Tschechische Historiker mit dem Willen zur Objektivität brechen Tabus.Im Atlas zeigt sich die deutsch-tschechische Nachbarschaft als lange Grenze. Das Wissen über das Land "im Herzen Europas" ist dennoch geringfügig. Das liegt zum Teil an den Tschechen selbst. Ihre Geschichtsschreibung war durch lange Perioden mehr als fragwürdig. Wer sich mit dem Lande beschäftigte, konnte sich mitunter fragen, was sie selbst von ihrer Vergangenheit wissen. Nun ist ein Buch auf deutsch erschienen, das drei tschechische Historiker ursprünglich als ,,Samisdat"Publikation (also auf Schreibmaschinen
Afghanistan - Türkei - Persien - Irak: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bereiste der bayerische Gelehrte Oskar von Niedermayer Länder, die heute im Zentrum des Weltinteresses stehen. Ein Zeitzeugnis deutscher Orientpolitik.Heute jedenfalls sind Oskar von Niedermayer und die Geopolitik des Deutschen Reiches vergessen ..." schreibt der Autor am Ende einer umfangreichen Spurensuche, mit der er seine Behauptung widerlegt hat.Zwar wird man kaum jemanden finden, der auf Anhieb mit dem Namen des bayerischen Abenteurers und Gelehrten etwas anfangen kann. Aber wer sich durch das Buch mit
Der Geiger Gidon Kremer beschreibt in "Zwischen Welten" seine Lehrjahre.In Anton Tschechows "Drei Schwestern" war Moskau das ferne Ziel aller Sehnsucht. Die Schwestern konnten nicht wissen, dass im Sowjet-Reich die glückverheißende Hauptstadt zwar immer noch schwer zu erreichen war, dass sich dann aber für einen Künstler hier die Sehnsuchts-Ziele erst recht auftaten. Wenn er wirklich Karriere machen wollte. Der große russische Geiger Gidon Kremer, der Lette mit der deutschen Mutter, hat uns schon in mehreren Büchern Einblick in sein Leben gewährt. "Zwischen Welten" entstand aber
50 Jahre musikalische Entdeckungen.Manchmal gelingen auch Musikkritikern "geflügelte Worte". 1976 wurden in München "die seltsamsten Wiener der Welt" entdeckt. So nannte der Kritiker der Süddeutschen Zeitung den Wiener "Concentus Musicus". Den reisenden Originalklang-Propheten gefiel die Bezeichnung offenbar so gut, dass sie nun auch zum Titel der Jubiläums-Schrift wurde. Vor 50 Jahren, im Herbst 1953, begannen sie in der Stille zu arbeiten, zu forschen und zu streiten: überwiegend junge Mitglieder der Wiener Symphoniker, als deren Antreiber und Inspirator wohl Nikolaus Harnoncourt von
Erste umfassende Otto-Mueller-Retrospektive in München.Rund ein dreiviertel Jahrhundert hat es gedauert, bis der Schlesier Otto Mueller (1874-1930) einer umfassenden Retrospektive und eines Werkverzeichnisses gewürdigt wurde. Die Münchner Hypo-Kulturstiftung ermöglicht nun in Zusammenarbeit mit dem Essener Museum Folkwang einen umfassenden Blick (150 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen) auf das Schaffen. Obwohl man einzelne Bilder des "Zigeuner-Mueller" immer wieder einmal trifft: eine Entdeckung!Der "Zigeuner-Mueller"Nach kurzem Studium an der Dresdener Akademie geht Mueller nach
Kommenden Samstag jährt sich sein Todestag zum 100. Mal: Dem Leben des Komponisten Hugo Wolf widmet sich eine neue Biografie aus der Feder Dietrich Fischer-Dieskaus.Einsam am Sonntag, dem 22. Februar 1903 um 3 Uhr nachmittags in den Armen seines Wärters Scheibner" starb Hugo Wolf. Viereinhalb Jahre brachte er in der Anstalt zu, in er keine Heilung fand. Dietrich Fischer-Dieskau widmet dem Komponisten, dessen Lieder er so oft gesungen hat, eine Biografie. "Wolf, der im Lied von der Reinheit und Innigkeit der Liebe zu singen wusste und im Leben am Zerrbild der Liebe zu Grunde ging", hatte sich
Schlösser und Seen - Kultur und Natur in Mecklenburg.Waren Sie schon in Waren?" fragte der Tourismus-Berater den Unentschlossenen. Waren liegt mitten in der Mecklenburgischen Seenplatte. Wer sich die Landkarte ansieht, erkennt, dass von hier aus Sternfahrten in alle Richtungen leicht machbar sind. Der Luftkurort Waren (22.000 Einwohner) an der Müritz, dem größten Binnensee Deutschlands, ist gewiss ein idealer Ferienort. Kriegsschäden und Bausünden der DDR sind großteils verschwunden, Alt und Neu vertragen sich gut. Der Neue Markt hat viel Atmosphäre der seit dem 13. Jahrhundert
Der Friedensvertrag von 1919 war der erste Schritt zum nächsten Weltkrieg.Das Diktat erklärt manches - und entschuldigt nichts.Man mag Deutschland seiner Kolonien berauben, seine Rüstung auf eine bloße Polizeitruppe und seine Flotte auf die Stärke einer Macht fünften Ranges herabdrücken; dennoch wird Deutschland zuletzt, wenn es das Gefühl hat, dass es im Frieden von 1919 ungerecht behandelt worden ist, Mittel finden, um seine Überwinder zur Rückerstattung zu zwingen ... Ungerechtigkeit und Anmaßung, in der Stunde des Triumphs zur Schau getragen, werden niemals vergessen noch
160 Jahre Germanisches Nationalmuseum in Nürnberg:Es stellt weder die Germanen noch teutonischen Nationalismus zur Schau, sondern Staaten übergreifende mitteleuropäische Kulturgeschichte.Wer behauptet, sich in dem verschachtelten Bauwerk des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg noch nicht verlaufen zu haben, der lügt. Aber wer sich dort als Pfadfinder einigermaßen eingelebt hat, der wird gerne durch die verschiedenen An- und Zubauten treppauf, treppab streifen und immer neue Entdeckungen machen. Gerade jetzt im Jahr des 150-jährigen Jubiläums gibt es Sonderausstellungen und
1.000 Jahre Bautzen:Kreuzungspunkt von Konfessionen und Kulturen.Fast 100 Jahre sind vergangen seit der "Eröffnung" des "königlich-sächsischen Gefängnisses" am Stadtrand von Bautzen. Zwei Diktaturen haben dafür gesorgt, dass dieser mächtig erweiterte Kerker zum Synonym wurde für eine Stadt, die sich vorher eher durch Toleranz einen Namen gemacht hatte. Heute, 1000 Jahre nach der ersten Erwähnung der "civitas Budusin" in der Chronik des Bischofs Thietmar von Meißen, will die Stadt sich in vielfach erfrischter Gestalt aller Welt vorstellen. Im Spannungsfeld zwischen Sachsen, Polen und
Im Zuge der Gegenreformation vertrieben, um des wirtschaftlichen Aufschwungs willen zurückgeholt: die Evangelischen in Niederösterreich.Doppelter Anlass für die historische Besinnung auf evangelisches Leben in Niederösterreich: Vor 375 Jahren wurden im Zuge der Gegenreformation evangelische Pfarrer und Lehrer aus dem Land vertrieben, vor 350 Jahren auch schlichte Laien, die von ihrem Glauben nicht lassen wollten. Der Adel konnte etwas länger Widerstand leisten als die Evangelischen in den Städten oder auf dem "flachen Land".Ohne auf Unrecht und Gewalttaten der Vergangenheit
Was haben braune und schwarze Sudanesen, was haben Kamele und Esel auf der Schallaburg bei Melk an der Donau verloren? Die Beauftragten der Niederösterreichischen Landesregierung sind schon seit vielen Jahren bemüht, für die warme Jahreszeit attraktive Ausstellungen in die mit großem Aufwand restaurierte Renaissance-Burg zu bringen. Dabei blickt man ebenso gern in die eigene Kulturgeschichte wie in fremde Länder. Und es wäre doch gelacht, wenn sich nicht auch in einem so exotischen Gebiet wie dem Sudan irgendwelche Österreich-Bezüge finden ließen.Exotik ohne GefahrErich Pröll vom
Die Balten begruben ihren Hass auf den "baltischen Baron".Wer aufmerksam durch die baltischen Staaten reist, spürt bald die Zugehörigkeit zur alten Hanse, überhaupt zu Europa und die Aufmerksamkeit, die Esten und Letten dem starken deutschen Anteil ihrer Geschichte zuwenden. Das war nicht immer so. Als sich nach der Oktoberrevolution die drei baltischen Republiken selbständig machten, nachdem sie jahrhundertelang Untertanen des Zaren gewesen waren, lebten sie auch einen unterdrückten Nationalismus aus. Die vor 800 Jahren aus Westfalen und Norddeutschland eingewanderten Baltendeutschen
Beethoven in Böhmen: Ein tschechisches Werk mit neuen Erkenntnissen fand spät, aber doch den Weg zu uns.Goethes Aufenthalte in den westböhmischen Bädern sind hinreichend dokumentiert. Wir wissen fast alles über Mozarts Reisen nach Prag. Wie lückenhaft unsere Kenntnisse über Beethovens Ausflüge bisher waren, belegt ein voluminöses Buch aus Prag: "Beethoven im Herzen Europas" trägt zwar das Erscheinungsjahr 2000 auf dem Einband, kommt aber erst jetzt in den internationalen Buchhandel. Der Start wurde im Haus der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde gefeiert.Das Melodram "Ariadne auf
Ota Filips neues Buch: Anstoß zur überfälligen Vergangenheitsbewältigung der Tschechen?Seit 1974 lebt der tschechische Schriftsteller Ota Filip in Bayern. Seine Bücher, die Erfahrungen in der Heimat als Realsatiren beschrieben, gehören zum Besten, was die tschechische Literatur in den Jahren der Unterdrückung hervorbrachte. Anfang 1998, also lange nach der "Wende" in Prag, veröffentlichte der "Spiegel" eine " Enthüllung", die behauptete, Filip habe jahrelang für den tschechischen Geheimdienst gearbeitet. Sein Sohn, damals immerhin schon 43 und Professor für Mathematik in Bochum,
Die Nicolaikirche in Kalkar (Nordrhein-Westfahlen) beherbergt einen kostbaren Schnitzaltar.Am Niederrhein, fast in Holland. Die Wegweiser melden schon Nijmegen und Geldern: das alte Herzogtum Kleve. Xanten, Goch, Zons, Rees - endlich Kalkar, ein Städtchen, das Anfang 1945 bei den Kämpfen rings um Arnheim noch Zerstörungen erlitt. Später erregte es Aufsehen und Protest durch einen nahen "Schnellen Brüter". Der Brüter wurde zur Ruine wie Zwentendorf. Die alte Kirche St. Nicolai mitten im Städtchen, schräg gegenüber vom alten Rathaus ist die Touristen-Attraktion. Erst recht nachdem sie
800 Jahre Riga und die Last der VergangenheitEs war wie in alten Zeiten: Vertreter von 92 Städten hatten sich zu den 21. Internationalen Hanse-Tagen in Riga versammelt, der Hauptstadt Lettlands, die vor 800 Jahren gegründet wurde. Wer weiß schon, dass sich heute über 200 Städte und Städtchen in Europa zu ihrer einstigen Hanse-Zugehörigkeit bekennen? Die meisten rund um die Ostsee. Aber die Hanse reichte auch bis England und Flandern. Eine weitgespannte Kaufmanns-Gilde, zu der auch Russen, Italiener, sogar Araber stießen. Von Riga, wo die Düna in die Ostsee mündet, ging die Reise ins
Die norditalienische Stadt hat weit mehr zu bieten als nur Konzils-SchauplätzeSchon Goethe hat sich nicht lange aufgehalten. Die Konzils-Schauplätze: den Dom und S. Maria Maggiore erwähnt er kaum, von den Häusern der Stadt gefiel ihm nur das, von dem es hieß, der Teufel habe es in einer Nacht gebaut. Die Mühe, zum Castello del Buonconsiglio, dem Sitz der Fürstbischöfe hinaufzusteigen, hat er sich nicht gemacht. Bis heute fassen sich die meisten Reiseführer kurz. Man will ja schnell nach Verona, Florenz, Rom ...Ja, das Konzil, gewiss: 1545 wurde es begonnen, und als es zehn Jahre
Das Operettenfestival Bad Ischl hat sich etabliert.Das Wort kannte man vor 40 Jahren kaum, aber es war eine frühe Bürgerbewegung, die in der idyllischen Kaiserstadt Bad Ischl, wo seit 1948 Franz Lehár begraben ist, mit dem Schlachtruf "Die Operette lebt" ein Stück der verklärten Vergangenheit reanimieren wollte. Es waren Laien wie der Sargfabrikant Flandera, die sich dem Totsagen einer immer noch beliebten Gattung des Musiktheaters entgegenstellten. Und sie haben sich durchgesetzt - vielleicht mehr als sie träumen konnten. Seit zwei Jahren gibt es im umgebauten Kurhaus das "Kongress &
750 Jahre nach dem Baubeginn wurde dem Kölner Dom ein Festjahr
gewidmet, das in der Ausstellung "Himmelslicht - Europäische
Glasmalerei im Jahrhundert des Kölner Dombaus 1248-1349" seinen
ab-schließenden Höhepunkt fand.
Im Ilm-Park gleich hinter dem Schloß von Weimar, nicht weit von Goethes Gartenhaus, steht ein großes Paket, dunkelblau, dick verschnürt. "SALVE" steht in weißen Lettern drauf. Sei gegrüßt: So hat Goethe schon im Haus am Frauenplan seine Gäste empfangen. Die Schrift, dort in den Fußboden eingelassen, wurde zum Logo der Kulturhauptstadt 1999. In dem geheimnisvollen Paket wird Goethes Gartenhaus in allen Details nachgebaut. Zur Schonung des Originals bei Massenansturm? Keineswegs. Beide Häuser werden zu besichtigen sein - und zu vergleichen.Es ist die Frage nach Authentizität, die sich
Daß in einem Menschenleben, und währte es bisher 90 Jahre, so viel und so vielerlei Platz hat, ist kaum zu begreifen. Manfred von Ardenne ist der Enkel jener Frau, deren Schicksal Theodor Fontane in seinem Boman „Effi Briest" gestaltet hat. Er heiratete 1938 eine Enkelin des „Alt-Heidelberg"-Dichters Wilhelm Meyer-Förster und Nichte des Dichters Werner Bergengruen. In der Physik und in der Technik hat er unzählige Erfindungen gemacht, er war an der Entwicklung des Fernsehens in Deutschland beteiligt sowie an den Forschungen zur Kernspaltung.Schon mit 65 hat er in der DDB
Árpad und seine Recken schlugen ihre Zelte neben dem Berg des heiligen Martin auf und tranken aus der Quelle von Sabaria. Sie stiegen hinauf auf den Berg und waren von der Schönheit Pannoniens erbaut ..." So heißt es in der „Gesta Hungarorum" eines anonymen Chronisten über die Landnahme der Magyaren. Das Land nahe der heutigen Stadt Györ (Baab) war damals schon seit Jahrtausenden besiedelt und gehörte vom 1. bis 4. Jahr hundert zur römischen Provinz Panno-nien. Dann kamen 1 Iunnen und Awa-ren, die Ungarn blieben. Der heilige Martin soll 316 in dieser Gegend geboren sein,
Wer dieses Buch über Schokolade liest, sollte eine Tafel von der feinsten Sorte in Reichweite haben und alles vergessen, was er über bedenkliche Folgen des Genusses gehört und gelesen hat. Hier ist Freude am Genuß angesagt.Die Schokolade haben natürlich die Götter gebracht. Das wußte schon der alte Montezuma, der sich mit dem braunen Getränk stärkte, bevor er in seinen Harem ging. Der freundliche Azteken-Gott hieß Quetzalcoatl und kam aus dem Lande das Goldes, wo die Sonne sich nachts zur Ruhe legt. Aber die Menschen nahmen die göttliche Herkunft des Tranks so ernst, daß sie einem
Eigentlich ist er erst mehr als hundert Jahre nach seinem Tod weltberühmt geworden: William Turner (1775-1851) hat Deutschland und Österreich mehrmals ausgiebig bereist und Hunderte von Aquarellen und Skizzen heimgebracht. Nur ein einziges seiner Gemälde wurde zu Lebzeiten in Deutschland ausgestellt, Ausstellungen rund um seinen 200. Geburtstag, darunter Werner Hofmanns anspruchsvolle Hamburger Schau von 1972, brachten die wirkliche Popularität.Trotzdem konnte die 150 Blätter, vorwiegend Aquarelle umfassende Schau, die nach Mannheim nun in Hamburg zu sehen ist, in Neuland vordringen. Der
Wie schwer war es doch seinerzeit, eine Allianz für den Kampf gegen die vordringenden Türken zustandezubringen! Und wie willig fanden sich hingegen heute europäische Museumsdirektoren bereit, eine Ausstellung mit dem Titel „Im Lichte des Halbmonds - Das Abendland und der türkische Orient" zu beschicken. Aber heute sind ja auch die Türken mitten unter uns.Die Initiative zu dieser Ausstellung ging von den Staatlichen Kunstsammlungen Sachsens aus, die sich in der „alten" Bundeshauptstadt Bonn vorteilhaft präsentieren wollten. Zu ihren einschlägigen Schätzen gehört
Angesichts der jüngsten Prager Streitigkeiten um den deutschen Dirigenten der Tschechischen Philharmonie Gerd Albrecht sollte man sich ein wenig mit der Vergangenheit beschäftigen. Im Sammelband „Böhmen im 19. Jahrhundert", herausgegeben von dem Historiker Ferdinand Seibt, ist auch ein Kapitel der Musik gewidmet. Dessen Autor Detlef Gojowy zeichnet die Entwicklung nach von einem romantischen böhmischen Patriotismus zu einem übersteigerten Nationalismus, der Deutsche und Tschechen auch auf musikalischem Gebiet entfremdete.Dabei konnte sich die tschechische Musik nur mit deutscher
Im Jahre 1975 zog sich die große Joana Gorvin vom Deutschen Schauspielhaus Hamburg zurück und wohnte fortan in Klosterneuburg bei Wien. Sie gab nur noch wenige Gastspiele, wirkte im Fernsehen und bei Hörspielen mit. 1992 spielte sie ihre letzte Rolle in „Schlußchor" von Botho Strauß an der Berliner Schaubühne. Es war schwer zu verstehen, daß sie durch soviele Jahre „brachlag". Sie wohnte eine halbe Autostunde vom Burgtheater entfernt, aber Claus Peymann, mit dem sie in Hamburg gern zusammengearbeitet hatte, fand keine Rolle für sie. Die vielgerühmte Stimme schien
War der große Bildhauer Veit Stoß auch Inszenator von Passionsspielen in Krakau? Die Frage wirft Gerda Hagenau in ihrem umfangreichen Werk „Polnisches Theater und Drama” auf. Es ist vorerst ein Analogieschluß: Etwa zur gleichen Zeit, als der gebürtige Schwabe Veit Stoß in Krakau wirkte, schuf Wilhelm Rollinger das Chorgestühl für den Wiener Stephansdom. Es ist 1945 verbrannt, allerdings kurz vorher noch von Lucca Chmel fotografisch dokumentiert worden. Wenn man weiß, daß Rollinger die Wiener Passionsspiele leitete, sieht man, wie lebensecht die Passions-Szenen des Chorgestühls
Man wird sich zuerst ungern und hart an ihn gewöhnen, seine unerhörte monströse Art stößt zunächst nicht ab. Wir fühlen uns kalt nur umfangen. Doch er wird sie unerschütterlich beugen alle, die Gebildeten, zuvorderst. Sein stählernes Joch ist schwer und zwingt zum Gehorchen. Hat man ihn aber erkannt, so schenkt uns dieser Menschenteufel seine geheimnisvollen Schätze in großmütiger Weise. - Da muß ich lachen wenn ich höre wie Kritiker und ähnliche Geistchen über ihn, dieses geradezu einzige Phänomen sprechen ...”So schrieb einst, in sehr jungen Jahren, Alfred Kubin über
Könnte man 'sich Goethe etwa in einem Goldgräberlager vorstellen? Wäre dies verrückter als der Gedanke, daß der wilde Humorist des amerikanischen Westens, zu dem er sich selbst stilisiert hatte, gerade zu der Zeit in der Donaustadt lebte, als dort das entstand, was man in unserem Jahrhundert „die Moderne” nennt und zugleich, noch unbewußt, die Bühne für das bereitet wurde, was Karl Kraus später „Die letzten Tage der Menschheit” nennen sollte?Diese Frage stellt der amerikanische Gelehrte Carl Dolmetsch in seinem Buch über Mark Twain in Wien. Er hat sich sehr gründlich in den
Allenthalben hat man der Zerstörung Dresdens vor 50 Jahren gedacht. Eine Rekonstruktion der Vorgänge um den 13. Februar 1945 wurde von allen Seiten erschwert: Falschmeldungen der Goebbels-Propaganda, Geheimhaltung bei den Engländern, schwer erklärbare Geheimnistuerei später auch bei den SED-Machthabern. Götz Bergander ist dafür zu danken, daß er schon 1977 eine umfassende Dokumentation vorlegen konnte, die 1979 und 1985 auch als Taschenbuch erschien.Außer seinen eigenen Erinnerungen als Augenzeuge hat er alle erreichbaren Quellen in Ost und West erschlossen, aber bis 1989 durfte sein
Seit alters her sucht der Kunstfreund aus dem Norden in Italien die Meisterwerke zwischen Giotto und Tiepolo. Das schönheitstrunkene Auge stutzt, wenn ihm in italienischen Museen unverhofft Bilder des 19. Jahrhunderts begegnen. Warum ist uns die Kunst zwischen Tiepolo und den Futuristen so fremd? Lebten damals lauter Epigonen?Vorgefaßte Meinungen bilden sich besonders leicht vor politischem Hintergrund. Die Einigung Italiens hatte gerade für Österreich schmerzhafte politische Folgen.Die Sammlung des italienischen Industriellen Gaetano Marzotto (1894-1972) ist geeignet, das italienische
Viele Bücher sind über den unheilvollen Einfluß des Pseudo-mönchs Rasputin am Zarenhof geschrieben worden. Das meiste ist Kolportage. Die Riographie von Elisabeth Heresch geht das Thema auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und bisher unbeachteter russischer und deutscher Akten an. Das überraschendste Ergebnis: Rasputin hat, ohne es zu wissen, während des Ersten Weltkrieges für Deutschland gearbeitet.Der primitive sibirische Rauer, der kaum lesen und schreiben, aber große Teile des Neuen Testaments auswendig konnte, drang mit seinen stechenden Augen und dem Ruf eines frommen
Das Lebenswerk des Bildhauers Johann Gottfried Schadow, von dem die Quadriga auf dem Brandenburger Tor stammt, kann nun endlich wieder in ganz Deutschland gewürdigt werden.
Hans Moser, Publikumsliebling bis heute, drei Jahrzehnte nach seinem Tod. Die Filme bewahren seine kleinen Leute, die sich nuschelnd und grantelnd durchs Leben schlugen. Daß er ein großartiger Schauspieler sein konnte, daß er mit zunehmendem Alter immer noch reifer wurde, hat.man besonders in Wien nicht vergessen, wo er ja noch bis in seine letzten Jahre auf der Bühne stand.Moser hat die sieben „großdeutschen” Jahre in ständiger Sorge und Angst durchlebt, während er beim deutschen Film Spitzengagen verdiente. Seine Frau war Jüdin, und sie war zu weltfremd, um die Gefahr zu
Einmal im Monat gastiert man mit einer Neuinszenierung in Budapest. Zuletzt war dies „Nathan der Weise”, gespielt von deutschen und des Deutschen mächtigen Schauspielern. Natürlich hört man den Akzent. Aber: War es nicht auch eine Mehrsprachen-Gemeinschaft, die zur Toleranz finden mußte? Plötzlich bekommt das Stück in dieser Mischung der Akzente eine neue Dimension.Die Deutsche Bühne hat ein kleines Stammpersonal und engagierte Schauspieler aus Deutschland, aber auch aus Ungarn mit Stückverträgen. Andräs Frigyesi, der ungarische Intendant, der nach jahrelanger Tätigkeit in
Die Musik, die im 17. und 18. Jahrhundert von den kleinen Hofkapellen des Adels auf böhmischen und mährischen Schlössern gespielt wurde, ist ein unerschöpfliches Reservoir für Schallplatten-Raritäten: Frantisek Vaclav Miča (1694-1744) wurde zu seinem 300. Geburts- und 250. Todestag wiederentdeckt. Das junge internationale Ensemble „Le Monde Classique“, das in Wien zu Hause ist, hat die Oper „Der Ursprung von Ja- romeriz“ aufgenommen. Miča war Hofkapellmeister auf dem Questenberg-Schloß Jaromeriz, wo auch die Oper spielt , die 1730 uraufgeführt wurde. Es war die erste Oper mit
Operngastspiele, Ballettproduktionen, Konzerte, Museumsneubauten für portugiesische Kunst und internationale Moderne - Was bleibt davon für die I „Kulturhauptstadt Europas 94“?
Das Museum Österreichischer Kultur in Eisenstadt konnte seit einigen Jahren durch fleißige Ausstellungstätigkeit auf jsicn aufmerksam machen. Die Öffnung der Grenzen zu den östlichen Nachbarländern brachte einen spezifischen, „pan-nonischen" Austausch mit Mu-seen des einstigen Altösterreich. Direktorin Gerda Mraz hatte gute Kontakte, gute Ideen.Nun hat sich die burgenländi-sche Landesregierung von dem Museum abgewandt. Das Gebäude in der Joseph-Haydn-Gasse würde für eine neu zu gründende Fachhochschule für Internationale Wirtschaftsbeziehungen benötigt. Die wenigen
Heimlich traf man sich noch 1986 in einer Privatwohnung, um den 30. Jahrestag der Revolution von 1956 zu feiern. Heute existiert in Budapest ein öffenthches Institut zur Erforschung dieser Revolution und ihrer Vor- und Wirkungsgeschichte, also etwa die Jahre 1953-1963 umfassend. Alles, was im In- und Ausland über diese Zeit geschrieben wurde, vrird dort gesammelt. Ein Archiv für „Orad History" läßt Zeitzeugen ihre Erinnerungen mündlich zu Protokoll geben.Zu den wichtigsten Dokumenten gehört das „Jelzin-Dossier": Im November 1992 übergab Präsident Jelzin dem ungarischen
In Darmstadt, Weimar, Leipzig und Potsdam haben die russisch-deutschen Beziehungen schon seit den Zeiten Napoleons ihre Spuren hinterlassen. In Alexandrowka bei Potsdam ist sogar russische Dorfarchitektur zu bewundern.
Vor dem neuen Wall- raf-Richartz-Museum in Köln bilden sich schon Besucherschlangen, ehe es seine Tore öffnet. Wieder einmal ist eine Großausstellung zu besichtigen, die man in dieser Form nie wieder erleben kann: „Stefan Lochner, Meister zu Köln: Herkunft - Werke - Wirkung“.Schon Albrecht Dürer hatte, als er 1521 in Köln weilte, für Stefan Lochner Eintrittsgeld bezahlt: „3 Weißfennig“ mußte er hinlegen, um das „Weltgericht“ zu sehen, das damals in der Kölner Ratskapelle hing. Die figurenreiche Darstellung des Jüngsten Gerichts war offenbar ihr Geld wert, denn Dürer
Das Düsseldorfer Theatermuseum heißt im Untertitel immer noch „Dumont-Lindemann-Archiv". Gustav Lindemann hatte 1905 zusammen mit seiner späteren Frau Louise Dumont in Düsseldorf ein zweites Schauspielhaus begründet und viele bedeutende Schauspieler ausgebildet. Die Namen Ewald Baiser, Adolf Bott, Paul Kemp und Paul Henckels wurden weit über die Stadt hinaus bekannt.Nach Hitlers Machtergreifung war Lindemann rassisch unerwünscht und mußte die Theaterleitung abgeben. Dem unerschrockenen Eingreifen des Industriellen Ernst Poensgen und mit Hilfe des Lindemann-Schülers Gustaf
Er hat den Untergang des Kapitalismus immer wieder vorausgesagt und prophezeit heute, daß die Wiedervereinigung Deutschlands zur wirtschaftlichen Katastrophe der ehemaligen DDR führt und daß Deutschland in hundert Jahren sozialistisch sein wird: Jürgen Kuczynski, Jahrgang 1904, renommierter SED-Wirtschaftswissenschaftler, der durch sechs Jahrzehnte seiner KP gedient hat. Zwar hatte er Ulbricht und Honecker gelegentlich kritisiert, aber nie seine bevorzugte Stellung bei Hofe in Ostberlin riskiert.Er ist ein kostbares Exponat für jenes Museum des Marxismus, an dem in Wien so manche
„I Disingannati”, die zweite Oper bei den Festwochen der Alten Musik, war als Innsbrucker Eigenproduktion deklariert, obwohl Musiker („La Petite Bande”), Dirigent (Sigiswald Kuijken), Regisseur (Philippe Lenael) und Ausstatter (Thierry Bosquet) aus Westeuropa kamen, wo auch Kostüme und Dekorationen entstanden waren. Aber das Werk selbst ist vom Wiener Kaiserhof, wo es im Fasching 1729 uraufgeführt wurde und seitdem vergessen war: „I Disingannati” von Antonio Caldara, eine freie Bearbeitung von Molieres „Misanthrope”. Nicht der Menschenfeind Alceste steht im Mittelpunkt,
Rene Jacobs, seit Jahren verantwortlich bei den Festwochen der Alten Musik in Innsbruck tätig, pendelt jetzt mit seinem Orchester „Concerto vo-cale” zwischen Tirol und Salzburg. Dorthin hatte ihn sein flämischer Landsmann Gerard Mortier eingeladen, zum Monteverdi-Jahr „L'Ulis-se” im Residenzhof zu leiten. Nun brachte er im Innsbrucker Landestheater die Oper „II Ritorno d'Ulisse in Patria” heraus. Die beiden Inszenierungen könnten kaum verschiedenartiger sein.Herbert Wernicke holte in Salzburg den Sänger Orpheus gleichsam aus den mythologischen Bezügen ins Zeitlose. Innsbruck
Kulturhauptstadt Europas zu sein, ist für große Städte eine Herausforderung, Kultur der Vergangenheit zu beleben, aber auch lebendige Kunst der Gegenwart zu zeigen. Die meisten Gäste streben allerdings zu den üblichen Sehenswürdigkeiten, wollen die berühmten alten Kirchen sehen, das Rubens-Haus, die mehr oder weniger verträumten Winkel der Altstadt, das weite Wasser-Panorama der Scheide-Mündung.
300 Jahre Oper in Leipzig - von Anfang Mai bis 3. Juli feiert das traditionsreiche Haus unter dem Komponisten-Intendanten Udo Zimmermann mit Aufführungen von Jean-Philippe Rameau bis Bruno Maderna.
Aus den tiefsten Depots russischer Museen kommen die Objekte der Ausstellung „Leben im Russischen Schtetl" in Köln: Die Schau im Kölner Museum für Völkerkunde hat den Untertitel „Auf den Spuren von An-Ski" und stammt aus den , Jüdischen Sammlungen des Staatlichen Ethnographischen Museums Sankt Petersburg".
Den 300. Geburtstag des Barockbildhauers Georg Raphael Donner (1693-1741) wird die Österreichische Galerie in Wien mit einer Ausstellung gebührend feiern. Die Slowakische Nationalgalerie ist ihr mit guten Gründen zuvorgekommen. Donner, nicht weit von Wien geboren, hatte unter anderem bei dem Venezianer Giovanni Giuliani gelernt, der damals in Heiligenkreuz wirkte. Vergeblich versuchte er dann, in Salzburg Fuß zu fassen, wo er einige Figuren für das Schloß Mirabell schuf und sich als Medailleur betätigte.Wie er mit der mäzenatischen Familie Esterhazy in Kontakt kam, ist unbekannt.
Als man zu den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik in diesem Jahr Spanisches suchte, wurde der unermüdliche Forscher, Dirigent und Kontratenor Rene Jacobs bei dem italienisch geschriebenen Opus von Francesco Conti fündig: „Don Chis-ciotte in Sierra Morena" läßt sich ohne Gewaltanwendung einem heutigen Publikum schmackhaft machen. Die Hofdichter Zeno und Pariati konnten die Handlung des 1719 in Wien ur-aufgeführten Werkes über den Ritter von der traurigen Gestalt als bekannt voraussetzen, der Hof komponist Conti setzte parodierende Schnörkel.Man hatte den Franzosen Roland Topor
Langjährige Festspielbesucher wie auch die weiterverwertenden Medien könnten es begrüßen, wenn sich ein gewissermaßen noch unverbrauchtes Festival entwickeln würde. „Deutschland hat noch keine Festspiele, die mit denen von Salzburg vergleichbar wären", sagt Michael Hampe, ehemaliges Direktoriumsmitglied der Salzburger Festspiele. Der Intendant der Kölner Oper, dessen Salzburger Mozart- und Rossini-Inszenierungen noch in guter Erinnerung sind, hat die Leitung der Dresdener Festspiele übernommen.Für deren Programm wird er allerdings erst ab 1994 voll verantwortlich sein. Die
Fromme Weisen im Musical-Sound. Der Film von Gabor Koltay heißt „Julianus" und spielt im 13. Jahrhundert. Damals zog ein Dominikanermönch aus, um die Urheimat der Ungarn irgendwo zwischen Ural und Schwarzem Meer zu finden. Es war mehr als zwei Jahrhunderte her, seit sich das Reitervolk nach schweren inneren Auseinandersetzungen dazu durchgerungen hatte, in der pannoni-schen Ebene seßhaft zu werden.Der erste König, der später heiliggesprochene Stephan, gilt als der große Einiger der Stämme, die sich allerdings in Europa immer noch und immer wieder fremd fühlten. Der Mönch
Ungarn rief zum zwölften Mal alle Welt, gemeinsam den Frühling zu begrüßen - und in der Vorsaison die Hotels zu füllen. Das Angebot war kaum übersehbar, die herausragenden Höhepunkte schwer auszumachen. Wie sich das mit dem allerorten im Lande beklagten Geldmangel vereinbaren läßt, ist ein typisch ungarisches Geheimnis. Jeden Abend konnte man unter durchschnittlich fünf Konzerten wählen, dazu kamen Oper, Operette, Ballett, Schauspiel. „Europas Frühling" hieß das Motto und korrigierte damit diskret die vorherrschende Tendenz, alles Völkische und Bodenständige zu