(9. Fortsetzung und Schluß)Ich träumte einmal, die Zeit mit ihren Erfolgen und Errungenschaften werde vor Gott gemessen. Die Menschen, betört und stolz, brachten alle gewaltigen Erzeugnisse ihres Geistes zur Waage. Er aber legte nur eine Apfelblüte auf die Schale und siebe, alle menschliche Kraft war betrogen.So stand ich einmal selbstsicher und stolz vor seiner ewigen Herrlichkeit und achtete des Betruges nicht, den ich durch die dunkelsten Versuchungen anfeuerte, dem menschlichen Geiste zur Herrschaft zu verhelfen. In diesem Falle aber gibt es keinen anderen Weg als den einen: entweder
(8. Fortsetzung)An einem solchen Abend läutete es. Als Verena hinaussah, war niemand da. Nach einer Viertelstunde wieder dasselbe kurze Geklingel. Aber wieder kein Mensch hier. Und danach erneutes Läuten. Verena glaubte, einen Mann die Stiege hinunterflüditen zu sehen. Ich folgte ihm. Er mußte meine Tritte erkannt haben, plötzlich blieb er stehen.„Ich bin’s.”Er zitterte vor Kälte, das ausgehungerte Gesicht schaute aus einem abgewetzten, hoch- gestellten Rockkragen. Sein Schatten langte übers Geländer und fiel weit in den Schacht.„Ja, ich bin’s”, beteuerte er, als wollte er
(7. Fortsetzung)„Damals veranlaßten mich berufliche Gründe, die ferne Stadt wieder zu besuchen. So fuhr ich vorzeitig, gerade noch früh genug: am nächsten Tag wurde Hermann Waldner entlassen, um sich im Rekonvaleszentenheim seiner Heimat gänzlich zu erholen; es galt ja auch noch einen Nerven- chock zu überwinden.Wir fuhren miteinander dem Ländchen zu. Ich habe den äußeren Glanz jenes Tages, seinen blauen Himmel und die sattgrünen Felder noch so im Gedächtnis, als wäre es gestern gewesen. „Hermann Waldner stierte dumpf vor sich hin, ich wollte ihm dies und jenes zeigen, unwillig
(6. Fortsetzung)Als er seine Heimkehr in Aussicht stellte, gab sie sich so sehr der Angst und Fülle ihres Herzens hin, daß sie den Tag seiner Ankunft kaum noch erwarten konnte, dann aber — im Gedanken an deren Verwirklichung — rief erschauerte: ob sie wohl imstande sein werde, die lebendige, aus aller Haft entlassene Liebe zu pflegen?!Er aber schien sich dn der Hingabe dieser Frau zu vervollkommnen und jene Einfalt zu gewinnen, in deren guter Hut nichts Ungehöriges mehr geschehen kann.Auch mir schrieb er einen Brief nach dem andern. Sonderbarerweise hatte er eine so sichere Hand, daß
(5. Fortsetzung)Dann blieben sein Nachrichten wochenlang aus. Man konnte vermuten, die wichtigen Operationen machten vielleicht einen Feldpostdienst unmöglich, heimlich aber ängstigte ich mich, es könnte etwas geschehen sein. Täglich ging ich die Verlustlisten durch, die Litanei der Toten und Verletzten, bis ich ihn endlich unter den Verwundeten fand: Kaiserjäger Hermann Waldner, Kopfschuß. Es gelang mir, seine Anschrift zu erfahren und ich reiste ohne jede vorherige Anmeldung.Die Krankenschwester unterrichtete mich, er könne sich kaum fassen: nun sei es zwar etwas besser, aber die
(J. Fortsetzung)„Das Wirkliche“, flüsterte Herr Direktor Müller vor sich hin und ein leiser Schauer überkam ihn, denn er fühlte sich hineingezogen in die seltsamen Kreise des Mannes, der sein Leben mit ganz neuen Maßen zu messen genötigt worden war, damit er es überhaupt für sich zu bewahren und in jene höhere Wirklichkeit hinüberzuretten verstanden hatte, in der nidn eines Tages der „andere“ da war, derart, daß man aufbrechen mußte, um in die Jugendzeit zu fahren, in der es doch keine Landung mehr gab.Herr Direktor Müller versuchte, sich abzulenken: Ob wohl die nach