Vor einem Jahr wurde die türkisblaue "Wenderegierung" angelobt.
Seither hat sich vieles verändert. Nicht zuletzt der vielzitierte
"Stil": Die Regierung trägt ihre Konflikte weitgehend diszipliniert
intern aus - und kontrolliert mittels ebenso vielzitierter "Message
Control" rigide die Kommunikation nach außen. Die FURCHE blickt mit
diesem Schwerpunkt in die Zukunft - und lässt das vergangene Jahr
Revue passieren. U. a. mit zwei -sehr unterschiedlich ausfallenden
-Bilanzen des ersten Regierungsjahres: Jener des Soziologen Manfred
Prisching auf S. 3 -und jener des Philosophen Peter Strasser auf S.
6. (tsch)
Bestseller verordnen uns Optimismus. In der Tat gibt es eine Diskrepanz zwischen dem tatsächlichen Zustand der Welt und den negativen Einschätzungen, die man vermeintlich "weiß". Der Evolutionspsychologe Steven Pinker legt dar, warum unser Leben während der vergangenen Jahrhunderte ständig besser geworden ist. Aufklärung, Wissenschaft, Vernunft haben die Welt zu einem friedlicheren Ort gemacht. Der Historiker Ian Morris bringt Daten dafür, dass Kriege nicht nur die Zivilisation weitergebracht, sondern auch in den derzeit gewaltarmen Zustand der Welt geführt haben. Der Arzt Hans Rosling
Wie war das doch gleich im vorigen Jahr? Krise der amerikanischen Häuslbauer. Die einschlägigen Experten haben es abgetan: Das Vertrauen der Europäer brauche nicht erschüttert zu werden, das sei Sache der Amis. Im heurigen Frühjahr kam die Krise über den Teich. Kein Grund, das Vertrauen zu verlieren; in Europa seien alle Institutionen solide.Dann brechen amerikanische Immobilienfirmen und Banken zusammen. Da ist es schon beruhigend, dass die Experten mahnen, das Vertrauen nicht zu verlieren, wo doch in Europa niemand in derlei unsaubere Sachen verwickelt sei. Die Börsen krachen, aber
Die Tatsache, dass die Salzburger Eröffnungsrede wenige Kommentare ausgelöst hat, ist leicht zu erklären: Es war eine prägnante Darstellung aller jener Vorurteile, welche die meisten Besucher und Journalisten teilen. Wenn man sich mit dem Holzhammer an die Geistesgeschichte macht, dann haben wir den Cluster des "Bösen", repräsentiert durch Exklusion, Grenzziehung, Fundamentalismus, Nation, Religion und Sonstiges, was man nicht mag, und den Cluster des "Guten": Letzteren nennt man Aufklärung, und er beinhaltet die eigenen metaphysischen und alltagspolitischen Auffassungen. Das macht die
Die USA sind bekanntlich das beste Land auf der ganzen Welt. Sagen sie. Sagt der Gaukler-Präsident. Für ihn sowohl Beschreibung als auch Programm.Einer sorgfältigen Zusammenstellung internationaler Statistiken bei Quora ist zu entnehmen: Es ist das Land mit dem höchsten Sozialprodukt, aber pro Kopf nur an 20. Stelle. Soziale Mobilität: am 16. Platz, hinter Argentinien. Anteil der Menschen, die in Armut leben: Rang 42, gleich hinter Marokko. Prozentsatz der Bevölkerung, die mit weniger als 5,50 Dollar pro Tag lebt: 20. Stelle. Der Freiheitsindex, so sagt das unverdächtige Cato-Institut,
Über Michael Köhlmeiers Ausrutscher könnte man mit Schweigen hinweggehen, wenn er nicht so typisch wäre für die verquere Selbsteinschätzung eines nicht unbeträchtlichen Teils der österreichischen Intelligenzija.Da wäre erstens die Spiegelung von Linksund Rechtspopulismus, in der Argumentationsweise wie in der Moralitätszuschreibung. Was antworten wir fragenden Opfern? Man will dem, der fragt, ja nur in die Augen sehen können. Als Aufrechter. In der dräuenden Diktatur. Gegen Unmenschlichkeit. Praktikable Alternative (etwa zu einer Grenzschließung) ist unnötig. Die anderen sagen
Mr. Zuckerberg hat vor dem amerikanischen Kongress keinen besonders guten Eindruck hinterlassen. Er übernimmt die Verantwortung: folgenlos. Er wird sorgsamer sein: fragwürdig. Er spricht sich für Regulierung aus: Man wird sie hintertreiben.Trotz Medienhype sind das alles Kleinigkeiten. Beim Daten-Megatrend stehen wir erst am Anfang.(1) Es wird mehr und mehr Daten geben, das Volumen wird sich verhunderttausendfachen. Um sich selbst aus dem Spiel zu nehmen, könnte man in Bälde nur Einsiedler werden; ansonsten produziert man in jeder Minute einzuspeisende Daten in den "Weltcomputer".(2)
Das Ende der Geschichte, dachte Francis Fukuyama vor fast drei Jahrzehnten, werde durch den Sieg abendländischer, insbesondere demokratischer Prinzipien herbeigeführt. Inzwischen wissen wir: kein Ende der Geschichte. Aber vielleicht nähern wir uns besagtem Ende doch, nur anders: nämlich dem Verfall zeitweilig florierender abendländischer Prinzipien. Eher Spengler als Fukuyama: eher Untergang als globaler Sieg. Auch das wäre Ende.Denn die neuen Großmacht-Diktatoren machen ihre Sache gut -in ihrer Perspektive. Putin bringt zwar das Land wirtschaftlich nicht hoch, aber die Forcierung eines
In einer Gesellschaft, die sich höchster Sensibilität verpflichtet fühlt, ist es Zeit, gegen resistente Nischen, deren Insassen sich gegenüber sozialen Gruppen diskriminierend, verhöhnend und exkludierend verhalten, vorzugehen. Im Fall von Flüchtlingen wird diese unter dem Vorwand bloßer Spaßmacherei getätigte Aggressivität nunmehr bekämpft. Die Ausrede, dass es sich um Fasching handle, kann nur als Ausflucht gewertet werden; denn es ist längst überfällig, Institutionen wie Faschingsaufmärsche und -sitzungen sowie Kabarettvorstellungen unter dem Gesichtspunkt ihrer
Opposition kann komfortabel sein: arbeits-,geistsparend; sogar die elektronischen Unanständigkeiten braucht man nicht mehr. Das Spiel ist viel einfacher. Man stelle sich alle zwei Tage hin und verkünde, dass, was immer gerade geschehen ist, einmal mehr Beweis sei für Rechtsruck, Neoliberalismus, soziale Härte, Diskriminierung, Angriff auf die kleinen Leute. Die quantitativ größte Maßnahme der Regierung war ja bis jetzt, geplante Zuschüsse an die Unternehmer zu streichen (Beschäftigungsbonus) - das geht offenbar gegen die Armen. Steuererhöhungen? Eiseskalt. Steuersenkungen? Noch
Weihnachten ist eine große Geschichte. Geschichten brauchen ihre Symbolik, ihre Visualisierung. Schließlich nehmen wir die Welt (immer mehr) in Bildern wahr, die diese Wirklichkeit beinahe schon erschaffen. Das alte Weihnachten war die Erzählung von der "stillsten Zeit", dem Schnee und den Kerzen, den "brennenden Lichtlein", von der Krippe und dem Esel, von den Königen und Geheimnissen.Das neue Weihnachten hat die Bilder "verrückt". Das Christkind ist im Abstieg, der Weihnachtsmann macht Karriere -es gibt keine eindeutige Kompetenzzuweisung an das Personal mehr, irgendwie ist ja auch der
Journalisten sind ungeduldig, das ist ihr Job. Wochenlange politische Geheimverhandlungen, die wirklich geheim bleiben - beinahe ein Skandal. Wo bleiben denn da die österreichischen Sitten, wo man doch allemal unter der Hand, en passant, beim dritten Bier ? Aber man kann ja über die künftigen Kommentare nachdenken.Die neue Komposition der Ministerien, so wird es heißen, sei ein Wahnsinn, und genau die Besetzung X hätte man niemals zulassen dürfen. Viel zu wenig werde eingespart, und viel zu wenig Geld gebe es für die Zukunftsprobleme, etwa für die Wissenschaft und die Kinder. Die
GrenzversuchKatalanische Nationalisten wollen die Unabhängigkeit von Spanien, was nach spanischem Gesetz freilich illegal ist. Entsprechend unangenehm ist die Situation aller Beteiligten.Ohne Grenzen können wir nicht denken. Wo sind überhaupt die Grenzen des "Gesellschaftlichen", wer sind unsere "verständigen" Ansprechpartner? Einfache Gesellschaften haben Götter, Dämonen, Tiere und Ahnen als alltägliche Interaktionspartner und moralische Zurechnungsinstanzen betrachtet. Wir haben sie alle aus der Gesellschaft hinausdefiniert. Wir tun uns aber schon bei zwischenmenschlichen
Terroristen werden anders. Es sind neuerdings nicht mehr die gezielten Attentate von Personen, die einem Netzwerk im Hintergrund angehören -und die sich, in mehr oder minder glaubhafter Religiosität, auf ein paar Dutzend Jungfrauen freuen. Das wäre der Tätertypus I. Im Hinblick auf diesen "strategischen Terrorismus" scheinen die Sicherheitskräfte in Europa einen guten Job zu machen. Anders wäre nicht erklärbar, dass so wenige gravierende terroristische Akte geschehen.Zunehmend haben wir es jedoch mit "Zufallstätern" zu tun, die mit höchst unzulänglichen Mitteln -vom Lastwagen bis zum
Über den konkreten Wahlkampf und das Ergebnis ist alles gesagt, mit allen Widersprüchen. Abstieg der Großparteien. Weniger Parteienidentifikation, mehr Wechselwähler. Intensivierung des Schmutzes. Zufälle in personellen Konstellationen. Der Eisenbahnmanager in seinem Errötungsprozess. Der Erlöser in Türkis. Grüne im Todestrieb. Blau im neuen Image-Anlauf. Weiße und Neos im Spiel.Bisherige Erfahrungen helfen nur beschränkt zur Situationseinschätzung. Wir scheinen nicht wirklich ausloten zu können, was geschehen ist und was weiter geschieht -und dabei geht es nicht um trickreiche
Eigentlich sind Wahlkämpfe wichtig: Die Vorhaben der Parteien werden geschildert, die Machbarkeit von Lösungen wird diskutiert. Visionen werden entwickelt. Menschenbilder bekräftigt. Interessen abgeschätzt. Diskursive Demokratie! Aber nicht doch -die Wählerschaft will mit Subtilitäten nicht behelligt werden. Von Tag zu Tag steigert sich die Mühseligkeit des Geschehens.Erstens: Reste des Interesses an der "Sache" mischen sich vermehrt mit Schienbeintretereien, gerade wenn eine vernünftige "Nähe" der Auffassungen herrscht. Wer ist schuld dubiose Finanzierung Gängelband überzogene
Das klingt sonderbar. Wuchern doch entsprechende Bewegungen in ganz Europa - und in Amerika. Aber die Bezeichnung als "Rechtspopulisten" beruht auf politischer Strategie und auf historisch verquerem Blickwinkel. Denn rechtspopulistische sind zum Großteil gleichzeitig linkspopulistische Gruppierungen. Was sind die Themen?(1) Heimat, Zugehörigkeit, Gemeinschaftlichkeit, Identität -und in der Aversion gegen Migranten kann dieses eigentlich konservative Thema in den Rassismus hinübergleiten. (2) Das Thema Schutz, sozialer Garantismus, paternalistischer Staat -ein klassisches sozialistisches
Im Wahlsieg Donald Trumps bündelt sich eine Vielzahl an Ängsten und
Irritationen unterschiedlichster Art. Nicht alles lässt sich als
überzogen oder gar paranoid abtun.
Was haben sie uns nicht alles versprochen, als es um die Errichtung der Europäischen Union ging? So habe ich letzthin gefragt. Alles Blaue vom Himmel. Und es ist eingetreten. Wir sind in der Luxusecke der Welt. Doch die andere Hälfte der Wahrheit ist, dass die Errungenschaften nun zu bröckeln beginnen, gar nicht so sehr aus Verschulden Brüssels, sondern durch Eigensucht und Leichtsinn von Personen, Gruppen und Staaten.Mit der Ausweitung wird es so schnell nichts: die Türkei eine Diktatur, der südliche Balkan durch Korruption gelähmt. Es geht in die Gegenrichtung: Brexit, aus politischem
Was haben sie uns nicht alles versprochen, seinerzeit, als es um Schritte zur Europäischen Union ging? Die Vereinigung würde die Friedenssituation (eine Anomalie der europäischen Geschichte) sichern. Es würde Schritt für Schritt eine Ausweitung der Union geben durch den Einbezug von Ländern bis zur europäischen Peripherie. Es würden durch die Regionalförderung benachteiligte Gebiete profitieren, man könnte ihre Infrastruktur modernisieren. Man könnte die Durchlässigkeit der Grenzen erhöhen, damit den Handel fördern und Produkte günstiger machen. Man könnte die zwischen den
Über Parallelwelten, Illusionen, falsche Erwartungen -und warum sowohl Protestwählen als auch Wahlverweigerung keine Lösung wenn nicht gar gefährlich ist: sechs Thesen über das Wählen.
Irgendwann, wenn die Flüchtlingsprobleme allzu dringlich werden, beginnt man doch, über Lösungen nachzudenken. Was also liegt auf dem Tisch?(1) Man muss unsere Kapazitätsgrenze für die Immigration aus distanten Kulturen festlegen. Aber daran werden sich Flüchtlinge nicht halten. (2) Man muss die Grenzen völlig aufmachen. Nicht aushaltbar. (3) Man muss die Grenzen völlig dichtmachen. Unsinn, funktioniert nicht. (4) Man muss die Flüchtlinge nach Quoten auf europäische Länder verteilen. Aber sie wollen nicht nach Litauen oder nach Rumänien, sie wollen dorthin, wo sie Lebenschancen
Wenn man die Griechenland-Diskussion verfolgt, dann muss man sich von Zeit zu Zeit in den Arm kneifen, um sicher zu gehen, dass man nicht träumt. Da sind die amerikanischen Ökonomie-Nobelpreisträger, die damit argumentieren, dass Keynes gezeigt habe, dass rezessive Phasen mit einem Schwung von öffentlichem Geld zu bewältigen sind - was in der Sache richtig, aber nicht im konkreten Fall anwendbar ist, denn Keynes hat dieses Modell niemals als Entwicklungsprogramm für ein unterentwickeltes Land (und das ist Griechenland nach Abzug seiner Verschuldung nun einmal) angesehen.Da sind die
Möglicherweise war die Idee, Zelte für die Flüchtlinge aufzustellen, gar nicht so schlecht: In einer visualisierten Gesellschaft, in der nur noch Bilder wahrgenommen werden, wurde ein Problem sichtbar gemacht und damit seine Dringlichkeit dargestellt. (Vielleicht war die Idee, die Zeltlager kurz vor zwei Landtagswahlen aufzustellen, weniger gut.) Was aber lehrt uns diese Geschichte über unsere politische Ordnung?Erstens haben die Bilder der Zelte das Problem in den Köpfen der Wähler ungerechtfertigt anwachsen lassen. Die Unterbringung von ein paar tausend Menschen ist in einem Land wie
Das Mittelmeer - wieder einmal im Gespräch. Mare nostrum. Oder vielleicht doch besser: mare vestrum? Beim Blick auf die überladenen Boote verbreitet sich das Gefühl, dass uns doch nur die europäischen Küstengewässer etwas angehen sollten; Afrika werden wir nicht retten, das ist viel größer als Europa. Andererseits verträgt es das sensibilisierte europäische Bewusstsein nicht so recht, beim Ertrinkungstod von Tausenden von Flüchtlingen tatenlos zuzusehen. Also hat die Politik ein Problem: Sie muss so tun, als würden nun tatkräftig Maßnahmen in Gang gesetzt.Die Wahrheit ist: Es
Man könnte vermuten, dass Viktor Orbán, der Mann mit den autoritären Neigungen, nach seinen jüngsten Äußerungen, denen zufolge eine Demokratie nicht notwendig liberal zu sein hat, nicht weiß, was eine Demokratie überhaupt ist. Noch schlimmer ist die andere Vermutung: dass er es weiß. Denn er hat Recht. Joseph Schumpeter hat vor Jahrzehnten geschrieben: Demokratie sei zunächst einmal nur eine politische Methode der öffentlichen Entscheidungsfindung. Man könne auf "demokratischem" Wege auch die Verfolgung von Christen, das Verbrennen von Hexen und das Hinmorden von Juden
Das Wesen der demokratischen Marktwirtschaft ist die Innovation, da sind sich alle einig. Aber diese Innovationskraft schließt eine Menge von Tricks ein, die eingesetzt werden, um aufbrechende Krisen nicht zu bewältigen, sondern zu verschieben. Die Kulturkrise der Sechzigerjahre wurde durch "Befreiung" aller Lebensbereiche bewältigt; die Energie- und Umweltkrise, die in den Siebzigerjahren offenbar wurde, durch symbolische Politik. Die Krise überschießender Erwartungen wurde zuerst durch Inflation, dann durch Staatsverschuldung, schließlich durch freizügige private Kreditvergabe
Immer nach der Jahreswende: Was bringt das Jahr? Das Jahrzehnt? Die Zukunft? Europa ist eine vergleichsweise sichere Welt, aber die übrige Welt ist unsicher. Hohe Lebenserwartung, aber Risikogesellschaft. Postheroisch, aber allenthalben mit Gewaltsamkeit konfrontiert. Noch wohlhabend, aber im Abstieg. Zuweilen wird vermutet, die nähere Zukunft könnten wir abschätzen, die fernere weniger. Aber das stimmt nicht, es hängt vom Thema ab.Über die Wirtschaft der nächsten Jahre können wir wenig sagen, außer dass dynamisches Wachstum nicht einsetzen wird. Die Pensionsbelastung der Jahre 2030
Wenn man sich wirklich mit dem neuerdings wieder aktuellen Thema "Soziale Gerechtigkeit" auseinandersetzen wollte, müsste man sich in verschiedenen wissenschaftlichen Quartieren umtun. Freilich gibt es auch die aversive Position des Friedrich von Hayek, der überhaupt meint, es sei ein "Wieselwort" - man könne keinerlei klaren Sinn damit verbinden. Tatsächlich ist es in der Praxis eine Floskel für beliebige Forderungen.Wenn man den konkreten Sprachgebrauch betrachtet, wird die Sache übersichtlicher. Die Kommunisten haben immer gewusst, was sozial gerecht heißt: sich das Kapital der
Die Beziehungen zwischen der Türkei und Europa sind historisch nicht problemlos. Schließlich haben zunächst die Araber 300 Jahre lang versucht, Europa über die Westachse, über Spanien und Frankreich, zu erobern, dann sind die Türken 400 Jahre lang gegen Europa angerannt, über den Balkan und Ungarn. Das riesige Osmanische Reich war eine gewaltige Gegenmacht, im Konflikt mit einem zerrissenen Europa. Erst im frühen 20. Jahrhundert die Kehrtwende: Bagdadbahn, Mustafa Kemal; dann Modernisierung und Säkularisierung.Was Premierminister Erdogan damit bezweckt hat, den tausenden Türken bei
Jugendstudien mögen in manchen Dingen uneins sein - in dem Befund, dass sich bes tenfalls eine kleine Minderheit der Jugendlichen für Politik interessiert, sind sie sich einig. Die entsprechenden Vorwürfe lauten: Erstens wird man als Jugendlicher nicht "gefragt", man kann seine "Ideen" nicht einbringen. Zweitens tut die Politik nichts für mich als Jugendlichen.Ach ja, die innovativen Ideen. Also welche denn? Man möge die Armut beseitigen. Man möge auf die Umwelt achten. Man möge der Dritten Welt helfen. Der öffentliche Verkehr könnte gratis sein. Und so weiter. Eine Auflistung von
2014 werden "nur“ das Europäische Parlament und der Vorarlberger Landtag gewählt. Eigentlich die ideale Zeit dafür, politischen Gestaltungswillen zu zeigen. Fehlen nur noch Machthaber mit Visionen.Es klingt abstrakt, abgehoben, intellektuell, wenn man politische Visionen einfordert: ein Zeitvertreib von wenigen Leuten, die ideengeschichtlich oder politikphilosophisch interessiert sein mögen. Aber Visionen sind nichts Aristotelisches oder Futurologisches, sie sind weder Geistesgeschichte noch Science-Fiction. Visionen sind keine Bilder einer idealen Gesellschaft: Man möge uns verschonen
Jene prekäre Phase des Gemeinwesens, die man gewöhnlich als Wahlkampf bezeichnet, geht ihrem Ende zu. In dieser Zeit werben Parteien und Kandidaten um Wählerstimmen, sie präsentieren Programme, Werte, Kompetenzen und Visionen, sie zeigen sich von ihrer besten Seite, mit ihren besten Argumenten, mit ihren besten Vorschlägen. Natürlich ist das ein Witz. In der Realität ist alles anders. Wahlkampf ist die Zeit verminderter politischer Zurechnungsfähigkeit. Die Wählerschaft weiß vom Ausnahmezustand und nimmt nicht ganz ernst, was gesagt wird. Und gesagt wird viel, gerade in diesem
Am Anfang war die Hysterie, dann die Abwiegelung, schließlich eine leichte Kurskorrektur. In der Reihenfolge: Um Gottes willen, der gläserne Patient. Aber es ist doch eh alles anonym. Und hie und da ein paar grob aggregierte Daten, die täten wir schon brauchen.Nein - ich will eine flächendeckende Datenerhebung. Keine 400 Ärzte, sondern alle Ärzte, alle Spitäler. Niemand weiß (im Sinne einer einigermaßen systematischen medizinischen Erhebung), was Ärzte in ihrer Praxis treiben. Simples Benchmarking, wie anderswo üblich, wäre aufschlussreich. Denn auch Ärzte sehen nur das, was sie
Wir schreiten munter auf dem Weg zum perfekten Menschen fort. Am Ende
unseres Strebens nach Mängelkompensation und Optimierung könnte die
Selbstabschaffung stehen.
Im Zeitalter der Globalisierung erfinden sich Orte neu. Über hohe
Mieten und ausgefranste Stadtränder, touristische Erholungsgebiete
und inszenierte Volkskultur.
Mit dem Schmutz haben wir täglich zu tun - aber es gilt für ihn, was schon über die Pornografie gesagt wurde: Man kann es nicht definieren, aber man weiß, was es ist, wenn man es sieht.Natürlich gibt es gelehrte Schriften, in denen man die Bedeutung des Wortes "Schmutz“ nachschlagen kann, etwa im Grimmschen Wörterbuch. Demzufolge handelt es sich um eine fette oder klebrige Masse, um Kot oder Dreck; um eine schmierige Unreinigkeit. Aber jenseits der Darlegungen der gelehrten Brüder, in der heutigen Welt, ist es auch der Staubschleier auf der Kommode, sichtbar gemacht durch den
Das Brauchtum kennt verschiedene Anlässe zur Verkleidung: Nikolaus, Krampus, Halloween.Aber richtig lustig ist es nur bei den Seitenblicken und im Fasching.Jedes Jahr im Spätwinter tritt quer durch die Lande eine rätselhafte Epidemie auf. Menschen, denen wir ansonsten geistige Gesundheit zubilligen würden, verfallen in lächerliches Benehmen. Sie schmieren sich Farben ins Gesicht, dekorieren sich mit den skurrilsten Kleidungsstücken und legen eine Art von Fröhlichkeit an den Tag, die irgendwo zwischen Euphorie und Bemühtheit anzusiedeln ist. Nach einiger Zeit klingt die pandemische
Mögen die Differenzen zwischen Europa und Amerika auch noch so groß sein. Im Zweifelsfall lebt es sich im amerikanischen Imperium besser als im chinesischen.Ein bisschen Antiamerikanismus hat immer zu Europas Selbstverständnis gehört. Amerikaner seien schießwütig, fett und ignorant. Das sind sie natürlich. So wie viele Europäer, die sich zwar ihre Schießwütigkeit in den letzten Jahrzehnten abgewöhnt haben, aber, empirisch gesehen, nicht weniger ignorant sind und auch immer fetter werden. Die Aversion gegen die USA speist sich aus der Mentalität von "Vasallenstaaten“ gegenüber
Wir haben das Resignieren gelernt, und so können uns auch die regelmäßigen OECD-Mahnungen, denen zufolge es um die österreichische Schule im internationalen Vergleich gar nicht gut bestellt ist, nicht mehr erschüttern.Erstens besteht ein Selektionsproblem. Die frühe "Kanalisierung“ in Schultypen erschwert die "reine“ Leistungsdifferenzierung. (Elternhausprobleme kommen dazu.) Als Lösung wird die Gesamtschule genannt, bei der Angst herrscht, dass sie eher bei der Leistungsentdifferenzierung endet statt beim Gegenteil. Zweitens gibt es ein Problem der Kindesvernachlässigung. Bei
Es ist eine traurige Sache. Die Bildungsministerin war noch eine der Hoffnungsträgerinnen in der Regierung, und jetzt schießt sie sich so ins Knie, dass sie fürderhin nur noch durch die Gegend humpeln kann. Natürlich geht es um die Innsbrucker Sache, um die Abberufung des PH-Rektors Elmar Märk. Erstens eine personalpolitische Dummheit: Man soll sich nicht um das mittlerweile ausgeprägte Darabos-Image bemühen. Zweitens ein Beitrag zur politischen Selbstdiskreditierung: Man muss nicht einmal mehr beweisen, was man in sozialistischen Kreisen unter Demokratie, Kritikfähigkeit und Diskurs
Sklerose - das klingt nach Stillstand und Erstarrung. Aber es gibt auch eine "dynamische Sklerose“, deren Grundprinzip darin besteht: Wenn durch eine Krise deutlich geworden ist, dass du dich auf dem falschen Weg befindest, musst du deine Anstrengungen intensivieren. Try harder!Wachstumskrise: Wir haben die letzten 20 Jahre versucht, Konjunktureinbrüche zu vermeiden und den Wirtschaftsprozess über bisherige Wachstumspfade hinaus zu peitschen; und dann die Krise. Leitgedanke: mit allen Mitteln wieder das vorherige Wachstum zustande bringen, auch wenn wir wissen, dass das in einer begrenzten
Die Citoyens beiderlei Geschlechts sind ohnehin keine verbreitete Spezies, aber die Freude beim Politikzuschauen ist mittlerweile auch ihnen vergangen. Auch früher war Politik zuweilen langweilig, manchmal konflikthaft, hie und da dumm, aber das gehörte dazu. Inzwischen ist sie nur noch peinlich. Das Rätselhafte an der gegenwärtigen Situation ist, dass es den Akteurinnen und Akteuren nicht peinlich zu sein scheint. Sie stellen sich vor die Kamera und erzählen eine offensichtliche Lüge; und sie wissen, dass alle wissen, dass es eine Lüge ist. Vorige Woche das Gegenteil behauptet - ein
Zwei Jahrzehnte ist es her, dass der Bolschewismus zusammengebrochen ist, und es könnte sein, dass genügend Distanz besteht, sich mit den Verbrechen dieser Ära auseinanderzusetzen. Josef Haslinger hat mit seinem Buch über Jachymov ein Tabu durchbrochen, und es scheint, dass er dafür nicht mehr gesteinigt wird - was noch vor Kurzem nicht so sicher gewesen wäre.Trotz des Iwan Denissowitsch war in den progressiven Kreisen des Westens die Neigung verbreitet, den Nazismus als ungeheuerliches Verbrechen, den Stalinismus als peinliche Verirrung anzusehen, als Entartung eines im Grunde guten
Wir haben die Wirtschaftskrise überwunden, eine neue Dynamik zeichnet sich ab. Die Verschuldungskrise einiger Länder in der Europäischen Union wird von den Staatenlenkern auf weitsichtige Weise bewältigt. Die Klimaerwärmung werden wir durch konsequentes Handeln in diesem Jahrhundert auf zwei Prozent begrenzen. Die Atomenergie brauchen wir, von einigen Altlasten abgesehen, noch zum Schutze der Umwelt. Peak Oil ist zwar ohnehin ein Mythos, aber allenfalls muss der Wirtschaftsminister die Benzinpreise niedrighalten.Die EU kann nach wie vor als eine großartige Erfolgsgeschichte betrachtet
Es ist ein Sonderbares um die Wahlkämpfe in der Steiermark und in Wien: Die vorherrschende Strategie der politischen Auseinandersetzung läuft offensichtlich auf Politikvermeidung hinaus. Die Kandidaten wollen sympathisch sein, keiner will Politik machen. Es gibt keine Themen, keine Vorschläge, keine Perspektiven.Eine sonderbare Spaltung in der Wirklichkeitswahrnehmung lässt sich beobachten. Auf der einen Seite die Kommentatoren und Leserbriefschreiber: Sie verlangen nach der Wahrheit. Endlich müsse alles auf den Tisch, Wählerinnen und Wähler hätten Verständnis für Sparmaßnahmen und
Eine Welle von politischen Wahrhaftigkeitsforderungen rollt durch die Medienwelt. Es sei an der Zeit, den Menschen die Wahrheit zu sagen. Sie sei ihnen zumutbar. Es gebe eine Nachfrage nach Wahrheit, auch wenn diese unerfreuliche Botschaften beinhalte. In manchen europäischen Wahlkämpfen seien sogar politische Sparbotschaften gut angekommen. Wenn man sich auf diesen Befund verlassen könnte, wäre es nur die Dummheit der Politiker, die nicht erkennen, wo ihre Chancen bei der Wählerschaft liegen. Aber kann man sich auf das Wahrhaftigkeitspostulat verlassen? Ein Gegenbeispiel ist die
Man kann keinen guten Eindruck von der Leistungsfähigkeit der österreichischen Politik haben. Aber die öffentliche Diskussion ist heuchlerisch. Es wird der Eindruck erweckt, alle wollten Reform, Zukunftsträchtigkeit und Nachhaltigkeit, in der Pensions- und der Gesundheitspolitik, in der Wissenschafts- und der Sozialpolitik. Nur die Politiker handelten über die Köpfe der Staatsbürger hinweg, weltfremd und elitär, reformunfähig und einfallslos. Deshalb wachse der Unmut der Wählerinnen und Wähler.Das ist natürlich Unsinn. Wenn Demokratie heißt: Die Regierung macht, was das Volk will,
Es ist eine unerfreuliche Erkenntnis, zu der eine Betrachtung der Versuche des amerikanischen Präsidenten, eine „neue Politik“ zu machen, führen muss: zur Erkenntnis, dass man keine „vernünftige Politik“ machen kann. Die Politik scheint unvermeidlich ein Terrain von Bösartigkeit, Borniertheit, Interessenkalkül und Korruption zu sein.Barack Obama hat einen produktiven Weg versucht, durch Brückenschläge zu den anderen, auch den politischen Opponenten; durch den Appell an das Gemeinwohl; durch Entgegenkommen in Personen und Themen. Er will gemeinsam umsetzen. Er sucht Kompromisse.
Eigentlich haben wir uns gedacht, dass eine Intervention des Staates in ökonomische Prozesse Eigenschaft weniger entwickelter Gesellschaften sei. In der Wirtschaftskrise hat sich diese Annahme als falsch erwiesen. Interessengruppen in den westlichen Ländern, nicht zuletzt die Vertreter der Kapitalseite, rufen lauthals nach dem Staat, als Subventionierer und als Investor. Vor wenigen Jahren hätten sie jeden, der solches verlangt, geschmäht und ihm geraten, er möge sich etwa bei Hugo Chávez umschauen, wenn es ihm hier nicht gefiele.Beobachter sprechen vom neuen „Staatskapitalismus“.
Berühmt ist das nicht: Rund 40 Prozent Beteiligung bei den Wahlen zum EU-Parlament. Es ist ja nicht nur die mangelnde Attraktivität heimischer Kandidaten, quer durch Europa zeigt sich dasselbe Phänomen. Ist Europa in der Krise? Die Wahlbeteiligung sinkt auch bei nationalen Wahlen in den meisten Ländern, wenn auch auf höherem Niveau. Manche sind besorgt: Erstens zeugt es nicht unbedingt von demokratischem Bewusstsein, an den europäischen Wahlen nicht teilzunehmen. Luxuskonsumenten, die vergessen haben, wie sich ein autoritäres System anfühlt, spielen auf dumme Weise mit der Demokratie
Österreich ist anders. Andere mögen sich über die Herausforderungen der Wissensgesellschaft den Kopf zerbrechen. Sie mögen mahnen, dass ein Luxusland wie Österreich seinen Wohlstandsvorsprung nur werde halten können, wenn es auf hochtechnologische und soziale Kompetenz baut: Fünffaches Einkommen braucht fünffache Qualität im Vergleich zu Billiglohnländern, sonst geht sich das nicht aus.Doch der Österreicher weiß, dass diese Welt nicht so ernst zu nehmen ist. Er lehnt sich zurück und lässt die anderen reden. Regieren wäre schwierig in Zeiten der Krise, wenn man für deren
Über IHN ist in den letzten Wochen alles gesagt worden: über seine Persönlichkeit und sein Charisma, über seine Familie und seine Berater. Die Notwendigkeit, die messianischen Erwartungen in Amerika und auf der ganzen Welt auf die Ebene des Machbaren herunterzubringen, ist angemessen thematisiert worden. Es gibt kein anderes politisches Ereignis auf der Welt, welches derart bewegt, auch in Österreich. Warum diese Austro-Obamania?Die USA sind - ohne Zweifel - wichtig. Aber das gilt auch für Europa, eine Wirtschaftsmacht von gleicher Potenz. Man stelle sich vor, die Wahl eines
Woran zeigt sich "starke Politik"? Es gibt die Vermutung, dass sich Höhe und Wachstum der Staatsausgaben beziehungsweise der Anteil des Staatsbudgets am Sozialprodukt als Indikatoren eignen. Wenn der Staat viele Ressourcen hat und in alle Bereiche wirkt, ist die Politik einflussreich. Diese Vermutung ist grundfalsch.Das Gegenteil stimmt. Hohe Staatsausgaben können auch als Indikator einer "schwachen Politik" gesehen werden. Denn Politik lässt sich dann am leichtesten machen, wenn es Geld zu verteilen gibt. Das tut jeder Politiker gerne, und damit brüstet er sich: Dieser oder jener
Beim Adventempfang des steirischen Bischofs für die Hochschulen wurde über den „Menschen“ gesprochen – als Erinnerung daran, dass er vielleicht nicht dem anderen Menschen ein Wolf oder bloß ein genetisches Spielmaterial sei: homo homini homo?Der „Vorweihnachtsmensch“ ist freilich ein besonderer Typus. Er weiß, es ist die laute Zeit im Jahr. Das Elend des unbegrenzten Shoppens liegt vor ihm. Wochen voller Zweifel: grübeln, suchen, jagen, bis zur Erschöpfung. Sich mit akzeptablen Geschenken bestücken, wo die Leute doch schon alles haben. Wie wäre es mit den Handtaschen, die mit
Wie war das doch gleich im vorigen Jahr? Krise der amerikanischen Häuslbauer. Die einschlägigen Experten haben es abgetan: Das Vertrauen der Europäer brauche nicht erschüttert zu werden, das sei Sache der Amis. Im heurigen Frühjahr kam die Krise über den Teich. Kein Grund, das Vertrauen zu verlieren; in Europa seien alle Institutionen solide.Dann brechen amerikanische Immobilienfirmen und Banken zusammen. Da ist es schon beruhigend, dass die Experten mahnen, das Vertrauen nicht zu verlieren, wo doch in Europa niemand in derlei unsaubere Sachen verwickelt sei. Die Börsen krachen, aber
Süchtige des Denkens, Bewohner einer intellektuellen Nische, kritisch gegenüber dem Mainstream, verdorben für Seichtigkeit, Seitenblicke und Wahlkampf: Solcherart wurden die potenziellen und tatsächlichen Leser unserer Zeitung bei der großen Relaunch-Feier am 8. Oktober charakterisiert.Wer soll sie denn lesen, diese alte neue FURCHE? Wenn ich Betreiber eines Marketing-Consulting-Instituts oder dergleichen wäre, dann würde ich die österreichische Gesellschaft in mindestens 28 Typen gliedern, die ich mit originellen Bezeichnungen etikettieren müsste, um die Kosten für meine
Was soll die Diskussion um den Ölpreis? Wir wissen es seit mehr als 30 Jahren. In meinem Zimmer stehen zwei Meter Bücher aus den 70er Jahren, in denen alle Szenarien vorausgesagt wurden. Alles bekannt. Und jetzt wollen sich alle wundern.Jeder weiß, dass das Ölangebot begrenzt ist; dass der Höhepunkt der leicht zugänglichen Förderungsmöglichkeiten gerade überschritten wird; dass die Sache im Großen und Ganzen in 20, 30 Jahren ausgestanden sein wird. Jeder weiß, dass die (ziemlich unflexible) Nachfrage nach Öl steigt, in den Industrieländern und in den asiatischen Boom-Ländern.
Dieser Tage bei einem Vortrag: Der deutsche Verfassungsrichter Udo di Fabio beschreibt, was unter Bürgerlichkeit zu verstehen sei. Es handle sich um eine Kultur der Selbstverantwortung wie auch der Selbstdisziplin; um die geistige Autonomie des Individuums wie auch um die Verlässlichkeit von Institutionen; um eine Kultur des Engagements für die Gemeinschaft wie auch der Gelassenheit gegenüber Aktualitäten. Natürlich sei das herkömmliche Bürgertum dahingeschwunden, dennoch brauche man diese Wertewelt.Di Fabio hat schon Recht. Aber der Appell wird nichts helfen. Gibt es Bürgerlichkeit
Man soll die Integrationsprobleme nicht unterschätzen. Es gibt nun einmal eine Gruppe von Menschen, die in diesem Lande leben, aber mit seinem kulturellen Erbe nicht viel anzufangen wissen. Sie sind von den europäischen Werten abgekoppelt, so wie diese sich in Jahrhunderten entwickelt haben und von den meisten Europäern geschätzt werden. Sie wollen mit dem europäischen Erbe, welches insbesondere aus dem Christentum und der Aufklärung entstanden ist, nichts zu tun haben.Das Integrationsproblem verschärft sich dadurch, dass diese Gruppen in eigenen Kreisen leben, wo sie sich stets
Von den meisten gewünscht, psychosozial wie ökonomisch bewährt, droht die traditionelle Form des Zusammenlebens in der heutigen Erlebnis- und Vermarktungsgesellschaft unterzugehen.Der Familie ist ihre Selbstverständlichkeit, ihre "Normalität" abhanden gekommen. Von der herkömmlichen Familie ist hierbei natürlich die Rede, von der "reaktionären" Variante. Von jener Form, in der zwei Erwachsene - verschiedenen Geschlechts - dauerhaft zusammenleben, günstigenfalls auch noch Kinder in die Welt setzen und diese einigermaßen zu erziehen trachten. Von jener Form, für die man sich schön
Untat, Schuld, Sünde, Verhängnis, Eingeständnis, Bekenntnis, Verzeihung, Gnade: es sind "ewige" Themen der Geschichte, Urerfahrungen der Menschen. Diese Dinge haben sie immer wieder gequält, auf individueller und auf kollektiver Ebene, seit den Zeiten biblischer Erzählungen und antiker Dramen. Und neuerdings: Bosnien, Argentinien, Spanien, die Juden, die Palästinenser, die Sudetendeutschen ...Die im Vorspann genannten fundamentalen Kategorien des menschlichen Daseins wurden in religiöser und in aufklärerischer Perspektive betrachtet, in philosophischer und in psychoanalytischer Weise
Die Marktwirtschaft hat ihren weltweiten Siegeszug angetreten. Doch
Märkte bedeuten nicht nur simple Tauschbeziehungen. Dahinter stehen
auch geistige Welten - und die haben ihre Nuancierungen.
In der vorherrschenden mainstream-Variante sieht die e-world so aus: Die Industriegesellschaft gehört der Vergangenheit an. In der postindustriellen Gesellschaft wird der Computer zur Grundlage einer neuen wissensbasierten Zivilisation. Die Welt wird zu einer "Computerkugel". Chips werden allgegenwärtig. Es wird eine chip-world. Autos werden Chips auf Rädern, Flugzeuge Chips mit Flügeln, Häuser Chips mit Bewohnern, Bauernhöfe Chips mit Erde. Im Grunde erweist sich die Frage, welche Anteile des Wirtschaftens sich als e-business abspielen werden, als unsinnig: weil jedes Wirtschaften in
Lady Diana, ein banaler Todesfall? Vielleicht. Vielleicht aber auch eine der letzten Möglichkeiten für unsere Gesellschaft, sich zum Guten zu bekennen, ohne sich lächerlich zu machen.
Die Menschen brauchen nicht nur Brot, sondern auch Lebenssinn, Kultur und Visionen. Wer das vernachlässigt, gefährdet den Zusammenhalt einer modernen Gesellschaft.
Die Wall Street ist der Vorreiter. Irgendwie scheint sich das „Wirtschaftsklima" geändert zu haben. Irgendwie ist das Berufsleben unsicherer und härter geworden. Irgendwie macht sich die Terminologie von business und effwiency breit.Osterreich könnte nachziehen. In früheren Zeiten wurde es als Zeichen einer Krise angesehen, wenn Konzerne ankündigten, daß sie eine größere Zahl von Arbeitskräften „freisetzen" müßten. Das galt als eine Notmaßnahme, und die Anleger reagierten besorgt. Jetzt ist dies anders. Ein Unternehmen, das Entlassungen ankündigt, kann mit sofortigen
Wirtschaftsleute glauben zunehmend, ohne Menschenbild auszukommen. Sie brauchen keine philosophischen Spintisierereien, sie haben die Kostenrechnung. Sie haben es mit einem rationalen Geschäft zu tun. Freilich hat man irgendwann auch wahrgenommen, daß die Arbeitsplatzzufriedenheit wichtig sein mag und durch Motivierungsverfahren gesteigert werden kann. In den Broschüren, in denen man sich in den letzten Jahren noch die Köpfe über „Unternehmenskultur" zerbrochen hat, findet das Vokabular noch Verwendung. Dort steht dann: „Unser größtes Kapital sind unsere Arbeitskräfte."Im
Man verkauft keine Im Bestseller mehr, in dem man die ZuWkl kunftsgesellschaft in Wf den höchsten Tönen preist. Bestsellerträchtig sind Krisenprophezeiungen. Also verkünden die Sozialwissenschaftler uns eine ununterbrochene Abfolge solcher Krisen: die Krise der Arbeitsgesellschaft, die Krise der Umwelt und der Energie, die Krise der Dritten Welt, die Krise des Wohlfahrtsstaates, die Krise der Alten, die Krise der Jungen und der Berufstätigen, die Krise der Männlichkeit und der Weiblichkeit, die Krise der Schwimmbäder und der Kegelvereine.Aber trifft das nicht die Empfindlichkeit der
Jetzt haben wir also eine Regierang. Sie hat ein Sparpaket beschlossen. Sie hat mit der Alltagsarbeit begonnen. Was heißt das? Erste Variante: Der ganze Kampf um Posten und Macht, um Budget und Kompetenzen ist geschlagen. Der Rest ist Routine. Alle lehnen sich zurück. Vier Jahre Ruhe, redlich verdient. Zweite Variante: Es ist die politische Ausgangsposition geschaffen, um über die Zukunft zu reden. Wir könnten darüber reden, wie wir leben möchten; was die großen Themen sein sollen; welche Lösungen zur Verfügung stehen. Diese Variante wäre für Osterreich ungewohnt. Um eine solche
Jahrelang hat der Staat seine Aufgaben und damit auch Ausgaben ausgeweitet, jetzt stößt er an die finanziellen Grenzen: Was ist in Zukunft Aufgabe des Staates, was Sache der Bürger?
Vergangene Woche wurde an dieser Stelle die „Erfolgsgeschichte” der Zweiten Republik skizziert, wia sie oft in Festreden referiert wird. Aber es gibt auch eine andere Seite der Bilanz, angesichts derer der Stolz auf die Leistungen in der Kehle stecken bleiben müßte.
Österreich hat es weit gebracht. Wir sind angesehenes Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft, und zählen zu den reichsten Ländern der Welt. Die letzten Jahrzehnte sind aber nicht nur eine Geschichte des Erfolges, sondern auch des Versagens.
„Hätten wir nicht bis zum Exzeß gewirbelt“, kommentiert der steirische Landeshauptmann Josef Krainer die mit dem Bund ausgehandelte Sonderförderung für die Obersteiermark, „hätten wir nichts bekommen. Gar nichts.“ Markige Worte aus der „Grünen Mark“, die gegen Benachteiligungen ankämpft. Und nicht nur gegen den „Draken“.
Die neue steirische Landesverfassung wird wichtige Impulse für die Demokratiereform setzen ■ und die „Einmischung“ der Wähler in ihre eigenen Angelegenheiten fördern.
Arbeit für alle — das wäre nun freilich genau das, was wir brauchen. In diesen wundersamen Zeiten, in denen es viel zu tun gibt und dennoch viele „arbeitslos“ sind; in denen wir uns davor fürchten, daß uns Maschinen bei der Arbeit helfen; in denen wir in einem historisch” unvergleichlichen Luxus schwelgen und uns doch zunehmend „arm“ fühlen.In diesen sonderbaren Zeiten ist das Verhängnis einer weltweiten Wirtschaftskrise über uns herein-gebrochen und läßt uns nur noch mit Besorgnis über die „Zukunft der Arbeit“ sprechen.Die Alltagsmeldungen verkünden uns triste
Die hochgespannten Erwartungen einer Annäherung an Ideale der Gleichheit in den 60er Jahren haben sich nicht erfüllt. Gerade deshalb müssen heute die Anstrengungen noch verstärkt werden.