„Irgendwann macht sich das Wort auf den Weg“ — das ist der erste Satz von Christoph Janacs’ jüngstem Buch. Betrachtet man den Rahmen, so läßt sich feststellen, daß es gut angekommen ist, das Wort, nämlich in der Edition Christian Thanhäusers, eines oberösterreichischen Graphikers und Verlegers, der es sich in granitener Querköpfigkeit zur Lebensaufgabe gemacht hat, auch in Zeiten der Wegwerfli- teratur schöne Bücher herzustellen. Sein bisher dritter Band wird aufgrund des sorgfältig ausgewählten Papiers, des präzisen (Hand)Satzes und den Holzschnitten Thanhäusers, die mit
An der sonnigen Küste Kaliforniens trifft ein ungeheuer gescheiter Journalist einen noch gescheiteren Psychotherapeuten. Strandwandelnd dialogisieren sie, trennen sich, schreiben 120 Seiten transamerikanischer Briefe, wünschen einander von Ost- zu Westküste und vice versa gute Nacht und finden sich zum Abschlußschwatz in New York wieder.Inhalthch beginnt's mit Welt-vergiftungsgejammere, endet, naturgemäß, ist man versucht zu sagen, mit der Bibel, genauer, mit der Apokalypse des Johannes. Dazwischen wabbert apokalyptische Belanglosigkeit. Man erfährt, daß die beiden imstande sind,
Geständnis 1:Zwingt mich das Unsägliche meines hauptsächlichen Arbeitsplatzes in akute Weltentsagungssehnsüchte, so schleppe ich mich neuerdings - seit dessen Begehbarkeit - ins neue Wiener Allgemeine Krankenhaus, lustwandle in demselben eine Weile, gebe mich sozusagen einem psychotherapeutischen Spaziergang hin und gehe nach längstens einer Stunde, gewiß aus der Depression gehoben, von dannen, froh, diesen Brutofen aller Teufel zu verlassen, und mit heiterem inneren Blick auf mein wunderbar vollkommenheitsfeindliches Kaiser-Franz-Joseph-Spital mit seinen Platanen, Eichhörnchen,
Erstens besitzt dieses Buch einen rotweiß-roten Einband. Zweitens trägt es den Titel „In Österreich weltbekannt”. Und drittens hat sich Fenster Helmut (ein Maler) den Mittelpunkt Österreichs schlechthin, nämlich die Aida-Filiale am Wiener Stock-im-Eisen-Platz - Blick auf den Graben, in die Kärntner Straße, und, wenn er den Kopf nach rechts neigt, auf den Stephansdom - zum Atelier erkoren. Es kann sich also nur um einen Heimatroman handeln.Damit fangen freilich die Schwierigkeiten auch schon an, denn dieser Heimatroman ist ebensoviel oder ebensowenig ein Heimatroman wie Fenster
Es ist heutzutage kaum möglich, sich der Mode der Identitätskrise zu entziehen. Sie befällt wie ein hochvirulenter Keim Kinder, Generaldirektoren, Dominas, Priester und Fußballmannschaften. Die Identititätskrise ist gewissermaßen endemisch geworden. Die Entwicklung von Immunität war bisher nicht zu beobachten.
Wessen berühmtester Satz lautet: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen.", der fordert förmlich dazu heraus, sich das Maul über ihn zu zerreißen. Wer seine Zeit im wesentlichen mit Denken und Leiden verbringt, der wird von all jenen, denen sowohl die Fähigkeit zu denken als auch jene zu leiden abgeht, also von der überwältigenden Mehrheit, zur wundertätigen Heiligenfigur verunstaltet, die einen, betet man sie nur demütig genug an, endgültig von den lästigen Verpflichtungen des Denkens und des Leidens entbindet. Wer sein Leben lang in masochisti-scher
Das Buch, von dem hier die Rede ist, nehme man idealerweise in einem Zug zu sich, der aufgrund von etwa 66 Aufenthalten - in Stationen oder auch nicht, in Italien oder auch nicht - eine gewaltige Verspätung erzielt; nach jedem Aufenthalt schnabuliere man ein Portiönchen: eine Porträtskizze, ein winziges Pamphlet, den Hauch einer Parodie. Daneben schenke man jeweils einen Blick dem überforderten undoben'drein völlig inkompetenten Schaffner, der im Chor Begeisterung kundgebenden amerikanischen Reisegruppe sowie dem verdrossen Cioran lesenden Intellektuellen vis ä vis und gelange zu dem
St. Achatz am Walde ist jener Ort, an dem sich ein genialer Dichter und ein genialer Holzschneider treffen, um ein Pri vatissimum der Sinnlichkeit zu veranstalten. Sie treffen sich im Holz, sich treffen sich im Rausch und produzieren ein Buch von erstaunlicher poetischer, visueller und haptischer Eindringlichkeit.Nach dem leider viel zu wenig rezipierten Moritaten-Fragment „Von einem Husaren, der seine guldine Uhr in einem Teich oder Weiher verloren, sie aber nachhero nicht wiedergefunden hat" (1990), liegt nun die zweite gemeinsame Publikation von H. C. Artmann und Christian
Das vorliegende Buch bedeutete von Anfang an ein Ärgernis, und zwar in erster Linie für die Literaturkritik. Marcel Reich-Ranicki, Sigrid Löff-ler, Volker Hage & Co. nannten es in seltener Einhelligkeit einen Murks und beteuerten in Nebensätzen, die 100.000 DM, die der Autor vom Auftraggeber erhalten haben soll, seien für das vernichtende Urteil nicht maßgebend. Was dann?Die Lebensgeschichte des Gustav „Johnny" Berger, die angeblich die Lebensgeschichte des Münchner Unterweltkönigs Walter Staudinger ist, stellt sich als die Geschichte eines schwer narzißtisch gestörten
„Die Identifizierung. Der Kleinbürger ist ein Mensch, der unfähig ist, sich den anderen vorzustellen. Wenn der andere sich seinen Blicken zeigt, wird der Kleinbürger blind, oder er ignoriert oder leugnet ihn, oder aber er verwandelt sich in ihn selbst." (Roland Barthes: Der Mythos heute)
Eines ist sicher: Sollten wir hier zu dem Schluß kommen - was fraglich ist, kommen doch Skeptiker nie zu einem Schluß -, er, der österreichische Staatsadler habe eine Psychotherapie nötig, so müssen wir ihn zuallererst an einen praktischen Arzt überweisen, auf daß festgestellt werde, ob nicht am Ende ein Kopftumor, ein Altersdiabetes oder eine Gehirnerschütterung (aufgrund eines Flugunfalles etwa) seinen Identitätsproblemen zugrundeliegt; - so will es das Gesetz. Das ist freilich das einzige Sichere.