Vor zehn Jahren begaben sich DDR-Menschen nach Ungarn, um unbedingt oder eventuell in den Westen abzuhauen. Auf den Zeltplätzen nahe der Grenze zu Österreich wurde die DDR Abend für Abend lebendig. Am Lagerfeuer diskutierten sie die Fluchtmöglichkeiten durch. "Jetzt mache ich erst mal in Ruhe meinen Urlaub, den habe ich mir verdient, abhauen kann ich später auch noch!", soll ein Mann gesagt haben, der die gruseligsten Geschichten aus der DDR erzählte. Er arbeitete im sowjetisch kontrollierten Uranbergbau bei Aue und witzelte immer gut gelaunt: er strahle so, weil er schon viel
Warum beißt sich die Erregung nur immer wieder am Thema des IM (Inoffiziellen Mitarbeiters der Staatssicherheit) fest? Steckt auch ein Erlebnisneid dahinter, den die fundamentalen Kritiker jener konspirativen Gesprächszusammenhänge, zu denen ich zähle, verstecken wollen? Was haben wir versäumt, die wir nicht mit ihnen (dem Ministerium für Staatssicherheit, MfS) geredet haben? Wenn es die klügeren Staatsdiener gewesen sein sollen, so sinngemäß Heiner Müller, warum haben wir uns immer mit den Dummköpfen abgegeben?
Der Berliner Literat Lutz Rathenow zieht Bilanz: Die evangelische Kirche in der früheren DDR steht im Zwielicht, Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe steht für die unerquickliche Verquickung von Kirche und Staatssicherheit unter Dauerbe-schuß.
Viele Ostdeutsche nennen die Vereinigung der beiden Deutschländer heute einen Skandal. Darf man von einem Vereinigungsskandal sprechen? Eher vom „Vereinigungsschwindel".Für das Erlöschen der DDR spielte die Aussicht auf deutsche Einheit eine größere Rolle als bisher analysiert. Vielleicht liegt hier der Schlüssel für den friedlichen Übergang, jenes Sich-Nicht-Wehren eines hochgerüsteten Staatsapparates.Der Vereinigungsschwindel wurzelt im Wiedervereinigungsgerede. Vom Wieder konnte spätestens seit den siebziger Jahren nicht die Rede sein; zu groß ist die entstandene
FURCHE: Tausende kehren momentan der Deutschen Demokratischen Republik über Ungarn den Rücken. Wie ist die Stimmung im zweiten deutschen Staat?Das ist ein Problem, über das alle sprechen -ausgenommen vielleicht die ganz offizielle Führungsschicht. Die Haltung ist überwiegend von Sympathie für die Ausreisenden geprägt, mit unterschiedlichen Schlußfolgerungen für die eigene Person. Das reicht von Fragen wie: Können wir es aufgrund der jetzigen Politik und der ökologischen Situation in der DDR überhaupt noch verantworten, hier weiterzuleben? bis hin zu einem bei alteren Menschen doch
Sage keiner, engagierter Bundfunk sei sinnlos - oder wortreiche Sendungen hätten keine Hörer. Sicher haben sie weniger als die Musikberieselungsprogramme, doch führen sie mitunter zu Wirkungen über den Tag hinaus. Kultur- und Literatursendungen aus Westberlin (SFB, RIAS) dürften in Berlin/Ost im allgemeinen ohnehin mehr Hörer haben als in Berlin/ West. Hier wirken solche Programme als Ausgleich für ein nicht vorhandenes Feuilleton im täglich verabreichten Zeitungsersatz.Daneben gibt es aber spezielle Hörer, von denen ich nicht weiß, ob sie immer noch in der Abteilung „Monitor“
Er überlegte, was vorgefallen sein könntfe. Er glaubte, ein ruhiges Gewissen zu haben, aber nicht so sehr, daß er dem da sorglos entgegensah. Wenn es etwas Gewöhnliches gewesen wäre, hätte der Dienstweg eingehalten werden können, und man brauchte ihn nicht gleich dorthin zu beordern.Der Zettel lag am Dienstag auf dem Schreibtisch, am Freitag sollte das Gespräch stattfinden. Er nahm sich vor, die Sache für sich zu behalten und keinen damit zu belasten.Seiner Frau fiel auf, daß nicht alles stimmte. Nicht nur, weil ihr Mann pünktlich nach Hause kam.den Aufwasch machte, freiwillig
Die Kulturstadt Berlin. Der träge dahinfließende Strom der Kunst entfacht Wirbel an seinen Rändern. An einem Mittwoch höre ich zufällig, drei neue Stücke von Heiner Müller würden gezeigt. Am nächsten Abend gehe ich zu einer kirchlichen Einrichtung und sehe mit fünfzig anderen Zuschauern ,Medea Material“, „Verkommenes Ufer“, ,J3ildbeschrei-bung“.Zweieinhalb Stunden konzentriertes, leidenschaftliches Spiel. Die jungenSchauspieler locken präzise die Spannungen der Texte auf die Nichtbühne, verblüffend jene von einem Mann gespielte Medea.Am Schluß wickelt eine Frau die Gäste
Ein heller Tag. Du trittst aus der Tür, und Zuversicht überfällt dich. Die Stadt liegt vor dir. Häuser rieseln auf Gehsteige. Und freudig atmest du Straßen ein.ßevor ich in Berlin lebte, lebte Berlin in mir. Der Drang, dorthin zu fahren. Als Kind mit den Eltern. Einmal im Jahr bei der Rückreise vom Ostseeurlaub. U-Bahn-Sehnsucht. Nur in Berlin konnte ich unter die Straße steigen und durch das Dunkel gleiten - dann entlassen in das künstliche Licht eines Bahnhofes. Und ich hastete an der Hand der Mutter den Ausgang hinauf, trat an einer Stelle ins Freie, die nichts mit dem Ort des