auf Betreiben von Erzherzog Karl nach vier Wiederholungen abgesetztWeshalb? Ein General durfte keine Angst vor dem Tod zeigen, wie dies beim Prinzen der Fall ist, er durfte kein Träumer, kein Nachtwandler, keiner sein, der in Ohnmacht fällt. Wir dagegen schätzen bei Kleists Sieger von Fehrbellin gerade die verständlichen, sehr
Unter den Vorarbeiten von ödön von Horväth zu dem erfolgreichen Volksstück „Kasimir und Karohne“ gibt es Szenen, die er dann nicht verwendete. Traugott Krischke, der Verwalter des Horväthschen literarischen Nachlasses, ist der Meinung, daß diese Szenen keineswegs als verworfen anzusehen, seien, weshalb es, erst recht bedingt durch ihre Qualität, schade wäre, sie nicht zu spielen.So hat Krischke das Vorhandene vereint und durchaus im Horväthschen Sinn ergänzt, wobei das Hinzugefügte mit weniger als zehn Prozent beziffert wird. Es entstand ein neues Stück mit Horväth als Autor,
Erstaunlich, wie treffend Bertolt Brecht in „Furcht und Elend des Dritten Reichs“ die Situation in Deutschland vor dem letzten Krieg darstellte, obwohl er diese Szenen in der Emigration geschrieben hat. Die Uraufführung fand in Paris 1937 unter seiner Regie statt. Derzeit wird die Reihe im Experiment am Liechtenwerd gespielt. Sie wieder darzubieten, obwohl sie in Wien schon mehrfach zu sehen war, ist berechtigt. Die geschilderten Zustände sind aktuell, wenn auch nicht bei uns.Von den 24 reportagehaft wirkenden, voneinander unabhängigen Szenen werden zehn vorgeführt. Das Grauen
Es gibt nur noch sehr wenige Boulevardautoren. Dazu gehört der 39jährige Engländer Alan Ayckbourn, von dem eines Tages in London gleichzeitig fünf verschiedene Stücke gespielt wurden, was sich dort bis dahin noch nie ereignet hatte. Großen Erfolg erreichten drei Komödien unter dem gemeinsamen Titel „Normans Eroberungen“, von denen die erste, „Tischmanieren“, jetzt im Theater in der Josefstadt zu sehen ist - der nächste Ayckbourn folgt aber auf dem Fuße.
Bertolt Brecht hat für seine als Lustspiel bezeichnete Szenenfolge „Mann ist Mann“ aus dem Jahr 1926 unter dem Titel „Das Elefantenkalb“ ein in Wien unaufgeführtes „Zwischenspiel für das Foyer“ geschrieben, das vom Ensemble Theater im Konzerthaus der derzeitigen Wiedergabe dieser Szenenfolge vorangestellt wird.Der Mond verklagt das Elefantenkalb, seine, die kälbische Mutter ermordet zu haben, obwohl sie lebendig danebensteht. Und der Bananenbaum erklärt das Elefantenkalb für schuldig. Das wirkt zunächst verwirrend, unsinnig. Zunächst. Wo verurteilt werden soll, sind immer
Revolutionen ermöglichen rasante Aufstiege. Das war zu allen Zeiten so, in unserem Jahrhundert wie in der Napoleonischen Ära, in der die 85 Jahre alte Komödie „Madame Sans-Gene“ von Victorien Sardou und Emile Moreau spielt, die das Volkstheater wieder herausbringt. Solch ein Aufstieg interessiert, gar wenn es sich um eine Frau handelt. Die Wäscherin Catherine Hübscher, die auch zeitweilig Marketenderin war, wird Herzogin.Es ist reizvoll, die Mächtigen dieser Erde in ihren Anfangen zu sehen, hier Fouche und auch Napoleon, die bei Catherine ihre Wäsche abholen und der Gutherzigen das
Die irischen Dichter haben Rang. Das gilt auch für Oliver Goldsmith, dessen berühmten Roman „Der Pfarrer von Wakefield“ Goethe für den besten aller Zeiten erklärte. Goldsmith starb jung, mit 46 Jahren, ein Jahr vor seinem Tod schrieb er die Komödie „Irrtümer einer Nacht oder Wie sie das Spiel gewinnt“, die 1784, elf Jahre nach der Uraufführung, im Burgtheater gespielt wurde und sich da bis 1837 im Spielplan hielt. Nach fast eineinhalb Jahrhunderten wird sie, nun von Richard Urbach stückgerecht übersetzt, im Burgtheater neuerlich dargeboten.Ist das ein irischer- Marivaux?
Nicht nur die Entstehungszeit, sondern auch die Haltung verbindet „Tabula rasa“ von Sternheim und „Gesellschaft“ von Galsworthy. Beide Stücke entstanden in gerade noch, aber längst nicht mehr ganz intakten Gesellschaften, Sternheims „Tabula rasa“ im Wilhelminischen Deutschland nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, Galsworthys „Gesellschaft“ (der Originaltitel „Loyalitäten“ ist prägnanter und besser) in einer, die meinen konnte, sie hätte den Ersten Weltkrieg heil überstanden. Beide sagen äußerst unbequeme Wahrheiten. Beide wirken leicht angestaubt, haben aber ihre Aktualität keineswegs ganz verloren...
In vollem Gegensatz zu früheren Bühnenwerken sieht man in neuen Stücken fast ausschließlich Durchschnittsmenschen, kleine Leute auf der Bühne. Es entspricht das unserem Kollektivzeitalter. Eine seltene Ausnahme bildet das Stück „Sonnenfinsternis“, das der 32jährige Engländer Christopher Hampton, von dem unsere Großbühnen bereits zwei Stücke spielten, vor zehn Jahren im Alter von 22 Jahren geschrieben hat. Es wird derzeit vom Theater in der Josefstadt in den Kammerspielen unter dem Motto „Aus der Reihe“ an Montagen aufgeführt.
Spießbürger gibt es zu allen Zeiten, in allen politischen Systemen. Den von der Sowjetrevolution zunächst begeisterten Wladimir Majakowski muß dieser Typ Mensch besonders abgestoßen haben, als er zur Zeit der Neuen ökonomischen Politik (NEP), als die Strenge der revolutionären Maßnahmen vorübergehend nachließ, durch die neue Situation bedingt, stärker hervortrat. Ihm gilt aller Spott Majakowskis in der Zauberkomödie „Die Wanze“, die derzeit im Volkstheater - Sonderabonnement - aufgeführt wird.Genosse Bratfisch, der Erzspießer, früherer Arbeiter, früheres Parteimit-glied,
Im Theater in der Josefstadt beabsichtigt der nunmehrige Alleindirektor Ernst Haeusserman, regelmäßig Stücke von ödön von Horväth zu spielen. Das entspricht der Horväth-Re-naissance, die nach dem letzten Krieg eingesetzt hat. Verdienst erwarben sich in erheblichem Maß die Wiener Kleinbühnen, die eine ganze Reihe von Horväth-Stücken zur Uraufführung brachten, das Theater der Courage, das Theater im Konzerthaus, die Tribüne, das Ateliertheater, das Theater am Belvedere. Das ist festzuhalten, da immer wieder behauptet wird, die Horväth-Wiederentdeckung sei ausschließlich in der BRD erfolgt (das Werk „Deutsches Theater seit 1945“ von Hans Daiber ist hier eine rühmliche Ausnahme - siehe Buchbesprechung in dieser Nummer - die Red.).
Vor mehr als zwanzig Jahren sah man im Volkstheater eine Komödie, in der ein alter Kauz die Menschen in einen Zauberwald lockt, wo sie ihr Leben noch einmal beginnen können. Sie stammte von dem schottischen Webersohn James Matthew Barrie, der in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts neben dem Iren Shaw einer der wichtigsten angelsächsischen Dramatiker war und es bis zum Baronet brachte. Man sagt ihm einen ununter-drückbaren Hang zum Phantastischen nach.Am berühmtesten wurde sein 1904 uraufgeführtes Stück „Peter Pan“, das als „klassisches“ Werk für Jugendliche gilt. Es wurde
Gleich in der ersten Szene heißt es von der Titelfigur des Erstlingswerks von Ferdinand Raimund, das sei ein spaßiger Mensch, ein lebenslustiger Mensch. Lebenslustig? Wohltuend gerade in der heutigen Zeit. Wir sprechen von Bartholomäus Quecksilber in der Zauberposse „Der Barometermacher auf der Zauberinsel“, die derzeit im Volkstheater aufgeführt wird.Der Zauber der dem zugrundegegangenen Barometermacher von einer Fee verliehenen Gaben, die zu unermeßlichem Reichtum, zu gewaltiger Macht verhelfen, in jedes Gemach zu gelangen ermöglichen, wirkt auch auf uns, vielleicht deshalb, weil
Zu den Vorläufern des sogenannten absurden Theaters von Beckett und Ionesco werden Alfred Jarry, Guil-laume Appollinaire, Antonin Artaud und Roger Vitrac gezählt. Das bekannteste Stück von Vitrac, der 1952 mit 53 Jahren starb, ist das bürgerliche Schauspiel „Victor oder Die Kinder an der Macht“, das 1928 im Theätre Alfred Jarry unter der Regie von Artaud uraufgeführt wurde. Vor 13 Jahren lernte man es im Ateliertheater kennen, nun sieht man es im Akademietheater.Bürgerliches Schauspiel? Der Kritiker Kenneth Tynan nannte es eine ungeheure anti-bourgeoise Entladung. Der Musterknabe
Die Welt ist voll ungeheurer Spannungen, und dennoch gibt es Menschen, die das nicht im mindesten berührt. Etwa eine Bedienerin in einem Büro, wie sie uns Brigitte Schwaiger, die vor kurzem mit einem Roman schönen Erfolg hatte, in dem Stück „Büroklammern“ vorführt, dem ersten von zwei unter dem Titel „Heiter bis wolkig“ im Theater der Courage uraufgeführten Einaktern. Das ist ein Monolog, in dem diese Bedienerin aus ihrer Situation die Beziehungen zum jungen Chef und den einzelnen Angestellten, die nur kurz auftreten und lediglich ein paar belanglose Worte sagen, nicht ohne
Die Grenze zwischen verrückten und „normalen“ Menschen mit irgendeiner geringfügigen komischen oder sonderbaren Eigenart ist schwer zu ziehen. Wird von jemandem behauptet, er sei verrückt, so hält man ihn schon dafür. Diese durchaus richtige Beobachtung - siehe amerikanische Kliniken - bietet die Voraussetzung für den alten Schwank „Pension Schöller“ von den beiden Mainzern Carl Laufs und Wilhelm Jacoby aus dem Jahr 1890, der derzeit, eingewienert, in den Kammerspielen zu sehen ist.Onkel Ladislaus will wegen des 1890er nervenzerstörenden Tempos auf den Straßen in seinem Haus
Einen Liebestrank, den ein Alter einnimmt, damit sich eine Junge in ihn verliebt, gibt es nicht Wenn aber der Alte auf der Herstellung solch eines Tranks unter Gewaltandrohung besteht? Dann bekommt er ihn, aber dafür wird ihm eingeredet, er dürfe während des Trinkens an keinen Bären denken, worauf er prompt die Vorstellung von Bären nicht loswird.Diese komische, auf nicht sehr hohem Niveau theaterwirksame Szene fand Frank Wedekind in dem Buch „Der Cirkus und die Cirkuswelt” von Signor Domino, sie spielt zwischen dem Seiltänzer und Kunstreiter Schwiegerling und einem russischen
Als vor sechs Jahren das kurze, nur einstündige Zweipersonenstück „Der Sommer am Neusiedlersee“ des Grazer Harald Sommer (derzeit im „Experiment am Lichtenwerd“) in München uraufgeführt wurde, gab es Verrisse, einer der Kritiker bezeichnete es als „sprachliches Banalitätenfestival“. Das ist kein entscheidender Einwand. Wie sollen sich diese beiden belanglosen Menschen, ein Ehepaar, anders ausdrücken als eben banal? Bei Io- nesco hatte die Banalität eine bloßstellende Funktion, hier nicht. Dagegen ist das Gebotene, Ehekrieg, Geschlechterkampf, das gegenseitige Zerfleischen
In den Kammerspielen wurde damit begonnen, an Montagabenden Aufführungen „Aus der Reihe” darzubieten. Auch die Bezeichnung „unruhiger Montag” gibt es dafür. Ein äußerst erfreulicher Neuansatz! Als erstes Stück sah man „Die Nacht der Tribaden” von dem 43jährigen schwedischen Romanschriftsteller Per Olof Enquist. Es führt die erste Ehe von Strindberg mit Siri von Essen, aus der es drei Kinder gab, in der übersteigert haßerfüllten Endsituation vor. Strindberg zeiht seine Frau lesbischer Beziehungen.
Wien zeigte um die Jahrhundertwende, zur Zeit des Jugendstils, der Secession, ein ausgeprägtes Gesellschaftsbild. Sehr eindrucksvoll, in besonderer Dichte führt dies Hermann Bahr in seinem im Jahr 1900 entstandenen Lustspiel ,,Die Wienerinnen“vor, derzeit im Wiener Volkstheater zu sehen.
Erst kürzlich erfuhren wir vom entlassenen Mithäftling einer Terroristin, wie diese Bankräuberin von den Zellengenossinnen bewundert wird. Es gibt so etwas wie eine Hierarchie der Verbrecher, wobei einzelne als Idole verehrt werden. Die führt Jean Genet in seiner einaktigen, fast 30 Jahre alten Tragödie „Unter Aufsicht“ vor, aufgeführt von den „Komödianten“ im Theater im Künstlerhaus.Ein Mördel, zwei Diebe in einer Gefängniszelle. Virulenter Geltungstrieb der Verbrecher. Der Dieb Lefranc erwürgt den Dieb Maurice, der behauptet, Lefranc werde nie von ihrer Art sein. Der
Gerade in einer Zeit, in der Greueltaten von Greueltaten gefolgt werden, kommt Goethes „Iphigenie auf Tauris”, derzeit im Akademietheater aufgeführt, besondere Bedeutung zu. Iphigenie zeigt sich des Betrugs unfähig, König Thoas läßt Gefangene frei, Menschlichkeit siegt Es gibt mehrere Fassungen, gespielt wird stets die letzte, in Jamben, aus dem Jahr 1789. Der ostdeutsche Regisseur Adolf Dresen wählte dagegen die Urfassung in Prosa aus dem Jahr 1779. Bewog ihn Angst vor der Bändigkeit der Kräfte, die sich im Harmonischen des Verses ausdrückt?’Angst vor Klassizismen? Thoas
Ein Stück, das bei der Uraufführung Empörung auslöste, heute Bestandteil des Welttheaters, die Komödie „Die Möwe” von Anton Tschechow, jetzt in einer Neuinszenierung im Burgtheater, wurde erst zwei Jahre nach der ersten Wiedergabe 1898 von Stanislawsky zu „triumphalem” Erfolg geführt. Dennoch hatte er das Stück falsch interpretiert, Tschechow war nicht damit einverstanden. Stanislawsky bot Stimmungstheater, etwas Weinerliches, Rührseliges, mit besonderem Einsatz der Geräuschkulisse. Tschechow haßte das. Die Inszenierung durch den aus Österreich stammenden, in Polen lebenden Erwin Axer ist davon frei.
Im „Experiment Theater am Liech- tenwerd“ werden derzeit drei Einakter von Walter Lieblein aufgeführt. Dieser Wiener Autor, der 1973 im Alter von 83 Jahren starb, fühlte sich zeitlebens als Dramatiker nicht genug anerkannt. Eigenartig genug wurde mit seiner Situation die Situation des Dramas, wie sie sich vor edlem nach dem letzten Krieg entwickelte, grell beleuchtet.Hatte Lieblein als Dramatiker tatsächlich Bedeutung? Im Burgtheater und im Volkstheater wurden von ihm vorzügliche und sehr wirksame Dramatisierungen von Romanen Dostojewskis gespielt. Aber daran maß er sich kein
Die Sage von Orpheus und Eurydike hat von Polliziano bis Kokoschka, Cocteau und Anouilh zahlreiche Dramatisierungen erfahren. Heinz R. Unger allerdings, von dem wir die Stücke „Spartakus“ und „Proletenpassion“ kennen, schrieb unter dem Titel „Or- feus & Eurydike und die Glasperlenindustrie“ ein zwanzigteiliges Gedicht, das vom „Ensemble-Theater“ an der neuen Spielstätte, im Kleinen Theater im Konzerthaus, ins Szenische umgesetzt wurde. Unger bietet eine Paraphrase der Sage, die sich nur lose mit dem Überlieferten berührt.Der Hades wird bei ihm zur Industriewelt
Was halten wir heute vom Menschen? Hat sich sein Büd im Gefolge täglicher Schocknachrichten nicht völlig verändert? Hans Friedrich Kühnelt fragte in seiner Komödie „Ein Tag mit Edward”, ob sich Roboter nicht vielleicht zum Menschen hin entwickeln könnten. In dem Stück „Das Karli”, das im Sonderabonnement des Volkstheaters uraufgeführt wurde, geht es um die Frage: Tier oder Mensch?Der Vorarbeiter Meier entdeckt beim Wiener U-Bahn-Bau in großer Tiefe ein zottiges Lebewesen, halb Bär, halb Mensch, das er mit obrigkeitlicher Bewilligung nach Hause nimmt, um aus ihm einen Wiener
Politischer Aktivismus muß sich schärfstens gegen jeden Fatalismus, gegen die widerstandslose Ergebung in ein als vorgezeichnet angenommenes, ehernes Schicksal wenden. In dem Fragment „Woyzeck“, das derzeit von den „Komödianten“ im Künstlerhaus aufgeführt wird-, zeigt Georg Büchner, wie der Füsilier Woyzeck dem Druck der äußeren Mächte, personifiziert in einem Hauptmann und einem Doktor, dem er als medizinisches Versuchsobjekt dient, ohne jede Gegenwehr erliegt, wozu noch die Untreue seiner Geliebten kommt.Die „Komödianten“ behaupten - gedruckt auf einem eigenen Blatt -,
Sind Schauspieler eitel? Es wird behauptet. Jedenfalls dokumentieren viele mit besonderem Eifer ihr Leben. Dps gilt auch für die vier Thimigs, für Hugo, den einstigen Burgtheaterdirektor, für die Tochter Helene und die Söhne Hermann und Hans, so daß es Edda Fuhrich-Leisler Und Gisela Prossnitz möglich war, in der Max- Reinhard t-Forschungs- und Gedenkstätte im Salzburger Schloß Arenberg eine umfangreiche Ausstellung „Die Thimigs, ihr Leben für das Theater” unter Einbeziehung weiterer Leihgaben zusammenzustellen.Die „vier Thimigs”, dieses Wort besteht nicht nur deshalb zu
Wieder hatte das Salzburger Straßentheater Premiere im Lehe- ner Park, wieder wurde der Wagen, der als Bühne dient, von zwei schweren Rössern herbeigebracht. Was da vor der auf einem Abhang stehenden, dicht gedrängten Menschenmenge gespielt wird, ist innerhalb von zwei Wochen noch an siebenzehn verschiedenen Stellen der Stadt zu sehen. Und zwar die Posse „Häuptling Abendwind oder Das gräuliche Festmahl”, die Ne- stroy als letztes Jptück schrieb, deren Premiere mit ihm in der Titelrolle wenige Monate vor seinem Tod stattfand.Hauptspaß: Da treffen sich zwei mächtige
Kann man Kommunist sein, ohne sich zum Marxismus zu bekennen?. Der vor dreizehn Jahren verstorbene irische Autor Sean O’Casey entwik- kelte sich vom Nationalisten zum Kommunisten, aber der dialektische Materialismus blieb ihm fremd, er setzte den Kommunismus dem Christentum gleich. Wurde da nun die Tragödie „Juno-und der Pfau”, das zweite Stück einer Dubliner Trilogie, das derzeit im Burgtheater aufgeführt wird, zu einem Propagandastück seiner Ideen?Eine Arbeiterfamilie in der Zweizimmerwohnung eines Dubliner Miethauses, 1922, in der Zeit des irischen Bruderkriegs. Da gibt es den
Den Gestalten von Fėlicien Marceau wurde nachgesagt, sie würden alles tun, um der Armut, dem Elend, der Angst zu entgehen. Angst ist auch die Triebkraft der Marie-Paule, der Hauptgestalt der fast 20 Jahre alten Komödie „Der Nerz” (im Theater in der Josefstadt).Die attraktive Marie-Paule erzählt im Casino von Monte Carlo einem Croupier ihre Lebensgeschichte, wobei die Grenzen zwischen einst und Eieüte fallen, die Erzählerin mitunter rriit den Gestalten von einst spricht, die Vergangenheit schließlich in die Gegenwart übergeht. In Marie Paule steckt die Angst, sich eines Tages ohne
Wittgenstein behauptete, der Mensch besitze die Fähigkeit, Sprachen zu bauen, womit man jeden Sinn ausdrücken könne, ohne eine Ahnung davon zu haben, wie und was jedes Wort bedeute. Dieser Satz könnte der Absprung gewesen sein für die Produktion „Haimo – frisch gestrichen“ von Franz Wippel und Haimo Wisser, wie sie derzeit bei den „Komödianten“ im Künstlerhaus darbieten.Das Wort wird von ihnen aus den gewohnten Denkschemata herausgerissen, sie reihen die möglichen Verbindungen des gleichen Wortes aneinander, bilden Satzketten, indem sich der Folgesatz aus einem Wort des
Wer glaubt an den Teufel als leibhaftige Erscheinung? Das nehmen wir hin in einem Stück, das im Mittelalter spielt, aber bei Begebnissen im vorigen Jahrhundert? Und doch glauben wir dem armen Teufel Wendelin in der Posse „Höllenangst“ von Nestroy, die derzeit im Volkstheater großen Erfolg hat, seine Angst vor den Folgen eines vermeintlichen Teufelspakts.Es stimmt nicht, daß dies ein schwaches Stück ist, mag es auch bei der Uraufführung 1849 durchgefallen sein, mag es, einer französischen Vorlage folgend, in Unwichtigem Ansatz zur Kritik bieten, es wird zu Unrecht so selten gespielt.
In der Ausstellung des Wiener Bürgerlichen Zeughauses auf der Schallaburg ist unter anderem ein Nationalgardesäbel des Jahres 1848 zu sehen, auf dem zu lesen ist: „Stirb für das Volk, doch nie für einen Fürsten!“ Das ist der Geist, dessen Niedergang Hermann Sudermann in der vor 75 Jahren geschriebenen Komödie „Sturmgeselle Sokrates“ darstellte, die im Akademietheater Premiere hatte.Fünf alte „Sturmgesellen“, Revolutionäre des 48er-Jahrs, treffen sich noch nach 30 Jahren als Geheimbund ständig in einem Gasthaus, um ihre Ideale von einst hochzuhalten. Das nun macht Sudermann
Wer sind wir denn eigentlich? Sind wir, was die gesellschaftliche Situation, in die wir geboren wurden, bedingt, was die Erziehung aus uns machte, was der Beruf erfordert? Darum geht es in dem Stück „Das Zimmer” von Lida Winiewicz, das im Kleinen Theater im Konzerthaus zur Uraufführung gelangte.Angerechnet durch eine Erzählung von Xavier de Maistre wird dies an der Herr-Diener-Beziehung exemplifiziert, dargeboten wie bei einem Laboratoriumsversuch unter für die Fragestellung besonders günstigen Bedingungen. Anno 1820, italienische Kleinstadt: Graf Xavier de Maistre, Leutnant, hat nach
In Italien gibt es derzeit 120 bis 130 Wandertruppen, aber nur acht Theater mit festem Sitz. Dazu gehört das Teatro Stabile di Bolzano, das dieser Tage mit derRenaissancekomödie„La Fantesca” im Wiener Italienischen Kulturinstitut gastierte.Bozen ist eine Stadt mit 120.000 Einwohnern, das Teatro Stabile hat 400 Sitzplätze. Es besteht seit 15 Jahren, wobei jährlich zwei neue Stücke produziert werden, dazu kommt eine Wiederaufnahme, gespielt wird auch außerhalb Bozens. Derzeit befindet sich dieses Ensemble auf der ersten Auslandstoumee, für die bewußt weder ein Stück von Goldoni,
Es ist jetzt zehn Jahre her, daß der damals 34jährige englische Dramatiker Joe Orton, ein Gärtnerssohn, von seinem Freund brutal erschlagen wurde, der dann Selbstmord beging. Orton erklärte, seine Stücke würden zeigen, was innerhalb der heutigen Gesellschaft passiere. Tatsächlich passiert Ungeheurliches Tag für Tag. Nur verteüt es sich. In der Kriminalgroteske ,ßeute“, derzeit im „Experiment am Liechtenwerd“, konzentriert es sich um den biederen, eben zum Witwer gewordenen McLeavy.Da gibt es eine giftmordende, erb- schleichende Krankenschwester, den Angestellten eines
Unter den 83 Stücken von Nestroy gibt es auch wenig bekannte. Dazu gehört die Posse „Umsonst“, die vom Volkstheater vor zwei Jahren in einer ansprechenden Aufführung erstmals Wieder herausgestellt wurde. Nun spielt sie nach kurzer Zeit in der Bearbeitung von Hans Weigel auch das Burgtheater. Weshalb? Gibt es eine grundsätzlich andere Einstellung zum Stück? Kaum möglich bei diesem Autor.Jedenfalls ist das übergroße Haus für den Nahkontakt mit dem Publikum, den die Nestroyschen Couplets und Ansprachen erfordern, wenig geeignet. Das Intime geht auch in den weiträumigen, im Gegensatz
Demonstrationen und Überfälle mit Todesopfern gibt es in Nordirland fast täglich. In dem Stück „Die Freiheit der Stadt“ des nordirischen Endvierzigers Brien Friel, derzeit im Volkstheater im Rahmen des Sonderabonnements zu sehen, geht es um einen Protestmarsch und eine Bürgerrechtsversammlung in Londonderry, die beide verboten waren. Nichts von Religionsgegensätzen, das Stück richtet sich gegen die britische Herrschaft.Drei der unbewaffneten Demonstranten, zwei junge Burschen und die Mutter von elf Kindern, flüchten vor dem Tränengas und den Gummikugeln der Truppen ins
Von Zeit zu Zeit werden die Theater plötzlich auf einen Autor, den man bisher nicht kannte, besonders aufmerksam. Das trifft in den letzten zwei, drei Jahren nur auf den 45jährigen weißen Südafrikaner Athol Fugard zu. Er hat über ein Dutzend Stücke geschrieben, von denen mehrere in der Bundesrepublik, je eines in Graz und Linz gespielt wurden. Derzeit sieht man im Theater der Courage das tragikomische Zeitstück „Sizwe Bansi ist tot”, sein vorletztes.Wie fast stets bei Fugard, wird das Vorgeführte zu einer Anklage gegen die ApartheidpoUtik, gegen die Unterdrückung der 16 Millionen
Es gibt ein Stück von Arthur Schnitzler, das nach der Uraufführung am Anfang unseres Jahrhunderts in Berlin bald abgesetzt wurde, dann sonderbarerweise Erfolg hatte, auch in Wien, heute aber kaum bekannt ist:.„Der Ruf des Lebens”, derzeit im Burgtheater aufgeführt.
Der wohlhabende Triester Industrielle Ettore Schmitz, der sich als Schriftsteller Italo Svevo nannte, war mit zwei Romanen erfolglos gewesen. Doch als er den jungen Englischlehrer James Joyce engagierte, wurde er von ihm als einer der bedeutendsten Schriftsteller italienischer Sprache bezeichnet. 1926 setzte ihn Joyce - es war ein weiterer Roman erschienen - vom literarischen Paris aus durch.
Das Stück eines deutschen Autors in deutschsprachiger Erstaufführung! Franz Xaver Kroetz hat seinen früh entstandenen Einakter „Männersache” unter dem Titel „Ein Mann ein Wörterbuch .. .”zu einem etwa doppelt so langen Stück erweitert und inhaltlich verändert. Die Uraufführung dieser Fassung fand in Schweden statt, im Atelißrtheater wird sie nun erstmals in deutscher Sprache dargeboten.Eine junge, tüchtige, aber unhübsche Geschäftsfrau Martha ist einem primitiven, ruppigen, ja widerlichen Kerl hörig, der sie unerträglich tyrannisiert. Männliche Präpotenz triumphiert.
Als durchaus beachtlich erweist sich das Stück des 47jährigen Linzers Franz Josef Heinrich: „Die Nacht der Müllschlucker”, das im „Experiment am Lichtenwerd” zu sehen ist. Da wird ein szenisches Symbol geboten, das zugleich zeitlos und eminent zeitnah wirkt.In ein völlig verfallenes Haus, das von Müll umgeben ist, kommt die Tochter des Besitzers, eines Archäologen, mit ihrem Mann, um den Vater zu beerben. Es ist nichts zu finden, alles ist zerschlagen, zerschlissen, kaputt. Ihr Bruder lebt da mit einer jungen Kommunardin, berechnet mit wissenschaftlicher Besessenheit und Akribie
Der gesellschaftliche Umbruch, der die Jahrhunderte, in denen der Adel unter der Herrschaft eines Kaisers dominierte, von der heutigen Zeit schied, in der es für jeden Aufstiegsmöglichkeiten zu führenden Positionen gibt, fand am Ende des Ersten Weltkrieges statt. Franz Nabl, der sich neben seinem epischen Schaffen auch geraume Zeit die Dramatik als Ziel gesetzt hatte, erreichte mit seinem „Trie- schübel” an etwa achtzig Bühnen große Erfolge. Seine danach 1929 entstandene Komödie „Schichtwechsel” zeigt die Auswirkungen des großen Umbruchs. Sie wird nun im Theater in der
Die Beziehung zur Religion hat bei vielen Menschen nachgelassen, das greift bei manchen Bekenntnissen selbst in kirchliche Kreise über. Unter dieser Voraussetzung schrieb der Engländer John Mortimer zwei Einakter mit dem gemeinsamen Titel „Himmel und Hölle”, die im Volkstheater innerhalb des Sonderabonnements zur deutschsprachigen Erstaufführung gelangten.„Die Furcht vor dem Himmel” begnügt sich mit der Konfrontation zweier entgegengesetzter Charaktere. Da erwachen in einem italienischen Renaissancepalast, der als Krankenhaus eingerichtet wurde, zwei Schwerverletzte aus der
Für den Beginn des Jahres, mit dem bereits die Faschingsveranstaltungen einsetzen, werden von den Bühnen gewohnheitsgemäß Stücke herausgebracht, die den Zuschauer nicht allzusehr in Probleme verstricken, die Auseinandersetzung mit den letzten Fragen des Daseins meiden. Und überhaupt - im deutschen Sprachbe- reich entstehen seit je kaum Lustspiele. Darüber hat man immer schon geklagt.Weiterhin bieten sich nur „Minna von Barnhelm“ und „Der zerbrochene Krug“ als Meisterwerke der Vergangenheit an. Das Lustspiel „Die Journalisten“ von Gustav Freytag, das in diesem Zusammenhang
Immer wieder drängen sich in Wien die Premieren. So gab es eben jetzt sechs an fünf Tagen. Eine Uberschau kann da nur Feststellungen, keine Begründungen bieten; auf gewichtige Fragen, die diese Aufführungen aufwerfen, kann hier nicht eingegangen werden.Im Burgtheater vermittelte das Gastspiel des Kroatischen Nationaltheaters Zagreb an zwei Abenden starke Eindrücke, von den Bühnenwerken kroatischer Autoren wie von den Inszenierungen her. Das Stück „Kyklop“, eine szenische Fassung des Romans von Ranko Marinkovi6 durch den Direktor dieser Bühne, Kosta Spaiä, führt in das Zagreb des
Begegnungen geschichtlicher Persönlichkeiten, die nie stattgefunden haben, können auf dem Theater ihren Reiz haben. In der zweiaktigen Szenenfolge „Travesties“ des 39jährigen, von tschechischen Eltern stammenden Engländers Tom S t o p p a r d, die im Akademietheater zu deutschsprachiger Erstaufführung gelangte, begegnen einander während des Ersten Weltkrieges in Zürich Personen von erheblicher damaliger Zukunftsbedeutung, James Joyce und der rumänische Dadaist Tristan Tzara; Lenin ist im zweiten Akt fast dauernd auf der Bühne.
Bietet Vergangenheit auf dem Theater keinen Gegenwartsbezug, wirkt das Stück, das sie darstellt, antiquiert. Bei den Inszenierungen der fast 40 Jahre alten Komödie „Leocadia“ von Jean Anouilh im Theater in der Josefstadt 1950 und 1963 wurde das noch kaum gespürt, in der derzeitigen Aufführung unter der Regie von Boleslav Barlcg, dem ehemaligen Intendanten des Berliner Schillertheaters, ist der Abstand bereits sehr merkbar. Die Geschichte von der wunderlichen Herzogin, dem Prinzen, ihrem aus Liebe zu einer Verstorbenen schwermütigen Neffen, und der kleinen Modistin, die ihm als Double
Früh fand der junge Maxim Gorki, der Lastträger, Geschirrwäscher, Bäckergeselle, Chorist zu revolutionären Kreisen. Zu einer Zeit, da er als Schriftsteller bereits bekannt war, wurde er vorübergehend verhaftet, dann unter Hausarrest gestellt. War er ein überzeugter Bolschewik?Jegliche Gewaltanwendung zur Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeit lehnte er scharf ab, er mißbilligte entschieden den Terror. Durch seine zwiespältige Freundschaft mit Lenin konnte er sich für bourgeoise und adelige Klassenfeinde einsetzen, selbst einen Großfürsten rettete er vor der Erschießung. Und doch
Die wichtigsten Bühnenwerke der früheren Meisterdramatiker werden berechtigt immer wieder gespielt. Bei den qualitätsvollen Erfolgsstücken vom Anfang unseres Jahrhunderts, die meist nicht die gleiche geistige Weite wie jene Spitzenwerke haben, steht die Berechtigung, sie wieder aufzuführen, zur Diskussion. Drei Premieren von Stücken österreichischer Autoren regten in den letzten Tagen zu Betrachtungen über das Thema an.
Österreich-Ungarn war eine Welt für sich, die, fast möchte man sagen, alle Welt umschloß. Es hat viele Menschen gegeben, die diesen nach Rußland größten europäischen Staat überaus geliebt haben. Zu ihnen gehört Joseph Roth, Jude aus Brody, einem Städtchen an der einstigen russischen Grenze Galiziens, der im Ersten Weltkrieg freiwillig eingerückt war, zuletzt in Paris lebte und geradezu einen Österreich-Kult trieb.Sein 1932 erschienener Roman „Radetzkymarsch“ (FURCHE, Nr. 43) ist ein schmerzliches Bekenntnis zur untergehenden Monarchie, dem „Land des Gemütes, der Seele, voll
Früher fuhr man in die „Sommerfrische“. Das Wort gibt es kaum mehr, seit sich die Ferienziele auf einen Bereich zwischen Mallorca und Kreta verteilt haben. Die Sommerfrische war noch die Verlagerung des Großstadtlebens aufs Land, nahezu die gleichen Leute trafen sich wieder. Arthur Schnitzler führt dieses Sommerfrischenleben in seinem letzten vollendeten Stück „Im Spiel der Sommerlüfte“ vor, das im Jahr 1929 im Deutschen Volkstheater uraufgeführt wurde, seither in Wien nicht mehr auf die Bretter fand und nun im Theater in der Josefstadt zu sehen ist.Bildhauer Friedlein verbringt
Intellektuelle, die in der Tschechoslowakei jenseits der Parteigebote zu denken wagen, werden bekanntlich in untergeordneten Berufen, auch als Straßenarbeiter, eingesetzt. So war der im deutschen Sprachbereich viel gespielte tschechische Dramatiker Vaclav Havel zuletzt Brauereiarbeiter. In seinen beiden Einaktern, die im Akademietheater uraufgeführt wurden, dachte er wohl an sich, denn in jedem kommt ein Intellektueller vor, der seinen Lebensunterhalt als Brauereiarbeiter verdient.
Lieder, in denen die Geschichte eines Volks lebt, gibt es das? Wohl nur in Irland. Weshalb gerade da? Bernard Shaw schreibt: „Irland ist wieder und wieder mit Vorbedacht von England zugrunde gerichtet worden.“ Das begann vor 800 Jahren, und heute noch ist Nordirland in Englands Besitz. Aufstände wurden niedergeschlagen, der Widerstandsgeist flüchtete in die Lieder, wer sie sang, dem drohte Verhaftung. Bestimmte Melodien auch nur zu pfeifen, erwies sich als gefährlich.Unter dem bezeichnenden Titel „Die Stacheldraht-Harfe“ führen die „Komödianten“ im Theater im Künstlerhaus
Es gibt heute Regisseure, denen bedeutende Bühnendichtungen der Vergangenheit lediglich als Material für die Willkür ihrer regielichen Zugriffe dienen. Demgegenüber erklärte Ingmar Bergman vor kurzem in seiner Rede bei Entgegennahme der Goethe-Medaille, er und seine Schauspielerkollegen „lauschen nach innen, hören auf das Herz des Dichters, versuchen zu verstehen, weshalb er sich gerade so ausgedrückt hat“. Zu Regisseuren dieser Art gehört Leopold Lindtberg, Spielleiter der derzeitigen Neuinszenierung des Zaubermärchens „Der Verschwender“ von Ferdinand Raimund im Burgtheater, einer Aufführung, die in Bregenz bereits gezeigt wurde.
Dürrenmatt erklärte, die gefundenen Stoffe seien durch die erfundenen abgelöst worden. Helmut Schwarz, Leiter des Reinhardt-Seminars, verbindet; in seiner unhistorischen Revue, „Fran-cois, der Henker wartet“, die im Volkstheater uraufgeführt würde, beides. Eine Schauspielertruppe stellt eine historische Figur noch während sie leht dar, Unhistorisches, Erfundenes ergibt sich.
In den Vereinigten Staaten herrschten im vorigen Jahrhundert skandalöse soziale Zustände. Für Arbeiter gab es weder einen freien Samstag noch Sonntag, nicht einmal einen freien Weihnachtstag, Kinder arbeiteten in den Spinnereien täglich bis zu vierzehn Stunden, die Löhne waren jämmerlich gering. Der Anwalt Clarence Darrow (1857 bis 1938) verteidigte die Ausgebeuteten ohne Bezahlung, setzte sich für eine Humanisierung des Strafrechts, für den Achtstundentag ein, kämpfte für die Abschaffung der Todesstrafe. Er gilt heute mit Recht als eine verehrungswürdige Gestalt der jüngeren
In der Dichtung wird eine zweite tieferliegende Schicht spürbar, Dichtung ist doppelbödig. Das wird auch heuer wieder in der neuerlichen, im Vorjahr viel gepriesenen Aufführung des ebenso bitteren, wie reich facettierten Lustspiels „Leonce und Lena“ von Georg Büchner im Rahmen der Salzburger Festspiele im Landestheater nur wenig erkennbar.Das Faszinierende an diesem Stück ist die Spannung in dem Prinzen Leonce zwischen dem Hineinhorehen in sich, Hinauslhorchen aus sich heraus, der vielerlei Allotria, die er treibt, und der Verzweiflung am Zustand der Welt, der Grundbefindlichkeit des
Sollte zwischen der Commedia dell' arte und einer Posse mit Gesang von Nestroy nicht ein Unterschied bestehen? Das sind zwei völlig verschiedene Bereiche des Theatralischen mit je gänzlich anders gearteten Ausdrucksmitteln. Und doch entsteht in der Aufführung von Nestroys „Talisman“ bei den Salzburger Festspielen im Landestheater unter der Regie von Otto Schenk eine Verlagerung des Spiels zur Commedia dell'arte hin.Es heißt, Schenk sei unter Ausnahmsbedingungen, die es nirgendwo gebe, eine Wunschbesetzung bis in die kleinste Rolle möglich gewesen. Was er bietet, wollte er also bis ins
Wieder hatte das Salzburger Stia-ßentheater im Lehener Park Premiere, ehe sich der Vorhang \ or der ersten Aufführung der Salaourger Festspiele hob. Diese Einrichtung, von Oscar Fritz Schuh erdacht und im Rahmen der Salzburger Kulturvereinigung durchgeführt, erfreut sich großer Beliebtheit. Neunzehn Aufführungen sind in der lautenden und nächsten Woche an verschiedenen Stellen der Stadt vorgesehen, jeder kann da gratis zusehen.Diesmal wird unter Schuhs Regie ödon von Horv&th gegeben. Horvsthauf dem Pawlatschenwagen, auf den paar Quadratmetern der heruntergelassenen Seitenwand als
Eingriffe in bedeutende Dramen der Vergangenheit können möglich und vertretbar, können fast schon kriminell sein. Wir haben beides in den letzten Monaten in Wien erlebt. Zwei Aufführungen im Rahmen der Wiener Festwochen bedingen eine weitere Auseinandersetzung mit dieser Problematik. Zunächst brachten die Bühnen der Stadt Köln den „Urfaust“ von Goethe in der Regie eines der führenden, doch umstrittenen bundesdeutschen Spielleiter, Hansgünther Heyme.
Peter Brook hat erklärt, die längste Zeit, die eine Inszenierung zu überleben vermöge, seien fünf Jahre. Der „Jedermann“ ist ein Sonderfall. Erst recht „Christophe Colomb“ von Paul Claudel, die Szenenfolge, die auf Veranlassung von Jean-Louis Barrault aus der gleichnamigen Oper von Darius Milhaud als Schauspiel mit Musik entstanden war, 1953 in Barraults Inszenierung uraufgeführt wurde und nun bei den Wiener Festwochen als Gastspiel der Compagnie Renaud-Barrault im Theater an der Wien zu sehen war.
Der Bedarf an Stücken ist in den Theatern gegenüber der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg außerordentlich zurückgegangen. Im Volkstheater wurden damals in einer Spielzeit 25 Stücke nur einmal, 26 nur zweimal gespielt. Dennoch ist die Produktion für den heute so sehr schmal gewordenen Bedarf zu gering. Man greift auf alte Stücke zurück, auch wenn sie vor gar nicht langer Zeit das letzte Mal gespielt wurden. Bewähren sie sich weiterhin?
Wenn auf dem Programmzettel einer Aufführung die Namen des Autors Heinz R. Unger und des Regisseurs Dieter Haspel stehen, kann man annehmen, daß es sich um politische Propaganda handelt Nun, die in der Reihe „Arena 76“, im St. Marxer Schlachthof, als Eigenproduktion der Wiener Festwochen voraus uraufgeführt „Proletenpassion“ — Musik: Schmetterlinge — ist im „Ausblick“ des Schlusses reiner Agitprop.
Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Einrichtung des „Faust“, erster Teil, die der technische Regisseur Otomar Krejca für das Burgtheater geschaffen hat, brachten wir bereits in Nummer 19 der FURCHE. Die gravierenden Änderungen gegenüber Goethes Text waren aus dem umfangreichen Manuskript zu ersehen. Nun erfolgte die nahezu vierstündige Premiere, bei der das Publikum am Schluß nur flau Beifall spendete, aber keineswegs protestierte.
Vor einigen Jahren stand eine Tagung der bundesdeutschen Theatergemeinden unter der provokati-ven Fragestellung „Abschied vom christlichen Theater?“. Die Vorträge und Diskussionen zeigten, daß man heute kaum noch von einem christlichen Theater sprechen kann. Nimmt man hinzu, daß kürzlich ein junger argentinischer Regisseur in Frankfurt aus dem Schauspiel „Das Leben ein Traum“ des katholischen Dichters Calderön den Katholizismus „herausoperierte“, wie es in einer Besprechung hieß, so drängt sich tatsächlich die Frage auf, wie die Situation des Christlichen, des Religiösen
Kaum zu glauben, es gibt ein Stück von Nestroy, das zu seinen Lebzeiten nie aufgeführt wurde: „Der alte Mann mit der jungen Frau.“ Ursache war, laut Otto Rommel, die „Vorzensur“. Die Meinungen über den Wert dieses Volksstücks gehen diametral auseinander: Der sehr zu schätzende Rommel hielt es für eines der bedeutendsten Werke Nestroys, aber trotz einer Reihe von Vorzügen ist es aber doch wohl eines seiner schwächsten, ein „unnestroyisches“.Die Grundlage rührt an Tragisches. Daß die Kontroverse zwischen dem sechzig jährigen Grundbesitzer und Unternehmer Kern und dem
Die Antike gehört nicht mehr zum allgemeinen Vorstellungsbereich der Gebildeten wie noch vor den beiden Weltkriegen, obwohl in jenen Jahrhunderten das Fundament unserer Kultur gesetzt wurde. Wirkt daher die „Orestie“ des Aischylos, die derzeit im Burgtheater aufgeführt wird, als Relikt einer uns kaum mehr berührenden Zeit? Haben die Morde, die da geschehen, keine Beziehung zu uns?
Giorgio Strehler erklärt in seinem letzterschienenen Buch, die Krise der zeitgenössischen Bühnenliteratur sei unbestreitbar, sie sei das Problem des heutigen Theaters insgesamt. Stimmt das? Tatsächlich hat der Autor heute kaum Geltung, man spricht generalisierend vom Regisseurtheater, ja, Hans Hollmann fordert: „Alle Macht der Regie!“Nicht das Theater als Ort szenischer Umsetzung ist in Krise, nicht die Regie, nicht die Leistung des Schauspielers, sondern die des Stückeschreibers. So war es berechtigt, daß bei dem eben beendeten 2. Österreichischen Theatertag in Linz die Krise der
Man könnte sagen: Die Haie sind mitten unter uns. Ist das Titelvieh in dem Stück „Der Hai“ des Franzosen Victor Haim — Aufführung im Kleinen Theater im Konzerthaus — ein richtiges grausames Meerestier? Oder ein Mensch? Ludwig haßt die Haie, denn er wurde als Oberaufseherstellvertreter eines Aquariums entlassen, als da so ein unersättliches Ungetüm die anderen Fische fraß. Ludwig zieht aus, „den“ Hai zu töten.Das ist ein Märchen, in dem das Unmögliche wie selbstverständlich möglich wird. Ludwig liegt mit Marianne im Bett, ein erfolgloserGerichtsvollzieher-Stellvertreter
Gedränge an Premieren, sieben in einer Woche. Was bieten sie? — Im Theater in der Josefstadt werden unter dem Titel „Der gute Doktor' acht Szenen aufgeführt, die Amerikas routinierter Boulevardier Neil Simon nach Erzählungen von Anton Tschechow geschrieben hat. Die ersten Szenen bringen primitiven Klamauk. Sind wir in einem Bauerntheater? Was die weiters verwendeten Erzählunigen hergeben, ist für das Theater nicht tragfähig genug. Unter der Regie von Dietrich Haugk stellt Eugen Stark den „Erzähler“, es ist Tschechow, und zwei der Figuren glaubhaft dar. In einer Schlußszene
Derzeit führen die „Komödianten“ im Theater im Künjtierhaus das 1923 entstandene Stück „Der Rebell, der keiner war“ des Iren Sean O'Casey auf. Er war ein Dichter, man sollte seine Bühnenwerks mehr spielen. — An seinem 84. Geburtstag erklärte O'Casey, er sei mehr denn je Kommunist. Den Kommunismus freilich begriff er als praktisches Christentum. Nun, dieses erste Stück der Dubliner Trilogie zeigt zwar die Auswirkungen des irischen Freiheitskampfes, ist aber keineswegs ein Agitprop für revolutionäres Handeln. — Was wird gezeigt? Das Bedrohtsein zweier unpolitischer Menschen
Auf der Bühne sind zwei weißgestrichene Lattengerüste zu sehen, sie stellen Häuser dar. Auch Tische und Sitzgelegenheiten sind aus solchen Latten gefertigt. Gespielt wird requisitenlos, die Darsteller essen, ohne daß Speise und Trank auf dem Tisch stehen. Diese Art der Darbietung des Spiels „Unsere kleine Stadt“ von Thornton Wilder in der derzeitigen Aufführung im Volkstheater entspricht den Forderungen des Autors.Was nach dem letzten Krieg pionierhaft wirkte, die Inszene, die Einführung eines Sprechers, die Verrückungen der Zeitfolge, derlei sind wir längst gewohnt. Soll uns