Dass mein Handy mich im Griff hat und nicht umgekehrt, weiß ich spätestens seit der Sache mit der Uhrzeit. Ich habe mich in mein Schicksal gefügt, denn mittlerweile hängt ja irgendwie mein ganzes Leben von seinem tragbaren Display ab. Außerdem versorgt es mich mit so wichtigen Nachrichten, wie: In Israel gibt es immer mehr Zombies. Aber der Reihe nach. Ich hatte mein neues Handy gerade mal so einigermaßen verstanden (dachte ich), alle wesentlichen Apps und Kontakte installiert, Uhrzeit und Datum eingegeben, da erschien plötzlich neben der Uhrzeit meines Wohnortes Israel eine zweite. Die
Ein Zeichen der Solidarität mit den Christen im Heiligen Land zu setzen, ist das Hauptziel des jährlichen Bischofstreffens in Israel und den palästinensischen Gebieten. Vor kurzem fand es zum 19. Mal statt. 15 Bischöfe von zwölf europäischen und nordamerikanischen Bischofskonferenzen sowie aus Südafrika trafen sich in Haifa mit Vertretern anderer Religionsgemeinschaften. Und sie informierten sich über die Situation der Palästinenser im Westjordanland und in Gaza. Einer der Programm-Höhepunkte: Die Besichtigung des Hospiz Sacre Coeur in Haifa, in dem sich die Barmherzigen Schwestern
Früher hat Muhamed regelmäßig sein Olivenöl für die Kollegen im Studio mitgebracht. Es hat ein wenig scharf geschmeckt, frisch und ehrlich. Eigenanbau eben. Vom Olivenhain neben seinem Haus in dem arabisch-israelischen Dorf, das er von seinen Großeltern geerbt hat. Jetzt muss ich wieder das unpersönliche Olivenöl im Supermarkt kaufen. Und trotzdem hat diese Geschichte einen positiven Beigeschmack.Muhamed hat in Bayern studiert. Seine Kinder gehen auf eine gemischte arabisch-israelische Schule. Er kennt sich mit Friedrich Nietzsche genauso gut aus wie mit den Geschichten aus der Bibel,
Die Hamas schießt Raketen, Israel antwortet mit Luftangriffen. Beginnt ein neuer Gaza-Krieg? Tatsächlich ist der Druck auf Premier Netanjahu immens. Nach den ständigen Provokationen der Hamas verlangen seine eigenen Minister und die Oppositionsparteien, endlich zuzuschlagen. Aber Netanjahu ist kein Kriegstreiber. Außerdem hält er die Bedrohung durch den Iran in Syrien für weitaus größer. Die Hamas wiederum weiß, dass sie einen Krieg mit Israel nicht gewinnen kann. Warum reizt sie Netanjahus Geduld trotzdem aus? Zum einen hat der Bruderzwist zwischen den palästinensischen Parteien
Fußball und Sex -diese Themen ziehen immer. Eine Erkenntnis, die auch bei der radikalislamischen Hamas in Gaza angekommen ist. Und mit der sie es geschafft hat, eine Sicherheitslücke bei der israelischen Armee zu finden. Obwohl diese dafür bekannt ist, weltweit führend im Bereich der Cyberspionage und -abwehr zu sein. Es war dann auch die Armee selbst, die damit unter dem Aktionsnamen "Gebrochenes Herz" an die Öffentlichkeit ging: Demnach hat die Hamas zwei Dating-Apps sowie eine App zur Fußball-WM entwickelt, die über den App-Store von Google heruntergeladen werden konnten. Die
Es wäre an der Zeit, einen Preis für die Person auszuloben, die ein angemessenes Wort für das Gesamtphänomen (erfindet, das wir als "soziale Medien" bezeichnen. Dass "sozial" maximal als ironisch aufgefasst werden kann, wissen alle, die sich mit den Kommentaren auseinandersetzen (müssen). Bei der Gelegenheit könnte man gleich noch nach einer treffenderen Bezeichnung für die oft sehr speziellen Wortmeldungen suchen, die mit dem seriösen Begriff "Kommentare" zu unangemessenen Ehren kommen. Das Phänomen widerspiegelt die großen Fragen unserer Gesellschaft.Es tobt ein wütender Kampf um
In einer kleinen Straße im Zentrum von Tel Aviv liegt der älteste Fotoladen der Stadt. "The Photohouse", 1940 von Rudi Weissenstein und seiner Frau Miriam gegründet, ist einer der besten Orte, um zu spüren, wie sich Israel in den 70 Jahren seit seiner Gründung verändert hat. Und wie der aktuelle Puls schlägt. Weissenstein war am 14. Mai 1948 der offizielle Fotograf der Unabhängigkeitserklärung. Anschließend Chronist des Aufbaus. Miriam hat die Fotos archiviert. Der historische Schatz von einer Million Aufnahmen ist mittlerweile in die Hände des Enkels übergegangen. Ben, 1977
Mache wieder mal 'nen Holocaust, komme an mit den Molotowcocktails." Oder" Mein Körper -definierter als von Auschwitz-Insassen." Für solche ekelhaften Zeilen gibt es in Deutschland Preise. Wir hören: Antisemitismus wird zur Kunst, wenn sich Judenfeindlichkeit oft genug verkauft und den Verbreitern Millionen einbringt. In diesem Fall den Rappern Felix Blume alias Kollegah und Farid Hamed El Abdallaoui, bekannt als Farid Bang. In den sozialen Netzwerken haben die Rapper Millionen Follower. Dort präsentiert Kollegah auch ein Video, in dem das Böse, von dem er die Welt heldenhaft erlöst,
Aus der Reihe "Weniger bekannte Gemeinsamkeiten von Österreichern und Deutschen": Beide Nationen bevorzugen es mittelschwer, wenn sie an Ostern den Leidensweg Jesu nachempfinden. Das ergab die Recherche bei Mazin Kanaan, Muslim, arabischer Israeli und stolzer Besitzer des Kreuzverleiher-Monopols am Beginn der Via Dolorosa in Jerusalem. Seine Familie lebt über Generationen hinweg davon, christlichen Pilgern selbstgeschreinerte Kreuze auf die Schultern zu legen. Am Karfreitag hat er naturgemäß Hochsaison.Mittelgroß und mittelschwer -der Favorit bei den österreichischen und deutschen
Neulich durchlitt ich vollkommen unvorbereitet einen kalten Entzug. Den Flug hatte ich abstinent gut überstanden. Aber nach der Ankunft am Urlaubsort natürlich sofort der Griff zum Handy. Doch auf dem Display nur schwarze Leere. Noch schwärzer war das Loch, in das ich fiel, als ich begriff, dass meine Originaldroge nicht mehr einsatzfähig und ein vollwertiges Substitutionsmittel in der fremden Umgebung so rasch nicht zu beschaffen war.Schlagartig also keine Ahnung mehr, was in der Welt los war. Keinen Zugriff auf E-Mails, inklusive der Buchungsbestätigung für das Hotel plus dessen
Egal wie sich der israelisch-palästinensische Konflikt gerade entwickelte, eines galt lange Zeit als praktisch unumstößlich: Eine Mehrheit der Bevölkerung beider Seiten war für die Zweistaatenlösung. Das hat sich nach einer aktuellen Umfrage erstmals geändert. Die Zustimmung für den seit Jahrzehnten von der internationalen Gemeinschaft als alternativlos propagierten Nahost-Friedensplan liegt bei Israelis wie Palästinensern nun bei unter 50 Prozent. Die Gründe dürfen wir wohl auch unter der Bilanz "ein Jahr Trump im Amt" verbuchen.Mit Trumps einseitiger Parteinahme für Israel und
Der israelische Freund war seit der 2. Intifada nicht mehr im Westjordanland. Seit 17 Jahren vermeidet er aus Angst jede Begegnung mit Palästinensern. Der einzige Palästinenser, zu dem er etwas Kontakt hat, ist ein Handwerker, der auf der Baustelle seiner Wohnanlage arbeitet. Dass die deutsche Journalistin regelmäßig in den palästinensischen Gebieten unterwegs ist -oft auch alleine und mit einem Auto mit israelischem Kennzeichen, kann er erst gar nicht fassen.Nachdem sie das aber nun schon längere Zeit unbeschadet überlebt, wird er neugierig. Wie sieht Ramallah heute aus? Wie Jenin,
Erinnern Sie sich noch an die Jaffa-Orange? In meiner Kindheit waren die saftigen Früchte mit dem Aufkleber "Jaffa" Sinnbild für einen exotischen Ort, an dem ständig die Sonne scheint. Heute wohne ich selbst in der Altstadt von Jaffa. Meine Nachbarn sind jüdische Israelis, christliche Araber und muslimische Palästinenser. Die berühmten Orangen-Haine sind längst Geschichte. An sie erinnert der "hängende Orangenbaum".Der Künstler Ran Morin hat das Wurzelwerk eines Orangenbaums mitsamt der Erde einbetoniert. Und den Baum, bewässert über Schläuche, etwa einen Meter über dem Boden an
Jetzt also Katalonien. Zunehmend fassungslos verfolgen wir den Machtkampf zwischen Barcelona und Madrid. Politiker auf dem Egotrip und ihre wütenden Anhänger. Alles längst zur Genüge bekannt. Nur die Konstellationen ändern sich. Und zwar so schnell, dass wir all die Nachrichten nicht mehr richtig verarbeiten können. Die Kurden im Nordirak. War da nicht auch erst ein Referendum? Nebenan in Syrien ist weiter Krieg. Wer nochmal gegen wen? Ein möglicher Brexit hat uns in größte Aufregung versetzt. Aber das ist gefühlt Lichtjahre her. Jetzt langweilen die sich schleppenden Verhandlungen
Befremdlich, wenn man als Deutsche ausgerechnet in Israel Typen wie Alice Weidel und Alexander Gauland in Siegerpose von den Zeitungs-Titelseiten grinsen sieht. Die Spitzenkandidaten der AfD haben es auf die Frontseiten aller israelischen Publikationen geschafft.Dass 72 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges in Deutschland eine Partei im Parlament sitzt, noch dazu als drittstärkste Kraft, die aktiv die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis zu relativieren versucht, sorgt in Israel natürlich für Unbehagen. Der Historiker Moshe Zimmermann sagt über die AfD: "Erst geben sie sich als gute
Neulich bei der Grillparty eines Freundes. Der erwachsene Sohn, der noch gerne das feudale "Hotel Mama" genießt, hat auch ein paar Kommilitonen eingeladen. Sie debattieren über die aussichtsreichsten Jobmöglichkeiten. Zukunftsangst ist dabei genauso spürbar wie Übermut. Einer hat gerade begonnen, eine App zu entwickeln. Andere besprechen, wie man "Influencer" werden kann. Also einer dieser von Wirtschaft und Politik umworbenen Social-Media-Stars mit hunderttausenden Anhängern. Die erfolgreichsten sind gerade um die 20 Jahre alt. Sie verdienen pro Monat zehntausende Euro, weil sie unsere
Krankenhäuser, die selbst Notfälle nicht mehr behandeln können. Warme Kühlschränke voller verdorbener Lebensmittel. Denn Strom gibt es im Gazastreifen derzeit nur 2 Stunden am Tag. Das Wasser kommt - wenn überhaupt - schmutzig und salzhaltig aus der Leitung. 2006 war die Hamas bei den letzten palästinensischen Wahlen mit dem Versprechen erfolgreich, Lösungen für die Probleme der Menschen zu schaffen. In dieser Woche jährt sich ihre Machtergreifung in Gaza zum 10. Mal. Ein Jahrestag der trostlosen Rekorde. Das Leben der zwei Millionen Einwohner, die in dieser Zeit drei verheerende
Mittlerweile kann einem der anfangs so gehypte SPD-Parteichef und Kanzlerkandidat Martin Schulz fast schon leidtun. Die ständigen Fragen, wo denn der "Schulz-Effekt" - wahlweise auch "Schulz-Faktor" - bleibt, können er und seine Genossen spätestens seit der jüngsten Wahlschlappe in Nordrhein-Westfalen sicher nicht mehr hören. Genauso wenig das überstrapazierte Bild vom "Schulz-Zug", der auf ein Abstellgleis gefahren sei, weil es der von seiner Partei mit (unklugen) 100 Prozent Gewählte nicht geschafft hat, seine vollmundigen Versprechungen zum Wohle des "kleinen Mannes" mit konkreten
Auch die vielen schweren Waffen konnten den Mord am Karfreitag in Jerusalem nicht verhindern. Wie auch? So voll wie an diesen Ostern haben selbst die stresserprobten Einwohner ihre Altstadt selten erlebt. Kalendarisch fielen das Osterfest der westlichen und der orthodoxen Kirchen zusammen. Zehntausende Christen aus aller Welt wollten gleichzeitig den Leidensweg Jesu über die Via Dolorosa zur Grabeskirche gehen. Die schweren Holzkreuze, die viele dabei trugen, dominierten das Stadtbild. Daneben die schweren Waffen der Sicherheitskräfte. Unter die christlichen Pilger mischten sich viele Juden
Die deutschen Sozialdemokraten können ihr Glück noch gar nicht wirklich begreifen. Ihr Kanzlerkandidat Martin Schulz begeistert die Massen. Ist binnen kürzester Zeit zum Angstgegner von Angela Merkels CDU/CSU geworden. Der ebenso faszinierende wie rätselhafte "Schulz-Faktor" holt laut Umfragen Nichtwähler zurück. Vor allem aber kommt er bei der Arbeiterschicht und den sogenannten "kleinen Leuten" an. Also bei dem ehemals klassischen SPD-Klientel, von dem sich längst ein großer Teil besser bei den Rechtspopulisten aufgehoben fühlte. Ein Phänomen, unter dem fast alle westlichen
Der Besuch bei US-Präsident Trump war für Israels Premierminister Netanjahu ein voller Erfolg. Nach jahrelanger Eiszeit mit Trumps Vorgänger Obama, der ihn das Missfallen an der Siedlungspolitik deutlich spüren ließ, wurde er nun wie ein bester Freund empfangen. Innenpolitisch steht Netanjahu wegen Korruptionsermittlungen unter Druck. Es geht unter anderem um teure Geschenke reicher Geschäftsleute und versuchte Einflussnahme auf einen Medienunternehmer. Außenpolitisch feierte er nun einen Erfolg. Von Trump bekam er "in allen Punkten Unterstützung", so israelische Beobachter, die
Es ist ein Showdown auf Raten. Zwischen der israelischen Regierung und dem radikalen Flügel der Siedlerbewegung. Im letzten Moment vor der bevorstehenden Räumung des (auch nach israelischem Recht) illegal auf palästinensischem Land errichteten Außenpostens Amona hat die Regierung einen neuen Kompromissvorschlag gemacht. Die Siedler haben ihn (vorerst) akzeptiert. Damit ist der Konflikt, der großes Gewaltpotenzial hat, aufgeschoben. Aber längst nicht gelöst. In Amona im Westjordanland leben 42 Familien mit mehr als 200 Kindern in wohnwagen-ähnlichen Behausungen auf einem felsigen
Angela Merkel will also weitermachen. Und wie wir Deutschen so sind, haben wir uns noch am Abend ihrer Ankündigung daran gemacht, hingebungsvoll die Schwachstellen dieser Entscheidung herauszuarbeiten. Diese Diskussion ist wichtig. Denn es ist richtig, dass in Krisenzeiten Merkels bisherige Stärke und Strategie des Aussitzens und Kümmerns nicht mehr funktioniert.Die Meisterin der Konfliktvermeidung wird in einer immer stärker polarisierten Gesellschaft mit Anfechtungen von allen Seiten hart zu (wahl-)kämpfen haben. Eine vierte Kanzlerschaft ist ihr keineswegs sicher. Richtig ist aber
Wir sind jetzt also im "postfaktischen" Zeitalter angekommen. Das neue Modewort, das uns erklärt, dass Fakten nicht mehr gefragt sind, hat seinen Ursprung in der politischen Entwicklung. Potenzielle Wählerinnen und Wähler gewinnt man immer stärker über Emotionen und Ängste.Vermutlich haben wir zu lange zugunsten einer klaren Favorisierung der Ratio ("Cogito ergo sum") existierende Emotionen und Ängste ignoriert. Die brechen sich nun umso beängstigender Bahn, lassen die faktenfixierte Ratio oft ganz auf der Strecke. Zugunsten der Show darf auch gerne gelogen werden, ohne schlechtes
Lange hatte man in unserer demokratie-saturierten Zeit gedacht, bei Wahlen käme es einzig auf das Ergebnis an. Und immer mehr verzichteten freiwillig auf dieses Recht, weil sie in sämtlichen Alternativen eine Qual sahen. Es scheint, als müssten wir umdenken. Wichtig ist jetzt, ob eine Wahl überhaupt wie geplant stattfinden kann.Die palästinensische Kommunalwahl, ursprünglich geplant für den 8. Oktober, wurde abgesagt -ohne neuen Termin. Das ist ein weiteres kleines Drama in der großen Tragödie des seit zwei Jahren brachliegenden Friedensprozesses zwischen Israel und den
Wenn in diesen Tagen der Ramadan zu Ende geht, bleibt mir vor allem Michel Ajoub in Erinnerung. Während des muslimischen Fastenmonats läuft er jeden Morgen von 2 Uhr bis 4 Uhr durch die Altstadt von Akko. In traditionellen arabischen Gewändern, laut trommelnd und singend. Was man für nächtliche Ruhestörung halten könnte, freut die Anwohner. Sobald sie Michel hören, ziehen sich rasch an und erwarten ihn schon an der Eingangstür ihrer Häuser. Er wünscht ihnen "Ramadan Karim" - "gesegneten Ramadan". Sie umarmen ihn, bieten ihm Getränke an. Michel ist ihr "Masaharati", der "Aufwecker".
"Habt Ihr gehört, bei uns ist unerwartet Frieden ausgebrochen!" Der Kollege klingt spöttisch und aufgeregt zugleich. Tatsächlich hatte sich Überraschendes getan. Ausgerechnet nachdem Avigdor Lieberman als neuer israelischer Verteidigungsminister vereidigt worden war. Der bisher als Scharfmacher aufgetretene Parteichef von "Unser Haus Israel" und Netanjahu erklärten unisono ihre Bereitschaft zu Friedensverhandlungen inklusive der Zwei-Staatenlösung mit den Palästinensern.Gerade rechtzeitig vor den Nahost-Friedensverhandlungen in Paris, zu denen die französische Regierung 28 Staaten
Nachwahl-Umfrage bei Freunden und Familienmitgliedern in Baden-Württemberg: Die einen sagen, wir haben diesmal Kretschmann gewählt, also den amtierenden grünen Ministerpräsidenten. Obwohl uns die Grünen normalerweise viel zu links sind. Aber Kretschmann hat sich in der Flüchtlingspolitik hinter den Kurs von Merkel gestellt. Anders als deren Parteifreund, der CDU-Spitzenkandidat Wolf. Also Nicht-Grüne, die Kretschmann wählen, um Merkel als Europapolitikerin zu stützen.Die anderen: Ebenfalls Nicht-Grüne, die sonst CDU gewählt hatten, aber jetzt Kretschmann ihre Stimme gaben, weil sie
Angela Merkel neigte bisher nicht zu spontanen Gefühlsausbrüchen. Das hat sich schlagartig geändert. Ihr Satz "wir schaffen das" zur Flüchtlingskrise hat Flüchtlinge zusätzlich motiviert, ihr Glück in Deutschland zu suchen. Gleichzeitig hat er die Merkel-Gegner mobilisiert. Soviel Gegenwind aus den eigenen Reihen hatte sie noch nie. Interessant und lehrreich ist die Entwicklung, wie es dazu kam. Noch im Sommer diskutierte ganz Deutschland darüber, ob die Kanzlerin zu kaltherzig sei. Weil sie bei einem Bürgerdialog in Rostock einem weinenden Mädchen aus dem Libanon unter Hinweis auf
"Bild schlägt Text", ist eine der wichtigsten Regeln für Fernsehmacher. Weil Bilder immer einen stärkeren Eindruck hinterlassen, als die Texte dazu. Und generell gilt: "Gefühle schlagen Verstand!" So kommt es, dass unserer Ratio beim Thema Flüchtlinge wichtige Subtexte entgehen. Wäre an der ungarischen Grenze geschehen, was jetzt in Bulgarien geschehen ist - ein Flüchtling ist (nach derzeitigem Ermittlungsstand versehentlich) erschossen worden - der Vorfall wäre eine Headline geworden.So wie Bulgarien davon profitiert hat, dass im Nachrichtenstrom vieles sang-und klanglos versickert,
Doch! Ich habe versucht, diese Menschen zu verstehen. Einige kommen sicher aus furchtbaren Lebensumständen. Leiden unter Existenzangst. Aber nicht alle. Und ehrlich: Es werden zu viele. Sie machen mir Angst. Diese Menschen haben offensichtlich einen anderen Glauben, eine andere Kultur. Sie bedrohen meine Werte. Wenn wir nicht aufpassen, werden sie unsere Gesellschaften verändern. Wer garantiert uns, dass sie nicht auch eine reale Gefahr darstellen? Stichwort: Terrorismus.Nein, ich kann nicht akzeptieren, wie Menschen, bevorzugt anonym in sozialen Netzwerken, rassistische, antisemitische,
Der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vucic ist bei der Gedenkfeier zum 20. Jahrestag des Massakers von Srebrenica mit Steinen beworfen worden. Seine Delegation wurde von aufgebrachten Besuchern regelrecht aus dem Friedhof geprügelt. Wir alle vor Ort waren alarmiert. Das bosnische TV, im Übertragungswagen neben uns, sagte daraufhin aus Angst vor einer weiteren Eskalation die geplante Live-Sendung am Abend ab. Die Kollegen beantragten Polizeischutz für die Heimfahrt nach Sarajewo. Die führt durch die bosnische Serbenrepublik. Was, wenn nun die bosnischen Serben auf muslimische
Wenn vom Dreiländereck Kosovo, Mazedonien und Serbien die Rede ist, dann meist im Zusammenhang mit ethnischen Spannungen zwischen Albanern, Mazedoniern und Serben. Was wir viel zu wenig beachten, ist, dass kriminelle Organisationen dort über alle Volksgruppen hinweg wunderbar zusammenarbeiten. In der Region florieren Schmuggel und Handel mit Drogen, Waffen, Frauen. Außerdem kommen von dort viele der IS-Kämpfer und viele der Ehemaligen kehren wieder dorthin zurück. Die politischen Krisen und Schwächen der jeweiligen Regierungen im Kosovo, in Mazedonien, in Serbien aber auch in Albanien
Die Deutschen verfolgen derzeit mit Erstaunen die Veränderung von Bundeskanzlerin Merkel. "Was haben sie Merkel bloß in den Tee getan?" hat die Wochenzeitung Die Zeit gefragt. Und festgestellt, dass die Regierungschefin im Jahr zehn ihrer Kanzlerinnenschaft plötzlich Klartext redet. Oder besser gesagt: wieder. Denn ihren Aufstieg an die CDU-Spitze verdankt Merkel der Tatsache, dass sie es gewagt hatte, Helmut Kohl in der Parteispendenaffäre offen zu kritisieren. Als deutsche Kanzlerin hingegen galt sie auch deshalb als erfolgreich, weil sie es vermied, sich politisch festzulegen und das
Warum sich in Deutschland, anders als etwa in Österreich oder Frankreich, keine ernstzunehmende Opposition am rechten Rand formiert, lautete 2014 eine mir häufig gestellte Frage. Das ist obsolet. In diesem Jahr wird die Frage im Mittelpunkt stehen: Wie stark wird diese rechte Opposition? Und wie sehr wird sie die Parteienlandschaft beeinflussen? Die AfD biedert sich schon offen an. Die bayerische CSU fordert schnellere Asylverfahren, rigorose Abschiebungen. Natürlich auch als Reaktion auf "PEGIDA“. Klingt wie ein heimtückisches Virus. Verbreitet sich auch besonders gut je eisiger das
Dass es so schnell geht, damit hatten selbst die Organisatoren der Proteste nicht gerechnet. Kurz nachdem Zehntausende gegen die geplante Internetsteuer auf die Straße gegangen sind, hat Ungarns Ministerpräsident Orbán einen Rückzieher gemacht: "Wir sind ja keine Kommunisten, wir regieren nicht gegen, sondern mit dem Volk." Tatsächlich hat Orbáns fantasievolle Steuer- und Abgabenpolitik das Volk bisher begünstigt. Er hat Banken, Energiekonzerne und Medienhäuser zu einer Sonderabgabe gezwungen. Unternehmen, die sich widersetzen, droht er mit Verstaatlichung. Ausländern nimmt er
Mal schnell im Internet was recherchieren, einen Flug buchen oder mit der Taschenlampen-App Licht ins Dunkle bringen. Wie praktisch, dass mir mein Autocomputer den Weg zeigt und mich nebenbei warnt, wenn ich zu schnell fahre. Die neue Gesundheits-App hat als Symbol ein Herzchen. Wenn ich meine Ernährungsgewohnheiten, meine Körperdaten (aber nicht schummeln!), alle größeren und kleineren Gesundheitsprobleme eingebe, hilft sie mir dabei, künftig gesünder zu leben. Meinen Krankenversicherer freuen diese Angaben auch. Er kann jetzt einschätzen, wie teuer ich ihn noch komme. Ob er mich
Fünfundzwanzig Jahre ist es her. Hunderte DDR-Bürger, Familien mit Kindern, die den Eisernen Vorhang einfach überrennen. Die ihr bisheriges Leben, alles hinter sich lassen. Weil sie frei leben wollen. Die Bilder vom "paneuropäischen Picknick" an der ungarisch-österreichischen Grenze am 19. August 1989. Alle erzählten später, wie ungemein herzlich sie von den Österreichern empfangen wurden. Kurz darauf öffnete Ungarn offiziell seine Grenzen.Wir waren damals Zelten am Balaton. Ein junges Studentenpaar. Saßen beim Kerzendinner in einer großen Csárda. Als einzige im Restaurant. Da
Am Sonntag wählen die Ukrainer einen neuen Präsidenten. Die ganze Welt verfolgt gebannt, wie sich dieser Konflikt weiter entwickelt. Steuern wir in einen neuen Kalten Krieg? Schlimmeres? Am Sonntag wählen auch die Europäer ein neues Parlament. Erinnern wir uns: Die Ukraine-Krise begann damit, dass Hunderttausende in Kiew und anderswo ihr Land als EU-Mitglied wollten. Aber die EU konnte ihnen weder die Mitgliedschaft anbieten, noch die Krise bannen. Nun kann man natürlich sagen: Wenn die Ukrainer so naiv waren, ist dies nicht unser Problem. Wir haben längst durchschaut, dass in Europa
Wir können die Zukunft nicht vorhersehen. Und die Vergangenheit nicht verändern. Leider tun wir uns alle mit dieser banalen Erkenntnis schwer. Gefährlich wird es, wenn wir sie nicht akzeptieren wollen. Ein Reichsadler (Deutschland), der sich auf den Erzengel Gabriel (Ungarn) stürzt. Sofort nach ihrer Wiederwahl hat die ungarische Regierung mit dem Bau des Denkmals begonnen. Es soll auf dem Freiheitsplatz in Budapest stehen.Sieben Meter hoch, über der Einfahrt zu einem Parkhaus und gegenüber dem Mahnmal, das an die Zeit der sowjetischen Besatzung erinnert. In Ungarn, wo Symbolik eine
Die bizarre "Einreise“ wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Unterwegs durch Moldawien in Richtung Ukraine stößt man - noch auf Staatsgebiet der Republik Moldau - auf diesen Grenzübergang nach Transnistrien: Bewaffnete Uniformierte kontrollieren die Pässe. Wir müssen ein Einreiseformular ausfüllen und Geld in transnistrische Rubel umtauschen. Eine Währung wie Spielgeld, die nirgendwo sonst anerkannt wird. Wie überhaupt Transnistrien mit seinen 500.000 Einwohnern offiziell nicht existiert. Es gäbe ihn auch inoffiziell nicht, wenn dieses künstliche Gebilde nicht von Russland am Leben
Wenn man in Sarajewo "Herr Minister!“ ruft, dreht sich jeder Zweite um. Ein Witz ist bekanntlich umso komischer, je näher er der Wahrheit kommt. Der aufgeblasene bosnische Regierungs- und Verwaltungsapparat verschlingt Unsummen, weil alle drei Volksgruppen (muslimische Bosniaken, katholische Kroaten und orthodoxe Serben) ihre Günstlinge versorgen wollen. Die sich dann in dem komplizierten Staatsgebilde gegenseitig so blockieren, dass kein Handeln mehr möglich ist. Nach der Devise "teile und herrsche“ ist es den Politikern fast 20 Jahre gelungen, die vom Jugoslawischen Krieg
Zwei armselige Zelte, ein Dixi-Klo und ein Wohnwagen stehen auf dem schmalen Grünstreifen gegenüber dem öffentlichrechtlichen Rundfunk in Budapest. Auf dem Wagen weht die Europa-Flagge. Er ist also immer noch da! Seit bald 800 Tagen schon: Balász Navarro. Der Mann, der einer der Wortführer gegen das Mediengesetz der Regierung Orbán war. Als TV-Redakteur und Gewerkschaftsvorsitzender hatte er Streiks gegen die staatliche Einschränkung der Pressefreiheit organisiert - wurde rechtswidrig entlassen. Seitdem campiert er als einsamer Mahner vor seinem früheren Arbeitsplatz.Am 6. April finden
Es war eine Reportage über das Einfangen und Töten von Straßenhunden in Rumänien. Für das ARD-Europamagazin. Offiziell will man in Bukarest die Bürger vor aggressiven Hunde-Rudeln schützen. Tatsächlich aber hat man die ineffizienteste und grausamste Methode gewählt, an der sich noch dazu viele bereichern. Reiner Zufall, dass kurz darauf im Weltspiegel noch ein anderer Beitrag von mir lief. Thema: Umgang mit Obdachlosen in Ungarn. Wir haben Sozialarbeiter begleitet. Und mit ihnen in Budapest Menschen getroffen, deren Schicksale wir seitdem nicht mehr vergessen können. Ein Mann, der
Ein katholischer Bischof verfällt der Prunksucht. Und - bis dato offenbar schier unvorstellbar: Er lügt auch noch! Das war aber ein Sturm der (selbst-)gerechten Entrüstung, der da von Limburg über Deutschland hinweg zog, um bis an den Grundfesten des Vatikans zu rütteln. So muss man die Empörung wohl verstehen. Auch geschürt von den Medien, auf der Jagd nach sensationellen Schlagzeilen.Keine Frage: Was sich Bischof Tebartz-van Elst geleistet hat, ist empörend. Der Bischof war so im Amt nicht mehr haltbar. Erst recht nicht unter einem Papst, der für Demut und eine große Nähe zu den
Es ist vorbei! Keine allabendlichen Schauduelle mehr. Unser Staunen, Anerkennen, Fremdschämen. Die Auftritte übercoachter Politiker und unerträglich lauter Claqueure. Nicht mehr an jeder Ecke der Hinweis, dass Ausländer keine Nächstenliebe erwarten können. Dass selbst viel Geld nicht vor Alter und Dummheit schützen, haben wir schon gewusst. Dann noch: Der Stinkefinger des Kanzlerkandidaten. Grüne, die über dem Veggie-Day ihre Werte vergessen. Und Liberale, die außer ihren Werten noch vergessen haben, dass man Wählerstimmen für die eigene Politik bekommt und nicht vom
Eins vorweg: Ich leide unter Verständnisschwierigkeiten, vielleicht gar Verständnislosigkeit, wenn es ums Kapieren mancher Werbebotschaften geht. Auf der Rückfahrt vom gelsenreichen Rust nach Wien grüble ich, was der Besitzer jenes Schanigarten uns sagt, den er als "gelsensicher“ bewirbt. Geschieht dort keiner Fliege was zuleide? Oder können die Besucher sicher sein, dort auf jeden Fall diese Spezies zu treffen? Oder ist es doch nur das Versprechen, dass Gäste vor den Blutsaugern sicher seien? Kann ich das glauben und wie sieht es dann mit den "schneesicheren Skigebieten“ aus?Bei der
"Iam a piano player! Schießen Sie nicht auf den Pianisten!" Mit diesem Truffaut-Zitat hat der niederländische Blauhelm-Kommandant Thom Karremans um sein Leben gebettelt - bei General Ratko Mladic, nachdem dessen Armee im Juli 1995 die UN-Schutzzone Srebrenica eingenommen hatte. Karremans war erfolgreich. Mladic ließ ihn laufen, gab ihm noch ein Geschenk für die Ehefrau mit.Die Niederlande ehrten ihren Piano-General für "besondere Tapferkeit im Einsatz". 8000 Männer haben Mladics Schlächter in Srebrenica niedergemetzelt, nachdem die UN-Truppe abgezogen war.Das traumatisierte
Am 1. Juli hat die Europäische Union Grund zu feiern. Kroatien verpflichtet sich als neues Mitglied der Wertegemeinschaft - vergrößert und verstärkt den Verbund geographisch, ethisch, politisch, wirtschaftlich. Wirtschaftlich?! Der gellende Aufschrei der Beitrittsgegner klingt schon in den Ohren. Tatsächlich: Die kroatische Wirtschaft schrumpft beängstigend. Die Arbeitslosenquote liegt bei 22 Prozent, und es werden noch Tausende ihre Jobs verlieren. Von Korruption und überfordertem Justizapparat gar nicht zu reden. Aber: In der Justiz zeigt der Druck der EU - und eben nur dieser -
Neulich waren wir für Dreharbeiten in Widin, im hintersten Winkel Bulgariens. Die Stadt liegt im Nordwesten an der Donau, die hier fast zwei Kilometer breit ist. Am anderen Ufer: Rumänien, die Stadt Calafat. Hüben wie drüben: Tristesse, Armut. Im Kommunismus hielt man sich mit landwirtschaftlichen Großbetrieben über Wasser. Geblieben sind gigantische Ruinen. Die Gegend ist die ärmste der EU. Aber das soll sich ändern. Dank dieser neuen Brücke zwischen Widin und Calafat.Beeindruckend, wie sie mit riesigen Verstrebungen über der Donau thront. Sie hat ja auch 300 Millionen gekostet.