Am 27. September 1696 - vor 300 Jahren - wurde in Neapel Alfons Maria von Liguori geboren. Er war ein eifriger Seelsorger, einer der erfolgreichsten geistlichen Schriftsteller - seine Werke haben mehr als 20.000 Auflagen erlebt -, der Gründer der Kongregation der Be-demptoristen, die gegenwärtig in ungefähr 60 Ländern tätig ist, Rischof undfMoraltheologe.Zum Moraltheologen wurde er nicht so sehr aus theoretischem und wissenschaftlichem Interesse, sondern aus pastoralen Notwendigkeiten. Die pastorale Not der Beichtväter und die Nöte der Gläubigen mit den zu strengen und zu laxen
In einer Zeit der Umweltzerstörung ist uns neu bewußt geworden, daß es ganz bestimmter Biotope - Orte des Lebens - bedarf, damit seltene Pflanzen und Tierarten existieren und sich entfalten können. Wo diese Biotope zerstört werden, sterben solche Pflanzen und Tiere aus.Was sich in der Natur ereignet, kann ein Bild sein für Vorgänge in der Kirche. Seltene Arten, die in der Kirche in vielen westlichen Ländern besonders gefährdet sind, sind die geistlichen und kirchlichen Berufe, besonders jene, die mit der zölibatären Lebensform verbunden sind. Es sind dies Berufungen und
Der Autor, Provinzial der Redemptoristen, früher theologischer Berater der Furche, versucht, auf bewußte und unbewußte Intentionen im Umfeld des „Falles” Groer aufmerksam zu machen.
In den letzten Jahren hat Papst Johannes Paul II. wiederholt zur Neuevangelisierung Europas aufgerufen. Den Redemptoristen ist diese Forderung vertraut. Ihr drittes europäisches Jugendtreffen vom 4. bis 9. August in Eggenburg stand unter dem Leitwort: Das Evangelium neu verkünden.
Noch immer stehen wir voll Stau- nen vor den politischen und gesell- schaftlichen Änderungen im Osten. Vor einem Jahr hätte niemand ge- glaubt, daß in so kurzer Zeit und auf diese Weise dieser Prozeß der Befreiung von unmenschlichen, totalitären Systemen vor sich ge- hen könnte. Daß dies so kommen konnte, hat viele Ursachen. Eine Ursache ist zweifellos, daß es in all diesen Staaten durch Jahrzehnte hindurch aus allen Schichten der Bevölkerung Menschen gegeben hat, die sich mit den Zuständen nicht abgefunden haben, ja die bereit waren, um der Gerechtigkeit willen Verfolgung auf sich
„Seid untereinander so gesinnt, wie es einem Leben in Christus Jesus entspricht.“ Ohne Bemühen, diesem Leitwort gerecht zu werden, hat das Wiener Diözesanforum geringe Chancen.
Es gibt gegenwärtig Tendenzen, die Forderung nach einer Neuevangelisierung und das Zweite Vatikanuni gegeneinander auszuspielen. Weil infolge des Zweiten Vatikanums die Entchristlichung in Europa so weit fortgeschritten sei, sei eine neue Evangelisierung nötig.In Wirklichkeit war die Evangelisierung, auch wenn dieses Wort damals noch nicht in Gebrauch war, ein Grundanliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils. Dies bestätigt auch Papst Paul VI. in seinem Apostolischen Schreiben “Evange- lii nuntiandi“, zehn Jahre nach Abschluß des Konzils.Nach diesem Schreiben lassen sich die Anliegen
„Seid so gesinnt wie Christus Jesus.“ Dieses Wort aus dem Brief des Apostels Paulus an die Philip- per — auch ein zentraler Text der österlichen Liturgie — soll das Leitwort eines Diözesanforums der Erzdiözese Wien sein.Nicht alle sind darüber erfreut. Manche fürchten, daß man mit diesem Leitwort jenen Problemen aus dem Weg gehen könnte, die ursprünglich zu dem Verlangen nach einer Diözesanversamm- lung geführt haben; zumal auch deswegen, weil dieses Wort bei Paulus unmittelbar mit dem Gehorsam in Beziehung steht. Sie fürchten, daß mit diesem Appell an die Frömmigkeit und
Es ist so gut wie sicher, so sagen die Experten, daß die nächste Weltausstellung 1995 an zwei Orten, in Wien und Budapest, stattfindet. Aus mehrfachen Gründen könnte diese Weltausstellung zu einem wichtigen Ereignis werden.Der Ort ist gut gewählt. Was vor zehn Jahren noch undenkbar war, ist durch Glasnost und Perestrojka im Osten und durch die Entspannung zwischen Ost und West möglich geworden. Die Weltausstellung soll die Grenzen zwischen Ost und West überschreiten und in zwei Städten stattfinden, die verschiedenen Gesellschaftssystemen angehören.Auch der Zeitpunkt trifft sich gut Er
Papst Johannes Paul II. ist da. Zum zweiten Mal. Was bewegt ihn zu den vielen Reisen? Auf die Frage eines Journalisten, ob er es überhaupt aushalten würde, im Vatikan eingesperrt zu sein, antwortete er: „Ich kehre immer wieder gerne nach Rom zurück, denn ich bin der Nachfolger Petri. Aber ich bin auch Paulus und in diesem Sinne fühle ich mich verpflichtet, als Apostel in die ganze Welt hinauszugehen.“Nach diesen Worten kommt der Papst nicht so sehr als Petrus zu uns, sondern als Paulus, als der Apostel und Missionar, der sich gesandt weiß, allen Menschen das Evangelium zu
Das Christentum steht am Ende des zweiten Jahrtausends vor großen Herausforderungen. Gerade deshalb ist es nötig, sich auf den ureigenen Grund des Christentums zu besinnen. „Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus“ (1 Kor 3J.1).Auf dieses Fundament verweist auch immer wieder Eugen Biser. Er schreibt von der Neuentdeckung Jesu, von der Besinnung auf das Zentralereignis, von der christologischen Konzentration ...Und diese Neubesinnung auf Jesus ist kein Reservat der Theologie. „Die Person und das Werk des Mannes aus Nazaret werden als die
Beim ersten Pfingstfest ereignete sich ein Sprachwunder. „Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“ Und die Zuhörer waren bestürzt. „Sie gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Sind das nicht alles Gaüläer, die hier reden? Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören?“ (Apg 2, 4.7).Dieser Bericht erinnert an die Erzählung von der Sprachverwirrung beim Turmbau zu Babel. Was damals geschah — die Sprachverwirrung — soll durch das Ereignis von Pfingsten wieder aufgehoben werden.Was
Das Christentum der Zukunft soll nach Eugen Biser von drei Grundmotiven bestimmt sein: Freiheit, Friede, Hoffnung.• Freiheit: Eugen Biser sieht die Freiheit des heutigen Menschen nicht nur durch jene bedroht, die Bücher verbrennen, sondern besonders auch durch jene, die es den Menschen abgewöhnen, Bücher zu lesen, und so den Willen zu personaler Lebensund Selbstgestaltung lähmen. „)ie Botschaft des Christentums ist in den Wind geschrieben, wenn es den zu seinem unvertretbaren Selbstsein entschlossenen Hörer dieser Botschaft nicht gibt.“Darum muß das Christentum zum Selbstsein
„Der Fromme von morgen, wird ein Mystiker“ sein, einer, der etwas ,erfahren“ hat, oder er wird nicht mehr sein.“ Wie kommt Karl Rahner zu dieser Feststellung und was meint er damit?Die Frömmigkeit von morgen sieht Rahner in vielfacher Weise Belastungen ausgesetzt. Sie ist belastet durch die „aktive Welt- und Selbstmanipulation des Menschen“, die aus der sich dem Walten himmlischer Mächte verdankenden Welt einen .^Steinbruch“ wissenschaftlich-technischer Weltkonstruktion macht; durch den zunehmenden Hang innerweltlicher Analyse aller Verhältnisse, dem religiöse Erfahrung nur
Durch die Säkularisierung wurde ein Bereich nach dem anderen — mit Recht oder Unrecht — der Kompetenz der Kirche und auch der Religion entzogen. Nicht selten führte die Säkularisierung zum Säkularismus, zu einer Welt ohne Gott.Eugen Biser stellt die Frage, ob nun dieser Säkularisierungsprozeß an einem Wendepunkt steht. Er meint, daß zwei den Säkularisierungsgedanken tragende Ideen heute in Frage gestellt sind oder an innerer Selbsterschöpfung leiden. Es sind dies die Fortschrittsidee und das Verlangen nach Entzauberung aller Daseinsbereiche“.Die Fortschrittsidee ist durch viele
Jesus heilt Kranke. Das Heilen der Kranken bekräftigt in einer Art „Tatsprache“, daß das Reich Gottes im Kommen ist. Diese „therapeutische Qualität“ des christlichen Glaubens wurde von der Theologie völlig vernachlässigt. Der Begriff „Heil“ wurde eingeengt auf das „Heil der Seele“ oder gar auf das .jenseitige Heil“, das man vorwiegend durch die Sünde bedroht sah.Der Mensch krankt aber nicht nur an der Sünde, er leidet auch an anderen Entfremdungen. „5inem existentiellen Zerwürfnis mit sich selbst verfallen, fühlt sich der heutige Mensch von sich und seinem Dasein
Theologie bedarf der Selbstkorrektur. Bei dieser Selbstkorrektur fordert Eugen Biser als erstes „die Einholung der Sozialdimension“ (siehe letzter Beitrag), als zweites „die Einholung des Ästhetischen“. Theologie sei— speziell unter dem Druck und in Konkurrenz zu den Profanwissenschaften — zu abstrakt und gegenstandslos geworden, „so daß sie nunmehr in Verdacht steht, durch die Übertreibung des Methoden- und Systeminteresses ihre ureigene Sache verloren zu haben“. Die Abspaltung des Ästhetischen und der Bildverlust der Theologie hätten verhängnisvolle Folgen.Als
In den letzten drei Beiträgen war die Rede von der Akzentverlagerung im Verständnis des Glaubens. Gibt es ähnliche Akzentverschiebungen auch in der Theologie? Eugen Biser schreibt von einer Selbstkorrektur der Theologie, die nach seiner Meinung schon lange im Gange sei. Dazu gehöre die .ßinholung der Sozialdimension“.Glaube und Theologie wurden bis in die jüngste Vergangenheit in mehrfacher Hinsicht privatisiert. Dazu beigetragen hat nicht nur das Prinzip „Religion ist Privatsache“. Theologie wurde auch zu sehr als Aufgabe von Fachtheologen betrachtet; und ihre
Es sind vor allem die Zeit-und Lebensverhältnisse, die eine Glaubenswende erfordern:• Vom Wissens- zum Erfahrungsglauben,• vom Satz- zum Vertrauensglauben,• vom Gehorsams- zum Ver-stehensglauben.Von den beiden ersten Aspekten war in den beiden letzten Beiträgen die Rede. Was veranlaßt nun die Wende vom Gehorsams- zum Verstehensglauben? Was ist darunter zu verstehen?Kennzeichen unserer Zeit ist eine umfassende Infragestellung der Autorität; eine Erschütterung der politischen, familiären, doktrina-len und auch kirchlichen Autoritäten. In Frage gestellt ist vor allem jene Autorität,
Ostern bezeichnete ursprünglich ein heidnisches Fest beziehungsweise eine germanische Frühlingsgöttin“, so steht es in Hermann Pauls „Deutsches Wörterbuch“ zu lesen. Für die Christen ist dieses Fest untrennbar verbunden mit dem Gedenken an das Auferwecktwerden und an das Auferstehen Jesu von den Toten, an die Auf erstehung des Menschen.Dieses Fest kann nur erlebt und verstanden werden auf dem dunklen Hintergrund der Kartage, jener Tage der „Klage“ und der „Sorge“. Darum versucht das Christentum, besonders in der Zeit vor Ostern, den Blick der Menschen auf jene Wirklichkeiten
Glaube hat nicht zu allen Zeiten dieselbe Gestalt. Es sind vor allem die Zeitverhältnisse — die Herausforderungen und Nöte — die einen Gestaltwandel des Glaubens veranlassen können.Eugen Biser sieht ein Hauptproblem unserer Zeit in der zunehmenden Einsamkeit und Angst. In einer solchen Situation sind jene Elemente des Glaubens herauszustellen, die helfen, die um sich greifende Lebensangst und Einsamkeit zu überwinden.„)amit wird dem Glauben eine therapeutische Rolle gegenüber einem brennenden Notstand des heutigen Menschen zuerkannt. Wie soll ihm auch die Uberwindung der Einsamkeit
Glaube kann sich wandeln. Eugen Biser meint heute drei Tendenzen solchen Wandels feststellen zu können:• Vom Wissens- zum Erfahrungsglauben• Vom Satz- zum Vertrauensglauben• Vom Gehorsams- zum Verstehensglauben.Die Wende vom Wissens-zum Erfahrungsglauben hat viele Ursachen. Das Glaubenswissen erscheint vielen als bloße Theorie ohne Bezug zur Wirklichkeit; Glaubenssätze werden als Leerformeln erlebt. Solch intellek-tualisierter Glaube bewegt nicht die Herzen. Auch Bemühungen, den Glauben durch Unterricht, durch Wissensvermittlung, weiterzugeben, stoßen an Grenzen.Außerdem hat der
Glaube wird oft mißverstanden als rein subjektive Beziehung des einzelnen zu Gott oder als ein System von Glaubenssätzen, das der Mensch anzunehmen hat.In Wirklichkeit ist Glaube ein Prozeß, an dem sehr viele beteiligt sind. .Niemand weiß, aus welchen — vielleicht räumlich entfernten oder zeitlich vergangenen — gläubigen Existenzen heraus sein eigener Glaube gespeist wird, sein Tun Kraft bekommt — ebensowenig wie er weiß, welche Menschen er selbst mitträgt“ (Romano Guardini).Gerade beim Werden des Glaubens bestätigt sich das Wort des Apostels Paulus: „Zeiner von uns lebt
Angst gehört nicht nur heute, sondern zu allen Zeiten zur Grundbefindlichkeit des Menschen. Sie ist eine Folge der Kontingenzerfahrung, der Erfahrung der vielfältigen Grenzen, die uns Menschen gesetzt sind, und des Wissens um den Tod.Eugen Biser bringt in seinem Buch „Glaubensgeschichtliche Wende“ geradezu eine Litanei der heutigen Ängste. Er schreibt von Indi-vidual- und Kollektivängsten, von der Angst vor dem Unerwarteten, dem Ungewöhnlichen und Unbekann-, ten, von den Trennungs-, Be-rührungs- und Leistungsängsten, von der Manipulati-ons- und Frustrationsangst, von der Angst vor
Die Frage, wie wir mit Schuld umgehen, ist in dieser Fastenzeit besonders aktuell. Führende Politiker sind — berechtigt oder unberechtigt — in aller Öffentlichkeit angeklagt, daß sie nicht bereit seien, Schuld einzugestehen, und daß sie, weil sie das nicht können, lügen. Dieses Problem betrifft aber nicht nur Politiker.Viele sind entsetzt, aber nicht jedes Entsetzen ist aufrichtig; es ist nicht selten heuchlerisch.Unzählige haben in den letzten Jahrzehnten beigetragen, die Voraussetzungen für eine menschenwürdige Schuldbewältigung zu zerstören. Sie haben zu rücksichtslosem
Der Begriff Sinnsuche ist gegenwärtig weitgehend negativ besetzt. Nach Sinn sucht, wer an der Sinnlosigkeit des Daseins leidet; wer sich schwertut, in seinem Leben noch einen Sinn zu entdecken. Typisch für diese Art von Sinnsuche ist das Wort Kierkegaards: ,Mein Leben ist zum Äußersten gebracht, ich ekle mich am Dasein, es ist ohne Salz und Sinn.'fMan kann Sinnsuche aber auch viel positiver sehen. Der Mensch ist in vielen Bereichen des Lebens nicht festgelegt. Er steht vor einer Fülle von Möglichkeiten. ,Jn die Mitte der Welt gesetzt, sollst du dir einen Uberblick über alles
Ein Kennzeichen unserer Zeit ist die — nicht selten vergebliche - Suche nachldenti-tät, nach Selbstfindung und Selbstverwirklichung. Welche Bedeutung hat diesbezüglich der Glaube?Für viele hat sich gerade in diesem Zusammenhang Gott „ins Dunkel der Abwesenheit verflüchtigt“ (Eugen Biser). Andere sehen im Glauben, wie sie ihn bei sich oder anderen erleben, ein Hindernis für die Selbstverwirklichung. Darum gibt es in diesem Bereich auch aggressiv antireligiöse Tendenzen.Eugen Biser nennt in seinem Buch drei Wege der Selbstfindung, die eigentlich drei Dimensionen eines einzigen
Die Gottesfrage ist keine rein akademische Frage. Auch das Reden vom Tod Gottes oder seiner Abwesenheit im Leben des heutigen Menschen, wie auch davon, daß man nach Auschwitz nicht mehr an Gott glauben kann, berührt den Menschen in seiner Existenz. Das Fragen nach Gott kann zum Schrei nach Gott werden.„Nach jüdischer Lehre gibt es drei Arten des Gebets, von denen jede jeweils stärker ist als die vorhergehende, Gebet, Geschrei und Tränen“ (Eugen Biser). Die Gottesfrage führt in Abgründe. Sie findet ihren stärksten Ausdruck im Schrei Jesu am Kreuz: .Mein Gott, mein Gott, warum hast
Welche Wege führen zu Gott? Eugen Biser meint, daß es nach allgemeiner Auffassung und Praxis zwei getrennte Bahnen einer Annäherung des Menschen an Gott gibt: den theoretischen Weg, den Weg des denkerischen Bemühens um die Gottesfrage, und den existen-tiell-praktischen Weg, den Weg des Gebets.Beide Wege haben ihre Schwierigkeiten: ,ßei der Gottesfrage in der Form des vielfach diskutierten Scheiterns einzelner — nach verbreiteter Ansicht auch aller— Gottesbeweise; beim Gebet durch das frustrierende Erlebnis seiner häufigen Vergeblichkeit .... Was das Gebet anlangt, so ist es gerade in
Wir befinden uns in einer Lebenswelt, die weitgehend von Zweckrationalität bestimmt ist. Außerdem sind viele von der Kirche enttäuscht und können in ihr nicht mehr das .sichtbare Zeichen“ erkennen, an dem die Wahrheit der Offenbarung abgelesen werden kann.Eugen Biser sieht in dieser Situation zwei Buchtitel als wegweisend: ,Auf den Spuren der Engel“ (von Peter L. Berger) und ,^Auf der Suche nach Jesus Christus“ (von Christian Schütz).Der Mensch, der glauben möchte, soll sich bescheiden auf die „Suche“ begeben. Auf dieser Suche bedarf er der „Weisheit des Schweigens“
Als Christen sollten wir den Mut haben, auch einer nicht rühmlichen Vergangenheit ins Auge zu blicken; sie nicht verdrängen, sie nicht beschönigen, nichts entschuldigen, was nicht entschuldbar ist; sie aber auch nicht schlechter machen, als sie tatsächlich war.Diesbezüglich haben wir in der Bibel ein festes Fundament. Sie berichtet von den Schandtaten der Väter in ähnlicher Weise wie von deren Großtaten. Sie verschweigt nicht den Ehebruch und Mord König Davids. Sie berichtet von der Verleugnung des Petrus ebenso wie von seinem Bekenntnis zu Jesus.So brauchen auch wir Katholiken im
Glaube gehört zu den Ur-und Grundvollzügen des Menschen. Er braucht nach Eugen Biser nicht gelernt, sondern nur freigesetzt“ und „getätigt“ zu werden. Warum beklagen viele trotzdem den Verfall und die Auflösung des Glaubens?Auch die urtümlichsten Fähigkeiten des Menschen bedürfen der Entfaltung. Niemand kann sprechen, der nicht angesprochen wird, niemand kann lieben, der nicht geliebt wird. Daß christlicher Glaube nicht freigesetzt“ wird, hängt zweifellos auch vom Mangel der Verkündigung ab. „Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben?“ (Rom 10J.5)Es
Der Mensch ist ursprünglich und von Natur aus zum Glauben veranlagt; ähnlich wie zum Gehen, Sprechen und zum Lieben. Diese Veranlagung aber muß .getätigt“ und freigesetzt“ werden. Und diese Freisetzung erfolgt nach Eugen Biser nicht durch Argumente und Unterweisung, sondern durch inspirative Impulse. Das heißt im Blick auf den christlichen Glauben: ,£um Glauben wird man nicht erzogen und angeleitet, sondern bewogen; bewogen durch die von Jesus vielfältig ausgehende Inspiration, die in dem Maß, wie sich Menschen von ihr berühren lassen, in ihnen den Glauben weckt.“Eugen Biser
Eugen Biser stellt die These von der Lehr- und Lern-barkeit des Glaubens in Frage. Er unterscheidet beim Menschen zwischen Fähigkeiten und Vollzügen, die man lehren und lernen kann, und solchen, die mit dem natürlichen Selbstvollzug gegeben sind. „Radfahren und Tanzen können wir lernen ... gehen dagegen nicht: es braucht nur eingeübt zu werden, weil es in der Physiologie des Menschen angelegt und mit ihr gegeben ist... Sprechen lernen wir ebensowenig wie gehen... Gleiches gilt von der Arbeit, vom Gesang und von der Liebe, die zwar von Dieter Wyss ,als Lernprozeß“ beschrieben, damit
Zu den Nöten, die ein neues Denken lehren, gehört auch das Leiden an der Kirche.Dieses Leiden am Unge-nügen der Kirche ist nicht neu. Schon der Apostel Paulus leidet an seinen Gemeinden. „Au/s neue leide ich um euch, meine Kinder, Geburtswehen, bis Christus in euch Gestalt gewinnt. Ich wollte bei euch sein, um mit anderer Stimme zu euch reden zu können: denn euretwegen bin ich ganz ratlos“ (Gal „9f).Es gibt aber nicht nur das Leiden an der Unvollkom-menheit des Gottesvolkes, der christlichen Gemeinden, sondern auch das Leiden an der Hierarchie. Und gerade dieses Leiden an der
„Not lehrt denken.“ Welche Nöte fordern heute unser Denken und Handeln heraus?Eugen Biser nennt in seinem Buch „Glaubensgeschichtliche Wende“ eine Reihe solcher Nöte, die hier nur mit Stichworten andeutbar sind.• Die Verdüsterung des Lebensgefühls: „Was die Wende heute wie damals herbeiruft, ist, mit einem Wort ausgedrückt, die unstillbare Lebensangst des heutigen Menschen.“• Die ,J£indimensionalität“: Es ist dies „das Bild eines auf einen .herabgesetzten' Status reduzierten Menschseins, dem gerade jene Dimension verlorenging, die volle Selbstaneignung und freie
Weihnachten ist ein Fest der Hoffnung. „Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf.“ Diese Worte des Propheten Jesaja sind keine romantische Idylle wie ein Adventskranz in der warmen Stube. Sie sind hineingesprochen in eine Situation der Unterdrückung und des Krieges. „Denn du zerbrichst das drückende Joch, das Tragholz auf unserer Schulter und den Stock des Treibers. Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist, wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers.“Der Prophet
Was ist das Neue, das durch das Christentum in die Welt tritt? Gibt es in der Gegenwart wenigstens Spuren der heute noch nachwirkenden Inspiration der ersten Stunde?Eugen Biser glaubt solche Spuren zu sehen. Er beruft sich dabei auf Romano Guardini. Sie stammen „aus dem jahrhundertelangen Mitvollzug der Christus-Existenz, aus dem Miterle ben jener furchtbaren Klarheit, mit welcher Er .gewußt hat, was im Menschen ist' und jenes übermenschlichen Mutes, womit Er das Dasein durchgestanden hat“.Was lassen uns diese Spuren erkennen? — Das Zentrum des Christentums ist nicht eine Theorie, eine
Was veranlaßt zu einem neuen Denken? Was verhilft einem neuen Denken zum Durchbruch? ,Jm theologischen Denkraum gilt nicht nur das Sprichwort JVot lehrt beten', vielmehr gilt hier darüber hinaus: Not lehrt denken. Das zeigt sich schon daran, daß religiöse Innovationen, auch wenn sie sich in der Folge als noch so fruchtbar erwiesen, im Regelfall nur zögernde Aufnahme fanden, wenn sie nicht sogar anfänglich auf heftigen Widerstand stießen. Was ihnen dann Einlaß verschaffte, war in der Regel nicht die Anerkenntnis ihrer Gültigkeit, sondern die Erfahrung, daß es ohne sie kaum noch
Der Begriff „“Wende“ ist zu einem politischen Schlagwort geworden und hat in den letzten Jahren viel an Ernst und Glaubwürdigkeit verloren. Trotzdem gebraucht auch Eugen Biser dieses Wort. Er stellt die Frage: Stehen wir vor einer g laubensg eschichtlichen Wende? Mit dieser Frage möchte er in der heute so komplexen und oft verworrenen geistesgeschichtlichen Situation eine Klärung herbeiführen.A ber kann es überhaupt eine Glaubenswende geben? Ist der Glaube nicht das stabilisierende Element in Kirche und Gesellschaft, wie es auch im Leitwort der Karthäuser zum Ausdruck kommt: Stat
Im Buch „Die glaubensgeschichtliche Wende — Eine theologische Positionsbestimmung“ bewegt Eugen Biser eine große Sorge, die heute viele Christen teilen. Es ist die Sorge, daß die Kirchen durch eine defätistische Einschätzung der bestehenden Situation und durch Blickverengung den Herausforderungen der heutigen Zeit nicht gerecht werden.„Großräumig betrifft das auch den Gang der kirchengeschichtlichen Entwicklung während der Nachkriegszeit, die sich bei allem Großen, das sie zeitigte, zugleich als eine Geschichte verpaßter Chancen darstellt. Sie betrafen vor allem die sich
Es ist eigenartig, daß Worte, die fast aus dem Sprachgebrauch verschwunden sind, wieder plötzlich aktuell werden können. Dies trifft gegenwärtig auch für die Worte „Trost“ , „trösten“ , „Tröster“ zu. In traurigen und trostlosen Lagen kann einem neu bewußt werden, welche Bedeutung der Trost hat und wie dringend die Menschen den „Tröster“ brauchen.„Paraklet“ , „Tröster“ , ist ein Name für den Heiligen Geist. „Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Tröster geben, der für immer bei euch bleiben soll“ (Joh 14,16). In neueren
Weihbischof Kurt Krenn hat nach seiner Bischofsweihe wichtige Prinzipien zur Lösung von Konflikten und für das Entstehen des Friedens genannt. Es wird in der noch sehr spannungsgeladenen Situation der Erzdiözese Wien wichtig sein, diese Worte auch tatsächlich einzulösen..JFriede heißt nicht stumme und verordnete Ruhe.“ Das gilt auch für die Kirche. Um zum Frieden zu gelangen, ist das offene, freie Gespräch, in dem jeder sagen kann, was ihn bewegt, nötig.,JDer Friede braucht Geduld und Wahrhaftigkeit.“ Friede kann nicht entstehen, wenn das Trennende umschwiegen oder nur hinter dem
Die Kirche in Österreich, besonders in der Erzdiözese Wien, feiert Ostern in diesem Jahr unter schwierigen Bedingungen. Nicht der Friede, sondern die Auseinandersetzung prägt ihr Bild.Die einen sind entsetzt, daß auch führende Priester, Laien und Ordensleute sich offen gegen eine Entscheidung des Papstes oder der römischen Kurie wenden. Andere haben Angst vor Rom. Sie haben Angst, daß es Frieden mit Rom nicht durch Versöhnung der Gegensätze, sondern nur durch Unterwerfung gibt, wofür sie in der Art der Bischofsernennungen ein Zeichen sehen.Andere, die der Kirche reserviert oder
Von Anfang an liegt über Weihnachten eine gewisse Tragik. Jesus, dessen Geburtstag wir feiern, wird von vielen in seiner Bedeutung nicht erkannt und nicht aufgenommen. Der Evangelist Lukas erwähnt diese tragische Tatsache nur mit einem Nebensatz: „Maria wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für ihn war“ (Lk 2,7).Der Evangelist Johannes aber deutet dieses Geschehen mit den lapidaren Worten: „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt. Die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn
Ein Grundgedanke, der in der Instruktion über die christliche Freiheit und Befreiung ständig wiederkehrt, ist das Prinzip des Vorrangs der Person vor den Strukturen. Der Mensch ist die letzte Ursache von Unrechtssituationen: er ist auch der Träger von Veränderungen und Reformen.Auf diesem Hintergrund ist auch verständlich, warum in diesem Schreiben der Erziehung im Prozeß der Befreiung eine derart wichtige Position eingeräumt wird.Die Instruktion fordert die Ausarbeitung und Einleitung von mutigen Aktionsprogrammen, um Unterdrük-kung und Elend von Millionen von Menschen zu überwinden,
Das Schreiben der Glaubenskongregation mißt überraschenderweise der Arbeit eine immense Bedeutung im Befreiungsprozeß zu. ,JDie Lösung für den größten Teil der sehr schwerwiegenden Probleme des Elends findet sich in der Förderung einer echten Zivilisation der Arbeit. Die Arbeit ist in gewisser Weise der Schlüssel zu der ganzen Sozialfrage“ (Nr. 82).Wir finden in diesem Schreiben geradezu einen Hymnus auf die Arbeit. ,JJie Kultur, auf die unsere Epoche wartet, wird durch die volle Anerkennung der Würde der menschlichen Arbeit gekennzeichnet sein“ (Nr. 82).Von gerechten
Ein brennendes Problem der Befreiungstheologie ist die Frage der Anwendung von Gewalt. Ist sie ein legitimes Mittel zur Befreiung?Das Schreiben der Glaubenskongregation wendet sich entschieden gegen Gewalt: „Es gibt keine echte Befreiung, wenn nicht von Anfang an die Freiheitsrechte respektiert werden. Der systematische Rückgriff auf Gewalt, der als angeblich notwendiger Weg zur Befreiung hingestellt wird, muß als eine zerstörerische Illusion angeprangert werden, die den Weg zu neuer Knechtschaft eröffnet. Mit gleichem Nachdruck wird man die von den Besitzenden gegenüber den Armen
Das Schreiben über die christliche Freiheit und Befreiung bezeichnet die Kirche nicht unbescheiden als Expertin der Menschlichkeit und. nennt „eine christliche Lebensführung als Verwirklichung des Hauptgebotes der Liebe“ als oberstes Prinzip der christlichen Soziallehre (Nr. 71).Diesem Prinzip widerspricht jegliche Form des Klassenhasses. ,J3efreiung im Geist des Evangeliums ist darum unvereinbar mit dem Haß gegen den anderen, sei es als Einzelperson oder als Gemeinschaft“ (Nr. 77).Mit dem Hauptgebot der Liebe sind drei Prinzipien eng verbunden, die für das soziale Leben von
Schon in der Instruktion über einige Aspekte der Theologie der Befreiung“ (1984) fordert die Glaubenskongregation eine Neubesinnung und Entfaltung der kirchlichen Soziallehre. „Jiese Lehre ist keineswegs abgeschlossen. Im Gegenteil, sie ist offen für alle neuen Fragen, die im Laufe der Zeit auftauchen“ (XI, 12). In der zweiten Instruktion über die christliche Freiheit und Befreiung“ (1986) trägt ein ganzes Kapitel die Uberschrift: ,JDie Soziallehre der Kirche im Dienst einer christlichen Praxis der Befreiung“.Man hat den Eindruck, daß die Glaubenskongregation zur Lösung der
Die Instruktion über die christliche Befreiung handelt auch von der heute so oft genannten „Option für die Armen“, von der ,Liebe, die den Armen den Vorzug gibt“ (Nr. 66).Sie verweist auf das Beispiel Jesu. ,Jesus hat nicht nur die Gnade und den Frieden Gottes gebracht; er hat auch zahllose Kranke geheilt; er hatte Mitleid mit der Volksmenge, die nichts zu essen hatte, und hat sie gesättigt. Die Seligpreisung der Armut, die er verkündet hat,-kann deshalb keineswegs bedeuten, daß die Christen die Armen übersehen dürften, denen das Notwendige für ein menschenwürdiges Leben in
Es gibt zwischen den meisten Befreiungstheologen und der Glaubenskongregation weitgehende Ubereinstimmung, daß das „umfassende Heil des Menschen“ das Ziel „der befreienden Mission“ der Kirche ist.Auch die Instruktion über die christliche Freiheit und Befreiung betont, daß die verschiedenen Dimensionen des Menschen nicht getrennt werden dürfen, daß die Kirche die Aufgabe und das Recht hat, auch im politischen und gesellschaftlichen Leben für das gesamtmenschliche Heil einzutreten.,Jndem die Kirche ihre eigene Zielrichtung verfolgt, richtet sie das Licht des Evangeliums auf die
Was ist das Ziel des Menschen, der menschlichen Geschichte und damit auch Ziel der Befreiung? Diese Fragen spielen auch in der Auseinandersetzung zwischen der Glaubenskongregation und den Befreiungstheologien eine große Rolle.Die Instruktion verweist in diesem Zusammenhang auf die verschiedenen Polaritäten und Dimensionen:• Transzendente Berufung der menschlichen Person — das rein innerweltliche Ziel (Nr. 13)• Religiöser - politischer Aspekt der Befreiung (Nr. 44)• Mit Gott versöhnt — Baumeister des Friedens unter Menschen (Nr. 52)• Eschatologische Hoffnung — zeitliche,
In der Instruktion der Glaubenskongregation über die christliche Freiheit und Befreiung hat, wie schon einmal in dieser Kolumne ausgeführt wurde, das „Drama der Sünde“ mit all seinen Auswirkungen auf das persönliche und soziale Leben eine zentrale Stellung. Konsequent handelt der Abschnitt III im dritten Kapitel, der den Titel „Christliche Befreiung“ trägt, ausschließlich von der Befreiung von Sünde und Tod.Bezeichnenderweise wird in diesem Teil auch nicht vom befreienden Wirken Jesu bezüglich Krankheit und Leid der Menschen gesprochen, sondern nur von seinem Tod am Kreuz und,
In den Befreiungstheologien spielt das Ereignis des Exodus, die Befreiung des Volkes Israel aus der Knechtschaft in Ägypten, eine wichtige Rolle. Denn gerade an diesem Beispiel wird deutlich, daß Befreiung nicht nur ein religiöses, sondern auch ein soziales und politisches Ereignis ist.Auch das Schreiben der Glaubenskongregation über die christliche Freiheit und Befreiung nennt dieses Ereignis des Exodus, betont aber gleich, daß dieses nicht nur politischen, sondern auch religiösen Charakter hat: „Wenn Gott sein Volk einer harten wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Sklaverei
Das zweite Kapitel der Instruktion über die christliche Freiheit und Befreiung trägt den Titel: ,JDie Berufung des Menschen zur Freiheit und das Drama der Sünde“.Warum steht in dieser Instruktion die Sünde derart im Mittelpunkt? Dieses Faktum bringt viele in Verlegenheit, weil viele einen falschen Sündenbegriff haben. Sünde ist für sie ein rein persönlichprivates Fehlverhalten, das mit der Unrechtssituation in der Welt kaum etwas zu tun hat. Auch die religiöse Dimension der Sünde als Bruch mit Gott wird in unserer säkularisierten Welt kaum als folgenschwer erlebt.Die Instruktion
Was ist Freiheit? Was ist Befreiung? — Befreiung im Sinne „irdischer Befreiung“ ist gemäß der Instruktion der Glaubenskongregation „die Gesamtheit der Vorgänge, die darauf abzielen, die Bedingungen zu schaffen und zu garantieren, welche für die Verwirklichung einer wahrhaft menschlichen Freiheit erforderlich sind“ (Nr. 31). Befreiung bewirkt also nicht die Freiheit, sondern schafft nur bessere Bedingungenfür den Gebrauch der Freiheit.Wir finden in der Instruktion keine Definition der Freiheit. Es werden nur Fehlinterpretationen zurückgewiesen und einzelne Elemente der Freiheit
Bei Befreiungstheologen finden wir öfter die Aussage, daß nicht nur die Armen evangelisiert werden müssen, sondern daß auch die Priester, Theologen und die reichen Christen sich von den Armen evangelisieren lassen sollen.Denn die ,^.rmen“ hätten oft intuitiv besser das Wesen des Evangeliums erfaßt als die .JReichen“. Dieser Gedanke ist vielleicht auch der geistige Hintergrund für das Kapitel der Instruktion der Glaubenskongregation ,über „die Freiheit in der Erfahrung des Volkes Gottes“.Dort wird zunächst festgestellt, daß einer der Hauptirrtümer, der den Befreiungsprozeß
Die — zumindest in Europa — schon durch Jahrhunderte währende Freiheitsgeschichte hat trotz aller Errungenschaften viele ihrer Ziele noch nicht erreicht. Im Gegenteil: es sind neue Formen der Knechtschaft und neue Bedrohungen für den Menschen entstanden.An erster Stelle nennt die Instruktion der Glaubenskongregation die Bedrohung des Menschen durch den Menschen selbst. ,Jn dem Maße, wie sich der Mensch von den Bedrohungen der Natur befreite, erfuhr er eine wachsende Angst vor sich selbst. Indem sich die Technik immer mehr die Natur unterwirft, droht sie, die Grundlagen ihrer eigenen
Die moderne Befreiungsgeschichte seit Beginn der Neuzeit — Reformation, Aufklärung, Französische Revolution, Liberalismus — stand vielfach im Widerspruch zur katholischen Kirche und geschah oft in harter Auseinandersetzung mit ihr. Trotzdem sieht die Instruktion der Glaubenskongregation diesen Prozeß in positiver Weise und stellt sogar fest: „Das Suchen nach Freiheit und die Sehnsucht nach Befreiung haben im Erbe des Christentums ihre erste Wurzel. Das bleibt selbst dort wahr, wo sie abirrende Formen annehmen und dazu kommen, sich der christlichen Sicht vom Menschen und seiner
Die Instruktion über die christliche Freiheit und Befreiung hat sozusagen als Motto die Worte des Johannesevangeliums: ,JDie Wahrheit wird euch frei machen“ (8J2).Inwiefern sind Wahrheit .und Freiheit miteinander verbunden? Wurde nicht gerade im Namen der Wahrheit die Freiheit eingeschränkt? Die Inquisition hat im Namen der Wahrheit ihre Urteile gefällt; um die Wahrheit zu schützen, wurden Bücher verboten oder verbrannt. Im Namen der Wahrheit der jeweiligen Ideologien werden auch heute in verschiedenen Ländern Dissidenten verfolgt.Welche Wahrheit meint die Instruktion der
Die „Theologie der Befreiung“ gehört zu den theologischen Aufbrüchen in der heutigen Weltkirche. Sie entstand auf dem geistigen Hintergrund des Zweiten Vati-kanums angesichts der großen sozialen Probleme der Dritten Welt und will die kirchliche Praxis zur Lösung dieser Fragen beeinflussen.Die Glaubenskongregation hat in zwei Schreiben zur Theologie der Befreiung Stellung genommen. Die erste Instruktion „über einige Aspekte der Theologie der Befreiung“ (1984) hat zu heftigen Reaktionen geführt und ist auf Widerstand gestoßen. Das zweite Dokument mit dem Titel .Instruktion über
Viele kennen heute die Zehn Gebote nicht. Zum Abschluß dieser Serie seien sie noch einmal aufgezählt, und zwar in der Form, wie sie im Gotteslob, dem Katholischen Gebet- und Gesangbuch für den deutschen Sprachraum, stehen:,Jch bin der Herr, dein Gott!1. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.2. Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren.3. Gedenke, daß du den Sabbat heiligst.4. Du sollst Vater und Mutter ehren.5. Du sollst nicht töten.6. Du sollst nicht ehebrechen.7. Du sollst nicht stehlen.8. Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten.9. Du sollst nicht
Auch in bezug auf das neunte und zehnte Gebot: ,JJu sollst nicht begehren deines Nächsten Frau und deines Nächsten Gut“ setzt Jesus neue Akzente. Er warnt nicht nur mit eindringlichen Worten vor dem Hineinschlittern in das Böse, er betont auch die entscheidende Bedeutung der inneren Gesinnung:„Was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Denn von innen, aus dem Herzen des Menschen kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den
Der Text der beiden letzten Gebote lautete im alten Katechismus: 9. Du sollst nicht begehren nach deines Nächsten Frau. 10. Du sollst nicht begehren nach deines Nächsten Gut.Im Originaltext, in Exodus 20J.7, sind beide Gebote in einem zusammengefaßt: ,JJu sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel oder nach irgend etwas, das deinem Nächsten gehört.“Die Frau wird hier zum Haus gerechnet. Das ,JHaus“ ist hier mehr als Besitztum. Es ist der
Was sagt Jesus zu dem Gebot: Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten? Zwei Stellen aus der Bergpredigt können damit in Bezug gebracht werden.,Jhr habt gehört, daß zu den Alten gesagt wordenist: Du sollst keinen Meineid schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast. Ich aber sage euch: schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel für seine Füße, noch bei Jerusalem, denn sie ist die Stadt des großen Königs. Auch bei deinem Haupt sollst du nicht schwören; denn du kannst kein
Das achte Gebot wurde wie auch andere Gebote in der Vergangenheit privatisiert, auf die persönlichen Beziehungen von Mensch zu Mensch beschränkt. Damit ging eine wichtige Dimension verloren. Die Gebote wollen auch das gesellschaftliche, öffentliche Leben ordnen.,JDas achte Gebot ernst nehmen heißt für den Gläubigen: sich für eine Justiz-und Strafordnung einsetzen, ,welche die Verpflichtung zur Wahrheitsfindung allen anderen möglichen Interessen überordnet und jede Manipulierung des Rechts... aufzufangen und womöglich auszuschließen versucht'.“ (Adolf Exeler).Das achte Gebot
Das achte Gebot: ,J)u sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten!“ setzt voraus, daß Menschen schuldig oder unschuldig vor Gericht gestellt und angeklagt werden. Das ursprüngliche Ziel dieses Gebotes ist nicht das Verbot jeder Lüge, sondern der Schutz eines unschuldig Angeklagten vor falschen Belastungszeugen wie auch der Schutz des Rechts jener Menschen, die Unrecht erlitten haben, vor falschen Entlastungszeugen.Dieser Schutz war umso dringender, als die Entscheidung des Gerichts im Volk Israel fast ausschließlich von der Aussage der Zeugen abhing. Der Zeuge entschied
Was sagt Jesus zum siebenten Gebot? — Zu diesem Gebot finden wir in der Bergpredigt keine Antithese in der Art: „Euch ist gesagt worden: Du sollst nicht stehlen, ich aber sage euch...“ Aber zum Gegenstand dieses Gebotes sagt Jesus viel.So warnt Jesus vor der Vergötzung des Besitzes: ,J$iemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird zu dem einen halten und den anderen verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon“ Matthäus 6J2f.Auf die rechte Einhaltung der Rangordnung der Werte drängen auch die Worte: ,J5ammelt
Wir feiern heuer das Pfingstfest mitten in einem Wahlkampf, den führende Politiker selbst als den häßlichsten aller Wahlkämpfe der Zweiten Republik bezeichnet haben. Viele beten in diesen Tagen: „Komm, Heiliger Geist!“, und möglichst viele, so möchte ich hoffen, glauben auch die Verheißung: „Du wirst das Angesicht der Erde erneuern!“Der Heilige Geist ist nach christlicher Uberzeugung in seiner Wirksamkeit nicht auf den Raum der Kirche beschränkt. Er soll nicht nur das Antlitz der Kirche, sondern auch das Antlitz der Erde erneuern. So können wir in diesen Tagen auch die Bitte
Du sollst nicht stehlen!Welche Bedeutung hat dieses Gebot angesichts der differenzierten wirtschaftlichen Verhältnisse unserer Tage, wo die Besitzverhältnisse immer weniger durchschaubar werden und oft kaum feststellbar ist, wo die Rechtmäßigkeit aufhört und der x Betrug beginnt? Hat das siebente Gebot, das zu einseitig als Schutz des Privateigentums verstanden wurde, nicht auch so manche Christen behindert, großzügig an der Lösung der sozialen Frage mitzuwirken?Was ist der ursprüngliche Sinn dieses Gebotes?Das siebente Gebot richtet sich gegen den Menschen-und Sachdiebstahl.
Angesichts der vielen zerbrochenen Ehen mit all den leidvollen Konsequenzen für die Ehepartner und Kinder ist die unbedingte Forderung Jesu: Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen, von höchster Aktualität. Oft wird es als unmenschliche Härte erfahren, daß Frauen oder Männern, deren Ehe gescheitert ist, mit der Berufung auf dieses Wort Jesu eine Wiederheirat von der Kirche verwehrt wird. Nicht wenige fragen sich: Hat Jesus dies wirklich so gewollt?Alle, die die Worte Jesu ernst nehmen, geben zu, daß die Forderung Jesu nach unbedingter Liebe und Treue in der Ehe wörtlich
Was sagt Jesus zum Gebot: Du sollst nicht ehebrechen?Jesus verhält sich zum sechsten Gebot ähnlich wie zum fünften. Er radikalisiert es. Er verweist auf die Wurzel des Bösen und dehnt es aus auf die Gesinnung: auf die Gedanken und Blicke. ,Jhr habt gehört, daß euch gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen“ Matthäus 5,27f.Jesus fordert eine entschiedene Treue zum Ehepartner und auch unbedingten Verzicht, wo Mann oder Frau durch die Ehe gebunden sind. Er
Der ursprüngliche Text des sechsten Gebotes lautet: Du sollst nicht ehebrechen! Während das fünfte Gebot das Leben vor der Gewalttätigkeit des Menschen schützen möchte, ist das Ziel des sechsten Gebotes der Schutz von Ehe und Familie.Ehe und Familie sollen geschützt werden vor der Unbeständigkeit und Treulosigkeit des menschlichen Herzens, die durch das ungeord-' nete sexuelle Verlangen noch verstärkt werden können, und vor der ,JIerzenshärte“. vor dem harten Herzen, dem die Liebe auf Dauer schwerfällt und das so leicht über das Leid des Ehepartners und der Kinder hinwegsieht.Es
Wir kommen nun zum sechsten Gebot, das nach Meinung vieler durch die Kirche in der Vergangenheit zum ersten gemacht wurde. Der Text dieses Gebotes lautete im alten Katechismus: ,JDu sollst nicht Unkeusch-heit treiben!“ Unter diesem Titel wurden dann alle Probleme der Sexualität behandelt: begonnen von der Un-schamhaftigkeit über unkeusche Gedanken, Wünsche, Worte und Blicke, Selbstbefriedigung, voreheliche Beziehungen, Ehebruch, Prostitution bis zu den verschiedensten sexuellen Perversitäten.Was heißt überhaupt Keuschheit, Unkeuschheit? Diese Worte werden heute kaum gebraucht.Im
Das Verhalten zum Schutz des menschlichen Lebens ist in unserer Gesellschaft zwiespältig, wenn nicht schizophren. Einerseits wird alles unternommen, um das Leben des Menschen zu retten. Die gesamte Medizin, das Gesundheitswesen, die Pharmaindustrie stehen im Dienst des Lebens. Andererseits sehen wir tatenlos zu, wenn Millionen von Menschen verhungern oder Menschen aus mitunter geringfügigen Gründen Selbstmord begehen oder Mitmenschen ermorden.Es gibt auch die Tendenz, die Frage nach Leben und Tod der ethischen Verantwortung zu entziehen. Man verwendet Begriffe, die wertfrei sind: statt
Das fünfte Gebot: ,JDu sollst nicht morden!“ richtet sich gegen die Gewalttätigkeit; besonders gegen eine Gewalttätigkeit gegenüber Schutz- und Wehrlosen, die zum Tod des Opfers führt.Gegen die Gewalttätigkeit richtet sich auch Jesus, der in der Bergpredigt dieses Gebot neu interpretiert: ,Jhr habt gehört, daß zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu ihm sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates
Das fünfte Gebot: ,,Du sollst nicht töten!“ ist in unseren Tagen in keiner Weise selbstverständlich. Es gibt in diesem Bereich eine Reihe von Fragen, die umstritten sind: Abtreibung, Euthanasie, Selbstmord, das Töten von Menschen in Kriegen und Revolutionen, Gefährdung durch Hochrüstung, Unterdrückung in vielen Ländern der Erde.Das fünfte Gebot hat kein Objekt, es sagt nicht ausdrücklich, wen der Mensch nicht töten darf. Trotzdem kann man sagen: Nach der ursprünglichen Intention bezieht sich das fünfte Gebot auf den Menschen und nicht auf die Tiere. Es verbietet auch nicht
Worin liegt die aktuelle Bedeutung des vierten Gebotes? Welche Werte sollen durch dieses Gebot geschützt oder gefördert werden?,JZhre deinen Vater und deine Mutter!“ Anerkenne die maßgebende Stellung, die Eltern innehaben. Eltern haben eine besondere Stellung. Ihnen verdanken die Kinder das Leben. Das Wissen um diese fundamentale Beziehung soll sowohl das Verhalten der Eltern wie auch der Kinder prägen. Eltern sind verantwortlich für ihre Kinder, und die Kinder werden verantwortlich für ihre Eltern.Das besagt nicht, daß es nicht auch Konflikte zwischen Eltern und Kindern geben wird.
Das vierte Gebot ist uns in zwei Fassungen überliefert. Die erste im Buch ,J2xodus“: ,JZh.re deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt“ (Exodus 20X2). Die zweite Fassung stammt aus der Zeit des Exils, wo Israel das verheißene Land verloren hatte: ,£hre deinen Vater und deine Mutter, wie es dir der Herr, dein Gott, zur Pflicht gemacht hat, damit du lange lebst und es dir gutgeht in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt“ (Deuterono-mium 5J.6).Auffällig ist in beiden Fassungen, daß Vater und Mutter gleichberechtigt
Im Katechismus, wie ihn die Älteren gelernt haben, heißt das vierte Gebot: „JDu sollst Vater und Mutter ehren, daß du lange lebest und es dir wohlergehe auf Erden.“Das vierte Gebot ist nicht erst heute im Kreuzfeuer der Kritik. Bekannt ist das Drama von Ludwig Anzengruber mit dem Titel: ,Das vierte Gebot“. Ein Vater, der seine Tochter gegen ihren Willen mit einem Mann verheiraten will, fragt einen jungen Priester, was Kinderpflicht sei. Dieser entgegnet „Gehorchen und das Glück Gott anheimstellen“. Dadurch unterstützt er das unmenschliche Vorhaben der Eltern, was zu einer
Der christliche Sonntag hat zwei Elemente. Das erste und vorrangige ist der sonntägliche Gottesdienst, das zweite die Sonntagsruhe. Die Sonntagsruhe zu halten, ist nicht erst ein Problem unserer Tage. Die Juden haben den Sabbat mit unzähligen Vorschriften umgeben, um die Sabbatruhe zu garantieren oder zu erzwingen.Diese Vorschriften haben den Sabbat in das Gegenteil verkehrt. Jesus hat dagegen protestiert: „J)er Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat“ Markus 2,27. Er hat bewußt die Sabbatvorschriften verletzt, wo sie sich gegen den Menschen kehrten.Trotzdem
Für die Christen wird aus dem Sabbat der Sonntag — der Tag des Herrn (lateinisch: dies dominica) .Der alte Katechismus hat das dritte Gebot an diese Gegebenheit angepaßt: ,£>u sollst den Tag des Herrn heiligen“.Der zentrale Inhalt war aber für die ersten Christen nicht die Sonntagsruhe — diese konnten sie, da sie eine Minderheit waren und den Arbeitsrhythmus nicht bestimmen konnten, gar nicht einhalten —, sondern die sonntägliche Eucharistiefeier. Die Mitte des Sonntags ist das gemeinsame Gedächtnis an Jesus Christus, den Gekreuzigten und den Auferstandenen. Die sonntägliche
Es ist für uns selbstverständlich, daß die Zeit in Wochen geteilt wird und daß ein Tag dieser Woche ein Ruhe- oder Feiertag sein soll. Die Herkunft der siebentägigen Woche ist bis heute nicht endgültig geklärt. Sicher aber ist, daß das dritte Gebot des Dekalogs von entscheidender Bedeutung war, daß dieser Rhythmus der Woche mit dem Sabbat, Sonntag oder Feiertag (Islam) als Ruhe- und Feiertag sich weltweit durchgesetzt hat.Wie lautet .das dritte Gebot? Im alten Katechismus finden wir die Formulierung: ,X>u sollst den Tag des Herrn heiligen“. Wie heißt der ursprüngliche Text?Es
Warum ist das Gebot: Du sollst den Namen Gottes nicht mißbrauchen, so wichtig, daß es in den Dekalog aufgenommen wurde? Wer den Namen Gottes mißbraucht, trifft Gott selbst. Er verletzt nicht nur die Ehrfurcht, er will eigenmächtig und eigensüchtig über Gott verfügen und ihn in den Dienst der eigenen Interessen stellen. Dadurch kommt Gott selbst in Verruf, wird das Gottesbild verdunkelt und für viele Menschen der Glaube an Gott erschwert.Damit ist kurz zusammengefaßt, was durch das zweite Gebot verhindert werden soll. Man kann aber auch für dieses Gebot eine positive Formulierung
Durch das zweite Gebot soll der Name Gott vor Mißbrauch geschützt werden. Martin Buber bezeichnet das Wort Gott als das „beladenste aller Menschenworte":,JDie Geschlechter der Menschen haben die Last ihres geängstigten Lebens auf dieses Wort gewälzt und es zu Boden gedrückt; es liegt im Staub und trägt ihrer aller Last. Die Geschlechter der Menschen mit ihren Reli-gionsparteiungen haben das Wort zerrissen; sie haben dafür getötet und sind dafür gestorben; es trägt ihrer aller Fingerspur und ihrer aller Blut."Und trotzdem verliert dieses Wort nicht seine Würde. Martin Buber fährt
Die Zehn Gebote beinhalten die fundamentalen Forderungen an den Menschen. Es ist überraschend, unter diesen Geboten das zweite zu finden: „JDu sollst den Namen Gottes nicht eitel nennen" — oder wie andere übersetzen: ihn „nicht veruneh-ren", ihn „nicht mißbrauchen". Ist dieses Gebot so wichtig, daß es unter den zehn zu stehen hat?Der Name hatte im alten Orient eine weitaus größere Bedeutung als bei uns heute. Er steht für die Person selbst, die er bezeichnet, er drückt deren Wesen und Eigenart aus. Die Kenntnis des Namens bringt ferner eine gewisse Macht über den
Das erste Gebot sagt nicht, was der Mensch in seinem Verhalten Gott gegenüber zu tun hat, es sagt nur, was er nicht tun soll: „JDu sollst neben mir keine anderen Götter haben! Du sollst dir kein Gottesbild machen!" Der alte holländische Katechismus hat das erste Gebot positiv formuliert: „JDu sollst den Herrn, deinen Gott allein anbeten und ihn über alles lieben!"Diese Formulierung kann sich auf eine alte Tradition berufen. Der hl. Augustinus (t 430) sah in den ersten drei Geboten eine Konkretisierung des ersten der beiden Hauptgebote, das Jesus fast wörtlich aus dem Alten Testament
Das erste Gebot hat einen zweiten Teil, der in der christlichen Formulierung der Zehn Gebote meist nicht aufscheint: „JDu sollst dir kein Gottesbild machen!" Der jüdische Glaube ist ähnlich wie der Islam bilderlos. Gott darf nicht in einem Bild dargestellt werden.Was ist der ursprüngliche Sinn dieses Gebotes? Es geht vor allem um zwei Dinge.Erstens: Gott ist der ganz andere. Nichts in dieser Welt, weder Himmelskörper, noch Tiere, noch Menschen können Bild sein für Gott. Durch das Bilderverbot wird der unüberbrückbare Unterschied zwischen Gott dem Schöpfer und seinen Geschöpfen
,Du sollst neben mir keine anderen Götter haben." Das Verhältnis zwischen Gott und Mensch wird in der Schrift oft mit der Ehe verglichen. Wie eine gute Ehe keine Nebenfrauen und Nebenmänner verträgt, so verträgt auch Gott keine anderen Götter neben oder gegen sich.Alles, was in der Welt ist, was es gibt „am Himmel droben, auf der Erde unten, im Wasser unter der Erde" (vgl. Ex 20,4) kann der Mensch zu seinem Gott machen: den Besitz, die Macht, die Karriere, den Mitmenschen, die Rasse, das Volk, die Natur, eine Ideologie. Er kann diese Werte zum alles bestimmenden Ziel machen.Solche
Der Text der Zehn Gebote hat einmal zum Grundwissen jedes Christen gehört. Wer kennt heute das erste Gebot?Im Katechismus, den die Älteren noch gelernt haben, hieß der Text des ersten Gebotes vereinfacht und nicht ganz sachgerecht ,JDu sollst an einen Gott glauben“.Der volle biblische Text aber lautet in der Fassung des Buches Exodus: ,Jch bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat; aus dem Sklavenhause. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgend etwas vom Himmel droben, auf der Erde unten oder im
Wer hat überhaupt das Recht einem Menschen zu sagen: Du sollst! Du sollst nicht! Wer ist legitimiert Forderungen zu stellen, die im Gewissen binden? Die Eltern? Der Staat oder die Gesellschaft? Die Kirche?Die Antwort der Bibel ist eindeutig. Die Zehn Gebote beginnen mit den Worten:, ,J.ch bin Jahwe, dein Gott“. Die Gebote werden verstanden als Gebote Gottes. Und zwar nicht nur die ersten, die unmittelbar die Beziehung des Menschen zu Gott betreffen, sondern auch jene, die das konkrete Zusammenleben der Menschen ordnen.An diesem Verständnis ändert sich auch im Neuen Testament nichts. Wer
Unzählige Gesetze, die das Zusammenleben der Menschen heute regeln, werden selbstverständlich angenommen. Trotzdem sind viele Menschen voll Mißtrauen gegenüber moralischen Geboten. Sie haben Angst, daß solche Gebote zu sehr den Raum der Freiheit einschränken und die Hoffnung auf ein erfülltes und glückliches Leben vermindern.Die ursprüngliche Intention des Dekalogs, der Zehn Worte, ist anders. Sie beginnen mit dem Hinweis auf das befreiende Wirken Gottes: ,J.ch bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat; aus dem Sklavenhaus“ Ex 20 J.Die Gebote werden verstanden als
Im Medienverbundpro-gramm „Christsein im Alltag“ wurde weitgehend auf den ausdrücklichen Hinweis auf ethische Normen verzichtet. Gibt es für den einzelnen Christen, für die Christen als „Volk Gottes“, für ein Volk wie Österreich Grundregeln, Gebote oder Verbote, die helfen, den Alltag zu ordnen und die Grundwerte zu schützen?Gibt es ethische Gebote, die sowohl den einzelnen wie auch ein Volk unbedingt angehen? Gibt es, um ein aktuelles Beispiel zu nennen, nicht nur für den einzelnen Österreicher, sondern auch für die ,JSkandalrepublik“ Österreich das Gebot: Du sollst nicht
Die letzte Sendung des Medienverbundprogramms „Christsein im Alltag“ greift das aktuelle Problem der Arbeitslosigkeit auf. Sie gibt Einblicke in die psychische Situation von Arbeitslosen und macht aufmerksam auf Formen des Helfens, die verletzend oder demütigend wirken.Ein Berufskraftfahrer, der keineswegs ein Trinker ist, verliert wegen Alkohol seinen Führerschein und seinen Arbeitsplatz. Vergeblich sucht er nach Arbeit. Eher durch Zufall ergibt sich, daß er in einem Verwaltungsbüro, in dem seine Frau tätig ist, kleine Arbeiten bekommt, „damit er das Gefühl hat, gebraucht zu
Die fünfte Sendung des Medienverbundprogramms „Christsein im Alltag“ trägt den Titel: ,JDie von nebenan“; der Titel könnte auch lauten: ,£)er von nebenan“. Es gibt nämlich nicht nur psychisch kranke Frauen, sondern auch Männer.Wie verhält sich die Umgebung zu psychisch Kranken? Wirkt sie heilend oder macht sie krank? — Das ist eine der Grundfragen dieser Sendung. Eine sehr wichtige Frage, da es immer mehr psychisch Kranke gibt und außerdem die Grenzen zwischen psychisch normal und anormal oft kaum zu finden sind.In einem Hochhaus zieht eine Frau ein. Durch eine zufällige
Nicht auf eigenen Füßen stehen können ist ein Hauptthema der vierten Sendung im Medienverbundpro-gramm. Sie trägt den Titel: Die Schwester. Es gibt Menschen, die es von Kindheit an nicht gelernt haben, auf eigenen Füßen zu stehen. Sie brauchen immer jemanden, der sie umsorgt oder den sie umsorgen. Sie sind abhängig und halten andere abhängig. Es gibt aber auch Menschen, denen durch schwere Schicksale der Boden unter den Füßen entzogen wurde, und die lange brauchen bis sie wieder auf eigenen Füßen stehen können.Es ist nicht ganz erkennbar, zu welchen von beiden die Schwester in der
Die dritte Spielhandlung im Medienverbundpro-gramm „Christsein im Alltag“ entspricht scheinbar am wenigsten den österreichischen Verhältnissen. Es gab in den letzten Jahrzehnten in Österreich Gott sei Dank kaum Demonstrationen mit Gewaltanwendung. Trotzdem gibt es auch bei uns das Lagerdenken, ausgeprägte Feindbilder, die Unfähigkeit, Grenzen der Lager zu überschreiten oder Feindbilder abzubauen.Im Mittelpunkt stehen zwei Freunde. Beide nehmen, ohne voneinander zu wissen, an einer Demonstration teil: der eine als Demonstrant, der andere als Polizist. Am nächsten Tag erkennt der
Mit 16. Oktober 1985 beginnt im Fernsehen ein neues Medienverbundprogramm zum Thema: „Christsein im Alltag“ (siehe auch S. 12). Die Sendereihe ist bereits in der BundesrepublikDeutschland und der Schweiz gelaufen. Es gab dort die Kritik, daß vom Christsein in diesen Spielhandlungen kaum etwas zu sehen sei und der Zuseher ziemlich allein gelassen ist, um herauszufinden, was Christsein in diesem Alltag bedeutet.Diese Kritik ist teilweise berechtigt. Andererseits ist zu bedenken, daß Christsein im Alltag meist identisch ist mit Ein-guter-Mensch-Sein im Alltag. Der christliche Glaube soll