Für viele katholische Korporierte, die zu einem großen Teil die personelle Elite des "Ständestaates“ gestellt hatten, bedeutete der Umschwung des 12. März 1938 eine Bedrohung für Leib und Leben.Im Vorfeld des 75. Jahrestages des "Anschlusses“ Österreichs an das Deutsche Reich hat Hans Werner Scheidl in der Presse an die dramatische Rede Schuschniggs am 24. Februar 1938 im historischen Reichsratssitzungssaal in Wien erinnert. Wie bei vielen Reden galt auch hier das gesprochene Wort. Die Berichte in den österreichischen Zeitungen des folgenden Tages brachten nur eine (selbst
Buch • Gian Domenico Borasio leistet nüchterne Aufklärung über das Lebensende und plädiert für einen natürlichen Tod.Geburt und Tod, die Schwellen an den Rändern eines jeden Lebens, haben viel gemeinsam. "Beide laufen in den meisten Fällen am besten ab, wenn sie durch ärztliche Eingriffe möglichst wenig gestört werden“, schreibt Gian Domenico Borasio. "Und in beiden Vorgängen greift die moderne Medizin zunehmend häufiger, zunehmend invasiver und teilweise zunehmend unnötiger ein.“ In diese Wirklichkeit hinein hat Borasio ein Buch der leisen Töne aber glasklaren Argumente
Frühjahrsbeginn 1945: längst hat der Krieg deutschen Boden erreicht, alliierte Truppen und die Rote Armee sind bereits weit ins Landesinnere vorgerückt. Viele deutsche Städte liegen nach Beschuss und Bombenhagel in Schutt und Asche. Die militärische Lage der deutschen Wehrmacht ist aussichtslos.So auch in der ehemaligen Residenzstadt Gotha in Thüringen. Am 30. März werden die Kampftruppen mit allen schweren Waffen aus der Stadt abgezogen und nach Westen verlegt. Der verbliebene "Kampfkommandant“ Oberstleutnant Josef Ritter von Gadolla und mit ihm wenige Soldaten sowie Mitglieder des
Ein "Handbuch eines literarischen Systems" über Literatur in Österreich von 1938 bis 1945.Lange Zeit standen die im "Dritten Reich" veröffentlichten Bücher und ihre Autoren unter einem generellen moralischen und ästhetischen Vorbehalt. Abgesehen von einzelnen, besonders skandalösen Fällen von politischer Verstrickung - genannt seien hier Mirko Jelusisch und Josef Weinheber - blieben weite Teile des ausgedehnten Felds der österreichischen Literatur im Nationalsozialismus unaufgearbeitet. Ab 1986 hat sich ein an der Universität Graz angesiedeltes Forschungsprojekt unter der Leitung von
Zur Geschichte der politischen Öffentlichkeit in der Habsburgermonarchie 1848-1918.Hugo von Hofmannsthal, umjubelter und umstrittener Mittelpunkt der Wiener Gesellschaft im Fin de Siècle, notierte in seinem Buch der Freunde: "Politik ist Magie. Welcher die Mächte aufzurufen weiß, dem gehorchen sie." Diese knappe Bemerkung dürfte sich weniger auf die distinguierten Formen der liberalen Honoratiorendemokratie bezogen haben als auf die diversen Phänomene der frühen Massendemokratie und ihre virtuose Indienstnahme durch Machtpolitiker der ersten Generation wie Karl Lueger und Georg von
Der legendäre steirische Kulturpolitiker Hanns Koren wäre heuer 100 Jahre alt geworden. Kurt Wimmer hat in einem vielschichtigen Porträt dem Menschen hinter dem Mythos Koren nachgespürt.Es gibt Menschen, deren Persönlichkeit sich in der Begegnung mit anderen prägnant verdichtet. Zu diesen außergewöhnlichen Menschen, die bald nach ihrem Ableben nahezu zwangsläufig zum Gegenstand vielfältigster Projektionen und Mythenbildungen werden, zählt auch der steirische Volkskundler und Kulturpolitiker Hanns Koren, der vor kurzem, am 20. November, 100 Jahre alt geworden wäre.Im Bewusstsein
Der bosnische, in Graz und Sarajevo lebende Schriftsteller dzÇevad karahasan im furche-Gespräch: über die Vorzüge des bosnischen Kulturmodells, das christliche Angebot radikaler Freiheit, die tödliche Gefahr von Vereinfachungen und die Nutzlosigkeit von Literatur.Die Furche: Sie haben einmal von Bosnien als einem "dramatischen Kulturmodell" gesprochen. Wie ist das zu verstehen?DÇzevad Karahasan: Ich habe das bosnische - "dramatische" - Kulturmodell, das vielleicht in der Europäischen Union zustande kommen könnte, vom so genannten "dialektischen Kulturmodell" unterschieden. Ein
Ästhetisiert und nivelliert: Kritische Anmerkungen zur RAF-Ausstellung in Graz.Um es gleich vorweg zu nehmen: das Aufregendste an der raf-Ausstellung, die nach dem Auftakt in den "Kunst-Werken" Berlin nun bis Ende August in der "Neuen Galerie" in Graz zu sehen ist, waren die von den Initiatoren erhofften und einkalkulierten Diskussionen im Vorfeld. Hier gab es eine Reihe substanzieller Ansätze zu einer differenzierten Auseinandersetzung mit der Thematik. Etwas, was man von der Ausstellung selbst leider nicht behaupten kann.Medien, nicht MoralDas Gezeigte weist eine Fülle von Brüchen auf,
Der Katholizismus in der zeithistorischen Forschung. Eine kritische Bestandsaufnahme.Die "Kommission für Zeitgeschichte", eine der renommiertesten Institutionen der zeithistorischen Forschung in der Bundesrepublik, hat kürzlich in Buchform eine bemerkenswerte Zwischenbilanz der zeitgeschichtlichen Katholizismusforschung vorgelegt. Bei dem von Karl-Joseph Hummel herausgegebenen Band handelt es sich um die Dokumentation einer Tagung, die im Mai 2003 in der Katholischen Akademie in Bayern stattgefunden hat. Beim ersten Blick aufs Inhaltsverzeichnis kann man sich des Eindrucks nicht erwehren,
Eugen Biser, der große alte Mann der Religionsphilosophie, unter anderem Nietzsche-Kenner von Rang, demnächst 85, im Gespräch über die therapeutische Kraft des Glaubens, ein überholtes kirchliches Verständnis von Autorität und das Defizit an genuin christlicher Mystik.Die Furche: Die Glaubenserwartung vieler Menschen heute konzentriert sich auf die Frage, welchen Beitrag der Glaube für die Bewältigung ihres Lebens leisten kann. Was ist Ihrer Ansicht nach die therapeutische Dimension des Glaubens und wie lässt sie sich vermitteln?Biser: Jesus hat eine Botschaft vorgetragen. Ich füge
Durch ihre modernen Organisationsprinzipien wurde die katholische Kirche zur Avantgarde für die Wirtschaft. Doch wie steht es heute um Marketing und Kundenfreundlichkeit des "Unternehmens" Kirche? Helmut F. Karner, Manager, Unternehmensberater und Christ, im Furche-Gespräch.Die Furche: Sie haben immer wieder betont, dass Sie für Ihre Führungsaufgaben in den verschiedensten Unternehmen, in denen Sie tätig waren, sehr viel von Ihrer Zeit in der Katholischen Hochschuljugend und vom Gedankengut des Christentums profitiert hätten. Heißt das, überspitzt formuliert, Sie haben mit dem